Landtag Brandenburg 6. Wahlperiode Drucksache 6/3122 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 1235 der Abgeordneten Dr. Saskia Ludwig der CDU-Fraktion Drucksache 6/2889 Beschlagnahmung von Liegenschaften für die Unterbringung von Flüchtlingen Wortlaut der Kleinen Anfrage 1235 vom 02.11.2015: Nach Medienberichten hat die Sozialbeigeordnete der Stadt Potsdam Frau Elona Müller-Preinesberger beim Informationsabend der Stadt zur Flüchtlingsunterbringung in Neu Fahrland am 21.10.15 gesagt, dass sie das Recht zur Beschlagnahmung von Liegenschaften habe, um ggf. dort Flüchtlinge unterzubringen. Ich frage die Landesregierung: 1. Bezieht sich die Sozialbeigeordnete bei dieser Aussage auf die polizeirechtliche Generalklausel als Ermächtigungsgrundlage? (Wenn nein, auf welche gesetzliche Grundlage bezieht sich die Stadt Potsdam?) 2. Welche genauen Voraussetzungen müssen vorliegen, damit im Rahmen der polizeirechtlichen Generalklausel Beschlagnahmungen von Liegenschaften und Wohnraum durchgeführt werden können, um beispielsweise Asylbewerber dort unterzubringen? 3. Gab es seit 1990 Beschlagnahmungen von Liegenschaften auf Grundlage der polizeirechtlichen Generalklausel? (Wenn ja, bitte nach Jahr, Gemeinden und Beschlagnahmungsgrund aufschlüsseln) 4. Die Aussagen der Sozialbeigeordneten zur Beschlagnahmung von Liegenschaften sind von Teilnehmern als Drohung aufgefasst worden. Wie beurteilt die Landesregierung solch eine Aussage im Zusammenhang mit der geplanten Unterbringung von Flüchtlingen? 5. Plant die Landesregierung Beschlagnahmungen von Liegenschaften, um dort Flüchtlinge unterzubringen? (Wenn ja, an welchen Standorten?) 6. Ermöglicht die Landesregierung im Rahmen der Novellierung des Landesaufnahmegesetzes Beschlagnahmungen von Liegenschaften? (Wenn ja, unter welchen Voraussetzungen?) Namens der Landesregierung beantwortet der Minister des Innern und für Kommunales die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1: Bezieht sich die Sozialbeigeordnete bei dieser Aussage auf die polizeirechtliche Generalklausel als Ermächtigungsgrundlage? (Wenn nein, auf welche gesetzliche Grundlage bezieht sich die Stadt Potsdam?) zu Frage 1: Die Landesregierung hat keine Erkenntnisse dazu, worauf sich mögliche Äußerungen Dritter beziehen könnten. Frage 2: Welche genauen Voraussetzungen müssen vorliegen, damit im Rahmen der polizeirechtlichen Generalklausel Beschlagnahmungen von Liegenschaften und Wohnraum durchgeführt werden können, um beispielsweise Asylbewerber dort unterzubringen? zu Frage 2: Das Brandenburgische Polizeigesetz regelt Aufgaben und Zuständigkeiten der Polizei im Land Brandenburg. Soweit für die Ordnungsbehörden im Land Brandenburg die Vorschriften des Brandenburgischen Polizeigesetzes entsprechend gelten (§ 23 OBG), gilt dies nicht für die in § 10 Absatz 1 BbgPolG bestimmte polizeiliche Generalklausel . Soweit in § 13 Abs. 1 OBG eine entsprechende ordnungsrechtliche Generalklausel bestimmt ist, können darauf Beschlagnahmen von Liegenschaften nur gestützt werden, wenn gleichzeitig die strengen Voraussetzungen über die Inanspruchnahme von Nichtstörern erfüllt sind. Danach ist eine Beschlagnahme von privaten Liegenschaften unter anderem nur dann möglich, wenn eine gegenwärtige erhebliche Gefahr abzuwehren ist und die Ordnungsbehörde die Gefahr nicht oder nicht rechtzeitig selbst oder durch Beauftragte abwehren kann. Der letztgenannte Gesichtspunkt führt in der Praxis dazu, dass eine Beschlagnahme nur ausnahmsweise möglich ist. Frage 3: Gab es seit 1990 Beschlagnahmungen von Liegenschaften auf Grundlage der polizeirechtlichen Generalklausel? (Wenn ja, bitte nach Jahr, Gemeinden und Beschlagnahmungsgrund aufschlüsseln) zu Frage 3: Dazu liegen der Landesregierung keine Erkenntnisse vor. Frage 4: Die Aussagen der Sozialbeigeordneten zur Beschlagnahmung von Liegenschaften sind von Teilnehmern als Drohung aufgefasst worden. Wie beurteilt die Landesregierung solch eine Aussage im Zusammenhang mit der geplanten Unterbringung von Flüchtlingen? zu Frage 4: Auf die Antwort zu Frage 1 wird verwiesen. Frage 5: Plant die Landesregierung Beschlagnahmungen von Liegenschaften, um dort Flüchtlinge unterzubringen? (Wenn ja, an welchen Standorten?) zu Frage 5: Nein. Frage 6: Ermöglicht die Landesregierung im Rahmen der Novellierung des Landesaufnahmegesetzes Beschlagnahmungen von Liegenschaften? (Wenn ja, unter welchen Voraussetzungen ?) zu Frage 6: Das Landesaufnahmegesetz ist ein förmliches Landesgesetz, in dem deshalb allenfalls der Landtag Brandenburg eine Beschlagnahme von Liegenschaften zu den Zwecken des Gesetzes ermöglichen könnte. Im Übrigen besteht keine Absicht der Landesregierung, im Rahmen der anstehenden Novellierung des Landesaufnahmegesetzes eine solche Bestimmung in den für die Einbringung in den Landtag vorgesehenen Gesetzentwurf aufzunehmen.