Landtag Brandenburg 6. Wahlperiode Drucksache 6/3163 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 1255 der Abgeordneten Dr. Saskia Ludwig und Anja Heinrich der CDU-Fraktion Drucksache 6/2932 Linksextreme Aufrufe in Brandenburg Wortlaut der Kleinen Anfrage 1255 vom 09.11.2015: Am Sonntag den 1. November 2015 hat die Linksfraktion im Landtag Brandenburg mit Ihrem Fraktionsbus an dem Fest der Stadt Frankfurt (Oder) unter dem Motto “Wir zeigen Flagge für Weltoffenheit“ teilgenommen. Fotos des Festes zeigen die Landtagsabgeordnete Isabelle Vandre neben dem Fraktionsbus, der mit einem Banner „We love Volkstod – Bleiberecht für Alle“ geschmückt war. Ich frage die Landesregierung: 1. Wie definiert die Landesregierung Linksradikalismus, Linksextremismus und Linksterrorismus? 2. Was versteht die Landesregierung unter „Volkstod“? 3. Teilt die Landesregierung die Auffassung der Landeszentrale für politische Bildung , dass der „Volkstod“ für Rechtsextremisten ein Synonym für die Demokratie als Ganzes ist? (Wenn ja, welche Belege gibt es hierfür?) 4. Fällt die Aussage „We love Volkstod“ unter den Straftatbestand der Volksverhetzung ? 5. Werden Mitglieder der Regierungsfraktionen vom Verfassungsschutz beobachtet ? 6. Beobachtet der Verfassungsschutz zu den aktuellen Forderungen zum „Volkstod “ der Linksfraktion? 7. Wie bewertet der Verfassungsschutz des Landes Brandenburg den Aufruf zum "Volkstod" und die Beteiligung einer Abgeordneten der Regierungskoalition? 8. Wie beurteilt die Landesregierung die Aussage der von der Fraktion Die Linke beworbenen Aussage „We love Volkstod“ gerade in Hinblick auf die aktuelle Debatte um die Flüchtlingspolitik in Brandenburg? 9. Fördert diese Aussage nach Einschätzung der Landesregierung rechtspopulistische und rechtsextreme Tendenzen in Brandenburg, besonders wenn Sie von einer Partei der Regierungskoalition gemacht werden? 10. Unterstützt und fördert die Landesregierung Maßnahmen der Linkspartei in Brandenburg zum „Volkstod“? 11. Ist das Fest in Frankfurt (Oder) durch das Land finanziell gefördert worden? (Wenn ja, in welcher Höhe?) 12. Wie beurteilt die Landesregierung, dass die Fraktion Die Linke auf ihrem aus Brandenburger Steuergeldern finanzierten Fraktionsbus Werbung für den „Volkstod “ macht? 13. Wie beurteilt die Landesregierung dass Mitglieder der Regierungskoalition, die ihre Diäten vom Brandenburger Steuergeldern erhalten, Werbung für den „Volkstod “ machen? 14. Welche konkreten Maßnahmen, Initiativen oder Projekte führt die Landesregierung durch, um dem demokratiegefährdenden Potential linksextremer Einstellung in Brandenburg entgegenzuwirken? Namens der Landesregierung beantwortet der Minister des Innern und für Kommunales die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1: Wie definiert die Landesregierung Linksradikalismus, Linksextremismus und Linksterrorismus ? zu Frage 1: Der Begriff Linksradikalismus wird von der Landesregierung nicht verwendet. Linksextremismus ist ein Sammelbegriff für alle gegen die freiheitlich demokratische Grundordnung gerichteten Bestrebungen, die auf einer Verabsolutierung der aufklärerischen Werte von Freiheit und Gleichheit beruhen, wie sie sich insbesondere in den Ideen von Kommunismus und Anarchismus ausdrücken. Dabei wird die repräsentative Demokratie von Linksextremisten meist auf den Begriff des kapitalistischen Systems reduziert, welches durch die Herrschaft einer zentralistischen Partei, dezentrale Selbstverwaltung oder sogar die Beseitigung jeglicher Regierungsstrukturen ersetzt werden soll. Damit lässt sich Linksextremismus als Idee einer radikalen sozialen Gleichheit verstehen, die mit wesentlichen Werten der parlamentarischen Demo- kratie, wie sie durch die freiheitliche demokratische Grundordnung manifestiert werden , unvereinbar ist. Unter Linksterrorismus sind Straftaten nach §§ 129 a, b StGB zu verstehen, sofern sie linksextremistisch motiviert sind. Frage 2: Was versteht die Landesregierung unter „Volkstod“? zu Frage 2: Vor knapp zehn Jahren entdeckten Rechtsextremisten das Thema „Volkstod“ neu. Unter dem „Volkstod“ verstanden sie den Untergang des „deutschen Volkes“ durch Massenabwanderung aus strukturschwachen Gebieten, Arbeitslosigkeit, demografischen Wandel und Überfremdung. Vor allem die im Jahre 2012 verbotene „Widerstandsbewegung in Südbrandenburg“ nahm dieses Thema in zahlreichen Propagandaaktionen auf. Die „Volkstod“-Propaganda ist antisemitisch grundiert. Danach versuche das „internationale Judentum“ das „deutsche Volk“ durch „Masseneinwanderung “ und „Rassenmischung“ sowie durch „Umerziehung“ und „Schuldkult“ in seiner biologischen und geistig-kulturellen Substanz zu vernichten. Rechtsextremisten sehen im drastischen Ansteigen der Asylbewerberzahlen eine Beschleunigung des „Volkstods“. Frage 3: Teilt die Landesregierung die Auffassung der Landeszentrale für politische Bildung, dass der „Volkstod“ für Rechtsextremisten ein Synonym für die Demokratie als Ganzes ist? (Wenn ja, welche Belege gibt es hierfür?) zu Frage 3: Rechtsextremisten machen die Demokratie für den „Volkstod“ bzw. den „Untergang des deutschen Volkes“, verantwortlich. Deshalb verwenden sie auch den Slogan „Die Demokraten bringen uns den Volkstod“. Frage 4: Fällt die Aussage „We love Volkstod“ unter den Straftatbestand der Volksverhetzung ? zu Frage 4: Nach Einschätzung des wegen des Handlungsortes zuständigen Leitenden Oberstaatsanwalts in Frankfurt (Oder), die der Generalstaatsanwalt des Landes Brandenburg und die Landesregierung teilen, unterfällt die Aussage „We love Volkstod“ nicht dem Anwendungsbereich des § 130 StGB. Aus dem Kontext – insbesondere aufgrund des Zusatzes „Bleiberecht für alle“ – wird deutlich, dass es sich um eine Persiflage der völkisch geprägten Verwendung des Begriffes „Volkstod“ handelt. Die Verwender wollen offensichtlich die mit dem Begriff verbundene völkisch-nationale Botschaft ins Gegenteil verkehren und positiv besetzen. Umformuliert nach Aussageund Sinngehalt vor dem Hintergrund des Festmottos „Wir zeigen Flagge für Weltoffenheit “ hieße die Botschaft etwa: „Wir lieben es, dass Deutschland eine Einwande- rungsgesellschaft ist.“ Eine solche Äußerung hat unter keinem Aspekt volksverhetzenden Charakter, da weder die Ausgrenzung einer Bevölkerungsgruppe noch eine Eignung zur Störung des öffentlichen Friedens auch nur im Ansatz erkennbar ist. Frage 5: Werden Mitglieder der Regierungsfraktionen vom Verfassungsschutz beobachtet? Frage 6: Beobachtet der Verfassungsschutz zu den aktuellen Forderungen zum „Volkstod“ der Linksfraktion? zu den Fragen 5 und 6: Nein. Frage 7: Wie bewertet der Verfassungsschutz des Landes Brandenburg den Aufruf zum "Volkstod" und die Beteiligung einer Abgeordneten der Regierungskoalition? Frage 8: Wie beurteilt die Landesregierung die Aussage der von der Fraktion Die Linke beworbenen Aussage „We love Volkstod“ gerade in Hinblick auf die aktuelle Debatte um die Flüchtlingspolitik in Brandenburg? zu den Fragen 7 und 8: Auf die Beantwortung der Frage 4 wird verwiesen. Frage 9: Fördert diese Aussage nach Einschätzung der Landesregierung rechtspopulistische und rechtsextreme Tendenzen in Brandenburg, besonders wenn Sie von einer Partei der Regierungskoalition gemacht werden? zu Frage 9: Aktuelle wissenschaftliche Studien zu diesem Thema liegen der Landesregierung nicht vor. Frage 10: Unterstützt und fördert die Landesregierung Maßnahmen der Linkspartei in Brandenburg zum „Volkstod“? zu Frage 10: Auf die Beantwortung der Frage 4 wird verwiesen. Frage 11: Ist das Fest in Frankfurt (Oder) durch das Land finanziell gefördert worden? (Wenn ja, in welcher Höhe?) zu Frage 11: Übersichten über die finanzielle Förderung des Festes liegen der Landesregierung nicht vor. Frage 12: Wie beurteilt die Landesregierung, dass die Fraktion Die Linke auf ihrem aus Brandenburger Steuergeldern finanzierten Fraktionsbus Werbung für den „Volkstod“ macht? Frage 13: Wie beurteilt die Landesregierung dass Mitglieder der Regierungskoalition, die ihre Diäten vom Brandenburger Steuergeldern erhalten, Werbung für den „Volkstod“ machen ? zu den Fragen 12 und 13: Auf die Beantwortung der Frage 4 wird verwiesen. Frage 14: Welche konkreten Maßnahmen, Initiativen oder Projekte führt die Landesregierung durch, um dem demokratiegefährdenden Potential linksextremer Einstellung in Brandenburg entgegenzuwirken? zu Frage 14: Die Verfassungsschutzbehörde Brandenburg unterrichtet die Öffentlichkeit im Rahmen ihres Tätigkeitfeldes Verfassungsschutz durch Aufklärung auch über linksextremistische Bestrebungen.