Datum des Eingangs: 19.12.2014 / Ausgegeben: 23.12.2014 Landtag Brandenburg 6. Wahlperiode Drucksache 6/321 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 70 der Abgeordneten Michael Jungclaus und Benjamin Raschke Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 6/158 Nachträgliche Änderungen bei UVP-pflichtigen Geflügelmastanlagen am Beispiel Groß Haßlow Wortlaut der Kleinen Anfrage 70 vom 21.11.2014: Bei der im Bau befindlichen Hähnchenmastanlage in Groß Haßlow wurden nach Erteilung der Genehmigung durch das LUGV am 19.11.2012 Änderungen im Bewirtschaftungskonzept vorgenommen. Geplant ist eine Reduzierung der Tierzahl von 380.000 auf 328.000 bei gleichzeitiger Erhöhung des Mastgewichtes von 1,6 kg auf 2,6 kg. Somit ergibt sich trotz geringerer Tierplatzzahlen eine Erhöhung der „Fleischproduktion“ um etwa 40 Prozent. Neben der Umstellung von Kurz- auf Langmast im Splittingverfahren soll auch eine Halbierung der Reinigungszeiten (Stilllegungszeiten) vorgesehen sein. Es wird von deutlich erhöhten LKW-Transporten ausgegangen. Auch die jährlichen Emissionen, die von der Anlage ausgehen, werden vermutlich ansteigen. Bisher ist kein Einbau einer Abluftreinigungsanlage vorgesehen . Die Änderungen sollen ohne nochmaliges immissionsschutzrechtliches Verfahren und ohne Beteiligung der Öffentlichkeit nachträglich vom LUGV akzeptiert worden sein. Ich frage die Landesregierung: 1. Kann die Landesregierung bestätigen, dass es im Fall der Hähnchenmastanlage Groß Haßlow zu den oben aufgeführten Änderungen ohne erneutes immissionsschutzrechtliches Verfahren gekommen ist? 2. Wurde für die geplanten Änderungen der Hähnchenmastanlage eine Vorprüfung des Einzelfalls nach UVPG vorgenommen? Wenn ja, was waren die Ergebnisse? Wenn nein, warum nicht? 3. Welche Kriterien müssen erfüllt sein, damit bei nachträglichen Änderungen einer UVPpflichtigen Geflügelmastanlage ein erneutes immissionsschutzrechtliches Verfahren mit Beteiligung der Öffentlichkeit durchgeführt wird? In wie weit werden neben den Tierplatzzahlen nach Anlage 1 UVPG auch das Mastendgewicht und die Stilllegungszeiten als Kriterium berücksichtigt ? Wie ist die Erhöhung der Hähnchenmastproduktion um ca. 40 Prozent am Beispiel Groß Haßlow einzuordnen? 4. Aus welchen Gründen wurde im Rahmen der Genehmigung von November 2012 und der nach- träglich erlaubten Erweiterung der Hähnchenmastproduktion am Standort Groß Haßlow kein Einbau einer Abluftreinigungsanlage vorgesehen bzw. beauflagt? 5. Für welche weiteren Geflügelmastanlagen in Brandenburg war bisher eine UVP-Vollprüfung vorgeschrieben? Wie stellen sich für die jeweiligen Geflügelmastanlagen die beantragten und tatsächlich eingetretenen nachfolgenden Parameter gegenüberstellend dar?  Tierart  Größe (GVE)  Anzahl der Tiere pro Durchgang  Besatzdichte  Mastdauer (Kurz-, Lang- bzw. Splittingmast)  Anzahl der Mastdurchgänge pro Jahr  Mastendgewichte  Stilllegungszeiten/Servicezeiten pro Durchgang  Genehmigungsdatum bzw. Änderungszeitpunkte  Nach § 16 BImSchG genehmigte Änderungen (kurze Auflistung)  Nach § 15 BImSchG genehmigte Änderungen (kurze Auflistung)  Zeitpunkt ab Inbetriebnahme einer Abluftreinigungsanlage  Stickstoffemissionen pro Jahr Namens der Landesregierung beantwortet der Minister für Ländliche Entwicklung, Umwelt und Landwirtschaft die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1: Kann die Landesregierung bestätigen, dass es im Fall der Hähnchenmastanlage Groß Haßlow zu den oben aufgeführten Änderungen ohne erneutes immissionsschutzrechtliches Verfahren gekommen ist? zu Frage 1: Vom Vorhabenträger wurden folgende Änderungen gem. § 15 Abs. 1 Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG) beim Landesamt für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz (LUGV) angezeigt: - Reduzierung von 380.000 auf 328.000 Tierplätze - Erhöhung der Mastdauer von 35 auf 42 Tage - Erhöhung des Mastgewichtes von 1,6 kg/Tier auf 2,6 kg/Tier - Neubau Desinfektionsbecken - Erweiterung Sozialgebäude um eine Lagerhalle - Neubau Abluftturm Die Prüfung der Anzeige ergab, dass es sich nicht um eine wesentliche Änderung der Anlage im Sinne von § 16 Abs. 1 BImSchG handelte. Ein immissionsschutzrechtliches Genehmigungsverfahren war daher nicht durchzuführen. Frage 2: Wurde für die geplanten Änderungen der Hähnchenmastanlage eine Vorprüfung des Einzelfalls nach UVPG vorgenommen? Wenn ja, was waren die Ergebnisse? Wenn nein, warum nicht? Zu Frage 2: Für die Änderungen der Hähnchenmastanlage wurde keine Vorprüfung des Einzelfalls nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVPG) vorgenommen. Standortbezogene Vorprüfungen des Einzelfalls, allgemeine Vorprüfungen des Einzelfalls oder obligatorische Umweltverträglichkeitsprüfungen (UVP) sind nach Maßgaben des UVPG in immissionsschutzrechtlichen Verfahren zur Erteilung einer Genehmigung, eines Vorbescheides, einer Zulassung vorzeitigen Beginns oder einer nachträglichen Anordnung bei Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie durchzuführen. Anzeigen zur Feststellung der immissionsschutzrechtlichen Änderungsgenehmigungsbedürftigkeit fallen nicht unter die vorgenannten Verfahrensvorschriften. Frage 3: Welche Kriterien müssen erfüllt sein, damit bei nachträglichen Änderungen einer UVP-pflichtigen Geflügelmastanlage ein erneutes immissionsschutzrechtliches Verfahren mit Beteiligung der Öffentlichkeit durchgeführt wird? In wie weit werden neben den Tierplatzzahlen nach Anlage 1 UVPG auch das Mastendgewicht und die Stilllegungszeiten als Kriterium berücksichtigt? Wie ist die Erhöhung der Hähnchenmastproduktion um ca. 40 Prozent am Beispiel Groß Haßlow einzuordnen? Zu Frage 3: Es muss sich bei der Änderung um eine immissionsschutzrechtlich genehmigungspflichtige Änderung der Lage, der Beschaffenheit oder des Betriebes einer genehmigten Anlage handeln. Das ist gem. § 16 Abs. 1 BImSchG der Fall, wenn durch die Änderung nachteilige Auswirkungen hervorgerufen werden können und diese für die Prüfung nach § 6 Absatz 1 Nummer 1 BImSchG erheblich sein können (wesentliche Änderung). Eine Genehmigung ist stets erforderlich, wenn die Änderung oder Erweiterung des Betriebs einer genehmigungsbedürftigen Anlage für sich genommen die Leistungsgrenzen oder Anlagengrößen des Anhangs zur Verordnung über genehmigungsbedürftige Anlagen erreichen. Die Pflicht zur Durchführung einer UVP knüpft nach Anlage 1 des UVPG an die Anzahl der in einer Anlage vorhandenen Tierplätze an. Größe, Gewicht und Verweildauer der tatsächlich gehaltenen Tiere sind bei der Feststellung der UVP-Pflicht unerheblich. Ebenso unerheblich sind Zeiträume, in denen sich keine Tiere in der Anlage befinden (Stilllegezeiten). Eine Produktionserhöhung bei gleichbleibender bzw. geringerer Tierplatzzahl ist entscheidungserheblich im Hinblick auf die Durchführung eines Genehmigungsverfahrens und einer UVP, sofern sie zu einer Änderung der von der Anlage ausgehenden Immissionsbelastung führt. Von der angezeigten Änderung der Geflügelmastanlagen in Groß Haßlow gehen keine erheblichen nachteiligen Wirkungen für die Umwelt aus, so dass die Genehmigungsbedürftigkeit nicht gegeben war und damit auch keine UVPPflicht entstehen konnte Frage 4: Aus welchen Gründen wurde im Rahmen der Genehmigung von November 2012 und der nachträglich erlaubten Erweiterung der Hähnchenmastproduktion am Standort Groß Haßlow kein Einbau einer Abluftreinigungsanlage vorgesehen bzw. beauflagt? Zu Frage 4: Im ursprünglichen immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren mit der Einbindung einer UVP wurde nachgewiesen, dass alle gesetzlichen Anforderungen eingehalten werden. Die nächstliegenden Wohnbebauungen befinden sich in einem Abstand von ca. 2.000 m zur Anlage. Der Einbau einer Abluftreinigungsanlage war daher zur Einhaltung der vorgeschriebenen Grenzwerte nicht erforderlich. Es lag mithin keine Rechtsgrundlage für die Forderung des Einbaus einer Abluftbehandlungsanlage vor. Frage 5: Für welche weiteren Geflügelmastanlagen in Brandenburg war bisher eine UVP-Vollprüfung vorgeschrieben ? Wie stellen sich für die jeweiligen Geflügelmastanlagen die beantragten und tatsächlich eingetretenen nachfolgenden Parameter gegenüberstellend dar?  Tierart  Größe (GVE)  Anzahl der Tiere pro Durchgang  Besatzdichte  Mastdauer (Kurz-, Lang- bzw. Splittingmast)  Anzahl der Mastdurchgänge pro Jahr  Mastendgewichte  Stilllegungszeiten/Servicezeiten pro Durchgang  Genehmigungsdatum bzw. Änderungszeitpunkte  Nach § 16 BImSchG genehmigte Änderungen (kurze Auflistung)  Nach § 15 BImSchG genehmigte Änderungen (kurze Auflistung)  Zeitpunkt ab Inbetriebnahme einer Abluftreinigungsanlage  Stickstoffemissionen pro Jahr Zu Frage 5: Es wurden 23 Genehmigungsverfahren mit UVP für Geflügelmastanlagen durchgeführt. Die betreffenden Anlagen sind der beigefügten Tabelle zu entnehmen. Es wird der genehmigungskonforme Anlagenbetrieb festgestellt und insbesondere die Einhaltung der vorgegebenen Höchstgrenzwerte kontrolliert . Unterschreitungen der Vorgaben werden nicht erfasst. Ein Soll-Ist-Vergleich findet insofern nicht statt. Wie unter Frage 3 dargestellt, knüpfen sowohl die Genehmigungs- als auch die UVP-Pflicht an die Anzahl der Tierplätze in einer Anlage an, unabhängig davon, ob diese Tierplätze tatsächlich besetzt sind. Die Größe der Anlage wird nach der Anzahl der vorhandenen Tierplätze und nicht in Großvieheinheiten (GVE) angegeben. Informationen über Anzahl der Tiere pro Durchgang, Besatzdichte, Mastdauer (Kurz-, Lang- bzw. Splittingmast), Anzahl der Mastdurchgänge pro Jahr, Mastendgewichte, Stilllegungszeiten /Servicezeiten pro Durchgang werden statistisch nicht erfasst und können nicht mit vertretbarem Aufwand ermittelt werden. Gleiches gilt für die Feststellung, welche Änderungen im Einzelnen durch Änderungsgenehmigung zugelassen wurden und für welche Änderungen im Rahmen der Prüfung einer Anzeige die Genehmigungsfreiheit festgestellt wurde. Genehmigungsverfahren mit UVP für Geflügelmastanlagen im Land Brandenburg Nr . Standort Betreiber maximal mögliche Tierplätze Tierart Genehmigungsdatum/ Genehmigungsart 1 Heiligengrabe Hähnchenmast Jabel GmbH & Co. KG 192.000 Hähnchen 17.11.2008(Neu 2 Wittstock/Dos se PB Prignitzer Broilermast GmbH & Co. KG i.G. 328.000 Hähnchen 19.11.2012/Neu 3 Leg- de/Quitzöbel Agrarproduktgesellschaft mbH Lübesse 75.000 Hähnchen 12.06.1992/Änderung 4 Halenbeck- Rohlsdorf Gut Jäglitz GmbH & Co. Agrar KG 44.430 Truthühner 30.09.2003/Neu 5 Pritzwalk Betriebsgemeinschaft Rohwedder GbR 207.000 Hähnchen 28.02.2012/Neu 6 Biesenthal Geflügelhof Möckern Zweignieder- lassung Lohmann & Co. AG 402.800 Truthühner, Hähnchen, alternativer Betrieb 27.10.2008/Änderung 7 Uckerland Agrar Winter GmbH 150.000 Hähnchen 25.01.2012/Neu 8 Uckerland Agrar Westerbeek GmbH 150.000 Hähnchen 25.01.2012/Neu 9 Letschin Letschiner Agrar GmbH 48.408 Truthühner 10.04.2006//Änderung 1 0 Lebus Agrarprodukte Mallnow/Schönfließ e.G. 46.000 Enten 19.08.2008/Änderung 1 1 Prötzel Putenhof Prötzel GmbH 40.000 Truthühner 25.05.2005/Änderung 1 2 Letschin Tobias Winnige 324.000 Hähnchen 23.08.2010/Neu 1 3 Rehfelde Agrargenossenschaft eG Werder 202.050 Hähnchen 09.11.2010/Neu 1 4 Wriezen Landwirtschaftsbetrieb Nico Bartsch 162.000 Hähnchen 13.02.2013/Neu 1 5 Neißemünde Landgut Coschen GmbH 33.007 Truthühner 09.03.2005/Änderung 1 6 Storkow (Mark) Storkower Geflügelmast GmbH 360.000 Hähnchen 04.07.2000/Änderung 1 7 Beeskow Landwirt J.P.M. van der Jagt 212.000 Hähnchen 02.06.1999/Neu 1 8 Herzberg (Elster) Geflügelhof Osteroda GmbH 200.000 Hähnchen 29.04.2011/Neu 1 9 Alt Zauche- Wußwerk Kartzfehn Märkische Puten GmbH Alt Zauche-Wußwerk, OT Burglehn 113.500 Truthühner 31.01.2012/Neu 2 0 Niederer Fläming Hähnchenmast Horn GmbH 160.000 Hähnchen 31.07.2006/Neu 2 1 Jüterbog Duck-Tec Brüterei GmbH 48.000 Enten 16.01.2009/Neu 2 2 Niedergörs- dorf Nuthequelle Landwirtschaftliche Betriebsgesellschaft mbH 153.484 Hähnchen 31.08.2012/Änderung 2 3 Wiesenaue Broilermast Brädikow GbR 77.500 Hähnchen 12.12.2003