Landtag Brandenburg 6. Wahlperiode Drucksache 6/3226 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 1278 des Abgeordneten Péter Vida BVB / FREIE WÄHLER Drucksache 6/3028 Umsetzung des Kreislaufwirtschaftsgesetzes in Brandenburg Wortlaut der Kleinen Anfrage 1278 vom 19.11.2015: Bereits seit 01.01.2015 sind im Rahmen des Kreislaufwirtschaftsgesetzes Bioabfälle getrennt einzusammeln und zu verwerten. Hierzu gibt es auch aus der Bevölkerung Kritik und zahlreiche Fragen. Ich frage die Landesregierung: 1. Wie ist der Stand der Umsetzung des Kreislaufwirtschaftsgesetzes im Land Brandenburg hinsichtlich der Pflicht, Bioabfälle getrennt einzusammeln und zu verwerten? (Anteil der Bevölkerung, bei dem getrennte Entsorgung angeboten wird - wenn möglich bitte die Daten nach einzelnen Landkreisen bzw. kreisfreien Städten aufschlüsseln.) 2. Wie hoch ist der Anteil der getrennt eingesammelten Bioabfälle in den einzelnen Landkreisen und kreisfreien Städten, d.h. wie hoch sind die in den Kreisen eingesammelten Mengen - absolut in m³ je Kreis und in % vom Gesamtaufkommen im Kreis? 3. Wie erfolgt die Verwertung der getrennt eingesammelten Bioabfälle in den einzelnen Landkreisen und kreisfreien Städten? 4. Wie erfolgt in den einzelnen Landkreisen und kreisfreien Städten die Einbindung der getrennt eingesammelten Bioabfälle in geschlossene Stoffkreisläufe und wie erfolgt die Umsetzung der Werthaltigkeit der Bioabfälle in einen Wertschöpfungsprozess? 5. Wo und in welchem Umfang wird in Brandenburg mit Hilfe der Bioabfällen eine Wertschöpfung erzielt, etwa durch Erzeugung oder Vertrieb marktfähiger - z.B. Biogas, Viehfutter, organische Spezialprodukte oder ähnliches? 6. Es besteht in der Bevölkerung die Befürchtung, dass lediglich neue Gebühren für die vorgeschriebene Entsorgung der Bioabfälle erhoben werden, ohne dass die separat eingesammelten Bioabfälle anschließend einer ge- sonderten Verwertung zugeführt werden. Wie plant die Landesregierung eine derartige Entwicklung auszuschließen? 7. Besonders im ländlichen Raum besitzen viele Bürger eigene Möglichkeiten zur Kompostierung biologischer Abfälle. Kann die Landesregierung versichern , dass das Einsammeln von Bioabfällen grundsätzlich auf freiwilliger Basis erfolgen wird und dass Gebühren nur von denjenigen Einwohnern erhoben werden, die entsprechende Leistungen in Anspruch nehmen? 8. Welche Maßnahmen plant die Landesregierung für den Fall, das aufgrund von Studien oder praktischer Erfahrung das Einsammeln und Verwerten wegen Mangels an ökologischer Notwendigkeit und Fehlens wirtschaftlicher Effektivität in einigen Regionen als nicht sinnvoll erachtet wird? 9. Es ist allgemein bekannt, das die Behandlung der Restabfälle aus Haushalten nach dem Verfahren der "kalten Rotte", wie es in Vorketzin praktiziert wird, ohne einen Mindestanteil an Bioabfällen nicht funktioniert. Welches Konzept hat die Landesregierung hinsichtlich der zukünftigen Behandlung und - vorzugsweise - Verwertung des Restmülls, der keine Bioabfälle mehr enthält? 10. Hat die Landesregierung eine Übersicht über die Energiebilanz des Einsammelns und Verwertens von Bioabfällen unter Berücksichtigung des Bedarfs an Primärenergie insbesondere für das Einsammeln sowohl bei Bringsystemen als auch bei Abholung? (Wenn möglich bitte die Daten in den einzelnen Landkreisen und kreisfreien Städten darstellen). 11. In einigen Landkreisen sind für die Bioabfälle Abholintervalle von 4 Wochen vorgesehen. Daher werden Geruchsbelästigung, Befall mit Insekten oder das „Leerräumen“ und Verstreuen der Bioabfälle durch Wildschweine, Waschbären oder andere Tierarten befürchtet. Wie schätzt die Landesregierung diese Probleme ein und welche Maßnahmen sind gegebenenfalls dagegen geplant? Namens der Landesregierung beantwortet der Minister für Ländliche Entwicklung, Umwelt und Landwirtschaft die Kleine Anfrage wie folgt: Vorbemerkung: Der § 11 Absatz 1 des Kreislaufwirtschaftsgesetzes verpflichtet die Landkreise und kreisfreien Städte als öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger Bioabfälle, die einer Überlassungspflicht an sie unterliegen, seit dem 1. Januar 2015 getrennt zu sammeln . Das bedeutet, dass geeignete Erfassungssysteme einzurichten sind, mit denen Gartenabfälle sowie Nahrungs- und Küchenabfälle aus privaten Haushalten getrennt gesammelt werden können. Gartenabfälle werden bereits von allen öffentlichrechtlichen Entsorgungsträgern im Land Brandenburg über zentrale Sammelsysteme , z. B. durch die Annahme an Wertstoffhöfen, und teilweise auch durch geeignete Holsysteme getrennt erfasst. Eine sinnvolle Umsetzung der Getrenntsammlungspflicht für Nahrungs- und Küchenabfälle kann allerdings nur über die Einführung der Biotonne erreicht werden. Über diese können dann auch Gartenabfälle mit erfasst werden. Zur Umsetzung der gesetzlichen Pflicht der getrennten Bioabfallsammlung im Land Brandenburg hat das Ministerium für Ländliche Entwicklung, Umwelt und Landwirtschaft eine Bioabfallstrategie im April 2014 veröffentlicht (http://www.mlul.brandenburg.de/media_fast/4055/bioabfallstrategie_brg.pdf). Nach dieser Strategie ist ein flächendeckendes Angebot für die Erfassung der Bioabfälle über die Biotonne zu gewährleisten, so dass grundsätzlich für jeden privaten Haushalt die Möglichkeit besteht, diese Form der Entsorgung zu nutzen. Für eine ökologisch hochwertige Verwertung der über die Biotonne eingesammelten Bioabfälle sind diese zur Energiegewinnung in Biogasanlagen zu vergären und die anfallenden Gärreste anschließend stofflich zu verwerten. Neben der getrennten Sammlung soll die im Land noch weit verbreitete Eigenkompostierung erhalten und gefördert werden. Die in der Landesstrategie festgelegten Maßnahmen und Ziele bieten allen öffentlichrechtlichen Entsorgungsträgern ausreichend zeitliche und inhaltliche Spielräume, um die rechtlichen Vorgaben an die getrennte Sammlung und ökologisch hochwertige stoffliche Verwertung der Bioabfälle mit einem an die speziellen Bedingungen des jeweiligen Entsorgungsgebietes angepassten Entsorgungssystem erfüllen zu können . Frage 1: Wie ist der Stand der Umsetzung des Kreislaufwirtschaftsgesetzes im Land Brandenburg hinsichtlich der Pflicht, Bioabfälle getrennt einzusammeln und zu verwerten? (Anteil der Bevölkerung, bei dem getrennte Entsorgung angeboten wird - wenn möglich bitte die Daten nach einzelnen Landkreisen bzw. kreisfreien Städten aufschlüsseln .) Zu Frage 1: Durch alle öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger im Land Brandenburg werden der Bevölkerung Systeme zur getrennten Erfassung von Gartenabfällen zur Verfügung gestellt, die sich in der konkreten Ausgestaltung voneinander unterscheiden. Die Biotonne zur Erfassung der Nahrungs- und Küchenabfälle wird zum 1. Januar 2016 von sechs der 17 öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger angeboten. Zwei weitere öffentlich -rechtliche Entsorgungsträger werden ebenfalls im Jahr 2016 zur Vorbereitung eines flächendeckenden Angebots den Einsatz der Biotonne in Teilgebieten testen. Die verbleibenden öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger haben zur Umsetzung der Rechtspflicht entsprechende Bioabfallkonzepte erstellt oder erarbeiten diese zurzeit noch. Aufgrund der sich im Land verändernden Entsorgungssituation gibt es inzwischen konkrete Planungen für die Errichtung bzw. Umrüstung von Biogasanlagen für die ökologisch hochwertige Verwertung der getrennt erfassten Bioabfälle. Frage 2: Wie hoch ist der Anteil der getrennt eingesammelten Bioabfälle in den einzelnen Landkreisen und kreisfreien Städten, d.h. wie hoch sind die in den Kreisen eingesammelten Mengen - absolut in m³ je Kreis und in % vom Gesamtaufkommen im Kreis? Zu Frage 2: Die im Rahmen der öffentlich-rechtlichen Abfallentsorgung eingesammelten Bioabfallmengen werden in Megagramm (1 Megagramm (Mg) = 1 Tonne) in der folgenden Tabelle dargestellt. Sie wurden bei den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgern im Rahmen der Erstellung der kommunalen Abfallbilanz für das Jahr 2014 erhoben. Frage 3: Wie erfolgt die Verwertung der getrennt eingesammelten Bioabfälle in den einzelnen Landkreisen und kreisfreien Städten? Frage 4: Wie erfolgt in den einzelnen Landkreisen und kreisfreien Städten die Einbindung der getrennt eingesammelten Bioabfälle in geschlossene Stoffkreisläufe und wie erfolgt die Umsetzung der Werthaltigkeit der Bioabfälle in einen Wertschöpfungsprozess? Frage 5: Wo und in welchem Umfang wird in Brandenburg mit Hilfe der Bioabfällen eine Wertschöpfung erzielt, etwa durch Erzeugung oder Vertrieb marktfähiger - z.B. Biogas, Viehfutter, organische Spezialprodukte oder ähnliches? Zu Fragen 3 bis 5: Alle öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger lassen die durch sie bzw. in ihrem Auftrag getrennt erfassten Bioabfälle derzeit zu Kompost verarbeiten, der anschließend als Bodenverbesserer in der Landwirtschaft, im Landschaftsbau und in gärtnerischen Produkten eingesetzt wird. Dabei werden zum Teil holzige Bestandteile abgetrennt und energetisch verwertet. Im Land Brandenburg gibt es derzeit 96 Kompostanlagen (Quelle: LUIS BB, Stand 20.11.2015, http://www.luis.brandenburg.de/a/asys/A7100022/default.aspx?p1=KOM). Frage 6: Es besteht in der Bevölkerung die Befürchtung, dass lediglich neue Gebühren für die vorgeschriebene Entsorgung der Bioabfälle erhoben werden, ohne dass die separat eingesammelten Bioabfälle anschließend einer gesonderten Verwertung zugeführt werden. Wie plant die Landesregierung eine derartige Entwicklung auszuschließen? öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger Gesamtabfallaufkommen Bioabfälle Anteil der Bioabfälle am Gesamtaufkommen [Mg] [Mg] [% ] Brandenburg an der Havel 27.099 6.221 23% Cottbus 44.857 7.606 17% Frankfurt (Oder) 22.898 4.318 19% Potsdam 66.173 7.351 11% Barnim 118.436 18.888 16% Havelland 46.213 408 1% Märkisch-Oderland 51.629 4.714 9% Oberhavel 62.231 4.463 7% Oder-Spree 65.870 4.212 6% Ostprignitz-Ruppin 30.632 5.341 17% Potsdam-Mittelmark 71.985 19.948 28% Prignitz 22.531 417 2% Spree-Neiße 49.482 5.320 11% Uckermark 108.827 15.414 14% Südbrandenburgischer Abfallzweckverband 125.166 17.670 14% Kommunaler Abfallverband Niederlausitz 45.685 6.529 14% Abfallentsorgungsverband Schwarze Elster 52.010 6.833 13% Land Brandenburg 1.011.723 135.652 13% Zu Frage 6: Die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger im Land Brandenburg haben auf der Grundlage des Kreislaufwirtschaftsgesetzes (§ 17 Abs. 1 KrWG) sowie des Brandenburgischen Abfall- und Bodenschutzgesetzes (§ 2 Abs. 1 BbgAbfBodG) die gesetzliche Pflicht zur ordnungsgemäßen Verwertung der getrennt erfassten Bioabfälle. Frage 7: Besonders im ländlichen Raum besitzen viele Bürger eigene Möglichkeiten zur Kompostierung biologischer Abfälle. Kann die Landesregierung versichern, dass das Einsammeln von Bioabfällen grundsätzlich auf freiwilliger Basis erfolgen wird und dass Gebühren nur von denjenigen Einwohnern erhoben werden, die entsprechende Leistungen in Anspruch nehmen? Zu Frage 7: Die Bioabfallstrategie des Landes zur Umsetzung der Getrenntsammlungspflicht gemäß § 11 Abs. 1 KrWG schreibt die Einrichtung eines flächendeckenden Angebots der Biotonne mindestens auf Basis einer freiwilligen Inanspruchnahme vor. Die konkrete Ausgestaltung dieses Entsorgungssystems und der dazu erforderlichen satzungsrechtlichen Regelungen erfolgt dann im Rahmen der kommunalen Selbstverwaltung in der Verantwortung des einzelnen öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers . Das gilt ebenso für die Ausgestaltung des Gebührenmodells, das sich nach § 6 des Kommunalabgabengesetzes für das Land Brandenburg sowie § 9 des BbgAbf- BodG richten muss. Darüber hinaus besteht für private Haushalte nach § 17 Absatz 1 KrWG grundsätzlich die Möglichkeit, Bioabfälle auch auf den im Rahmen ihrer privaten Lebensführung genutzten Grundstücken zu kompostieren. Frage 8: Welche Maßnahmen plant die Landesregierung für den Fall, das aufgrund von Studien oder praktischer Erfahrung das Einsammeln und Verwerten wegen Mangels an ökologischer Notwendigkeit und Fehlens wirtschaftlicher Effektivität in einigen Regionen als nicht sinnvoll erachtet wird? Zu Frage 8: Das Kreislaufwirtschaftsgesetz enthält in § 11 Abs. 1 die Pflicht, dass sowohl Nahrungs - und Küchenabfälle, als auch Gartenabfälle getrennt gesammelt werden müssen . Die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger sind dazu verpflichtet, die entsprechenden Sammelsysteme einzurichten und vorzuhalten. Eine Entbindung von dieser Pflicht für einzelne Regionen durch entsprechende Studien oder dergleichen ist im Gesetz nicht vorgesehen. Daher sieht die Landesregierung in Bezug auf diese Frage keinen Handlungsbedarf. Frage 9: Es ist allgemein bekannt, dass die Behandlung der Restabfälle aus Haushalten nach dem Verfahren der "kalten Rotte", wie es in Vorketzin praktiziert wird, ohne einen Mindestanteil an Bioabfällen nicht funktioniert. Welches Konzept hat die Landesregierung hinsichtlich der zukünftigen Behandlung und - vorzugsweise - Verwertung des Restmülls, der keine Bioabfälle mehr enthält? Zu Frage 9: Die Einführung der Biotonne führt nicht dazu, dass dem Restmüll sämtliche organischen Bestandteile entzogen werden können. Selbst bei einem Vollanschluss an die Biotonne und bei deren intensivster Nutzung verbleiben ausreichend Organikanteile im Restmüll, um die grundlegende Funktionsweise einer mechanisch-biologischen Abfallbehandlungsanlage nicht zu gefährden. Das zeigen auch Untersuchungen des Umweltbundesamtes (Quelle: UBA 2014 – Verpflichtende Umsetzung der Getrenntsammlung von Bioabfällen, http://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/378/publikationen/texte_8 4_2014_verpflichtende_umsetzung_der_getrenntsammlung_von_bioabfaellen.pdf), die auf einer bundesweiten Befragung aller öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger basieren. Frage 10: Hat die Landesregierung eine Übersicht über die Energiebilanz des Einsammelns und Verwertens von Bioabfällen unter Berücksichtigung des Bedarfs an Primärenergie insbesondere für das Einsammeln sowohl bei Bringsystemen als auch bei Abholung ? (Wenn möglich bitte die Daten in den einzelnen Landkreisen und kreisfreien Städten darstellen). Zu Frage 10: Der Landesregierung liegen keine gesonderten Energiebilanzen für das Einsammeln und Verwerten von Bioabfällen vor. Derartige Bewertungen erfolgen üblicherweise über ökobilanzielle Betrachtungen. Deren Aussagekraft geht über die einer reinen Energiebilanz hinaus. Die ökologische Vorteilhaftigkeit der Getrenntsammlung von Bioabfällen über die Biotonne bei hochwertiger Verwertung in einer Biogasanlage wurde dadurch vielfach belegt (vergleiche z. B. UBA 2012 – Optimierung der Verwertung organischer Abfälle, http://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/461/publikationen/4310.pd f). Frage 11: In einigen Landkreisen sind für die Bioabfälle Abholintervalle von 4 Wochen vorgesehen . Daher werden Geruchsbelästigung, Befall mit Insekten oder das „Leerräumen “ und Verstreuen der Bioabfälle durch Wildschweine, Waschbären oder andere Tierarten befürchtet. Wie schätzt die Landesregierung diese Probleme ein und welche Maßnahmen sind gegebenenfalls dagegen geplant? Zu Frage 11: Im Jahre 2010 erfolgte deutschlandweit in über 330 Landkreisen und kreisfreien Städten die Getrenntsammlung von Bioabfällen über eine Biotonne zum Teil bereits seit Jahrzehnten. Auch im Land Brandenburg liegen langjährige Erfahrungen mit der Biotonne vor. Daher existiert ein umfangreicher Erfahrungsschatz zur Bewältigung bzw. Vermeidung eventuell auftretender Probleme beim Einsatz der Biotonne. Die konkrete Ausgestaltung des Einsatzes der Biotonne obliegt den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgern. Vor diesem Hintergrund sieht die Landesregierung keinen besonderen Handlungsbedarf.