Landtag Brandenburg 6. Wahlperiode Drucksache 6/3289 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 1320 des Abgeordneten Axel Vogel Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 6/3180 Eingriffe in zwei Totalreservate im Nationalpark Unteres Odertal Wortlaut der Kleinen Anfrage 1320 vom 10.12.2015: Im Nationalpark Unteres Odertal wurden aktuell Bauarbeiten zur Revitalisierung von Mooren in den zwei Schutzzone Ia-Gebieten „Staffelde“ und „Gartzer Schrey“ durchgeführt . Beide Gebiete waren bereits 2004 als Schutzzone I (= Totalreservat) und dann 2006 mit der Novellierung des Nationalparkgesetzes (NatPUOG) als Schutzzone Ia ausgewiesen worden. In der Schutzzone Ia ist nach NatPUOG die ungestörte natürliche Entwicklung zu sichern und es müssen nicht – im Unterschied zur Schutzzone Ib – erst noch die Voraussetzungen dazu geschaffen werden. Die natürliche Entwicklung war in den Gebieten „Staffelde“ und „Gartzer Schrey“ hier nach 11 Jahren sehr weit vorangeschritten, es hatte sich ein urwaldähnliches Waldbild entwickelt. Durch die Eingriffe wurde die natürliche Dynamik nun so stark gestört, dass der Nutzen der Maßnahme mehr als fraglich erscheint. Ich frage die Landesregierung: 1. Wie beurteilt die Landesregierung die Eingriffe 11 Jahre nach der Ausweisung der Totalreservate? 2. Wie waren die Eingriffe rechtlich legitimiert? 3. Sind in Zukunft weitere Eingriffe in Gebiete der Schutzzone Ia im Nationalparkt Unteres Odertal geplant? Falls Ja, wann, wo und warum? Namens der Landesregierung beantwortet der Minister für Ländliche Entwicklung, Umwelt und Landwirtschaft die Kleine Anfrage wie folgt: Vorbemerkung: Anlass der Fragestellung sind zwei Moorrevitalisierungsmaßnahmen („Anstau Gartzer Schrey“ und „Moorrevitalisierung Quellmoore am Staffelder Polder “), die vom Landesamt für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz als Ersatzmaßnahmen im Zuge des „Oderprogramms Deichsanierung“ im Nationalpark Unteres Odertal in der Schutzzone Ia bis zum 10.12.2015 durchgeführt worden sind. Es steht lediglich noch die Erneuerung des Rohrdurchlasses unter dem Oder-Neiße- Radweg aus. Frage 1: Wie beurteilt die Landesregierung die Eingriffe 11 Jahre nach der Ausweisung der Totalreservate? zu Frage 1: Im Band 1 „Leitbild und Ziele“ (Kapitel C 3.1) des am 11.09.2014 in Kraft getretenen Nationalparkplans für den Nationalpark Unteres Odertal vom 19.08.2014 wird zu den Nationalparkzielen u. a. Folgendes ausgeführt: „Auf den Prozessschutzflächen ist zu gewährleisten, dass menschliche Störungen jeder Art weitgehend unterbleiben und die abiotischen Verhältnisse dem natürlichen Zustand weitgehend entsprechen“. Mit dem nun realisierten punktuellen Verschluss der Entwässerungsgräben sind die Ausgangsbedingungen dafür geschaffen, dass künftig auch bei diesen Quell- und Randmooren eigendynamische Entwicklungsprozesse unter weitgehend natürlichen hydrologischen Bedingungen ablaufen können. Durch Vorgaben bei der Maßnahmenumsetzung wurde gewährleistet, dass die bereits vorhandenen „urwaldähnlichen “ Strukturen nicht zerstört oder nachhaltig beeinträchtigt wurden. Frage 2: Wie waren die Eingriffe rechtlich legitimiert? zu Frage 2: Die Schutzzone Ia ist uneingeschränkt der natürlichen Entwicklung zu überlassen (§ 5 Abs. 2 Satz 2 des Gesetzes über den Nationalpark Unteres Odertal (NatPUOG) vom 9. November 2006 (GVBl. I S. 142), zuletzt geändert durch Artikel 2 des Gesetzes vom 21. Januar 2013 (GVBl. I Nr. 3)). Ziel ist dort die Sicherung einer eigendynamischen Entwicklung von Natur und Landschaft ohne menschliche Einflussnahme , d. h. die Gewährleistung eines weitgehend ungestörten Ablaufs der Naturprozesse . Für die Beurteilung der Maßnahme ist weiterhin der Schutzzweck nach § 3 Abs. 2 Nr. 2 NatPUOG relevant, wonach der Nationalpark insbesondere der Erhaltung und Regeneration eines naturnahen Wasserregimes und des natürlichen Selbstreinigungspotenzials des Stromes und der Aue dient. Maßnahmen der Nationalparkverwaltung oder anderer Behörden, die der Erfüllung des Schutzzwecks nach §§ 3 und 4 NatPUOG dienen, gelten als zulässige Handlung gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 2 NatPUOG. Die zuständige Untere Naturschutzbehörde des Landkreises Uckermark hat 2011 festgestellt, dass die Ersatzmaßnahmen zur Moorrevitalisierung „Quellmoore am Staffelder Polder“ und „Anstau Gartzer Schrey“ als solche anzusehen sind. Sie hat den beiden Maßnahmen im Einvernehmen mit der Nationalparkverwaltung bei Einhaltung von Auflagen zugestimmt. Frage 3: Sind in Zukunft weitere Eingriffe in Gebiete der Schutzzone Ia im Nationalpark Unteres Odertal geplant? Falls Ja, wann, wo und warum? zu Frage 3: Auch in Zukunft sind nach eingehender Abwägung und fachlicher Beurteilung der Notwendigkeit noch Maßnahmen in der Schutzzone Ia geplant. Sie sollen in den nächsten 10 Jahren mit der Zielstellung realisiert werden, die natürlichen hydrologischen Bedingungen wiederherzustellen. Hierzu zählen die im Band 3 des Nationalparkplans für den Nationalpark Unteres Odertal aufgeführten Projekte G 1-1 „Renaturierung Gellmersdorfer Grenzgraben“, G 1-2 „Renaturierung Hauptgraben Crussow – Stolpe“ und G 2-3 „Wiederanbindung der Tieflanke“.