Landtag Brandenburg 6. Wahlperiode Drucksache 6/3292 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 1319 der Abgeordneten Sylvia Lehmann und des Abgeordneten Klaus Ness der SPD-Fraktion Drucksache 6/3176 Neonationalsozialisten als tragende Säule asylkritischer Demonstrationen Wortlaut der Kleinen Anfrage 1319 vom 09.12.2015: Immer wieder war in den letzten Monaten zu lesen, dass Neonationalsozialisten, aber auch ehemalige Mitglieder verbotener Netzwerke und Kameradschaften sich aktiv an asylkritischen Demonstrationen beteiligen. So sollen jüngsten Presseberichten zufolge an einer Demonstration des Vereins „Zukunft Heimat e.V.“ in Lübbenau neben dem AfD-Landtagsabgeordneten Andreas Kalbitz an der Spitze des Aufzuges und als Kundgebungsredner eben auch Aktivisten der NPD-Jugendorganisation „Junge Nationaldemokraten“ und Mitglieder aus dem verbotenen Netzwerk „Spreelichter “, teilgenommen haben. Neben der reinen Teilnehme sollen die Neonationalsozialisten aber auch organisationspolitische Zielstellungen verfolgen. Einer der Hauptprotagonisten des Netzwerkes „Spreelichter“, Marcel Forstmeier, soll nach entsprechenden Medienberichten „als Strippenzieher im Hintergrund“ über asylkritische Demonstrationen in Lübbenau und jüngst auch in Lübben den Neuaufbau der verbotenen „Widerstandsbewegung Südbrandenburg“ bzw. „Spreelichter“ unter neuem Namen betreiben. Auch forciere er eine Vernetzung von Neuen Rechten und „Bürgerbewegungen “ unter dem Crowdfunding-Projekt „Einprozent“. Vor diesem Hintergrund frage ich die Landesregierung: 1. Welche Erkenntnisse hat die Landesregierung über die Mitgliederzahl, Mitgliederstruktur und Vorstandszusammensetzung des Vereins „Zukunft Heimat e.V.“? Sind ehemalige Mitglieder des Netzwerkes „Spreelichter“ heute Mitglieder dieses Vereins? Wenn „Nein“, gibt es Erkenntnisse über Kooperationen von Marcel Forstmeier oder anderen ehemaligen Mitgliedern des Netzwerkes Spreelichter mit dem Verein „Zukunft Heimat e.V.“? 2. Gibt es Erkenntnisse darüber, ob Marcel Forstmeier oder andere frühere Mitglieder des Netzwerkes „Spreelichter“ an der Produktion oder Verbreitung von Mobilisierungsvideos beispielsweise zu Pegida-Demonstrationen oder anderen asylkritischen Aufmärschen wie beispielsweise die des Vereins „Zukunft Heimat e.V.“ in Lübben, Lübbenau oder anderswo beteiligt waren? Wenn Ja, erfolgt die Mobilisierung ausschließlich über Videos oder auch über andere Instrumente? Gibt es Erkenntnisse darüber, wer die Videos des Crowdfunding-Projektes „Einprozent “ produziert? 3. Hat die Landesregierung Erkenntnisse darüber, ob andere Neonationalsozialisten , Mitglieder von freien Kameradschaften oder Organisationen wie JN/NPD, der „III. Weg“ oder der Partei „Die Rechte“ mit dem Verein „Zukunft Heimat e. V.“ kooperieren? 4. Gibt es Erkenntnisse darüber, dass Marcel Forstmeier, Mitglieder des Verein „Zukunft Heimat e.V.“, neonationalsozialistische oder ausländerfeindliche Organisationen versuchen, über die Teilnahme an oder Organisation von asylkritischen Demonstrationen gezielt um Anhänger aus dem bürgerlichen Lager werben ? 5. Hat die Landesregierung Erkenntnisse darüber, ob in Brandenburg für Crowfunding -Projekte wie z.B. „Einprozent“ geworben wird, die eine Vernetzung von asylkritischen „Bürgerbewegungen“ und der organisierten Neuen Rechten zum Ziel haben? Namens der Landesregierung beantwortet der Minister des Innern und für Kommunales die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1: Welche Erkenntnisse hat die Landesregierung über die Mitgliederzahl, Mitgliederstruktur und Vorstandszusammensetzung des Vereins „Zukunft Heimat e.V.“? Sind ehemalige Mitglieder des Netzwerkes „Spreelichter“ heute Mitglieder dieses Vereins? Wenn „Nein“, gibt es Erkenntnisse über Kooperationen von Marcel Forstmeier oder anderen ehemaligen Mitgliedern des Netzwerkes Spreelichter mit dem Verein „Zukunft Heimat e.V.“? zu Frage 1: Zum gegenwärtigen Zeitpunkt wird der Verein „Zukunft Heimat e.V.“ den Akteuren der bundesweiten Anti-Asyl-Kampagne zugerechnet, die durch Rechtsextremisten beeinflusst werden. Davon zeugen u. a. Kundgebungen, Homepages sowie Auftritte und Kommentare in den sozialen Netzwerken. Im Übrigen unterliegen asylkritische Bürgerinitiativen und Vereine nicht der Beobachtung des Verfassungsschutzes . Es liegen keine Hinweise vor, wonach ehemalige Mitglieder der verbotenen rechtsextremistischen Vereinigung „Widerstandsbewegung in Südbrandenburg“ Mitglieder des Vereins „Zukunft Heimat e.V.“ sind. Bürgerliche Asylkritiker bzw. –gegner und Rechtsextremisten fanden 2015 in der Anti-Asyl-Kampagne ein gemeinsames Thema. Daraus ergeben sich in Einzelfällen Ansatzpunkte für eine gewisse Kooperation . Das bürgerliche Spektrum nutzt das Know-how der Rechtsextremisten bei der Organisation und der medialen Aufbereitung ihres Protests und duldet die Anwesenheit von Rechtsextremisten bei Veranstaltungen. Rechtsextremisten, denen zuvor die NPD zu „demokratisch“ war, um gemeinsam zu agieren, beteiligen sich an bürgerlichen Protesten und verzichten weitgehend auf szenetypische Verhaltensweisen. Frage 2: Gibt es Erkenntnisse darüber, ob Marcel Forstmeier oder andere frühere Mitglieder des Netzwerkes „Spreelichter“ an der Produktion oder Verbreitung von Mobilisierungsvideos beispielsweise zu Pegida-Demonstrationen oder anderen asylkritischen Aufmärschen wie beispielsweise die des Vereins „Zukunft Heimat e.V.“ in Lübben, Lübbenau oder anderswo beteiligt waren? Wenn Ja, erfolgt die Mobilisierung ausschließlich über Videos oder auch über andere Instrumente? Gibt es Erkenntnisse darüber, wer die Videos des Crowdfunding-Projektes „Einprozent“ produziert ? zu Frage 2: Die Beteiligung von ehemaligen Mitgliedern der verbotenen rechtsextremistischen Vereinigung „Widerstandsbewegung in Südbrandenburg“ an der Produktion oder Verbreitung von Mobilisierungsvideos zu Pegida-Demonstrationen und des Vereins „Zukunft Heimat e.V.“ wird aufgrund gewisser Ähnlichkeiten in der Machart mit den Videos der verbotenen rechtsextremistischen Vereinigung „Widerstandsbewegung in Südbrandenburg“ vermutet, lässt sich aber nicht belegen. Das Projekt „Einprozent“ unterliegt wie auch die PEGIDA-Bewegung und der Verein „Zukunft Heimat e.V.“ nicht der Beobachtung des Verfassungsschutzes. Frage 3: Hat die Landesregierung Erkenntnisse darüber, ob andere Neonationalsozialisten , Mitglieder von freien Kameradschaften oder Organisationen wie JN/NPD, der „III. Weg“ oder der Partei „Die Rechte“ mit dem Verein „Zukunft Heimat e. V.“ kooperieren ? zu Frage 3: Nein. Frage 4: Gibt es Erkenntnisse darüber, dass Marcel Forstmeier, Mitglieder des Verein „Zukunft Heimat e.V.“, neonationalsozialistische oder ausländerfeindliche Organisationen versuchen, über die Teilnahme an oder Organisation von asylkritischen Demonstrationen gezielt um Anhänger aus dem bürgerlichen Lager werben? zu Frage 4: Bei den von asylkritischen Bürgerinitiativen und Vereinen durchgeführten Demonstrationen dürfte es durchaus das Ziel von Rechtsextremisten sein, das bürgerliche Protestpotenzial im Zusammenhang mit der Anti-Asylbewegung nicht nur zu unterstützen, sondern langfristig auch für weitergehende Ziele, wie passiven Widerstand und zivilen Ungehorsam zu vereinnahmen. Ein wesentliches Teilziel der Rechtsextremisten, die sich im Rahmen bürgerlicher Anti-Asyl-Bewegung engagieren , dürfte die Überwindung der Abgrenzung des bürgerlichen Spektrums gegen Rechtsextremisten sein. Über konkrete Anwerbefälle liegen keine Erkenntnisse vor. Frage 5: Hat die Landesregierung Erkenntnisse darüber, ob in Brandenburg für Crowfunding-Projekte wie z.B. „Einprozent“ geworben wird, die eine Vernetzung von asylkritischen „Bürgerbewegungen“ und der organisierten Neuen Rechten zum Ziel haben? zu Frage 5: Das Projekt „Einprozent“ wirbt bundesweit im Internet und unterliegt nicht der Beobachtung des Verfassungsschutzes.