Datum des Eingangs: 22.12.2014 / Ausgegeben: 29.12.2014 Landtag Brandenburg 6. Wahlperiode Drucksache 6/334 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage Nr. 64 des Abgeordneten Steeven Bretz CDU-Fraktion Drucksache 6/149 Rückbau von Windkraftanlagen in Brandenburg Wortlaut der Kleinen Anfrage Nr. 64 vom 20.11.2014: In Brandenburg wurden auf etwa 1 Prozent der Landesfläche bereits mehr als 3.000 Windkraftanlagen aufgestellt. Die Landesregierung plant in ihrer Energiestrategie 2030 insgesamt 2 Prozent der Landesfläche für Windkraftanlagen zur Verfügung zu stellen (ca. 600 km²). Dies bedeutet, dass sich auch die Zahl der Windkraftanlagen noch einmal verdoppeln wird. Nach dem Grundsatz der Nachhaltigkeit muss der Rückbau der in Brandenburg genehmigten und in Betrieb befindlichen Anlagen gesi- chert sein. Ich frage die Landesregierung: 1. Welche rechtlichen Grundlagen regeln den Rückbau von Windkraftanlagen in Brandenburg und welche Behörden sind jeweils zuständig? 2. Welche Auflagen sind mit dem Rückbau von Windkraftanlagen – insbesondere im Hinblick auf eine vollständige Beseitigung und Entsorgung der Stahlbetonfundamente , der Türme und Turbinen sowie der Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes im Bereich der Zuwegung und der von den Windkraftanlagen genutzten Fläche – verbunden? 3. Inwieweit unterscheiden sich die Auflagen, insbesondere auch die Durchführung der Baumaßnahmen betreffend, bei Windkraftstandorten im Wald und außerhalb von Waldflächen bzw. bei Flächen mit naturschutzrechtlichem Konfliktpotenzial? 4. Welche Erfahrungen hat die Landesregierung mit dem Rückbau von Windkraftanlagen bisher gemacht? 5. Wie hoch sind die Kosten für den Rückbau erfahrungsgemäß? (Bitte detailliert aufschlüsseln nach Rückbau der Zuwege und genutzten Flächen, nach Rückbau und Entsorgung des Turmes und der Turbine in Abhängigkeit zur Größe des Windrades und nach Rückbau und Entsorgung des Betonfundamentes in Abhängigkeit zur Größe des Windrades.) 6. Wer trägt die Kosten für den Rückbau von Windkraftanlagen und wie wird insbesondere rechtsverbindlich sichergestellt, dass im Falle einer Insolvenz des Betreibers bzw. der Zahlungsunfähigkeit von Betreibern und Grundstückseigentümern der Rückbau finanziert werden kann? 7. Ist verbindlich ausgeschlossen, dass bei einem Zahlungsausfall Dritter die öffentliche Hand und hier insbesondere die Standortkommunen für Rückbaukosten aufkommen müssen? 8. Wie wird sichergestellt, dass Betreiber von Windkraftanlagen ausreichend finanzielle Mittel für den Rückbau zurückstellen und welche Instrumente haben die Behörden, um diese Praxis durchzusetzen? 9. Werden Rückstellungen für den Rückbau von Windkraftanlagen in ihrer Höhe an die allgemeine Kostenentwicklung und die tatsächlich zu erwartenden Rückbaukosten angepasst, um eine mögliche spätere Unterdeckung zu verhindern? 10. In welcher Höhe wurden für die jeweils in Brandenburg genehmigten und in Betrieb befindlichen Windkraftanlagen Rückstellungen getroffen? (Bitte detaillierte Aufstellung der jeweiligen Anlage, des Standortes und der Höhe der Rückstellung in Euro.) 11. Für welche der in Brandenburg in Betrieb befindlichen Windkraftanlagen liegen jeweils Bürgschaften für die Übernahme der Rückbaukosten vor und in welcher Höhe? (Bitte detaillierte Aufstellung der jeweiligen Anlage, des Standortes und der Höhe der Rückstellung in Euro.) 12. Wann werden nach derzeitigem Erkenntnisstand der Landesregierung an den jeweiligen Windkraftstandorten Rückbaumaßnahmen erfolgen? Namens der Landesregierung beantwortet der Minister für Ländliche Entwicklung, Umwelt und Landwirtschaft die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1: Welche rechtlichen Grundlagen regeln den Rückbau von Windkraftanlagen in Bran- denburg und welche Behörden sind jeweils zuständig? zu Frage 1: Nach § 35 Absatz 5 des Baugesetzbuchs (BauGB) ist für Vorhaben nach Absatz 1 Nr. 2 bis 6 der genannten Vorschrift eine Verpflichtungserklärung durch den Vorha- benträger abzugeben, das Vorhaben nach dauerhafter Aufgabe der zulässigen Nut- zung zurückzubauen und Bodenversiegelungen zu beseitigen. Die Sicherstellung der Rückbauverpflichtung ist landesrechtlich in der Brandenburgischen Bauordnung (BbgBO) geregelt. Nach § 67 Absatz 3 Satz 3 BbgBO wird in Fällen des § 35 Abs. 1 Nr. 2 bis 6 BauGB die Baugenehmigung erst erteilt, wenn der Bauaufsichtsbehörde die Verpflichtungserklärung nach § 35 Abs. 5 Satz 2 BauGB vorliegt und ihr für die Einhaltung der Rückbauverpflichtung Sicherheit in Höhe der Kosten der Beseitigung der baulichen Anlage oder gleichwertige Sicherheit geleistet ist. Dies gilt auch, soweit andere behördliche Gestattungen die Baugenehmigung einschließen oder ersetzen. Für Windkraftanlagen ab einer Gesamthöhe von mehr als 50 m ist das Landesamt für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz (LUGV) zuständige Genehmigungs- behörde, für Windkraftanlagen unterhalb dieser Schwelle sind die unteren Bauauf- sichtsbehörden zuständig. Frage 2: Welche Auflagen sind mit dem Rückbau von Windkraftanlagen – insbesondere im Hinblick auf eine vollständige Beseitigung und Entsorgung der Stahlbetonfundamen- te, der Türme und Turbinen sowie der Wiederherstellung des ursprünglichen Zustan- des im Bereich der Zuwegung und der von den Windkraftanlagen genutzten Fläche – verbunden? Zu Frage 2: Die konkreten Anordnungen zum Rückbau von Windkraftanlagen erfolgen nicht in den Genehmigungsbescheiden. Der Genehmigungsinhaber einer immissionsschutz- rechtlich genehmigten WKA ist gem. § 15 Abs. 3 Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG) verpflichtet, der zuständigen Behörde die beabsichtigte Einstellung des Betriebs der WKA anzuzeigen und mit der Anzeige ein Konzept für die Beseitigung der Anlage vorzulegen. Nach der Prüfung der Stilllegungsanzeige werden die kon- kreten Auflagen zur Beseitigung der Anlage festgelegt. Im Falle der dauerhaften Nutzungsaufgabe von Windkraftanlagen sind die unteren Bauaufsichtsbehörden nach § 74 Abs. 1 BbgBO ermächtigt, Beseitigungsanordnun- gen zur Herstellung rechtmäßiger Zustände zu erlassen. Der Umfang der Beseiti- gungspflicht kann dabei nur im Einzelfall festgelegt werden. Die Verpflichtung zum Rückbau des gesamten Vorhabens beinhaltet die Beseitigung der baulichen Anlagen einschließlich Nebenanlagen, Leitungen, Wege und Plätze und der durch die Anlagen bewirkten Bodenversiegelung. Ziel ist es dabei, den ur- sprünglichen Zustand mit der entsprechenden Bodenqualität wiederherzustellen. Sofern der Ordnungspflichtige (Betreiber oder Grundstückseigentümer) seiner Ord- nungspflicht nicht nachkommt, besteht die Option der Durchsetzung im Wege der Verwaltungsvollstreckung mit dem Instrument der Ersatzvornahme. Die der Behörde entstehenden Kosten sollten durch die Sicherheitsleistung abgedeckt sein. Frage 3: Inwieweit unterscheiden sich die Auflagen, insbesondere auch die Durchführung der Baumaßnahmen betreffend, bei Windkraftstandorten im Wald und außerhalb von Waldflächen bzw. bei Flächen mit naturschutzrechtlichem Konfliktpotenzial? Zu Frage 3: Es bestehen keine Unterschiede. Frage 4: Welche Erfahrungen hat die Landesregierung mit dem Rückbau von Windkraftanla- gen bisher gemacht? Zu Frage 4: Die bisherigen Standorte wurden durch die Betreiber zurückgebaut. Frage 5: Wie hoch sind die Kosten für den Rückbau erfahrungsgemäß? (Bitte detailliert auf- schlüsseln nach Rückbau der Zuwege und genutzten Flächen, nach Rückbau und Entsorgung des Turmes und der Turbine in Abhängigkeit zur Größe des Windrades und nach Rückbau und Entsorgung des Betonfundamentes in Abhängigkeit zur Grö- ße des Windrades.) Zu Frage 5: Bei der Ermittlung der Rückbaukosten sind nach der Verwaltungsvorschrift zur BbgBO (Nr. 67.3.3.7) 10 Prozent der Rohbaukosten anzusetzen. Bei Windenergiean- lagen sind als fiktive Rohbausumme 40 Prozent der Herstellungskosten gemäß § 4 Absatz 2 Satz 3 der Brandenburgischen Baugebührenordnung (BbgBauGebO) zu berücksichtigen. Auf Grund von Besonderheiten im Einzelfall kann ausnahmsweise eine Erhöhung oder Verringerung des Prozentsatzes gerechtfertigt sein. Sonstige Erfahrungswerte zu den Rückbaukosten liegen nicht vor. Frage 6: Wer trägt die Kosten für den Rückbau von Windkraftanlagen und wie wird insbeson- dere rechtsverbindlich sichergestellt, dass im Falle einer Insolvenz des Betreibers bzw. der Zahlungsunfähigkeit von Betreibern und Grundstückseigentümern der Rückbau finanziert werden kann? Frage 7: Ist verbindlich ausgeschlossen, dass bei einem Zahlungsausfall Dritter die öffentliche Hand und hier insbesondere die Standortkommunen für Rückbaukosten aufkommen müssen? Frage 8: Wie wird sichergestellt, dass Betreiber von Windkraftanlagen ausreichend finanzielle Mittel für den Rückbau zurückstellen und welche Instrumente haben die Behörden, um diese Praxis durchzusetzen? Zu den Fragen 6 bis 8: Die Kosten für den Rückbau trägt der Betreiber der Windkraftanlage, unter Umstän- den kann auch der Eigentümer des Grundstückes in Anspruch genommen werden. Vor Baubeginn ist der unteren Bauaufsichtsbehörde eine unbedingte und unbefriste- te selbstschuldnerische Bankbürgschaft unter Ausschluss der Einrede der Voraus- klage als Sicherheitsleistung vorzulegen. Diese Bürgschaft wird dann bei der Behör- de in Verwahrung genommen. Eine Bankbürgschaft stellt sich im Regelfall als insolvenzfest dar. Eine Sicherheitsleistung erfolgt bei Anlagen im planungsrechtlichen Außenbereich. Eine Genehmigung in einem Bebauungsplangebiet kann mit einer solchen Sicher- heitsleistung nicht verbunden werden. Eine entsprechende Sicherungshypothek könnte auch ins Grundbuch eingetragen werden. Frage 9: Werden Rückstellungen für den Rückbau von Windkraftanlagen in ihrer Höhe an die allgemeine Kostenentwicklung und die tatsächlich zu erwartenden Rückbaukosten angepasst, um eine mögliche spätere Unterdeckung zu verhindern? Zu Frage 9: Eine Anpassung der Sicherheitsleistungen erfolgt nach Genehmigungserteilung nicht mehr. Eine Ausnahme bilden die Fälle, in denen die Anlage geändert wird, zum Bei- spiel bei einem Turbinenwechsel. Frage 10: In welcher Höhe wurden für die jeweils in Brandenburg genehmigten und in Betrieb befindlichen Windkraftanlagen Rückstellungen getroffen? (Bitte detaillierte Aufstel- lung der jeweiligen Anlage, des Standortes und der Höhe der Rückstellung in Euro.) Frage 11: Für welche der in Brandenburg in Betrieb befindlichen Windkraftanlagen liegen je- weils Bürgschaften für die Übernahme der Rückbaukosten vor und in welcher Höhe? (Bitte detaillierte Aufstellung der jeweiligen Anlage, des Standortes und der Höhe der Rückstellung in Euro.) Zu den Fragen 10 und 11: Daten liegen nicht vor. Die Erhebung bei den Vollzugsbehörden würde zu einem un- verhältnismäßigen Aufwand führen. Frage 12: Wann werden nach derzeitigem Erkenntnisstand der Landesregierung an den jewei- ligen Windkraftstandorten Rückbaumaßnahmen erfolgen? Zu Frage 12: Der Landesregierung liegen dazu keine Erkenntnisse vor. Die Frage kann nur von den Betreibern in Abhängigkeit von der jeweiligen Außerbetriebnahme der Anlagen beantwortet werden.