Landtag Brandenburg 6. Wahlperiode Drucksache 6/3356 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 1329 des Abgeordneten Christoph Schulze BVB/FREIE WÄHLER Gruppe Drucksache 6/3199 Behinderung der Öffentlichkeitsarbeit von Volksbegehren im Land Wortlaut der Kleinen Anfrage 1329 vom 15.12.2015: Im September 2015 wurde im Landtag Brandenburg erörtert und diskutiert, dass die Öffentlichkeitsarbeit von Volksbegehren durch zahlreiche Kommunen im Land Brandenburg sabotiert wird. Gegenstand und Anlass war die Tatsache das Ordnungsämter von Kommunen den Initiatoren und Unterstützern von Volksbegehren vorschreiben wollten, an welchen Orten, mit welchen Mitteln und in welcher Größenordnung sie für das Volksbegehren werben dürfen. Konkret war in einzelnen Orten die Plakatierung durch Ordnungsbehörden verboten worden, oder es wurden erhebliche Gebühren verlangt, oder den Volksbegehren wurden „Stückzahlen“ an Plakaten vorgeschrieben, und eine weitere darüber hinaus gehende Plakatierung wurde verboten. Volksbegehren sind keine „Irgendwie- Veranstaltungen“ sondern gesetzlich geregelte Verfahren als Ausfluss der Verfassung Art. 76 und genießen somit Verfassungsrang. Daraufhin hatte die Fraktion Bündnis 90/Grüne im Landtag Brandenburg den Antrag gestellt, diese Frage im Straßengesetz des Landes Brandenburg zu regeln. Die Landesregierung und die Koalitionsfraktionen aus SPD und Linkspartei lehnten ab. Die zuständige Fach-Ministerin versprach aber in der Landtagssitzung eine entsprechende Verwaltungsvorschrift zu ändern und neu zu erlassen, in der diese Fragen verbindlich und abschließend. Prinzipiell ist die Frage der Werbung anlässlich von „Wahlkämpfen“ in der Verwaltungsvorschrift „Lautsprecher- und Plakatwerbung auf öffentlichen Straßen aus Anlass von allgemeinen Wahlen, Volksbegehren, Volksentscheiden, Bürgerbegehren und Bürgerentscheiden im Land Brandenburg“ in der „Allgemeinverfügung des Ministeriums für Infrastruktur und Landesplanung, Abteilung 4 - Straßenverkehr - vom 18. November 2015“ geregelt. Auf dieser Basis und als verbindliche Rechtsgrundlage können alle Teilnehmer (Parteien, sonstige Bewerber, Wählervereinigungen usw.) an Kommunalwahlen, Bürgermeister- und Landratswahlen, an Bundetags- und Europawahlen ihre Plakatwerbung durchführen. Die Ministerin hat die entsprechende Verwaltungsvorschrift zum 18.11.2015 geändert und in Ziffer 2 Nr. 7 sowohl Volksbegehren und Bürgerentscheide mitaufgenommen. Durch die Landesregierung sind alle Kommunen umgehend über die neue Rechtlage informiert worden, so dass ab dem 18.11.2015 nunmehr eine neue Rechtslage besteht. Nunmehr, d.h. Mitte Dezember 2015 gibt es immer noch Ordnungsämter / Kommunalverwaltungen die sich anmaßen den Volksbegehren vorzuschreiben wann, wo, wie lange und in welcher Stückzahl Wahlwerbemittel eingesetzt werden dürfen. Dabei werden konkrete Standorte zur „Volksbegehrens-Werbung“ verweigert, die bei der Landtagswahl 2014, bei der Bundestagswahl 2013 und bei Landrats- und Bürgermeisterwahlen in den letzten Jahren eindeutig von Parteien und Bewerbern genutzt wurden. Es ist unbestritten das bei der Nutzung von Werbemitteln die Fragen der öffentlichen Ordnung, insbesondere StVO beachtet werden ( siehe Ziffer 1 des Runderlasses) müssen und das Kommunen ggf. bestimmte Bereiche im Ort, z.B. basierend auf einer Denkmalsatzung von Plakatierung usw. freihalten können sollen. Aus diesem Grunde frage ich die Landesregierung: 1. Regelt sich grundsätzlich die Beantragung von „Wahlwerbung zu Volksbegehren“ nach dem Verwaltungsverfahrensgesetz? Sind auf die entsprechenden schriftlichen Anträge (auf der Basis des o.g. neuen Runderlasses des MIL) zur Wahlwerbung für Volksbegehren, entsprechende Bescheide durch die Kommunalverwaltungen schriftlich zur „Genehmigung“ zu erteilen? 2. Können Kommunen / Ordnungsämter solche schriftlichen form- und fristgerechten Anträge ohne Bescheid abschlägig beantworten, z.B. lapidar telefonisch oder per „Kurzbrief“, ohne rechtliche Begründung und / oder Rechtsbehelfsbelehrung? (Rechtsstaatsgebot im Verwaltungshandeln) 3. Können Kommunen / Ordnungsämter für solche form- und fristgerechten Anträge, Bescheide und ggf. Genehmigungen Gebühren erheben? Auf welcher Rechtsgrundlage in welchem Umfang? 4. Dürfen Kommunalverwaltungen / Ordnungsämter ordnungs- und fristgerechte Anträge von Volksbegehren pauschal ablehnen, mit der Begründung, die vorhandene Werbung reiche aus? (Willkürschutz) 5. Können Kommunen / Ordnungsämter solche form- und fristgerechten Anträge von Volksbegehren zur Installation von Wahlwerbung ohne Bescheid und ohne Begründung ablehnen, wenn an der gleichen Stelle zur vorhergehenden Wahlen „Wahlwerbung von Parteien“ erlaubt war. (Gleichheitsgrundsatz?) 6. Dürfen Kommunalverwaltungen / Ordnungsämter ordnungs- und fristgerechte Anträge von Volksbegehren „mengen-rabattieren“, indem die Kommune / das Ordnungsamt bestimmt, wieviel Werbemittel eingesetzt werde darf (z.B. XY- Anzahl Werbeträger reichen aus)? Wenn ja auf welcher Rechtsgrundlage und in welchem Ausmaß und mit welcher Begründung? 7. Haben Volksbegehren die gleichen Rechte zur „Wahlwerbung“ wie Parteien zu Wahlen oder Bewerber zu Bürgermeister- oder Landratswahlen, oder sind Volksgehren „minder-privilegiert“, d.h. an die Wahlwerbung von Volksbegehren werden andere Maßstäbe angelegt in Art und Umfang? Wenn ja auf welcher Rechtsgrundlage und in welchem Ausmaß und mit welcher Begründung ? Namens der Landesregierung beantwortet die Ministerin für Infrastruktur und Landesplanung die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1: Regelt sich grundsätzlich die Beantragung von „Wahlwerbung zu Volksbegehren“ nach dem Verwaltungsverfahrensgesetz? Sind auf die entsprechenden schriftlichen Anträge (auf der Basis des o.g. neuen Runderlasses des MIL) zur Wahlwerbung für Volksbegehren, entsprechende Bescheide durch die Kommunalverwaltungen schriftlich zur „Genehmigung“ zu erteilen? Frage 2: Können Kommunen / Ordnungsämter solche schriftlichen form- und fristgerechten Anträge ohne Bescheid abschlägig beantworten, z.B. lapidar telefonisch oder per „Kurzbrief“, ohne rechtliche Begründung und / oder Rechtsbehelfsbelehrung? (Rechtsstaatsgebot im Verwaltungshandeln) Frage 3: Können Kommunen / Ordnungsämter für solche form- und fristgerechten Anträge, Bescheide und ggf. Genehmigungen Gebühren erheben? Auf welcher Rechtsgrundlage in welchem Umfang? Frage 4: Dürfen Kommunalverwaltungen / Ordnungsämter ordnungs- und fristgerechte Anträge von Volksbegehren pauschal ablehnen, mit der Begründung, die vorhandene Werbung reiche aus? (Willkürschutz) Frage 5: Können Kommunen / Ordnungsämter solche form- und fristgerechten Anträge von Volksbegehren zur Installation von Wahlwerbung ohne Bescheid und ohne Begründung ablehnen, wenn an der gleichen Stelle zur vorhergehenden Wahlen „Wahlwerbung von Parteien“ erlaubt war. (Gleichheitsgrundsatz?) Zu Fragen 1 bis 5: Die Allgemeinverfügung des Ministeriums für Infrastruktur und Landesplanung zur Lautsprecher- und Plakatwerbung auf öffentlichen Straßen aus Anlass von allgemeinen Wahlen, Volksbegehren, Volksentscheiden, Bürgerbegehren und Bürgerentscheiden im Land Brandenburg vom 18.11.2015 regelt die Modalitäten, nach denen die genannte Werbung auf öffentlichen Straßen in Brandenburg stattfinden darf, hauptsächlich für den Bereich des Straßenverkehrsrechts. Die Regelungen des Verwaltungsverfahrensgesetzes finden insoweit keine Anwendung. Unabhängig vom Straßenverkehrsrecht kann eine Sondernutzungserlaubnis nach dem Brandenburgischen Straßengesetz notwendig sein, wenn die jeweilige kommunale Satzung dies vorsieht. Dort können auch Gebühren festgelegt werden. Frage 6: Dürfen Kommunalverwaltungen / Ordnungsämter ordnungs- und fristgerechte Anträge von Volksbegehren „mengen-rabattieren“, indem die Kommune / das Ordnungsamt bestimmt, wieviel Werbemittel eingesetzt werde darf (z.B. XY-Anzahl Werbeträger reichen aus)? Wenn ja auf welcher Rechtsgrundlage und in welchem Ausmaß und mit welcher Begründung? Zu Frage 6: Wie im Vorfeld allgemeiner Wahlen auch, ist bei Bürger- und Volksbegehren eine angemessene Begrenzung von Werbeträgern im öffentlichen Straßenraum nach Größe, Zahl und Ort zulässig. Dabei muss es sich immer um eine an den örtlichen Gegebenheiten ausgerichtete Einzelfallentscheidung handeln. Diese hat unter Berücksichtigung des Interesses der Befürworter und Gegner eines Begehrens auf eine möglichst flächendeckende und werbewirksame Bekanntmachung des jeweiligen Anliegens einerseits und dem öffentlichen Interesse an der Gewährleistung der Verkehrssicherheit , des Verkehrsflusses oder beispielsweise der Vermeidung der Beeinträchtigung des Stadtbildes andererseits zu ergehen. In die Entscheidung werden auch die gegenüber allgemeinen Wahlen deutlich längere Plakatierungszeit und die ggf. gegebene zeitgleiche oder zeitlich überschneidende Durchführung von Bürgeroder Volksbegehren einfließen (vgl. Beschluss VG Aachen vom 01.12.2006 Az.: 6 L 628/06 Rz 42-45 sowie Beschluss VG Berlin vom 30.11.2007 Az.: 1 A 287.07 Rz 12- 14). Frage 7: Haben Volksbegehren die gleichen Rechte zur „Wahlwerbung“ wie Parteien zu Wahlen oder Bewerber zu Bürgermeister- oder Landratswahlen, oder sind Volksgehren „minder-privilegiert“, d.h. an die Wahlwerbung von Volksbegehren werden andere Maßstäbe angelegt in Art und Umfang? Wenn ja auf welcher Rechtsgrundlage und in welchem Ausmaß und mit welcher Begründung ? Zu Frage 7: Nach der Allgemeinverfügung gelten in Brandenburg für Volksbegehren und - entscheide sowie für Bürgerbegehren und -entscheide die gleichen Bedingungen wie für andere Wahlen.