Landtag Brandenburg 6. Wahlperiode Drucksache 6/3388 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 1345 der Abgeordneten Heide Schinowsky und Benjamin Raschke der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 6/3250 Wortlaut der Kleinen Anfrage 1345 vom 23.12.2015: Folgen der Grubenwasserumleitung in die Neiße Im Wasser der Spree sind erhöhte Sulfatwerte zu beobachten. Hauptursachen sind die aktiven Braunkohletagebaue von Vattenfall und die Sanierungstagebaue der LMBV. In den Frankfurter und Berliner Wasserwerken wird Uferfiltrat der Spree zur Trinkwasserversorgung genutzt. Sulfat beeinträchtigt die Wasserqualität erheblich, kann jedoch nicht herausgefiltert werden. Die Firma Vattenfall gab in einer Pressemitteilung vom 13. November 2015 an: „Der laut Trinkwasserverordnung vorgegebene Grenzwert von 250 Milligramm Sulfat pro Liter wird im Trinkwasser der Wasserwerke Briesen/Frankfurt (Oder) und Berlin/Friedrichshagen trotz der seit 2014 auftretenden Niedrigwassersituation in der Spree durch die Wasserwerksbetreiber eingehalten.“ Die Lausitzer Rundschau vom 07. April 2015 schreibt dazu: „In der Spree wurden dort im vergangenen Jahr mehrfach Werte von 300 Milligramm Sulfat und mehr pro Liter gemessen. Der Boden als natürlicher Filter hält die Substanz kaum zurück. Für Trinkwasser gilt jedoch eine Grenze von 250 Milligramm. Durch Mischung mit natürlichem Grundwasser lieferte das Werk am Müggelsee trotzdem noch Wasser mit 180 Milligramm Sulfat pro Liter in das Leitungsnetz.“ Aus den Meldungen ergibt sich, dass für die Sicherheit der Trinkwasserversorgung erhebliche Investitionen getätigt werden müssen. Sie haben das Ziel, die Sulfatbelastung deutlich zu senken, um eine sichere Trinkwasserversorgung auch bei nachlassenden Niederschlägen und dadurch erhöhten Sulfatkonzentrationen gewährleisten zu können. Um die Sulfatbelastung in der Spree zu reduzieren, wird Vattenfall deshalb mit Sulfat belastetes Grubenwasser in die Neiße einleiten, wurde auf dem Braunkohlenausschuss des Landes Brandenburg im Oktober 2015 verkündet. Wir fragen deshalb die Landesregierung: 1. Welche monatlichen Maximal- und Durchschnittswerte für Sulfat wurden 2015 an den Messstellen Neubrück und Neu-Zittau der Spree gemessen? 2. Welche monatlichen Maximal- und Durchschnittswerte für Sulfat wurden 2014 und 2015 im aufbereiteten Trinkwasser der Wasserwerke Briesen gemessen? 3. Welche rechtliche Grundlage hat Vattenfall für die Einleitung von Sulfatbelastetem Wasser in die Spree und deren Zuflüsse und welche Art von Begrenzung beinhaltet die Erlaubnis? 4. Welche rechtliche Grundlage hat Vattenfall für die Einleitung von Sulfatbelastetem Wasser in das Wassereinzugsgebiet der Neiße und seit wann besteht diese? 5. Wurden über die Ableitung von Sulfat-belastetem Wasser in das Einzugsgebiet der Neiße Verhandlungen mit der sächsischen Staatsregierung geführt und wann fanden diese statt? 6. Hat die sächsische Staatsregierung die brandenburgische Landesregierung vor Erteilung der Genehmigung für Vattenfall zur Einleitung von Sulfat-belastetem Wasser in das Wassereinzugsgebiet der Neiße konsultiert? Wenn ja, welche Stellungnahme hat die Landesregierung dazu abgegeben? 7. Welche Untersuchungen und Prognosen zum zukünftigen Sulfatgehalt in Neiße und Oder durch die Einleitung von Vattenfall liegen der Landesregierung vor und welche Werte werden darin prognostiziert? 8. Welche Brandenburger Wasserwerke entlang von Neiße und Oder nutzen Wasser bzw. Uferfiltrat aus den Flüssen zur Trinkwasserversorgung? 9. Welche polnischen Wasserwerke entlang von Neiße und Oder nutzen Wasser bzw. Uferfiltrat aus den Flüssen zur Trinkwasserversorgung und wurden diese vor Genehmigung der Einleitung konsultiert? 10. Seit wann findet die Einleitung von Sulfat-belastetem Wasser aus Braunkohle- Tagebauen in das Einzugsgebiet der Neiße statt? 11. Welche Sulfatwerte wurden vor und nach Beginn der Einleitung an den Messstellen entlang von Neiße und Oder im Flusswasser gemessen? Namens der Landesregierung beantwortet der Minister für Wirtschaft und Energie die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1: Welche monatlichen Maximal- und Durchschnittswerte für Sulfat wurden 2015 an den Messstellen Neubrück und Neu-Zittau der Spree gemessen? zu Frage 1: An den Messstellen Neubrück und Neu Zittau wird das Wasser der Spree einmal im Monat beprobt und analysiert. Monatliche Maximal- und Durchschnittswerte gibt es daher nicht. Folgende Sulfatwerte wurden im Jahr 2015 ermittelt: Sulfat im mg/l im Jahr 2015: Neubrück Neu Zittau Januar 267 249 Februar 263 253 März 248 243 April 292 293 Mai 344 203 Juni 312 289 Juli 331 316 August 281 253 September 286 280 Oktober 343 300 November 354 306 Jahresdurchschnitt 2015 (ohne Dezember) 302 271 Die Sulfatwerte für Dezember 2015 wurden noch nicht vorgelegt. Frage 2: Welche monatlichen Maximal- und Durchschnittswerte für Sulfat wurden 2014 und 2015 im aufbereiteten Trinkwasser der Wasserwerke Briesen gemessen? zu Frage 2: Die arithmetischen Monatsmittelwerte sowie die Maximalkonzentrationen für Sulfat im Reinwasser des Trinkwasserwerkes Briesen wurden wie folgt ermittelt: Sulfat im mg/l in den Jahren 2014 und 2015: 2014 2015 Monatsmittelwert Monatsmaximum Monatsmittelwert Monatsmaximum Januar 149 155 177 194 Februar 149 158 172 190 März 153 158 180 195 April 151 175 178 195 Mai 157 174 178 190 Juni 161 176 178 202 Juli 167 185 179 195 August 169 179 179 187 September 169 180 187 197 Oktober 170 186 184 210 November 172 193 197 198 Dezember 177 196 194 200 Die Einhaltung des Sulfatgrenzwerts von 250 mg/l Sulfat (Trinkwasserverordnung - TrinkwV) ist entsprechend der obigen Tabelle erfüllt gewesen. Frage 3: Welche rechtliche Grundlage hat Vattenfall für die Einleitung von Sulfat-belastetem Wasser in die Spree und deren Zuflüsse und welche Art von Begrenzung beinhaltet die Erlaubnis? zu Fragen 3: Für die Einleitung von sulfathaltigem Wasser in Zusammenhang mit dem Betrieb von Tagebauen liegen wasserrechtliche Erlaubnisse vor. Darin wird für den Parameter Sulfat kein Grenzwert festgelegt, da keine gesetzliche Vorgabe besteht. Der Grenzwert von 250 mg/l Sulfat aus der TrinkwV gilt nicht für Oberflächengewässer. In diesem Zusammenhang wird auf § 8 TrinkwV 2001 (Stelle der Einhaltung) verwiesen. Frage 4: Welche rechtliche Grundlage hat Vattenfall für die Einleitung von Sulfat-belastetem Wasser in das Wassereinzugsgebiet der Neiße und seit wann besteht diese? zu Frage 4: Vattenfall Europe Mining AG hat die Über- und Einleitung von Grubenwasser auf dem Gebiet des Freistaates Sachsen beantragt. Eine wasserrechtliche Erlaubnis dafür wurde nach Kenntnis der Landesregierung durch das Sächsische Oberbergamt Freiberg (SOBA) im Einvernehmen mit der zuständigen sächsischen Wasserbehörde erteilt. Die Überleitung findet seit dem 04.11.2015 im Regelbetrieb statt. Frage 5: Wurden über die Ableitung von Sulfat-belastetem Wasser in das Einzugsgebiet der Neiße Verhandlungen mit der sächsischen Staatsregierung geführt und wann fanden diese statt? zu Frage 5: Gemäß den jeweiligen Zuständigkeitsverordnungen in den einzelnen Bundesländern sind die Genehmigungs- und Fachbehörden für die Erteilung von wasserrechtlichen Erlaubnissen zuständig. Eine Einbeziehung im Sinne von „Verhandlungen mit der Staatsregierung“ ist deshalb entbehrlich und auch nicht üblich. Daneben wird auf die Antworten zu den Fragen 4 und 6 verwiesen. Frage 6: Hat die sächsische Staatsregierung die brandenburgische Landesregierung vor Erteilung der Genehmigung für Vattenfall zur Einleitung von Sulfat-belastetem Wasser in das Wassereinzugsgebiet der Neiße konsultiert? Wenn ja, welche Stellungnahme hat die Landesregierung dazu abgegeben? zu Frage 6: Die wasserwirtschaftlichen Zusammenhänge mit dem Braunkohlenbergbau werden als länderübergreifende Aufgabe verstanden. Ein regelmäßiger Austausch ist über verschiedene Arbeitsgruppen, z.B. in der Arbeitsgruppe „Flussgebietsbewirtschaftung Spree-Schwarze Elster“ realisiert. Die Überleitung von Grubenwasser in das Einzugsgebiet der Neiße ist eine von mehreren Maßnahmen des seit 2009 jährlich fortgeschriebenen Arbeitsprogramms „Strategiepapier zur Beherrschung bergbaubedingter Stoffbelastungen in den Fließgewässern Spree, Schwarze Elster und Lausitzer Neiße“ (siehe: http://www.mlul.brandenburg.de/cms/media.php/lbm1.a.3310.de/bergbaufolgen_ap2 015.pdf). Stellungnahmen der Landesregierungen sind im Detail nicht erforderlich und nicht üblich. Frage 7: Welche Untersuchungen und Prognosen zum zukünftigen Sulfatgehalt in Neiße und Oder durch die Einleitung von Vattenfall liegen der Landesregierung vor und welche Werte werden darin prognostiziert? zu Frage 7: Aufgrund der geringen Einleitmengen sind für die Sulfatgehalte von Oder und Neiße aus brandenburgischer Sicht keine Prognosen notwendig. Die Überleitmengen an Grubenwasser belaufen sich auf ca. 0,1 % bezogen auf die Wasserführung der Lausitzer Neiße. Die Einleitung von Grubenwasser erfolgt nicht direkt in die Lausitzer Neiße. Bis zu max. 5 m³/min (83 Liter pro Sekunde) sulfatreichen Wassers werden auf dem Gebiet des Freistaates Sachsen aus der Grubenwasserbehandlungsanlage Tzschelln über den Klarwasserableiter Ost in den Floßgraben und in den Rothwassergraben übergeleitet, wo ein Großteil des übergeleiteten Wassers bereits versickert . Frage 8: Welche Brandenburger Wasserwerke entlang von Neiße und Oder nutzen Wasser bzw. Uferfiltrat aus den Flüssen zur Trinkwasserversorgung? zu Frage 8: Es gibt in Brandenburg keine Wasserwerke, die das Wasser bzw. Uferfiltrat der Neiße bzw. Oder nutzen. Frage 9: Welche polnischen Wasserwerke entlang von Neiße und Oder nutzen Wasser bzw. Uferfiltrat aus den Flüssen zur Trinkwasserversorgung und wurden diese vor Genehmigung der Einleitung konsultiert? zu Frage 9: Zu polnischen Wasserwerken entlang von Neiße und Oder kann die Landesregierung keine Aussagen treffen. Hier liegt die Zuständigkeit auf polnischer Seite. Eine Konsultation von polnischen Wasserwerken vor Genehmigung der Einleitung war nach Auffassung der AG „Flussgebietsbewirtschaftung“ aus den in der Antwort zu Frage 7 genannten Gründen entbehrlich. Im Rahmen der regelmäßigen Zusammenarbeit der deutschen und polnischen Wasserbehörden (Deutsch-Polnische Grenzgewässerkommission ) hat die polnische Seite Kenntnis über die Einleitung von Grubenwasser . Frage 10: Seit wann findet die Einleitung von Sulfat-belastetem Wasser aus Braunkohle- Tagebauen in das Einzugsgebiet der Neiße statt? zu Frage 10: Wie bereits in Antwort zu Frage 4 ausgeführt, findet im speziellen Fall der Regelbetrieb seit 04.11.2015 statt. Grubenwasserüber- und -einleitungen aus dem Tagebau Nochten in das Einzugsgebiet der Neiße sind seit 1980 gängige Praxis. Frage 11: Welche Sulfatwerte wurden vor und nach Beginn der Einleitung an den Messstellen entlang von Neiße und Oder im Flusswasser gemessen? zu Frage 11: Für den Zeitraum nach dem 04.11.2015 liegen für die Neiße und Oder noch keine Analysendaten bzgl. Sulfat vor. Der Einfluss ist, wie in der Antwort zu Frage 7 dargelegt , vernachlässigbar. Nachfolgend sind die Daten des Zeitraumes vor der Einleitung aufgeführt: Sulfat im mg/l: Jahresmittel 2015 Neiße, unterhalb Bad Muskau 87 Neiße, oberhalb Forst 89 Neiße, unterhalb Forst 89 Oder, Ratzdorf, Strommitte 102