Landtag Brandenburg 6. Wahlperiode Drucksache 6/3474 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 1368 der Abgeordneten Tina Fischer der SPD-Fraktion Drucksache 6/3323 Unterrichtsversorgung von Flüchtlingen Wortlaut der Kleinen Anfrage 1368 vom 13.01.2016: Sprache wird ein zentraler Schlüssel zur Integration sein. Es gibt derzeit viele Befürchtungen , dass Brandenburg den Bedarf an LehrerInnen, welche die Qualifikation „Deutsch als Fremdsprache“ haben, nicht decken kann. Daher frage ich die Landesregierung: 1) Wie viele Kinder und Jugendliche befinden sich aktuell in Sprachkursen an den Schulen (aufgeschlüsselt nach Schulform und Landkreis)? 2) Gibt es Prognosen, wie der Zuwachs an geflüchteten Kindern und Jugendlichen für das erste Halbjahr bzw. Jahr 2016 sein wird? (In Zahlen oder gemessen an Lehrerwochenstunden; aufgeschlüsselt nach Landkreisen und ggf. nach Schulform )? 3) Wie viele ausgebildete Lehrkräfte warten in Brandenburg aktuell auf eine Anstellung ? 4) Wie viele LehrerInnen haben derzeit die Qualifikation „Deutsch als Fremdsprache “ (aufgeschlüsselt nach Lehrern mit und auf Anstellung wartend sowie nach Landkreisen)? 5) Wie viele Lehrer sind im Ruhestand und könnten bspw. im Rahmen eines Honorarvertrages für Deutsch Unterricht angefragt werden? 6) Welche davon haben die Qualifikation „Deutsch als Fremdsprache“? 7) Gibt es Überlegungen von der Qualifikation abzusehen, um motivierten LehrerInnen den Einstieg zu ermöglichen? 8) Welche Zuverdienstmöglichkeiten haben LehrerInnen derzeit im Ruhestand? 9) Sind gesetzliche Änderungen notwendig, um LehrerInnen bspw. im Rahmen eines Werkvertrages auf 450 Euro Basis anzustellen; wenn ja: Welche? 10) Welche weiteren Maßnahmen zur Sicherung des Bedarfs plant die Landesregierung ; bspw. die Anfrage der Lehrer in Teilzeit, ob sie ihr Deputat aufstocken wollen ? Namens der Landesregierung beantwortet der Minister für Bildung, Jugend und Sport die Kleine Anfrage wie folgt: Vorbemerkungen: Flüchtlinge schnellstmöglich zu integrieren, ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Das Erlernen der deutschen Sprache ist hierfür entscheidend. Angebote gibt es in den Schulen, aber auch außerhalb, z. B. in Sprachkursen. Die Schulen vermitteln umfassend die Deutschkenntnisse für die schulpflichtigen Kinder und Jugendlichen. Darüber hinaus bemüht sich das Land auch darum, für die grundsätzlich nach der Schulpflichtruhensverordnung noch nicht oder bereits schulpflichtigen Kinder und Jugendlichen, die in den Erstaufnahmeeinrichtungen leben, ebenfalls umfängliche Angebote für den Deutschunterricht bereitzustellen, die bislang in der Zuständigkeit anderer Bildungsträger lagen, und hierfür die entsprechenden Lehrkräfte einzustellen . Dies auch deshalb, weil die anderen Bildungsträger angesichts der hohen Flüchtlingszuströme (inklusive der Erwachsenen) mit der Vermittlung der integrationsförderlichen Deutschkenntnisse an ihre Leistungsgrenzen stoßen. Die Zahl ausgebildeter Lehrkräfte mit der Zusatzqualifikation Deutsch als Fremdsprache oder Deutsch als Zweitsprache auf dem Arbeitsmarkt ist eng begrenzt und diese Lehrkräfte sind bundesweit sehr begehrt. Die Schulaufsichtsbehörden sind bestrebt , Lehrkräfte einzustellen, die neben der Zusatzqualifikation aufgrund ihrer Lehrbefähigung und den Fakultas dauerhaft den Bedarf decken können. Es erfolgt außerdem eine Fortbildung der bereits im Landesdienst stehenden Lehrkräfte am Landesinstitut für Schule und Medien Berlin-Brandenburg (LiSuM), um die Vermittlung von Deutschkenntnissen an Kinder mit nicht deutscher Herkunftssprache sicherzustellen . Frage 1: Wie viele Kinder und Jugendliche befinden sich aktuell in Sprachkursen an den Schulen (aufgeschlüsselt nach Schulform und Landkreis)? Zu Frage 1: In der nachfolgenden Tabelle 1 ist aufgeführt, wie viele Einzugliedernde in Vorbereitungsgruppen und Förderkursen an allgemeinbildenden Schulen in öffentlicher Trägerschaft im Schuljahr 2015/2016 teilnehmen. Tabelle 1: Einzugliedernde in Vorbereitungsgruppen und Förderkursen nach Landkreisen sowie kreisfreien Städten und Schulformen gesamt davon Landkreise und kreisfreie Städte Grundschule Oberschule Gesamtschule Gymnasium Förderschule ZB W Brandenburg a.d.H. 91 69 22 Cottbus 214 159 41 8 6 Frankfurt (O.) 22 22 Potsdam 575 432 76 67 Barnim 147 78 69 Dahme- Spreewald 258 148 82 3 1 24 Elbe-Elster 95 50 45 Havelland 252 197 42 6 7 Märkisch- Oderland 204 105 97 2 Oberhavel 234 172 57 5 Oberspreewald- Lausitz 164 116 48 Oder-Spree 290 68 169 23 30 Ostprignitz- Ruppin 237 183 47 7 Potsdam- Mittelmark 245 170 71 3 1 Prignitz 140 83 50 7 Spree-Neiße 267 225 42 Teltow-Fläming 197 108 89 Uckermark 138 57 75 6 Insgesamt 3.770 2.442 1.122 116 34 32 24 Quelle: Blitzumfrage 2015/16 (II) Schüler- und Klassenbildung an allgemeinbildenden Schulen in öffentlicher Trägerschaft (Stichtag: 16.12.2015) Frage 2: Gibt es Prognosen, wie der Zuwachs an geflüchteten Kindern und Jugendlichen für das erste Halbjahr bzw. Jahr 2016 sein wird? (In Zahlen oder gemessen an Lehrerwochenstunden ; aufgeschlüsselt nach Landkreisen und ggf. nach Schulform)? Zu Frage 2: Es spielen nicht nur Kinder und Jugendliche eine Rolle, die sich als Flüchtlinge im Land Brandenburg aufhalten, sondern auch Kinder mit andersartigem Migrationshintergrund , die an den Schulen unterrichtet werden. Auch wenn die Zahl der in 2015 in den Erstaufnahmeeinrichtungen versorgten Kinder und Jugendlichen als Orientierung für 2016 herangezogen werden kann, ist noch nicht absehbar, in welchem Umfang diese Kinder und Jugendlichen tatsächlich in Brandenburg bleiben und dann auch dauerhaft eine Schule besuchen. Frage 3: Wie viele ausgebildete Lehrkräfte warten in Brandenburg aktuell auf eine Anstellung? Zu Frage 3: Laut der Bewerberdatenbank zum Stichtag 25.01.2016 sind 1.532 mit einer Lehramtsbefähigung ausgebildete Lehrkräfte gemeldet. Davon haben 612 Bewerberinnen und Bewerber die Lehrbefähigung für das Unterrichtsfach Deutsch, wobei 392 hiervon der Studienratslaufbahn angehören. Frage 4: Wie viele LehrerInnen haben derzeit die Qualifikation „Deutsch als Fremdsprache“ (aufgeschlüsselt nach Lehrern mit und auf Anstellung wartend sowie nach Landkreisen )? Zu Frage 4: Die nachfolgende Tabelle 2 zeigt, wie viele Lehrkräfte die erfragte Qualifikation haben . Eine Auswertung nach Landkreisen und kreisfreien Städten liegt nicht vor. Die Fächer „Deutsch als Fremdsprache“ (DaF) und „Deutsch als Zweitsprache“ (DaZ) wurden erst im Schuljahr 2013/2014 im Schlüsselverzeichnis der Ausbildungsfächer von Lehrkräften aufgenommen. Somit ist die Erfassung auch erst seit dem Schuljahr 2013/2014 möglich. Die Zahl der Lehrkräfte mit diesen Ausbildungsfächern dürfte daher höher liegen. Tabelle 2: Lehrkräfte mit den Ausbildungsfächern „Deutsch als Fremdsprache“ und „Deutsch als Zweitsprache“ RegionalstelleAnm.1 Lehrkräfte mit DaF oder DaZ Brandenburg a.d.H. 21 Cottbus 4 Frankfurt (Oder) 8 Neuruppin 18 Insgesamt 51 Anm.1 Durch das Schulämtererrichtungsgesetz, verkündet in GVBl. I 2016/Nr. 5 vom 26.01.2016 auf S. 7 f., wurden das Landesamt für Schule und Lehrerbildung (Landesschulamt) und also auch die Regionalstellen aufgelöst, jedoch erst zum 1. Februar 2016. Quelle: APSIS-Auswertung vom 31.12.2015 In der Bewerberdatenbank zum Stichtag 25.01.2016 liegen 97 Bewerbungen von Lehrkräften mit der Zusatzqualifikation DaF oder DaZ vor. Eine Auswertung nach Landkreisen und kreisfreien Städten ist aufgrund der Eingabesystematik nicht möglich . Frage 5: Wie viele Lehrer sind im Ruhestand und könnten bspw. im Rahmen eines Honorarvertrages für Deutsch Unterricht angefragt werden? Zu Frage 5: Lehrkräfte unterrichten auf der Grundlage eines Dienst- oder Arbeitsverhältnisses zum Land. Andere Vertragsformen sind nicht zulässig. Aktuell erhalten 2.465 Lehrkräfte Versorgungsbezüge von der ZBB Cottbus. Wie viele davon ausgebildete Deutschlehrkräfte sind, ist dort nicht erfasst. Frage 6: Welche davon haben die Qualifikation „Deutsch als Fremdsprache“? Zu Frage 6: Diese Zusatzqualifikation ist ebenfalls nicht erfasst. Frage 7: Gibt es Überlegungen von der Qualifikation abzusehen, um motivierten LehrerInnen den Einstieg zu ermöglichen? Zu Frage 7: Die Qualität im Unterricht ist ein hohes Gut und entscheidend für den Erwerb von Wissen und Kompetenzen bei unseren Schülerinnen und Schülern. Um das sicherzustellen , werden voll ausgebildete Lehrkräfte eingestellt. In der Auswahlentscheidung wird damit zugleich dem grundgesetzlich verankerten Prinzip der Bestenauslese Rechnung getragen. Nur soweit für einzelne Schulen keine Laufbahnbewerber (mehr) zur Verfügung stehen, kommt auch die Einstellung von Bewerberinnen und Bewerbern in Betracht, die keine voll ausgebildeten Lehrkräfte sind. Gleichwohl müssen diese in der Lage sein, selbstständig in eigener Verantwortung im Rahmen der Bildungs- und Erziehungsziele zu unterrichten. Ob Nichtlaufbahnbewerber in der Lage sind, eigenes Fachwissen den Rahmenlehrplänen entsprechend altersgerecht didaktisch zu vermitteln, lässt sich allein anhand der Motivation nicht ableiten. Von Vorteil sind entsprechende berufliche Erfahrungen im pädagogischen Umgang mit Kindern, zum Beispiel durch eine berufliche Tätigkeit im Hortbereich oder im Rahmen der schulischen Vertretungsbudgets. Frage 8: Welche Zuverdienstmöglichkeiten haben LehrerInnen derzeit im Ruhestand? Zu Frage 8: Die Hinzuverdienstgrenzen ergeben sich aus den §§ 74 ff. BbgBeamtVG. Danach können pensionierte Beamte (Lehrkräfte) bereits jetzt in erheblichem Umfang ohne eine Kürzung hinzuverdienen. Ruhestandsbeamtinnen und Ruhestandsbeamte können Einkommen aus einer Verwendung im öffentlichen Dienst (sog. Verwendungseinkommen) neben den Versorgungsbezügen bis zur Höhe der ruhegehaltfähigen Dienstbezüge aus der Endstufe der Besoldungsgruppe, aus der sich das Ruhegehalt berechnet, ohne Anrechnung erzielen (§ 74 Absatz 2 Nummer 1 BbgBeamtVG). Eine neben dem Ruhegehalt bezogene Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung verringert die Möglichkeit des ungekürzten Hinzuverdienstes (§ 79 Absatz 3 BbgBeamtVG). Ein Beispiel mag dies verdeutlichen: Die im Mai 1950 geborene verbeamtete Förderschulkraft tritt zum 01.02.2016 in den Ruhestand. Das anrechnungsfrei mögliche Gesamteinkommen beträgt 4.781,76 € (Endstufe der Besoldungsgruppe A 13). Die Lehrkraft erhält eine angenommene Rente von 900 € und angenommene Versorgungsbezüge von 1.800 € (nach Anrechnung der Rente gemäß §§ 79 Absatz 3, 76 Absatz 1 BbgBeamtVG), zusammen 2.700 €. Sie könnte noch 2.081,76 € anrechnungsfrei hinzuverdienen (teilzeitbeschäftigt mit ca. 10/25 Lehrerwochenstunden). Frage 9: Sind gesetzliche Änderungen notwendig, um LehrerInnen bspw. im Rahmen eines Werkvertrages auf 450 Euro Basis anzustellen; wenn ja: Welche? Zu Frage 9: Mit Lehrkräften wird ein Arbeitsverhältnis vereinbart oder sie werden in ein Beamtenverhältnis übernommen. Werkverträge sind für eine Tätigkeit als Lehrkraft nicht zulässig . Soweit Lehrkräfte nur im Rahmen einer geringfügigen Beschäftigung nach § 8 Absatz 1 Nummer 1 SGB IV beschäftigt werden wollen, wird daran die Teilzeitbeschäftigung ausgerichtet. Im Übrigen gilt hinsichtlich der Eingruppierung die Entgeltordnung Lehrkräfte. Erfolgt die Eingruppierung für eine Tätigkeit an einer Grundschule in die Entgeltgruppe 11 Stufe 5, können nur 2,5/27 Lehrerwochenstunden vereinbart werden. Für eine dauerhafte Beschäftigung ist das schulorganisatorisch nur bedingt sinnvoll. Hier sind kurzzeitige Einstellungen im Rahmen der schulischen Vertretungsbudgets besser mit den Voraussetzungen einer geringfügigen Beschäftigung, ggf. auch nach § 8 Absatz 1 Nummer 2 SGB IV (maximal 50 Tage im Kalenderjahr), zu verbinden und für beide Vertragsparteien zweckmäßiger. Frage 10: Welche weiteren Maßnahmen zur Sicherung des Bedarfs plant die Landesregierung; bspw. die Anfrage der Lehrer in Teilzeit, ob sie ihr Deputat aufstocken wollen? Zu Frage 10: Möglichst alle in Vorbereitungsgruppen und Förderkursen eingesetzten Lehrkräfte sollen eine spezifische Qualifikation im Bereich Deutsch als Zweitsprache erhalten. Durch das LISUM wird daher die Fortbildungsreihe „Begleitung und Förderung des Zweitsprachenerwerbs von Schülerinnen und Schülern mit Migrationshintergrund“ für Lehrkräfte angeboten. Der Fortbildungszyklus ist modular aufgebaut und berücksichtigt vielschichtig die Aspekte einer durchgängigen Sprachbildung und Sprachförderung . Schwerpunkte wie interkulturelles Lernen, Spracherwerb, Sprachaneignung und Diagnose, methodisch-didaktische Aspekte des Zweitspracherwerbs, Sprachlernen in allen Fächern und Entwicklung von Sprachförderkonzepten stehen im Fokus der Fortbildungsmodule. Neben der Basisqualifizierung können die Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus den Angeboten „Alphabetisierung“ oder „traumatisierte schulpflichtige Flüchtlinge“ eine verpflichtende Erweiterungsqualifizierung auswählen. Der Fortbildungszyklus wurde im Schuljahr 2014/2015 zum ersten Mal angeboten und erfolgt im zweijährigen Zyklus. Pro Schuljahr werden ca. 60 Lehrkräfte fortgebildet. Somit befinden sich derzeit ca. 120 Lehrkräfte in der Qualifizierung. Die ersten 60 Lehrkräfte werden die zertifizierte Fortbildung im Sommer 2016 abschließen. Eine gesonderte Anfrage bei teilzeitbeschäftigten Lehrkräften ist nicht zielführend. Weit überwiegend sind diese Lehrkräfte auf eigenen Antrag teilzeitbeschäftigt, haben demnach einen persönlichen Grund dafür, nicht vollbeschäftigt zu arbeiten. Anträgen auf eine Erhöhung des Beschäftigungsumfangs wird zudem ohnehin entsprochen, wenn das bedarfsseitig möglich ist.