Landtag Brandenburg 6. Wahlperiode Drucksache 6/3498 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 1386 der Abgeordneten Dr. Saskia Ludwig und Rainer Genilke der CDU-Fraktion Drucksache 6/3372 Nutzung von E-Scootern in Bussen und Bahnen Wortlaut der Kleinen Anfrage 1386 vom 21.01.2016: Für mobilitätseingeschränkte Menschen stellen sogenannte E-Scooter (elektrisch angetriebene Leichtfahrzeuge für einen Fahrzeugführer mit Gepäck) eine wichtige Möglichkeit dar, in Kombination mit dem ÖPNV selbstständig und selbstbestimmt das tägliche Leben zu organisieren. In Anbetracht der demografischen Entwicklung wird diese Art der Mobilität vermutlich noch weiter zunehmen. Aus anderen Bundesländern ist bekannt, dass verschiedene Verkehrsbetriebe inzwischen dazu übergegangen sind, grundsätzlich keine E-Scooter in ihren Bussen und Bahnen mehr zu befördern. Auch aus Brandenburg gibt es Berichte über Vorfälle, in denen Menschen mit E-Scootern die Beförderung verweigert wurde. Ich frage daher die Landesregierung: 1. Ist der Landesregierung bekannt, welche Verkehrsbetriebe oder Verkehrsunternehmen in Brandenburg den Transport von E-Scootern gestatten bzw. untersagen? 2. Geht nach Meinung der Landesregierung von der Nutzung von E-Scootern in Bussen und Bahnen eine Gefahr aus? (Falls ja, bitte erläutern.) 3. Sind im Land Brandenburg Vorfälle oder Unfälle bekannt im Zusammenhang mit der Beförderung von E-Scootern? 4. Ist aus Sicht der Landesregierung ein vollständiges Beförderungsverbot für E-Scooter im Bereich des ÖPNV begründet? 5. Die Landesregierung NRW hat im vergangenen Jahr ein Gutachten zur Beförderung von E-Scootern in Auftrag gegeben. Sind der Landesregierung die Ergebnisse des Gutachtens bekannt und welche Lösungsmöglichkeiten ergeben sich angesichts des Gutachtens um die Beförderung von E- Scootern zu ermöglichen? 6. Das Schleswig-Holsteinische Oberlandesgericht hat mit Urteil vom 11.12.2015 entschieden, dass ein pauschales Mitnahmeverbot aller E- Scooter-Modelle „Menschen mit Behinderung in unzulässiger Weise benachteiligt und damit gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (§ 19 AGG)“ verstößt. Wie bewertet die Landesregierung dieses Urteil angesichts der Situation in Brandenburg? Namens der Landesregierung beantwortet die Ministerin für Infrastruktur und Landesplanung die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1: Ist der Landesregierung bekannt, welche Verkehrsbetriebe oder Verkehrsunternehmen in Brandenburg den Transport von E-Scootern gestatten bzw. untersagen? Zu Frage 1: Der Landesregierung liegen hierzu keine Kenntnisse vor. Frage 2: Geht nach Meinung der Landesregierung von der Nutzung von E-Scootern in Bussen und Bahnen eine Gefahr aus? (Falls ja, bitte erläutern.) Zu Frage 2: Der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) hat zur Beförderung von E- Scootern ein Gutachten bei der Studiengesellschaft für unterirdische Verkehrsanlagen e.V. (STUVA) über die Untersuchung möglicher Gefährdungspotentiale bei der Beförderung von Elektromobilen (E-Scootern) in Linienbussen beauftragt. Die STUVA hat anhand von Rechenmodellen für Elektromobile unterschiedlicher Ausstattung und Größe und unter Einbeziehung einer Studie über die Sicherung von Rollstuhlnutzern in Linienbussen ermittelt, dass unter den derzeitigen Rahmenbedingungen durch die Mitnahme von quer zur Fahrtrichtung aufgestellten E-Scootern in Linienbussen eine Gefährdung sowohl für Nutzer der E-Scooter, als auch für andere Fahrgäste nicht ausgeschlossen werden kann. Die Gefahr werde vor allem durch die hohe Kipp- und/ oder Rutschgefahr der Fahrzeuge bei Fahrmanövern des Busses hervorgerufen. Auch sei durch die eingeschränkte Manövrierunfähigkeit eine Behinderung anderer Fahrgäste im Tür- und Mehrzweckbereich gegeben. Der VDV hat nach Vorlage des Schlussberichtes der STUVA seinen Mitgliedsunternehmen empfohlen , die Beförderung von E-Scootern in Bussen auszuschließen. Das Gefährdungspotential scheint in Straßenbahnen nicht ganz so hoch zu sein, weil im Türbereich Trennwände vorhanden sind. Konkrete Kenntnisse liegen hierzu derzeit nicht vor. Frage 3: Sind im Land Brandenburg Vorfälle oder Unfälle bekannt im Zusammenhang mit der Beförderung von E-Scootern? Zu Frage 3: Der Landesregierung sind keine Unfälle bekannt. Im Januar 2015 wurde eine Beschwerde wegen der Nichtmitnahme in Bussen der Beelitzer Verkehrs- und Servicegesellschaft mbH und aktuell eine Petition (Nr. 874/ 6) wegen der Nichtmitnahme in Bussen in Potsdam vorgetragen. Frage 4: Ist aus Sicht der Landesregierung ein vollständiges Beförderungsverbot für E- Scooter im Bereich des ÖPNV begründet? Zu Frage 4: Nach den geltenden Beförderungsbedingungen des VBB ist die Beförderung von Krankenfahrstühlen und sonstigen orthopädischen Hilfsmitteln grundsätzlich zugelassen , wenn die Bauart der Verkehrsmittel es zulässt und keine Verminderung der Verkehrssicherheit eintritt. Die Entscheidung darüber obliegt dabei dem Betriebspersonal . Frage 5: Die Landesregierung NRW hat im vergangenen Jahr ein Gutachten zur Beförderung von E-Scootern in Auftrag gegeben. Sind der Landesregierung die Ergebnisse des Gutachtens bekannt und welche Lösungsmöglichkeiten ergeben sich angesichts des Gutachtens um die Beförderung von E-Scootern zu ermöglichen? Zu Frage 5: Die Landesregierung Nordrhein- Westfalens hat bei der STUVA ein Gutachten zur Frage, unter welchen Voraussetzungen eine sichere Mitnahme von E-Scootern in Linienbussen möglich ist, beauftragt. Das vorgelegte Gutachten hält eine sichere Mitnahme von E-Scootern in Linienbussen unter bestimmten Voraussetzungen grundsätzlich für möglich. Die Diskussion der Ergebnisse am Runden Tisch im November 2015 hat zur Beauftragung einer ergänzenden Untersuchung durch die STUVA geführt. Für die Erstellung des ergänzenden Gutachtens wird mit einem Fertigstellungszeitraum von ca. 6 Monaten gerechnet. Frage 6: Das Schleswig-Holsteinische Oberlandesgericht hat mit Urteil vom 11.12.2015 entschieden , dass ein pauschales Mitnahmeverbot aller E-Scooter-Modelle „Menschen mit Behinderung in unzulässiger Weise benachteiligt und damit gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (§ 19 AGG)“ verstößt. Wie bewertet die Landesregierung dieses Urteil angesichts der Situation in Brandenburg? Zu Frage 6: Das Land Brandenburg und die im Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg agierenden Verkehrsunternehmen arbeiten mit hohem Engagement daran, Menschen mit Behinderungen einen zugangsfreien ÖPNV anbieten zu können. Die Mitnahme von E- Scootern unterliegt weiter der Entscheidung des Betriebspersonals unter dem Aspekt der Gewährleistung der Verkehrssicherheit. Das Urteil des Schleswig- Holsteinischen Oberlandesgerichts zur unzulässigen Benachteiligung von Menschen mit Behinderung durch den unterschiedslosen Ausschluss der Mitnahme aller E-Scooter in Beförderungsbedingungen bestätigt die Verantwortung und Haftung der Verkehrsunternehmen und ihres Fahrpersonals für den verkehrssicheren Transport der E-Scooter.