Landtag Brandenburg 6. Wahlperiode Drucksache 6/3543 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 1401 des Abgeordneten Péter Vida BVB FREIE WÄHLER Gruppe Drucksache 6/3401 Umsetzung des Kreislaufwirtschaftsgesetzes in Brandenburg II Wortlaut der Kleinen Anfrage. 1401 vom 26.01.2016: Bereits seit 01.01.2015 sind im Rahmen des Kreislaufwirtschaftsgesetzes Bioabfälle getrennt einzusammeln und zu verwerten. Hierzu gibt es auch aus der Bevölkerung Kritik und zahlreiche Fragen. Nach der ersten Kleinen Anfrage (KA 1278) ergeben sich weitere Fragen. Ich frage daher die Landesregierung: 1. Welche Hilfen bietet die Landesregierung denjenigen Landkreisen an, in denen - etwa aus strukturellen Gründen - die Getrenntsammlung der Bio- Abfälle wirtschaftlich nicht möglich ist? 2. Wie hoch ist der Anteil Bioabfälle, aufgeschlüsselt nach Kreisen, der z.Zt. nicht getrennt erfasst wird, sondern im Restmüll (schwarze Tonne) enthalten ist? 3. Wie gedenkt die Landesregierung die Bereitschaft der Bürger zur Getrenntsammlung des Bioabfalls zu steigern? 4. Welche Vorstellungen hat die Landesregierung hinsichtlich des Bio-Anteils im Restmüll nach flächendeckender Einführung der Biotonne? Welche Bio- Restmengen im Hausmüll werden als tolerierbar angesehen bzw. werden angestrebt? 5. Ist die Landesregierung der Auffassung, dass das Ziel - Getrenntsammlung der Bioabfälle und eine damit einhergehende "Reinheit" des Restmülls - auf Basis Freiwilligkeit erreichbar ist? 6. Welches Konzept hat die Landesregierung zur zukünftigen Behandlung und - vorzugsweise - Verwertung des Restmülls für den Fall, dass der Bioanteil im Restmüll nicht mehr ausreicht, um die bestehenden Anlagen zur Durchführung des Verfahrens der kalten Rotte weiter zu betreiben? 7. Welche Vorstellungen und Planungen hat die Landesregierung zur Schaffung geschlossener Stoffkreisläufe unter Einbeziehung der Bioabfälle und des Restmülls? 8. Welches Ziel hat die Landesregierung - nach Herausnahme des Bioanteils aus dem Restmüll - hinsichtlich der stofflichen Verwertung des Restmülls anstelle der bisher praktizierten überwiegenden energetischen Verwertung ? 9. Aufgrund der ländlichen Struktur ist in Brandenburg mit einem saisonal stark schwankenden Aufkommen an Grünabfällen zu rechnen, für die die Biotonne genutzt werden könnte. Es verursacht jedoch hohe Kosten, hierfür Kapazitäten vorzuhalten, die nur saisonal genutzt werden. Hat die Landesregierung Vorschläge zum Umgang mit diesem möglichen Kapazitätsproblem ? 10. Die Bioabfälle werden als werthaltig bezeichnet, mit ihnen lässt sich eine Wertschöpfung generieren. Hält es die Landesregierung für möglich, das System nach dem Beispiel der Altpapiersammlung kostenneutral zu organisieren ? Namens der Landesregierung beantwortet der Minister für Ländliche Entwicklung, Umwelt und Landwirtschaft die Kleine Anfrage wie folgt: Vorbemerkung: § 11 Abs. 1 Kreislaufwirtschaftsgesetz verpflichtet die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger (örE) seit dem 1. Januar 2015 Bioabfälle getrennt zu sammeln und hochwertig zu verwerten. Nach der Strategie des Landes Brandenburg ist von den örE ein flächendeckendes Angebot für die Erfassung der Bioabfälle über die Biotonne zu gewährleisten, so dass grundsätzlich für jeden privaten Haushalt die Möglichkeit besteht, diese Form der Entsorgung zu nutzen. Für eine ökologisch hochwertige Verwertung der über die Biotonne eingesammelten Bioabfälle sind diese zur Energiegewinnung in Biogasanlagen zu vergären und die anfallenden Gärreste anschließend stofflich zu verwerten. Neben der getrennten Sammlung soll die im Land noch weit verbreitete Eigenkompostierung erhalten und gefördert werden. Die Strategie des Landes Brandenburg zur Umsetzung der Getrenntsammlungspflicht ist im Internet abrufbar unter http://www.mlul.brandenburg.de/cms/media.php/lbm1.a.3310.de/bioabfallstrategie_br g.pdf. Frage 1: Welche Hilfen bietet die Landesregierung denjenigen Landkreisen an, in denen - etwa aus strukturellen Gründen - die Getrenntsammlung der Bio-Abfälle wirtschaftlich nicht möglich ist? Zu Frage 1: Die im Gesetz verankerten Ausnahmetatbestände für die Pflicht zur Getrenntsammlung sind gemäß einer Klarstellung des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit vom 19. Januar 2015 nicht allgemein auf ein gesamtes Ent- sorgungsgebiet übertragbar. Die wirtschaftliche Zumutbarkeit der getrennten Sammlung und Verwertung von Bioabfällen ist im Allgemeinen für jeden öffentlichrechtlichen Entsorgungsträger (örE) gegeben. Die Landesregierung teilt diese Auffassung . Insofern besteht aus Sicht der Landesregierung kein Handlungsbedarf. Frage 2: Wie hoch ist der Anteil Bioabfälle, aufgeschlüsselt nach Kreisen, der z.Zt. nicht getrennt erfasst wird, sondern im Restmüll (schwarze Tonne) enthalten ist? Zu Frage 2: Der Anteil an Organik im Restabfall wird im Rahmen von Restabfallanalysen ermittelt , welche durch die örE nach Bedarf und in eigener Verantwortung durchgeführt werden. Der Landesregierung liegt keine auf aktuellen Daten basierende und nach Landkreisen aufgeschlüsselte Übersicht hierzu vor. Frage 3: Wie gedenkt die Landesregierung die Bereitschaft der Bürger zur Getrenntsammlung des Bioabfalls zu steigern? Zu Frage 3: Die örE im Land Brandenburg nehmen auf der Grundlage des Kreislaufwirtschaftsgesetzes (§ 17 Abs. 1 KrWG) sowie des Brandenburgischen Abfall- und Bodenschutzgesetzes (§ 2 Abs. 1 BbgAbfBodG) die Aufgaben der Entsorgung von Abfällen aus Haushaltungen wahr. Dies umfasst auch die Pflicht zur Abfallberatung und die Schaffung von Gebührenanreizen für eine qualitativ hochwertige Getrennthaltung. Die Landesregierung unterstützt die örE dabei durch Beratung und Fachgutachten. Frage 4: Welche Vorstellungen hat die Landesregierung hinsichtlich des Bio-Anteils im Restmüll nach flächendeckender Einführung der Biotonne? Welche Bio-Restmengen im Hausmüll werden als tolerierbar angesehen bzw. werden angestrebt? Frage 5: Ist die Landesregierung der Auffassung, dass das Ziel - Getrenntsammlung der Bioabfälle und eine damit einhergehende "Reinheit" des Restmülls - auf Basis Freiwilligkeit erreichbar ist? Frage 6: Welches Konzept hat die Landesregierung zur zukünftigen Behandlung und - vorzugsweise - Verwertung des Restmülls für den Fall, dass der Bioanteil im Restmüll nicht mehr ausreicht, um die bestehenden Anlagen zur Durchführung des Verfahrens der kalten Rotte weiter zu betreiben? Zu Fragen 4, 5 und 6: Dem Gutachten des Umweltbundesamtes „Verpflichtende Umsetzung der Getrenntsammlung von Bioabfällen“ zufolge können in einem Entsorgungsgebiet im Durchschnitt bis zu 20 kg Organik aus dem Restabfall je Einwohner und Jahr getrennt erfasst werden. Die Einführung der Biotonne führt nicht dazu, dass dem Restabfall sämtliche organischen Bestandteile entzogen werden. Selbst bei einem Vollanschluss an die Biotonne und bei deren intensivster Nutzung verbleibt ein ausreichender Organikgehalt im Restabfall, so dass auch weiterhin eine störungsfreie me- chanisch-biologische Abfallbehandlung erfolgen kann. Die Landesregierung macht bezüglich des Restgehalts an Organik im Restabfall keine Vorgaben. Ziel soll es stattdessen sein, dass die getrennterfassten Bioabfälle von hoher Qualität und daher möglichst frei von Störstoffen sind. Insofern hat aus Sicht der Landesregierung eine hohe Qualität der getrennt gesammelten Abfälle Vorrang vor der Erfassung großer Mengen. Dieser Grundsatz findet sich auch in der Bioabfallstrategie des Landes wieder . Frage 7: Welche Vorstellungen und Planungen hat die Landesregierung zur Schaffung geschlossener Stoffkreisläufe unter Einbeziehung der Bioabfälle und des Restmülls? Frage 8: Welches Ziel hat die Landesregierung - nach Herausnahme des Bioanteils aus dem Restmüll - hinsichtlich der stofflichen Verwertung des Restmülls anstelle der bisher praktizierten überwiegenden energetischen Verwertung? Zu Fragen 7 und 8: Die Schließung von Stoffkreisläufen ist ein grundlegendes Ziel der Abfallwirtschaft. Deshalb enthalten die EU-Abfallrahmenrichtlinie, das Kreislaufwirtschaftsgesetz sowie dessen untergesetzliches Regelwerk eine Vielzahl von Anforderungen an die Getrenntsammlung verschiedener Abfallströme (z. B. Papier, Glas, Elektroaltgeräte) und an deren hochwertiges Recycling, die von den örE umzusetzen sind. Die nach der Getrennterfassung der unterschiedlichen Wertstofffraktionen im Restabfall verbleibenden Bestandteile werden auch zukünftig überwiegend – als Ersatzbrennstoff aufbereitet oder direkt – einer energetischen Verwertung zugeführt. Frage 9: Aufgrund der ländlichen Struktur ist in Brandenburg mit einem saisonal stark schwankenden Aufkommen an Grünabfällen zu rechnen, für die die Biotonne genutzt werden könnte. Es verursacht jedoch hohe Kosten, hierfür Kapazitäten vorzuhalten, die nur saisonal genutzt werden. Hat die Landesregierung Vorschläge zum Umgang mit diesem möglichen Kapazitätsproblem? Zu Frage 9: Im Rahmen ihres gesetzlichen Auftrags entsorgen die örE eine Vielzahl verschiedener Abfälle. Auf Grund der in der Bundesrepublik Deutschland wie auch in einigen Entsorgungsgebieten im Land Brandenburg zum Teil bereits seit Jahrzenten bestehenden Erfahrungen mit der Biotonne verfügen die örE über umfangreiche Kenntnisse , um sich mit ihren Entsorgungskapazitäten auf Aufkommensschwankungen einzustellen . Frage 10: Die Bioabfälle werden als werthaltig bezeichnet, mit ihnen lässt sich eine Wertschöpfung generieren. Hält es die Landesregierung für möglich, das System nach dem Beispiel der Altpapiersammlung kostenneutral zu organisieren? Zu Frage 10: Es ist ökologisch sinnvoll und vom Gesetzgeber im Kreislaufwirtschaftsgesetz gefordert , über die Biotonne getrennt erfasste Bioabfälle einer hochwertigen energeti- schen und stofflichen Verwertung in Biogasanlagen mit anschließender Nutzung des Gärrestkomposts zuzuführen. Eine kostenneutrale Organisation solcher Systeme ist zur Zeit jedoch noch nicht absehbar, da der damit verbundene Aufwand durch die am Markt erzielbaren Erlöse für die gewonnene Energie und den erzeugten Kompost noch nicht abgedeckt werden kann. Dies gilt nicht nur für die über die Biotonne erfassten Wertstoffe. Auch die getrennte Grünabfallsammlung und -verwertung erfolgt derzeit noch nicht kostenneutral.