Datum des Eingangs: 02.01.2015 / Ausgegeben: 07.01.2015 Landtag Brandenburg 6. Wahlperiode Drucksache 6/356 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 90 des Abgeordneten Björn Lakenmacher der CDU-Fraktion Drucksache 6/188 Gemeinsame Arbeitsgruppen für straffällige Asylbewerber Wortlaut der Kleinen Anfrage 90 vom 02.12.2014: Der sächsische Innenminister plant, gemeinsame Arbeitsgruppen für straffällig gewordene Asylbewerber einzurichten. Darin sollen polizeiliche Ermittler und Fachleute für Strafrecht und Aufenthaltsrecht zusammenarbeiten, da sich in der Praxis das Straf- und Asylverfahren häufig gegenseitig beeinflussen und eine komplizierte Rechtslage entstehen lassen. Ich frage die Landesregierung: 1. Teilt die Landesregierung die Auffassung, dass eine komplizierte Rechtslage durch die Verknüpfung von Strafprozessrecht und Asylrecht entsteht, wenn Asylbewerber schwer bzw. mehrfach straffällig geworden sind? Wenn ja, aus welchen Gründen? Wenn nein, aus welchen Gründen? 2. Teilt die Landesregierung die Auffassung, dass bei Asylbewerbern, die kein Bleiberecht haben und die schwer bzw. mehrfach straffällig geworden sind, durch das Zusammentreffen von Strafprozessordnung und Asylrecht eine Art von faktischem Bleiberecht aufgrund begangener Straftaten nicht entstehen darf und hier Handlungsbedarf besteht? Wenn ja, aus welchen Gründen? Wenn nein, aus welchen Gründen? 3. Gibt es in Brandenburg vergleichbare Fälle, bei denen schwer bzw. mehrfach straffällig gewordene Asylbewerber aufgrund des Zusammentreffens von Asyl- und Strafprozessrecht eine Art faktisches Bleiberecht erhalten? Wenn ja, wie viele Fälle derartiger sind bekannt (Angaben bitte absolut und prozentual)? 4. Sieht die Landesregierung die Notwendigkeit der Einrichtung von gemeinsamen Arbeitsgruppen für straffällig gewordene Asylbewerber im Land Brandenburg? Wenn ja, aus welchen Gründen und wie sollen diese Arbeitsgruppen ausgestaltet und wo angebunden (Polizei, Justiz) sein? Wenn nein, aus welchen Gründen? Namens der Landesregierung beantwortet der Minister des Innern und für Kommunales die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1 Teilt die Landesregierung die Auffassung, dass eine komplizierte Rechtslage durch die Verknüpfung von Strafprozessrecht und Asylrecht entsteht, wenn Asylbewerber schwer bzw. mehrfach straffällig geworden sind? Wenn ja, aus welchen Gründen? Wenn nein, aus welchen Gründen? zu Frage 1: Die Landesregierung teilt diese Auffassung nicht, weil sie die im Fall des Zusammentreffens von Asylrecht und Strafprozessrecht entstehende Rechtslage auch im Fall von schwer bzw. mehrfach straffällig gewordenen Asylbewerbern nicht als kompliziert zu bewerten vermag. Strafverfolgung und Aufenthaltsrecht eines Asylbewerbers berühren sich nur punktuell, so bei den im Aufenthaltsgesetz genannten strafrechtlichen Verurteilungen, die zur Ausweisung führen müssen (§ 53 des Aufenthaltsgesetzes) oder können (§ 54 des Aufenthaltsgesetzes). Auf der anderen Seite kann ein Strafverfahren gegen einen Asylbewerber jederzeit nach § 154b StPO eingestellt werden, wenn ein Asylbewerber das Bundesgebiet aufgrund einer behördlichen Anweisung verlassen hat. Ein Strafverfahren hindert also nicht die Ausweisung oder Abschiebung eines Asylbewerbers. Frage 2: Teilt die Landesregierung die Auffassung, dass bei Asylbewerbern, die kein Bleiberecht haben und die schwer bzw. mehrfach straffällig geworden sind, durch das Zusammentreffen von Strafprozessordnung und Asylrecht eine Art von faktischem Bleiberecht aufgrund begangener Straftaten nicht entstehen darf und hier Handlungsbedarf besteht? Wenn ja, aus welchen Gründen? Wenn nein, aus welchen Gründen? zu Frage 2: Die Landesregierung teilt die Auffassung, dass bei Asylbewerbern „eine Art faktisches Bleiberecht“ durch das Zusammentreffen von Strafprozessordnung und Asylrecht nicht entstehen darf. Jedoch ist dem staatlichen Strafverfolgungsanspruch Rechnung zu tragen. Handlungsbedarf wird insoweit von der Landesregierung nicht gesehen, da das gesetzliche Instrumentarium für die Beendigung des Aufenthalts schwer bzw. mehrfach straffällig gewordener (ehemaliger) Asylbewerber als ausreichend angesehen wird. Frage 3: Gibt es in Brandenburg vergleichbare Fälle, bei denen schwer bzw. mehrfach straffällig gewordene Asylbewerber aufgrund des Zusammentreffens von Asyl- und Strafprozessrecht eine Art faktisches Bleiberecht erhalten? Wenn ja, wie viele Fälle derartiger sind bekannt (Angaben bitte absolut und prozentual)? zu Frage 3: Derart beschriebene Fälle aus Brandenburg sind der Landesregierung nicht bekannt. Frage 4: Sieht die Landesregierung die Notwendigkeit der Einrichtung von gemeinsamen Arbeitsgruppen für straffällig gewordene Asylbewerber im Land Brandenburg? Wenn ja, aus welchen Gründen und wie sollen diese Arbeitsgruppen ausgestaltet und wo angebunden (Polizei, Justiz) sein? Wenn nein, aus welchen Gründen? zu Frage 4: Die Landesregierung sieht aktuell keine Notwendigkeit für die Einrichtung von gemeinsamen Arbeitsgruppen für straffällig gewordene Asylbewerber im Land Brandenburg. Im Jahr 2013 waren lediglich 0,4 % aller in Brandenburg ermittelten Tatverdächtigen bei Rauschgiftdelikten Asylbewerber (18 von 4.456). Bei besonders schwerem Diebstahl lag ihr Anteil bei 0,5 % (25 von 4.817). Der Anteil von Asylbewerbern an allen Tatverdächtigen liegt unter einem Prozent. Eine auf dieser Grundlage errichtete besondere Ermittlungsgruppe birgt eher die Gefahr der „Etikettierung“ bzw. Stigmatisierung von Asylsuchenden als Straftäter und könnte den Bemühungen um die Akzeptanz von Asylsuchenden in der Bevölkerung entgegenwirken.