Datum des Eingangs: 08.01.2015 / Ausgegeben: 13.01.2015 Landtag Brandenburg 6. Wahlperiode Drucksache 6/357 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 112 des Abgeordneten Udo Folgart der SPD-Fraktion Drucksache 6/262 Anpassung der Düngeverordnung Wortlaut der Kleinen Anfrage 112 vom 10.12.2014: Für die Landwirte in Deutschland werden voraussichtlich ab dem Sommer 2015 neue Regelungen für die Ausbringung von Düngemitteln gelten. Die Anpassung der sogenannten Düngeverordnung ist eine Reaktion auf Vorgaben der Europäischen Union (EU), die Deutschland im Rahmen der EUNitratrichtlinie zu erfüllen hat. Allgemein wird eine Verschärfung bestehender Regelungen für die Landwirtschaft erwartet. Dazu soll eine Reduzierung der Obergrenzen für Düngemittel, längere Ausbringungsverbote (Sperrfristen) sowie höhere Lagerkapazitäten von Wirtschaftsdüngern (Gülle und Mist) gehören. Die Landwirte haben ihrerseits das Vorgehen des Gesetzgebers wiederholt kritisiert, da die geplanten Maßnahmen weder die natürlichen Gegebenheiten vor Ort noch die tatsächlich vorhandenen Tierbestände ausreichend berücksichtigen. Auch die damit verbundenen finanziellen Mehrbelastungen wären durch die Landwirte allein zu tragen. Unklar ist zudem, ob die ausgewählten Messstellenstandorte ausreichend repräsentativ sind. Ich frage die Landesregierung: 1. Wie viele Messstellen gibt es im Land Brandenburg zur Ermittlung von Stickstoffbelastungen in Grund- und Oberflächenwasser? 2. Wie viele Messstellen im Land Brandenburg werden zur Datenermittlung im Rahmen der Be- richterstattung der EU-Nitratrichtlinie herangezogen? 3. Welche Rückschlüsse auf Eintragungsquellen lassen die Analysen innerhalb des Landes Bran- denburgs zu? 4. Welche langfristigen Trends lassen sich aus den im Land Brandenburg ermittelten Daten ablei- ten? 5. Wie sind die Erkenntnisse aus dem Land Brandenburg im bundesweiten Vergleich zu bewer- ten? Namens der Landesregierung beantwortet der Minister für Ländliche Entwicklung, Umwelt und Landwirtschaft die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1: Wie viele Messstellen gibt es im Land Brandenburg zur Ermittlung von Stickstoffbelastungen in Grundund Oberflächenwasser? zu Frage 1: Zur Beobachtung der Beschaffenheit von Grundwasser und Oberflächengewässern werden jeweils eigene Messnetze betrieben. Dementsprechend wird bei den Antworten zu dieser und den folgenden Fragen zwischen Grundwasser und Oberflächengewässern differenziert. In den Proben, die an den jeweiligen Messstellen genommen werden, werden nicht nur Stickstoffverbindungen, sondern auch weitere Wasserbeschaffenheitsparameter analysiert, um einen möglichst umfassenden Überblick über die Wasserbeschaffenheit zu erhalten. Abhängig davon, welche Fragestellung zur Gewässerbeschaffenheit beantwortet werden muss, wird eine Teilmenge der bekannten und geeigneten Messstellen beprobt. Das Landesamt für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz (LUGV) nutzt dazu auch Messstellen, die von Dritten errichtet wurden. Somit variiert die Anzahl der Messstellen in den jeweiligen Messnetzen in Abhängigkeit von dem Zweck, zu dem das Messnetz zusammengestellt worden ist. Grundwasser Für das Grundwassermonitoring nach Europäischer Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) werden zwei Teilmessnetze betrieben:  In der überblicksweisen Grundwasserüberwachung, die dazu dient, einen Gesamtüberblick über die Grundwasserbeschaffenheit zu erhalten, werden derzeit 291 Messstellen betrieben.  Für die operative Grundwasserüberwachung, die auf die Beobachtung der Grundwasserkörper im schlechten chemischen Zustand abzielt, werden 316 Messstellen beprobt. Darüber hinaus wird vom LUGV zur detaillierten Einschätzung der Grundwasserbeschaffenheit in bestimmten Zeitabständen der Bericht zur Grundwasserbeschaffenheit im Land Brandenburg erarbeitet und veröffentlicht. Derzeit wird an der Erstellung des neuen Berichts gearbeitet, in dem die Daten von 1287 Grundwassermessstellen für den Zeitraum von 2006 bis 2012 ausgewertet werden. Die Veröffentlichung des Berichts ist für 2015 geplant. Mit den Messnetzen werden neben den Stickstoffverbindungen (Ammonium, Nitrat) noch weitere Beschaffenheitsparameter im Grundwasser ermittelt. Oberflächengewässer Innerhalb des Oberflächengewässermessnetzes werden im Rahmen des überblicksweisen und operativen Monitorings nach WRRL an 586 Messstellen Stickstoffmessungen durchgeführt. Zusätzlich dazu wurden im Rahmen des investigativen Monitorings nach WRRL im Zeitraum von 2009 bis 2013 landesweit an weiteren 907 Messstellen jeweils einjährige Untersuchungen der Nährstoffe (und damit auch des Stickstoffs) vorgenommen. Frage 2: Wie viele Messstellen im Land Brandenburg werden zur Datenermittlung im Rahmen der Berichterstattung der EU-Nitratrichtlinie herangezogen? zu Frage 2: Grundwasser Das Messnetz zur Berichterstattung nach EG-Nitratrichtlinie war in den 1990-er Jahren als Belastungsmessnetz konzipiert worden, mit dem die Wirksamkeit der Maßnahmen zur Reduzierung der landwirt- schaftlichen Stickstoffemissionen überprüft werden sollte. Es umfasste für den Nitratbericht 2012 eine Anzahl von 162 Messstellen für die Bundesrepublik Deutschland, von denen das Land Brandenburg drei Messstellen überwachte. Derzeit wird das Nitratmessnetz neu konzipiert. Für den nächsten Nitratbericht wird die Bundesrepublik Deutschland die Ergebnisse von ca. 700 Messstellen auswerten, zu denen Brandenburg 57 Messstellen beisteuert. Oberflächengewässer Im Rahmen der Berichterstattung zur EG-Nitratrichtlinie werden für die Oberflächengewässer 11 Messstellen herangezogen. Frage 3: Welche Rückschlüsse auf Eintragungsquellen lassen die Analysen innerhalb des Landes Brandenburgs zu? zu Frage 3: Grundwasser Mit hydrochemischen Methoden wurde für den geplanten Bericht zur Grundwasserbeschaffenheit für den Zeitraum 2006 bis 2012 die Zusammensetzung der Ionen in den Analysen von 1287 Grundwassermessstellen untersucht. Dabei lässt das Verhältnis bestimmter Ionen zueinander Rückschlüsse auf anthropogene Einflüsse zu. Als Ergebnis wurden die Messstellen sogenannten Grundwasserbeeinflussungstypen zugeordnet. Für die 1287 Messstellen ergibt sich folgendes Bild:  42 Grundwassermessstellen (3,3 %) gehören zum Schadstofftyp (vor allem organische Schadstoffe ).  429 Grundwassermessstellen (33,3 %) zeigen eine landwirtschaftliche Beeinflussung auf, wovon  99 Grundwassermessstellen (7,7 %) eine landwirtschaftliche Beeinflussung mit Schwellenwertüberschreitungen nach Grundwasserverordnung,  182 Grundwassermessstellen (14,1 %) eine deutliche landwirtschaftliche Beeinflussung und  148 Grundwassermessstellen (11,5 %) Anzeichen einer landwirtschaftlichen Beeinflussung aufweisen.  56 Grundwassermessstellen (4,4 %) sind durch Versauerungserscheinungen beeinflusst.  89 Grundwassermessstellen (6,9 %) weisen verschiedene/diverse Beeinflussungen auf.  671 Grundwassermessstellen (52,1 %) sind als kaum oder nicht anthropogen beeinflusst eingestuft. Oberflächengewässer Für die Bewertung der Oberflächenwasserkörper für die Berichtspflicht anlässlich des 2. Bewirtschaftungsplans gemäß WRRL sind sowohl die unter Frage 1 für den Teil Oberflächengewässer angegeben Messstellen als auch Ergebnisse des regionalen Nährstoffmodells Brandenburg verwendet worden. Danach verfehlen mehr als die Hälfte des berichtspflichtigen Gewässernetzes von 10.000 km den guten Zustand aufgrund von Stickstoffbelastungen. 2 % dieser Einzugsgebiete werden maßgeblich (zu mehr als 50 % der Belastungen) durch siedlungswasserwirtschaftliche Stickstoffeinträge belastet, wobei jedoch die Phosphoreinträge eine größere Bedeutung für die Gewässerbeschaffenheit haben. In mehr als 90 % der betroffenen Einzugsgebiete trägt die Landwirtschaft zu einem erheblichen Anteil zu der Stickstoffbelastung bei (zu mehr als 50 % der Belastungen). Wesentliche landwirtschaftliche Eintragspfade sind Einträge in die Oberflächengewässer über das Grund- und Sickerwasser, über die Dränagen und durch die Abschwemmung von landwirtschaftlichen Nutzflächen (Bedeutung innerhalb dieser Reihenfolge abnehmend). Frage 4: Welche langfristigen Trends lassen sich aus den im Land Brandenburg ermittelten Daten ableiten? zu Frage 4: Grundwasser Im Nitratbericht 2012 wurde in einem Vergleich mit früheren Nitratberichten ermittelt, wie sich die Nitratkonzentrationen entwickelt haben. Demnach sind die Nitratkonzentrationen in den drei Brandenburger Messstellen gegenüber der Periode 1992 bis 1994 für zwei Messstellen gleich geblieben und für eine Messstelle stark zurückgegangen. Der Vergleich mit der Periode 2004 bis 2006 zeigte für 2 Messstellen einen stark steigenden Trend und für eine Messstelle einen leicht steigenden Trend. Für alle Grundwassermessstellen, die über eine ausreichende Datenbasis verfügen, wurden darüber hinaus Trendauswertungen nach den Vorgaben der WRRL durchgeführt. Für Nitrat weisen von den 303 in Brandenburg betrachteten Messstellen 89,1 % keinen Trend auf. 6,6 % der Messstellen haben einen steigenden Trend. Dabei ist der größte Anteil dieser Messstellen einem landwirtschaftlichen Beeinflussungstyp zugeordnet. Oberflächengewässer Die 11 Messstellen des Nitratmessnetzes für Oberflächengewässer weisen bis 2012 überwiegend fallende Trends auf. Ebenso wie beim Grundwasser erfolgt im Nitratbericht 2012 ein Vergleich mit weiter zurückliegenden Überwachungszeiträumen, in denen die Emissionen aus der Landwirtschaft und insbesondere aus den Kläranlagen deutlich höher waren als im Verlauf der letzten 15 Jahre. Eine Analyse zusätzlicher Oberflächengewässermessstellen des Landes Brandenburg (landesweit 586 Messstellen, Beprobungszeitraum 2005 bis 2013) zeigt kaum Messstellen, bei denen Trends zu verzeichnen sind. Die Ergebnisse des überwiegenden Teils dieser Messstellen verharren auf dem Niveau von 2005. Frage 5: Wie sind die Erkenntnisse aus dem Land Brandenburg im bundesweiten Vergleich zu bewerten? zu Frage 5: Grundwasser Für einen grundwasserseitigen Vergleich der auffälligen Stickstoffkonzentrationen in Brandenburg mit anderen Bundesländern sind sowohl die Nitrat- als auch die Ammoniumkonzentrationen zu berücksichtigen . Grund dafür sind die im Land Brandenburg weit verbreiteten reduzierenden Grundwasserverhältnisse . Unter diesen Bedingungen findet eine Umwandlung des Nitrats infolge von Denitrifikationsprozessen statt. Das eingetragene Nitrat wird über Zwischenprodukte zu Stickstoff umgewandelt, der ausgast und im Grundwasser nicht mehr messbar ist. Während in Gebieten mit reduzierenden Verhältnissen somit Ammonium der entscheidende Stickstoffanzeiger ist, weist Nitrat unter oxidierenden Grundwasserverhältnissen auf Stickstoffeinträge hin. Da im Land Brandenburg die Viehbesatzdichte geringer als in Bundesländern wie Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen oder Schleswig-Holstein ist, sind die potenziellen Stickstoffeinträge geringer. Das spiegelt sich auch in der Grundwasserbelastung mit Stickstoffverbindungen wider. Trotzdem sind auch in Brandenburg regional stark erhöhte Stickstoffgehalte im Grundwasser nachweisbar. Im Vergleich mit gleichartigen Grundwasserleitern in angrenzenden Bundesländern ist die Belastungssituation des Grundwassers in Brandenburg hinsichtlich des Stickstoffs ähnlich. Oberflächengewässer Die Flussgebietsgemeinschaft Elbe hat eine länderübergreifende Analyse der aktuellen Belastungssituation im „Hintergrunddokument Nährstoffe“ für den 2. Bewirtschaftungszeitraum 2015 bis 2021 erstellt. Danach stammen im gesamten Einzugsgebiet der Elbe mehr als 50 % der Stickstoffbelastungen aus landwirtschaftlichen Quellen, ca. 15 % stammen aus Kläranlagen und Industriebetrieben. Andere Quellen sind vernachlässigbar. Im Vergleich der Bundesländer, die Einzugsgebietsanteile an der Elbe haben , fallen Niedersachsen, Schleswig-Holstein, Sachsen, Sachsen-Anhalt mit überregional bedeutenden landwirtschaftlichen Stickstoffeinträgen auf. Brandenburg und Thüringen haben geringere aber nicht vernachlässigbare Einträge aus der Landwirtschaft und in geringerem Maße aus Kläranlagen und Industriebetrieben. Aus überregionaler Sicht sind die Stickstoffeinträge im Land Brandenburg geringer als die anderer Bundesländer , im regionalen Kontext führen Stickstoffeinträge, insbesondere aus landwirtschaftlichen Quellen allerdings auch zu einer Belastung der brandenburgischen Fließgewässer.