Landtag Brandenburg 6. Wahlperiode Drucksache 6/3596 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 1422 des Abgeordneten Bretz der CDU-Fraktion Drucksache 6/3435 Obdachlosigkeit in der Landeshauptstadt Potsdam Wortlaut der Kleinen Anfrage 1422 vom 3. Februar 2016: Laut Presseberichterstattung soll es in Potsdam immer mehr Obdachlosigkeit geben. In der Stadt seien die vorhandenen (ausnahmslos gemeinnützigen) Einrichtungen zur Versorgung von obdachlosen Menschen ausgelastet (PNN vom 2.1.2016, Im Winter ein Dach überm Kopf). Auch die „Potsdamer Tafel“ werde stark nachgefragt. Überdies gibt es Kritik von Heimbetreibern (AWO), die Stadt Potsdam könnte mehr für die Obdachlosen tun, z.B. Sozialarbeiter einstellen (PNN vom 8.1.2016, Hilfe braucht viel Zeit). Ich frage daher die Landesregierung: 1. Wie stellt sich aus Sicht der Landesregierung dazu der derzeitige Sachstand in Potsdam dar? 2. Inwiefern sieht die Landesregierung Indizien für eine steigende Obdachlosigkeit in Potsdam? 3. Wie viele Menschen sind nach Kenntnis der Landesregierung in Potsdam obdachlos (in den Jahren 2010 – 2015)? 4. Welche Hilfestellungen leistet das Land gegenüber der Stadt Potsdam bei der Betreuung und Versorgung von obdachlosen Menschen? 5. In welchem Umfang und auf welchen Grundlagen werden der Stadt Potsdam Landesmittel für die Versorgung und Betreuung von obdachlosen Menschen bereitgestellt ? 6. In welchem Umfang und auf welchen Grundlagen werden gemeinnützigen Trägern in Potsdam (Awo, Volkssolidarität etc.) Landesmittel für die Versorgung und Betreuung von obdachlosen Menschen zur Verfügung gestellt? Namens der Landesregierung beantwortet die Ministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit , Frauen und Familie die Kleine Anfrage wie folgt: Vorbemerkung: Grundsätzlich muss kein Mensch im Land Brandenburg ein Leben in der Obdachlosigkeit verbringen. Die Problemlagen von Menschen sind jedoch vielschichtig, wobei neben wirtschaftlichen Notlagen in der Regel einschneidende Erlebnisse wie ein schwer zu verarbeitender Schicksalsschlag in die Obdachlosigkeit führen können, wenn Menschen beispielsweise über kein soziales Umfeld verfügen, das ihnen ausreichend Rückhalt bietet. Daher bestehen Angebote im Rahmen der kommunalen Daseinsvorsorge aber auch nach dem Ordnungsrecht, die sich an den Personenkreis der von Obdachlosigkeit bedrohten oder betroffenen Menschen richten. Die für den Bereich der Obdachlosigkeit zuständigen Landkreise und kreisfreien Städte gewährleisten von niedrigschwellig angelegten Begegnungsstätten über Beratungsstellen, ambulanten Betreuungsangeboten bis hin zu Notunterkünften und stationärer Betreuung vielfältige Angebote, mit denen sowohl Prävention als auch Hilfe bei eingetretener Obdachlosigkeit einschließlich Hilfen zur Überwindung der Lebenslage Obdachlosigkeit geleistet werden. Frage 1: Wie stellt sich aus Sicht der Landesregierung dazu der derzeitige Sachstand in Potsdam dar? zu Frage 1: Für präventive Maßnahmen gegen das Entstehen von Obdachlosigkeit, Hilfen bei eingetretener Obdachlosigkeit sowie Hilfen zur Überwindung von Obdachlosigkeit sind die Landkreise und kreisfreien Städte zuständig. Sie können vor Ort die notwendigen Hilfen planen, organisieren und erbringen. Die Landeshauptstadt Potsdam richtete hierzu Ende der 90er Jahre eine zentrale Fachstelle ein, in der neben direkter Beratung und Unterstützung alle weiteren Beratungs- und Hilfsangebote für die von Obdachlosigkeit betroffenen und von Obdachlosigkeit bedrohten Menschen koordiniert werden. Frage 2: Inwiefern sieht die Landesregierung Indizien für eine steigende Obdachlosigkeit in Potsdam? zu Frage 2: Obdachlosigkeit betrifft insbesondere größere Städte und Ballungszentren. Der Landesregierung liegen keine Informationen über eine besondere Entwicklung von Obdachlosigkeit in Potsdam vor. Frage 3: Wie viele Menschen sind nach Kenntnis der Landesregierung in Potsdam obdachlos (in den Jahren 2010 – 2015)? zu Frage 3: Der Landesregierung liegen hierzu keine validen Zahlen vor. Die Zuständigkeit für die Vermeidung und Bekämpfung von Obdachlosigkeit liegt bei den Kommunen. Insoweit ermitteln die Kommunen Zahlen, Schätzungen und Hochrechnungen jeweils in eigener Verantwortung für ihren Zuständigkeitsbereich. Frage 4: Welche Hilfestellungen leistet das Land gegenüber der Stadt Potsdam bei der Betreuung und Versorgung von obdachlosen Menschen? Frage 5: In welchem Umfang und auf welchen Grundlagen werden der Stadt Potsdam Landesmittel für die Versorgung und Betreuung von obdachlosen Menschen bereitgestellt? zu Frage 4 und Frage 5: Die Fragen 4 und 5 werden zusammen beantwortet. Die Betreuung und Unterbringung obdachloser Personen ist eine kommunale Aufgabe und wird von den Kommunen getragen. Das Land erstattet den gesetzlich festgeschriebenen Landesanteil dieser Kosten, soweit es sich hierbei um Hilfen zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten nach §§ 67 ff SGB XII handelt. Das Land erstattet den örtlichen Trägern der Sozialhilfe wie z.B. der Stadt Potsdam im Rahmen der Kostenerstattung des Ausführungsgesetzes zum Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (AG-SGB XII) durchschnittlich 85 Prozent ihrer Ausgaben für Hilfen zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten nach §§ 67 ff SGB XII für Leistungen im ambulanten und stationären Bereich. In diesen Mitteln sind jedoch auch Ausgaben zur Überwindung anderer besonderer sozialer Schwierigkeiten enthalten, wie z.B. zur Betreuung von suchtkranken Menschen. Eine genaue Zahl ausschließlich für Obdachlosigkeit kann deshalb nicht genannt werden. Im Rahmen des Verfahrens gemäß des 3. Abschnitts AG-SGB XII (Deckung des Finanzbedarfs der örtlichen Träger der Sozialhilfe) wurden für die Landeshauptstadt Potsdam Hilfen zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten nach §§ 67 ff SGB XII für das Jahr 2013 in Höhe von rd. 644.000 Euro und für das Jahr 2014 in Höhe von rd. 726.000 Euro anerkannt. Für das Jahr 2015 liegen noch keine Zahlen vor. Frage 6: In welchem Umfang und auf welchen Grundlagen werden gemeinnützigen Trägern in Potsdam (AWO, Volkssolidarität etc.) Landesmittel für die Versorgung und Betreuung von obdachlosen Menschen zur Verfügung gestellt? zu Frage 6: Auf Grund der Aufgabenwahrnehmung im Zuständigkeitsbereich der Stadt Potsdam bestehen keine vertraglichen Bindungen zwischen den im Bereich der Versorgung und Betreuung von obdachlosen Menschen in Potsdam agierenden gemeinnützigen Trägern und dem Land Brandenburg. Daher erfolgen auch keine direkten regelmäßigen Zahlungen von Landesmitteln an die gemeinnützigen Träger im Bereich der Obdachlosenhilfe . Unabhängig davon unterstützt das Land die Träger mit finanziellen Zuschüssen aus Landesmitteln der Lottokonzessionsabgabe, beispielsweise für die Beschaffung von Tiefkühlfahrzeugen der Tafeln. Diese investiven Projektförderungen kann das Land auf Antrag der Träger leisten.