Landtag Brandenburg 6. Wahlperiode Drucksache 6/3648 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 1426 der Abgeordneten Ines Schülzke BVB / FREIE WÄHLER Gruppe Drucksache 6/3439 Entwicklung der Beschäftigung im Land Brandenburg Wortlaut der Kleinen Anfrage 1426 vom 04.02.2016 Der RBB berichtete am 30.01.2016, dass nach Mitteilung des Amtes für Statistik die Anzahl der Beschäftigten im Land um 0,1 % zurückgegangen sei, besonders stark sei der Rückgang im produzierenden Gewerbe (-0,7%) und im Baugewerbe( -1.4%). Diese Situation verläuft gegen den allgemeinen Bundestrend, dort informiert das Amt über eine Zunahme der Beschäftigung um 0,8%. Von der Wissenschaft und den entsprechenden Instituten, wird immer wieder darauf hingewiesen, dass es an privaten und öffentlichen Investitionen fehlt. Ich frage die Landesregierung: 1. In welchen Unternehmen (Handwerk, Industrie, Landwirtschaft oder andere Unternehmungen ) ist dieser Rückgang festzustellen und wie teilt sich der Rückgang auf die einzelnen Bereiche auf? 2. Wie wird der Rückgang begründet? 3. Welche Gründe geben die Unternehmen für die rückläufigen Beschäftigungszahlen im Land Brandenburg an? 4. Von KMU ist immer wieder zu vernehmen, dass es immer schwieriger wird, in verschiedensten Bereichen (z.B. allgemeine Serviceleistungen/ Hausservicedienste, Hilfsarbeiter, usw.) den Mindestlohn für gering bzw. schlecht ausgebildete Beschäftigte sicherstellen zu können, da der bürokratische Aufwand und die allgemeinen Betriebskosten zu hoch sind und die Unternehmen durch den allgemeinen Kostendruck die Personalentwicklung der Unternehmen dorthin leiten und dieses Personal reduzieren, obwohl diese Arbeitskräfte kaum Chancen auf dem Arbeitsmarkt haben. Welche Aktivitäten gibt es, um diesen Situationen entgegenzuwirken ? 5. Welche praktischen Maßnahmen gibt es für die Unternehmungen, um dem Beschäftigungsrückgang entgegenzuwirken? (Bitte Auflisten!) 6. Beschäftigung im ländlichen Raum soll durch Leader-Förderung und Förderprogramme für den Stadt- Umland – Wettbewerb sichergestellt und entwickelt werden , so der Chef der Staatskanzlei in den Sitzungen der Enquetekommission am 06.11.2015 und am 11.12.2015. Seit der medienwirksamen Veröffentlichung der jeweiligen Programmstarts im Mai 2015 sind noch keine Bewilligungen an Antragsteller /Unternehmen ausgereicht worden, auch bei den Kommunen fehlen die Bewilligungen für Infrastruktur und der Aufgabenerfüllung der Daseinsvorsorge, ohne dass in den letzten Monaten irgendwelche Informationen an die Antragsteller ergangen sind. Diese Situation verunsichert Unternehmungen zusätzlich, da die angekündigten Zuschüsse, die ja aus Steuergeldern stammen, zusätzlich Verwaltungskraft in kleinen Betrieben und Kommunalverwaltungen binden. Planungen werden verworfen und durch kostenpflichtige Bankauskünfte und andere beizubringenden Unterlagen ganze Förderungsabsichten ad absurdum geführt. Wie und wann will die Landesregierung dieses Verwaltungsproblem lösen und dafür Sorge tragen, dass die Produktion, Daseinsvorsorge und Entwicklung im „Ländlichen Raum“ sichergestellt wird? 7. Bei welchen Förderprogrammen des Landes Brandenburg, die Arbeitskräfterelevant sind, besteht eine vergleichbare Situation in der Form, dass die Förderprogramme veröffentlicht sind, aber die Fördermittel aus internen Gründen nicht bewilligt werden können? (Bitte auflisten!) 8. Der Rückgang der Beschäftigten im Baubereich ist besonders schmerzhaft, da die Unternehmen erwarten, dass mit den steigenden Steuereinnahmen des Landes, zu denen insbesondere die Unternehmen beigetragen haben, der Reparaturstau im Straßennetz abgebaut wird und Straßen, die kaum fließenden Verkehr gewährleisten , ausgebaut werden, um dem ständig steigenden Kosten- und Zeitdruck auszugleichen. Der Verband der Bauindustrie hatte informiert, dass 2015 etwa 3% weniger Aufträge von der öffentlichen Hand für Infrastrukturmaßnahmen, insbesondere für den Straßenbau vergeben wurden. Wie schätzt die Landesregierung diese Situation ein und welche Maßnahmen werden im Detail ergriffen, um dem Rückgang der Beschäftigten im Baubereich entgegenzuwirken und gleichzeitig den mangelhaften Unterhaltungs- bzw. Ausbauzustand bei einem großen Teil der Landesstraßen abzuarbeiten? (Bitte für die einzelnen Landkreise Beispiele auflisten !) Namens der Landesregierung beantwortet der Minister für Wirtschaft und Energie die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1: In welchen Unternehmen (Handwerk, Industrie, Landwirtschaft oder andere Unternehmungen ) ist dieser Rückgang festzustellen und wie teilt sich der Rückgang auf die einzelnen Bereiche auf? zu Frage 1: Die Entwicklung der Erwerbstätigkeit im Jahr 2015 im Land Brandenburg nach Wirtschaftsbereichen ist der folgenden Tabelle zu entnehmen: Wirtschaftsbereich Erwerbstätige (in 1.000 Personen) Veränderungen zum Vorjahreszeitraum (in %) Insgesamt 1 080,5 -0,1 Land- und Forstwirtschaft, Fischerei 30,9 0,1 Produzierendes Gewerbe 244,8 -0,7 darunter: Verarbeitendes Gewerbe 128,0 -0,2 Baugewerbe 94,7 -1,4 Dienstleistungsbereiche 804,8 0,1 Handel, Verkehr, Gastgewerbe, Information und Kommunikation 271,1 0,0 Finanz-, Versicherungs- und Unternehmensdienstleister , Grundstücksund Wohnungswesen 175,4 0,4 Öffentliche und sonstige Dienstleister , Erziehung, Gesundheit 358,4 0,0 Quelle: Amt für Statistik Berlin-Brandenburg Frage 2: Wie wird der Rückgang begründet? zu Frage 2: Entsprechend der in Antwort zu Frage 1 aufgeführten Statistik ist für das Land Brandenburg ein lediglich marginaler Beschäftigungsrückgang im Jahr 2015 gegenüber dem Vorjahr feststellbar. Grundsätzlich kann der Abbau von Beschäftigung in Betrieben vielfältige Ursachen haben. Dazu gehören unternehmensinterne Entscheidungen (z.B. Standortverlagerungen, betriebliche Umstrukturierungen, Rationalisierung zur Realisierung von Kosteneinsparpotentialen), externe Veränderungen der Wettbewerbssituation oder der unternehmensrelevanten Rahmenbedingungen. Daneben sind kurzfristig saisonale Effekte und mittelfristig die konjunkturelle Entwicklung von Bedeutung. Im bisher statistisch bekannten Verlauf des Jahres 2015 (bis November) gingen die Umsätze in einigen Wirtschaftszweigen des Verarbeitenden Gewerbes zurück. Die Auftragslage war ebenfalls schwächer als im Vorjahr. Es besteht somit die Möglichkeit, dass Unternehmen in einigen Branchen ihre Beschäftigung an die konjunkturelle Entwicklung angepasst haben. Die Konjunkturumfrage der brandenburgischen und Berliner Industrie- und Handelskammern zum Jahresbeginn 2016 zeigt für Brandenburg in der Frage nach der aktuellen Geschäftslage ein positives Bild; auch in den weiteren Geschäftserwartungen übersteigen die positiven die negativen Einschätzungen. Die Personalpläne der befragten brandenburgischen Betriebe insgesamt liegen mit 22 % zunehmend, 64 % gleichbleibend, 14 % abnehmend ebenfalls im positiven Bereich. Frage 3: Welche Gründe geben die Unternehmen für die rückläufigen Beschäftigungszahlen im Land Brandenburg an? zu Frage 3: Die Unternehmen sind über ihre unternehmerischen Entscheidungen, Personal einzustellen oder zu entlassen, grundsätzlich nicht berichtspflichtig. Deshalb verfügt die Landesregierung – über die aggregierten Zahlen der amtlichen Statistik hinaus – über keine systematischen unternehmensspezifischen Informationen zum Ausmaß und zu den Gründen unternehmerischer Entscheidungen in Bezug auf die Beschäftigung . Frage 4: Von KMU ist immer wieder zu vernehmen, dass es immer schwieriger wird, in verschiedensten Bereichen (z.B. allgemeine Serviceleistungen/ Hausservicedienste, Hilfsarbeiter, usw.) den Mindestlohn für gering bzw. schlecht ausgebildete Beschäftigte sicherstellen zu können, da der bürokratische Aufwand und die allgemeinen Betriebskosten zu hoch sind und die Unternehmen durch den allgemeinen Kostendruck die Personalentwicklung der Unternehmen dorthin leiten und dieses Personal reduzieren , obwohl diese Arbeitskräfte kaum Chancen auf dem Arbeitsmarkt haben. Welche Aktivitäten gibt es, um diesen Situationen entgegenzuwirken? zu Frage 4: Der allgemeine gesetzliche Mindestlohn ist als absolute Lohnuntergrenze eingeführt worden. Er betrifft insofern naturgemäß besonders häufig - aber nicht nur - gerade solche Beschäftigte, die geringqualifiziert oder schlecht ausgebildet sind und bisher geringer als mit dem seit 1. Januar 2015 geltenden Mindestlohn in Höhe von 8,50 € entlohnt wurden. Dies ist in Ostdeutschland, so auch in Brandenburg, vor dem Inkrafttreten des Mindestlohns überdurchschnittlich häufig der Fall gewesen. Angesichts der Unternehmensstruktur in Brandenburg mit vielen KMU wurden diese durch die Einführung des gesetzlichen Mindestlohns vor besondere Herausforderungen gestellt. Zwar wurde kurz nach Einführung des gesetzlichen Mindestlohns zunächst ein unverhältnismäßiger Bürokratieaufwand befürchtet, insbesondere im Hinblick auf die Aufzeichnungspflicht der Arbeitszeit. Diese Bedenken haben sich aber schnell gelegt , da die Aufzeichnungspflichten überhaupt nur für eine Minderheit von Beschäftigten gelten, nämlich Beschäftigte in Minijobs sowie Beschäftigte aus lediglich neun Branchen. Zudem sind nur grundlegende Angaben zu Beginn und Ende sowie Gesamtdauer der geleisteten Arbeitsstunden vorzunehmen. Das kann auf einfachen Stundenzetteln handschriftlich durch die Beschäftigten selber erfolgen, muss nicht vom Arbeitgeber abgezeichnet werden und ist üblicherweise in wenigen Minuten erledigt . Erste Studien zu den Auswirkungen des Mindestlohns im Jahr 2015 in Deutschland belegen, dass die Einführung des Mindestlohns nicht mit negativen Entwicklungen der Beschäftigung einhergegangen ist. Vielmehr hat es z.B. nach dem aktuellen Bericht des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) vom Januar 2016 im Jahr 2015 sogar einen Anstieg der Beschäftigung gegeben. Frage 5: Welche praktischen Maßnahmen gibt es für die Unternehmungen, um dem Beschäftigungsrückgang entgegenzuwirken? (Bitte Auflisten!) zu Frage 5: Es ist ein vorrangiges Anliegen der Unternehmen selbst, die eigene Wettbewerbsfähigkeit aufrechtzuerhalten bzw. wiederherzustellen. Die Landesregierung stellt entsprechende Rahmenbedingungen auf, um für Unternehmen Anreize zu beschäftigungswirksamen Investitionen zu schaffen. Die Unternehmen entscheiden selbst, ob und wie sie solche Angebote nutzen und ggf. in beschäftigungswirksame Investitionsmaßnahmen umsetzen. Frage 6: Beschäftigung im ländlichen Raum soll durch Leader-Förderung und Förderprogramme für den Stadt- Umland – Wettbewerb sichergestellt und entwickelt werden, so der Chef der Staatskanzlei in den Sitzungen der Enquetekommission am 06.11.2015 und am 11.12.2015. Seit der medienwirksamen Veröffentlichung der jeweiligen Programmstarts im Mai 2015 sind noch keine Bewilligungen an Antragsteller /Unternehmen ausgereicht worden, auch bei den Kommunen fehlen die Bewilligungen für Infrastruktur und der Aufgabenerfüllung der Daseinsvorsorge, ohne dass in den letzten Monaten irgendwelche Informationen an die Antragsteller ergangen sind. Diese Situation verunsichert Unternehmungen zusätzlich, da die angekündigten Zuschüsse, die ja aus Steuergeldern stammen, zusätzlich Verwaltungskraft in kleinen Betrieben und Kommunalverwaltungen binden. Planungen werden verworfen und durch kostenpflichtige Bankauskünfte und andere beizubringenden Unterlagen ganze Förderungsabsichten ad absurdum geführt. Wie und wann will die Landesregierung dieses Verwaltungsproblem lösen und dafür Sorge tragen, dass die Produktion , Daseinsvorsorge und Entwicklung im „Ländlichen Raum“ sichergestellt wird? zu Frage 6: Die zweite Hälfte des Jahres 2015 wurde nach Bestätigung des Entwicklungsplans für den ländlichen Raum Brandenburg und Berlin (EPLR) am 26. Mai 2015 sowie der Eröffnung des Antragsverfahrens für die Richtlinie des Ministeriums für Ländliche Entwicklung, Umwelt und Landwirtschaft über die Gewährung von Zuwendungen für die Förderung der ländlichen Entwicklung im Rahmen von LEADER am 23. Juni 2015 dazu genutzt, sowohl umfassende Arbeiten im Zusammenhang mit den veränderten Rahmenbedingungen des EPLR zu leisten als auch die Förderperiode 2007 bis 2013 zum Abschluss zu bringen. Nachdem abschließend sowohl die technischen als auch die formalen Voraussetzungen geschaffen und offene Fragen mit der Europäischen Kommission geklärt waren, konnte am 28. Januar 2016 das Bewilligungsverfahren im Rahmen der o.g. Richtlinie starten. Bis zum 5. Februar 2016 konnten 25 Vorhaben bewilligt werden, über 200 Anträge werden gegenwärtig bearbeitet und baldmöglichst bewilligt. Im Mittelpunkt stehen dabei Arbeitsplätze und die Daseinsvorsorge in den Dörfern und kleinen Städten auf dem Lande. Der Stadt-Umland-Wettbewerb (SUW) ist am 14. Januar 2015 gestartet Über diesen Prozess wurde umfassend und kontinuierlich informiert, u. a. durch drei Informationsworkshops im Februar und März 2015 die Veröffentlichung aller Unterlagen auf der offiziellen Website des SUW http://stadt-umland-wettbewerb.brandenburg.de. Hier wurde auch die Möglichkeit eines virtuellen Rückfragekolloquiums eingerichtet, das Angebot thematischer Workshops, Rückfragekolloquien im Mai 2015 im Ministerium für Infrastruktur und Landesplanung . Seit Mitte 2015 können die geplanten Fördergegenstände, einschließlich der Fördergegenstände für KMU, einer künftigen EFRE-Richtlinie zum SUW mit Erläuterungen und Beispielen auf der SUW-Website abgerufen werden. Sie stehen unter dem Vorbehalt der Modifizierung im Rahmen des Beteiligungsverfahrens zur Richtlinie. Die Richtlinie befindet sich zurzeit in der Abstimmung. Mit der In-Kraft-Setzung wird im Frühjahr 2016 gerechnet. Sie bildet die Voraussetzung für die Förderantragstellung von KMU. Frage 7: Bei welchen Förderprogrammen des Landes Brandenburg, die Arbeitskräfterelevant sind, besteht eine vergleichbare Situation in der Form, dass die Förderprogramme veröffentlicht sind, aber die Fördermittel aus internen Gründen nicht bewilligt werden können? (Bitte auflisten!) zu Frage 7: Für alle arbeitskräfterelevanten veröffentlichten Förderungen aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds 2014-2020 werden auch Fördermittel bewilligt. Frage 8: Der Rückgang der Beschäftigten im Baubereich ist besonders schmerzhaft, da die Unternehmen erwarten, dass mit den steigenden Steuereinnahmen des Landes, zu denen insbesondere die Unternehmen beigetragen haben, der Reparaturstau im Straßennetz abgebaut wird und Straßen, die kaum fließenden Verkehr gewährleisten , ausgebaut werden, um dem ständig steigenden Kosten- und Zeitdruck auszugleichen . Der Verband der Bauindustrie hatte informiert, dass 2015 etwa 3% weniger Aufträge von der öffentlichen Hand für Infrastrukturmaßnahmen, insbesondere für den Straßenbau vergeben wurden. Wie schätzt die Landesregierung diese Situation ein und welche Maßnahmen werden im Detail ergriffen, um dem Rückgang der Beschäftigten im Baubereich entgegenzuwirken und gleichzeitig den mangelhaften Unterhaltungs - bzw. Ausbauzustand bei einem großen Teil der Landesstraßen abzuarbeiten ? (Bitte für die einzelnen Landkreise Beispiele auflisten!) zu Frage 8: In den letzten 5 Jahren wurden jährlich durchschnittlich rd. 55 Mio. € für Bauinvestitionen an Landesstraßen eingesetzt. Die Landesregierung hat zudem einen besonderen Handlungsbedarf bei innerörtlichen Landesstraßen erkannt und wird bis zum Ende der Legislaturperiode zusätzlich 100 Mio. € bereitstellen. Die Straßenbauverwaltung hat auf dieser Grundlage eine Liste mit Maßnahmen erarbeitet, die auf folgender Internetseite des Landesbetriebs Straßenwesen veröffentlicht wurde und abgerufen werden kann: http://www.ls.brandenburg.de/cms/detail.php/bb1.c.238382.de. Darüber hinaus setzt die Landesregierung jährlich rd. 27 Mio. € Fördermittel für den kommunalen Straßenbau ein. Bezüglich des Rückgangs der Beschäftigung im Baubereich wird auf die Antworten zu den Fragen 1, 2 und 5 verwiesen.