Datum des Eingangs: 17.03.2016 / Ausgegeben: 22.03.2016 Landtag Brandenburg 6. Wahlperiode Drucksache 6/3739 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage Nr. 1476 der Abgeordneten Dr. Saskia Ludwig CDU-Fraktion Drucksache 6/3515 Netzneutralität in Brandenburg Wortlaut der Kleinen Anfrage Nr. 1476 vom 17.02.2016: Durch eine veränderte Telekommunikationsverordnung und der damit möglichen Aufgabe der Netzneutralität droht ein Zwei-Klassen-Netz, in dem Provider den Datenverkehr der Bürger durchleuchten und darüber entscheiden, welche Inhalte sie sich im Netz ansehen und welche Dienste die Bürger in welcher Qualität nutzen können . Nach Expertenmeinungen kann es für Anbieter und Nutzer außerdem sehr kostenintensiv werden, wenn Provider zukünftig an zwei Stellen Kosten in Rechnung stellen: „Die Daten finanzstarker Unternehmen leiten sie gegen entsprechendes Entgelt auf einer extraschnellen Überholspur bevorzugt zu denjenigen Kunden durch, die bereit sind, für diesen Service zusätzlich zu zahlen.“ In der Folge würden Start- Ups und Nutzer mit geringeren finanziellen Mitteln das Nachsehen haben. Innovation , Grundrechte und kulturelle Vielfalt würden im Land Brandenburg auf der Strecke bleiben. Wir fragen die Landesregierung: 1. Besteht durch Spezialdienste (Specialised Services, Managed Services oder priorisierte Dienste) die Gefahr, dass das offene Internet in Brandenburg beeinträchtigt wird? (Wenn ja, welche Maßnahmen hat die Landesregierung ergriffen, um auch zukünftig ein offenes Internet im Land Brandenburg zu gewährleisten?) 2. Wie stellt die Landesregierung sicher, dass auch zukünftig die Datenübertragung im Internet, unabhängig von Absender, Empfänger oder Inhalt, für sämtliche Daten stets nach der Reihenfolge ihres Eintreffens in gleicher Qualität und gleicher Geschwindigkeit von den Providern weitergeleitet werden? 3. Welche einklagbaren Rechte auf einen Zugang zum offenen Internet haben Nutzerinnen und Nutzer in Brandenburg? 4. Wie viele Start-Ups und nichtkommerzielle Onlineangebote aus Brandenburg, die ihre Leistungen über einen Spezialdienst verfügbar machen müssten, wären von dieser Markteintrittsbarriere bzw. dem Wettbewerbsnachteil gegenüber etablierten zahlungskräftigen Konkurrenten betroffen? 5. Wie stellt die Landesregierung sicher, dass es Providern zukünftig nicht gestattet ist, die Zugänge zum offenen Internet zu Gunsten von Spezialdiensten zu verlangsamen oder einzuschränken? 6. Wie stellt die Landesregierung sicher, dass Provider keine „Zensur des offenen Internet“ im Rahmen von sogenannten Verkehrsmanagementmaßnahmen vornehmen können? 7. Welche Kenntnisse liegen der Landesregierung über die Technik namens „Deep Packet Inspection“ vor? 8. Ist der Einsatz von Deep Packet Inspection „zur Abwendung oder Verhinderung schwerer Straftaten“ durch die Provider ohne einen vorherigen richterlichen Beschluss in Brandenburg möglich? 9. Wie stellt die Landesregierung sicher, dass unter „dem Vorwand der Bekämpfung schwerer Straftaten“ Provider keinen Datenverkehr observieren, analysieren und missliebige Dienste, Inhalte und Anwendungen nach eigenem Gutdünken verlangsamen oder blockieren? Namens der Landesregierung beantwortet der Minister für Wirtschaft und Energie die Kleine Anfrage wie folgt: Vorbemerkung: Das Fragerecht des Landtages gegenüber der Landesregierung kann sich nur auf Umstände beziehen, die nach der im Grundgesetz angelegten Verteilung der Zuständigkeiten zwischen Bund und Ländern in den Verantwortungsbereich des Landes fallen. Die nachgenannten Fragen betreffen jedoch – da das Telekommunikationsgesetz ein Bundesgesetz ist – Sachverhalte, die in Bundeszuständigkeit liegen. Auch wenn das Thema Netzneutralität keinerlei Brandenburg- Spezifika erkennen lässt, hat sich die Landesregierung aufgrund seiner allgemeinen Wichtigkeit zu grundlegenden diesbezüglichen Fragen eine Meinung gebildet. Diese Meinungsbildung betrifft jedoch nicht alle Einzelaspekte des Themas. Nachstehend werden die Fragen inhaltlich beantwortet, zu denen sich die Landesregierung eine Meinung gebildet hat. Frage 1: Besteht durch Spezialdienste (Specialised Services, Managed Services oder priorisierte Dienste) die Gefahr, dass das offene Internet in Brandenburg beeinträchtigt wird? (Wenn ja, welche Maßnahmen hat die Landesregierung ergriffen, um auch zukünftig ein offenes Internet im Land Brandenburg zu gewährleisten?) Frage 2: Wie stellt die Landesregierung sicher, dass auch zukünftig die Datenübertragung im Internet, unabhängig von Absender, Empfänger oder Inhalt, für sämtliche Daten stets nach der Reihenfolge ihres Eintreffens in gleicher Qualität und gleicher Geschwindigkeit von den Providern weitergeleitet werden? zu den Fragen 1 und 2: Die Landesregierung engagiert sich - z.B. über den Bundesrat und den Beirat der Bundenetzagentur - für die Netzneutralität. Im Bundesrat hat die Landesregierung die entsprechenden Beschlüsse BR-Drs. 689/13 und BR-Drs. 212/15 unterstützt. Die Beschlüsse zielen u.a. darauf ab, dass Nutzer im Internet nicht diskriminiert werden. Frage 3: Welche einklagbaren Rechte auf einen Zugang zum offenen Internet haben Nutzerinnen und Nutzer in Brandenburg? zu Frage 3: Die Netzneutralität wird in § 41a Telekommunikationsgesetz (TKG) geregelt . Zudem ist am 29. November 2015 die Verordnung (EU) 2015/2120 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. November 2015 über Maßnahmen zum Zugang zum offenen Internet und zur Änderung der Richtlinie 2002/22/EG über den Universaldienst und Nutzerrechte bei elektronischen Kommunikationsnetzen und - diensten sowie der Verordnung (EU) Nr. 531/2012 über das Roaming in öffentlichen Mobilfunknetzen in der Union in Kraft getreten. Bis zum 30.08.2016 sind für die Bundesrepublik Deutschland Leitlinien zur Umsetzung der Verordnung zu erarbeiten. Soweit Nutzerinnen und Nutzer sich durch TK-Unternehmen diskriminiert fühlen, können sie ihr Anliegen der Bundesnetzagentur (BNetzA) mitteilen. Frage 4: Wie viele Start-Ups und nichtkommerzielle Onlineangebote aus Brandenburg , die ihre Leistungen über einen Spezialdienst verfügbar machen müssten, wären von dieser Markteintrittsbarriere bzw. dem Wettbewerbsnachteil gegenüber etablierten zahlungskräftigen Konkurrenten betroffen? zu Frage 4: Dazu liegen der Landesregierung keine Informationen vor. Frage 5: Wie stellt die Landesregierung sicher, dass es Providern zukünftig nicht gestattet ist, die Zugänge zum offenen Internet zu Gunsten von Spezialdiensten zu verlangsamen oder einzuschränken? Zu Frage 5: Dies wird fortlaufend durch die Bundesnetzagentur überwacht. Zuwiderhandlungen können durch diese geahndet werden. Frage 6: Wie stellt die Landesregierung sicher, dass Provider keine „Zensur des offenen Internet“ im Rahmen von sogenannten Verkehrsmanagementmaßnahmen vornehmen können? Frage 8: Ist der Einsatz von Deep Packet Inspection „zur Abwendung oder Verhinderung schwerer Straftaten“ durch die Provider ohne einen vorherigen richterlichen Beschluss in Brandenburg möglich? Frage 9: Wie stellt die Landesregierung sicher, dass unter „dem Vorwand der Bekämpfung schwerer Straftaten“ Provider keinen Datenverkehr observieren, analysieren und missliebige Dienste, Inhalte und Anwendungen nach eigenem Gutdünken verlangsamen oder blockieren? zu den Fragen 6, 8 und 9: Die Zuständigkeit für die jeweils angesprochenen Themen und die diesbezüglichen Rechtsgrundlagen liegt beim Bund. Insoweit wird auf die Vorbemerkung Bezug genommen. Sofern in diesem Zusammenhang personenbezogene Daten verarbeitet werden, wird ergänzend auf Folgendes hingewiesen: Die Kontrolle der Einhaltung der jeweils geltenden datenschutzrechtlichen Vorschriften obliegt für Unternehmen, die keine Telekommunikationsunternehmen sind, der Landesbeauftragten für den Datenschutz und für das Recht auf Akteneinsicht, die Verstöße gegen diese Vorschriften gemäß § 43 Bundesdatenschutzgesetz bzw. § 38 Brandenburgisches Datenschutzgesetz als Ordnungswidrigkeit ahnden oder bei Verdacht des Vorliegens einer Straftat zur Anzeige bringen kann. Sofern Unternehmen unter den Anwendungsbereich des Telekommunikationsgesetzes fallen, obliegt die Kontrolle der Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit. Frage 7: Welche Kenntnisse liegen der Landesregierung über die Technik namens „Deep Packet Inspection“ vor? zu Frage 7: Der Landesregierung ist die Technologie bekannt. In der Landesverwaltung wird sie nicht verwendet.