Datum des Eingangs: 24.03.2016 / Ausgegeben: 29.03.2016 Landtag Brandenburg 6. Wahlperiode Drucksache 6/3788 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage Nr. 1488 der Abgeordneten Marie Luise von Halem Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 6/3562 Kulturgutschutzgesetz Wortlaut der Kleinen Anfrage Nr. 1488 vom 23.Februar 2016 Die Bundesregierung hat am 4.11.2015 einen Entwurf zum Kulturgutschutzgesetz beschlossen. Darin werden Regelungen über die Ein- und Ausfuhr von Kulturgütern getroffen, die der Mitwirkung der Länder bedürfen. So wird das bisher schon bei den Ländern geführte Verzeichnis über national wertvolles Kulturgut künftig absehbar mit wesentlich mehr Verwaltungsaufwand zu führen sein, weil die Verunsicherung über den Status einzelner Kulturgüter zu mehr Verfahren und Begutachtungen durch den dafür zu bestellenden Sachverständigenausschuss führen wird. Hinzu kommt die durch § 24 KGSG-Entwurf geregelte „Genehmigungspflichtige Ausfuhr von Kulturgut in EU-Mitgliedsstaaten; Verordnungsermächtigung“. Nach § 24 Abs. 6 sind hier die obersten Landesbehörden des Landes zuständig, in dem sich das Kulturgut zum Zeitpunkt der Antragstellung befindet. Durch die neu eingeführte Genehmigungspflicht entsteht ein nicht unerheblicher bürokratischer und finanzieller Aufwand für die Länder. Der Entwurf beziffert die Größenordnung „für die Länder“ unter dem Punkt „E.3 Erfüllungsaufwand der Verwaltung“ neben einem einmaligen Aufwand von 40.000 Euro auf jährlich „rund 375.000 Euro“ (siehe Seite 4 des Regierungsentwurfs vom 04.11.2015). Ich frage daher die Landesregierung: 1. Hält die Landesregierung den im Entwurf genannten, bei den Ländern entstehenden Gesamterfüllungsaufwand in Höhe von 375.000 Euro für realistisch? 2. Wie hoch schätzt die Landesregierung die tatsächlich für das Land Brandenburg und bundesweit zu erwartenden Mehrkosten für den Erfüllungsaufwand ein? 3. Wie hoch schätzt die Landesregierung den jährlichen Mehraufwand bundesweit und im Land Brandenburg für die Führung des Verzeichnisses über national wertvolles Kulturgut? 4. Welche Kosten sind dem Land bisher entstanden für die Führung des Verzeichnisses über national wertvolles Kulturgut sowie der Erteilung von Ausfuhrgenehmigungen? 5. In welchem Umfang hält die Landesregierung im Falle der Verabschiedung des Gesetzentwurfs KultGSchG eine personelle Aufstockung der zuständigen Behörden für erforderlich? 6. Kann die Landesregierung die Vorgabe einer 10-Tage-Frist gemäß § 24 Abs. 7 des Gesetzentwurfs für die Bearbeitung eines Ausfuhrgenehmigungsantrags einschließ-lich Prüfung der Eintragungswürdigkeit eines Exportguts garantieren? 7. Wie bewertet die Landesregierung das Vorhaben der generellen Unterschutzstellung des Bestands öffentlicher bzw. überwiegend öffentlich geförderter Einrichtungen als „nationales Kulturgut“? 8. Welche Auswirkungen erwartet die Landesregierung durch diese generelle Unterschutzstellung für die Museen im Land Brandenburg (zum Beispiel hinsichtlich der Führung von Bestandslisten, der Beantragung von Ausfuhrgenehmigungen im Leihverkehr oder zu Restaurierungsarbeiten, der Erhaltungspflicht oder des Verkaufsverbots)? 9. Wie bewertet die Landesregierung die Ziele des Novellierungsvorhabens zum Kulturgutschutz insgesamt, insbesondere diejenigen nach Vereinheitlichung der Kriterien für die Aufnahme von Kulturgut in die Kulturgutverzeichnisse und für die Gewährung bzw. Versagung von Ausfuhrgenehmigungen sowie zum durch den Bund geführten zentralen Internetportal zum Kulturschutz? Namens der Landesregierung beantwortet die Ministerin für Wissenschaft, Forschung und Kultur wie folgt: Frage 1: Hält die Landesregierung den im Entwurf genannten, bei den Ländern entstehenden Gesamterfüllungsaufwand in Höhe von 375.000 Euro für realistisch? Zu Frage 1: Für die Bezifferung des Gesamterfüllungsaufwandes ist unter anderem die Zahl der künftigen Antragszahlen entscheidend, die durch die Genehmigungspflicht innerhalb des EU-Binnenmarktes zu dem bisherigen Aufwand der Länder hinzukommt. Bereits hier divergiert der Ansatz des Bundes, der von rund 2.000 Anträgen ausgeht, mit dem des Normenkontrollrats, der Ende Oktober 2015 zu bedenken gab, dass ihm ein Ansatz von 11.000 zu erwartenden Anträgen allein aus dem Kunsthandel vorliege. Ferner heißt es in der Begründung des Regierungsentwurfs unter „Erfüllungsaufwand der Verwaltung auf Ebene der Länder“, dass der künftige Anstieg von Eintragungsverfahren ausgesprochen schwierig zu beziffern sei und nur eine pauschale Schätzung für die Mehrbelastung der Länder erfolgen könne. Ob der mit 375.000 Euro p.a. bezifferte Betrag die künftige Mehrbelastung der Länder ausreichend berücksichtigt, erscheint zweifelhaft. Auch aus Sicht der Landesregierung ist eine erhebliche Mehrbelastung für die Länder durch die erweiterten Genehmigungspflichten zu erwarten. Frage 2: Wie hoch schätzt die Landesregierung die tatsächlich für das Land Brandenburg und bundesweit zu erwartenden Mehrkosten für den Erfüllungsaufwand ein? Zu Frage 2: Mit Blick auf die Novellierung ist zum einen mit erheblich steigenden Antragszahlen aufgrund der Einführung der künftigen Genehmigungspflicht innerhalb des Binnenmarktes zu rechnen. Zum anderen geht das Land aufgrund der notwendigen Prüfungen, dass es sich um national wertvolles Kulturgut handeln könnte, auch im Leihverkehr von erheblich steigenden Antragszahlen für Rückgabezusicherungen im Sinne des § 10 des Gesetzesentwurfs aus. Mit Eröffnung des Flughafens BER ist darüber hinaus ein beträchtlicher Mehraufwand durch häufigere Anfragen des Zolls im Sinne des § 81 Absatz 3 des Gesetzesentwurfs zu erwarten. Diese Erwartung gilt ebenfalls für Freigabeanfragen des Zolls im Sinne des § 81 Absatz 5, die gemäß § 81 Absatz 5 Nr. 3 des Gesetzesentwurfs eine Prüfung innerhalb von drei Arbeitstagen erfordern. Für den zu erwartenden Umfang solcher Anfragen spielt nicht nur die unmittelbare Nähe zu Berlin als Kunst-, Kunsthandels- und Kulturstandort eine Rolle, sondern auch die weitere Entwicklung des Kunst- und Kulturstandorts Potsdam und Brandenburg. Mit Polen verfügt Brandenburg zudem über eine unmittelbare Binnengrenze zu einem EU-Staat. Eine bundesweite Schätzung kann aus Sicht des Landes Brandenburg nicht erfolgen. Frage 3: Wie hoch schätzt die Landesregierung den jährlichen Mehraufwand bundesweit und im Land Brandenburg für die Führung des Verzeichnisses über national wertvolles Kulturgut? Zu Frage 3: Durch die künftige Unterschutzstellung qua Gesetz für einen erheblichen Teil des Kulturgutes sollte sich die Anzahl von Eintragungsverfahren einerseits reduzieren. Andererseits erhält die oberste Landesbehörde künftig aufgrund der erweiterten Ausfuhrgenehmigungspflicht von weitaus mehr Ausfuhrfällen Kenntnis und erhält somit auch öfter die Gelegenheit bzw. Pflicht zu prüfen, ob es sich bei den auszuführenden Kulturgütern um national wertvolles Kulturgut handeln könnte. Ist dies der Fall, muss dieses auch künftig eingetragen werden, ohne dass insoweit ein Ermessensspielraum besteht. Es wird auf die Antwort zu Frage 2 zum bundesweiten Mehraufwand verwiesen. Frage 4: Welche Kosten sind dem Land bisher entstanden für die Führung des Verzeichnisses über national wertvolles Kulturgut sowie der Erteilung von Ausfuhrgenehmigungen? Zu Frage 4: Der Arbeitsaufwand für ein Eintragungsverfahren wird nach den bisherigen Verfahren mit durchschnittlich fünfeinhalb Arbeitstagen angesetzt. Dies entspricht Personalkosten für den höheren Dienst in Höhe von rund 2.500 Euro pro Eintragungsverfahren. Seit 2013 konnten sieben Eintragungsverfahren abgeschlossen werden. Dies führt bei Gesamtkosten in Höhe von 17.500 Euro zu einer pauschalen Bezifferung in Höhe von bisher rund 5.850 Euro p.a. Frage 5: In welchem Umfang hält die Landesregierung im Falle der Verabschiedung des Gesetzentwurfs KultGSchG eine personelle Aufstockung der zuständigen Behörden für erforderlich? Zu Frage 5: Eine personelle Aufstockung wird in Form von mindestens anderthalb Vollzeitäquivalenten zusätzlicher Arbeitskraft, hiervon 1,0 im höheren Dienst und 0,5 im gehobenen Dienst, als erforderlich erachtet. Hinzu kommt die Notwendigkeit einer Sicherung der gesetzlich vorgeschriebenen Bearbeitungszeiträume. Hierzu ist es erforderlich, dauerhafte vertretungsweise Anwesenheiten sicherzustellen. Frage 6: Kann die Landesregierung die Vorgabe einer 10-Tage-Frist gemäß § 24 Abs. 7 des Gesetzentwurfs für die Bearbeitung eines Ausfuhrgenehmigungsantrags einschließlich Prüfung der Eintragungswürdigkeit eines Exportguts garantieren? Zu Frage 6: Die Einhaltung der 10-Tages-Frist kann das Land durch den Einsatz zusätzlicher personeller Kapazitäten in der beschriebenen Größenordnung garantieren. Frage 7: Wie bewertet die Landesregierung das Vorhaben der generellen Unterschutzstellung des Bestands öffentlicher bzw. überwiegend öffentlich geförderter Einrichtungen als „nationales Kulturgut“? Zu Frage 7: Der Ansatz, die Bestände in öffentlichen Einrichtungen bzw. überwiegend öffentlich geförderten Einrichtungen qua Gesetz unter Schutz zu stellen, entspricht dem Gesetzeszweck und wird grundsätzlich begrüßt. Frage 8: Welche Auswirkungen erwartet die Landesregierung durch diese generelle Unterschutzstellung für die Museen im Land Brandenburg (zum Beispiel hinsichtlich der Führung von Bestandslisten, der Beantragung von Ausfuhrgenehmigungen im Leihverkehr oder zu Restaurierungsarbeiten, der Erhaltungspflicht oder des Verkaufsverbots)? Zu Frage 8: Für einzelne Kulturgüter oder Einrichtungen gibt es künftig die Möglichkeit, den Leihverkehr durch Beantragung einer allgemeinen oder spezifischen Genehmigung zu erleichtern. Diese Möglichkeit soll den zusätzlichen Verwaltungsaufwand für die Einrichtungen, der auch den Einrichtungen durch die Unterschutzstellung qua Gesetz entsteht, reduzieren. Es wird davon ausgegangen, dass die Einrichtungen ohnehin Bestandslisten führen und für die Erhaltung ihrer Werke bereits jetzt Sorge tragen. Frage 9: Wie bewertet die Landesregierung die Ziele des Novellierungsvorhabens zum Kulturgutschutz insgesamt, insbesondere diejenigen nach Vereinheitlichung der Kriterien für die Aufnahme von Kulturgut in die Kulturgutverzeichnisse und für die Gewährung bzw. Versagung von Ausfuhrgenehmigungen sowie zum durch den Bund geführten zentralen Internetportal zum Kulturschutz? Zu Frage 9: Die Ziele des Novellierungsvorhabens insgesamt werden einschließlich der drei konkret genannten Beispiele grundsätzlich begrüßt, um einen wirksamen Kulturgutschutz zu gewährleisten.