Datum des Eingangs: 24.03.2016 / Ausgegeben: 29.03.2016 Landtag Brandenburg 6. Wahlperiode Drucksache 6/3789 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 1490 der Abgeordneten Kerstin Kircheis SPD-Fraktion Drucksache 6/3565 Neue Fächer: Gesellschaftswissenschaften und Naturwissenschaften Wortlaut der Kleinen Anfrage 1490 vom 24.02.2016: Ab dem Jahr 2017/18 sollen die neuen Rahmenlehrpläne verbindlich an den Schulen des Landes umgesetzt werden. In den Grundschulen werden die neuen Fächer Gesellschaftswissenschaften und Naturwissenschaften etabliert. Bereits jetzt fehlen oftmals ausgebildete Lehrer für Geschichte, Politische Bildung und Erdkunde auf der einen und Biologie/Physik auf der anderen Seite. Viele Grundschullehrer, die bis dahin in diesen Fächern einzeln unterrichtet haben, fühlen sich mit diesen neuen Fächerkombinationen überfordert. 1. Wie gedenkt die Landesregierung den sich ab 2017 abzeichnenden Fachbedarf in Gesellschaftswissenschaften und Naturwissenschaften abzudecken? 2. Wie bewertet die Landesregierung den Umstand, dass es heute schon zu wenig ausgebildete Physik- oder Biologielehrer bzw. Fachlehrer in den Bereichen Politische Bildung, Erdkunde und Geschichte gibt? 3. Wie bewertet die Landesregierung den Umstand, dass viele ältere Lehrer nicht mehr in der Lage sind, sich ein anderes Fach anzueignen und zu unterrichten? Namens der Landesregierung beantwortet der Minister für Bildung, Jugend und Sport die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1: Wie gedenkt die Landesregierung den sich ab 2017 abzeichnenden Fachbedarf in Gesellschaftswissenschaften und Naturwissenschaften abzudecken? Zu Frage 1: Zum Schuljahr 2017/2018 wird der neue Rahmenlehrplan für die Jahrgangsstufen 1 bis 10 unterrichtswirksam. In der strukturellen und zeitlichen Einführung des neuen Rahmenlehrplans wurden folgende Festlegungen für die Fächer Gesellschaftswissenschaften 5/6 und Naturwissenschaften 5/6 zur Unterrichtswirksamkeit getroffen: 2017/2018: Unterrichtswirksamkeit des RLP 1 bis 10 für alle Fächer in den Jahrgangsstufen 1 bis 9 Ausnahme: Fächer der Jahrgangsstufe 10 und die Fächer Gesellschaftswissenschaften und Naturwissenschaften in den Jahrgangsstufen 5 und 6. 2017/2018: Grundschulen, die die Lernbereiche Gesellschaftswissenschaften und/oder Naturwissenschaften bereits anbieten, können die Fächer Gesellschaftswissenschaften und/oder Naturwissenschaften in der Jahrgangsstufe 5 freiwillig unterrichten. 2018/2019: Alle Grundschulen unterrichten die Fächer Gesellschaftswissenschaften und Naturwissenschaften in Jahrgangsstufe 5 sowie auch in der Jahrgangsstufe 6, sofern damit bereits 2017/2018 in der der Jahrgangsstufe 5 freiwillig begonnen wurde. 2019/2020: Alle Grundschulen unterrichten die Fächer Gesellschaftswissenschaften und Naturwissenschaften in den Jahrgangsstufen 5 und 6. Die Entscheidung, die Unterrichtswirksamkeit der neuen Fächer Gesellschaftswissenschaften 5/6 und Naturwissenschaften 5/6 zeitlich verzögert einzuführen, eröffnet die Möglichkeit, die zukünftigen Lehrkräfte dieser Fächer im Vorfeld entsprechend zu qualifizieren. Auf der Grundlage eines durch das LISUM entwickelten Fortbildungscurriculums , bestehend aus Basis-, Fach-, Praxis- und Ergänzungsmodulen, vermittelt durch externe Anbieter, werden die Lehrkräfte das notwendige Grundwissen und die entsprechenden Kompetenzen zur Umsetzung der betreffenden Fächer des Rahmenlehrplans erlangen können. In einem ersten Qualifizierungszyklus werden pro Grundschule, Primarstufen an weiterführenden Schulen und Leistungs- und Begabungsklassen -Standort jeweils eine Lehrkraft je Fach und ab Vierzügigkeit je zwei Lehrkräfte pro Fach an der Qualifizierung teilnehmen können. Die durchführende Institution wird derzeit über ein Ausschreibungsverfahren ermittelt. Die Qualifizierung weiterer Lehrkräfte erfolgt schrittweise. Frage 2: Wie bewertet die Landesregierung den Umstand, dass es heute schon zu wenig ausgebildete Physik- oder Biologielehrer bzw. Fachlehrer in den Bereichen Politische Bildung, Erdkunde und Geschichte gibt? Zu Frage 2: Natürlich gilt die Studienwahlfreiheit. Gleichwohl wird seitens des Ministeriums für Bildung Jugend und Sport immer wieder darauf hingewiesen, dass besonders gute Einstellungschancen für Lehrkräfte bestehen, die in den mathematischnaturwissenschaftlichen Unterrichtsfächern ausgebildet sind. Hinsichtlich des Lehramtes für die Primarstufe gilt derzeit, dass im Studium die Ausbildung für den Unterricht in den naturwissenschaftlichen und gesellschaftswissenschaftlichen Fächern sowie in WAT und LER mit der für das Fach Sachunterricht verbunden ist. Das heißt, dass bei der Wahl des Faches Sachunterricht als Studienfach eines der genannten Fächer als Bezugsfach zu wählen ist, wobei bei der Wahl eines gesellschaftswissenschaftlichen Faches als Bezugsfach das Fach Deutsch oder das Fach Englisch als weiteres Fach und bei der Wahl eines naturwissenschaftlichen Faches als Bezugsfach das Fach Mathematik als weiteres Fach gewählt werden muss. Das lehramtsbezogene Studium für die Primarstufe an der Universität Potsdam soll in Zukunft aufgrund der Einführung der Fächer Gesellschafts- und Naturwissenschaften entsprechend modifiziert werden. Dazu ist geplant, dass an die Stelle der bisherigen Einzelfächer in den jeweiligen Lernbereichen die Fächer Gesellschaftswissenschaften und Naturwissenschaften als Bezugsfächer mit dem Studium des Faches Sachunterricht treten. Mit der Einführung der neuen Rahmenlehrpläne 1 bis 10 bleibt für die Fächer Gesellschafts- und Naturwissenschaften in den Jahrgangsstufen 5 und 6 die Anzahl der Unterrichtsstunden gleich – für beide Bereiche sind 6 Lehrerwochenstunden festgelegt. Das entspricht dem Umfang, der vorher für die einzelnen Fachteile insgesamt bestimmt war. Die Absicherung des Unterrichts wird insoweit durch den Bestand an fachlich qualifizierten Lehrkräften gewährleistet. Parallel wird durch die in der Antwort zu Frage 1 beschriebene Qualifizierung zukünftig die Möglichkeit eröffnet , dass ebenso Lehrkräfte mit affinen Fachausbildungen einbezogen werden kön- nen. Des Weiteren wird allen Bewerbern mit einem absolvierten Studium „Lehramt Primarstufe“ ein Aufnahmeangebot für den Vorbereitungsdienst unterbreitet, um zukünftig die Fachlichkeit in den Grundschulen zu stärken. Frage 3: Wie bewertet die Landesregierung den Umstand, dass viele ältere Lehrer nicht mehr in der Lage sind, sich ein anderes Fach anzueignen und zu unterrichten? Zu Frage 3: Mit der geplanten Qualifizierung und Fortsetzung von Fortbildungen durch das Beratungs- und Unterstützungssystem für Schule und Schulaufsicht für die Fächer Gesellschaftswissenschaften 5/6 und Naturwissenschaften 5/6 wird gewährleistet , dass alle Lehrkräfte den Anforderungen gerecht werden können. Zum einen sind alle Lehrkräfte entsprechend dem Schulgesetz verpflichtet, ständig ihr Professionswissen zu erweitern. Andererseits können lebenserfahrene Lehrkräfte auf ihre in der Praxis erarbeiteten Routinen und gewonnenen Erfahrungen in der Verbindung der Fächer zurückgreifen. Lebenslanges Lernen schließt, ausgehend von einer grundsätzlichen Befähigung, während des gesamten Lebens eigenständig zu lernen, keine Altersgruppe aus. Darüber hinaus werden bereits seit Jahren in über 120 Grundschulen die Lernbereiche Gesellschaftswissenschaften und/oder Naturwissenschaften durch Lehrkräfte der unterschiedlichen Fachprofessionen unterrichtet. Aufbauend auf dem Sachunterricht werden im Fach Naturwissenschaften 5/6 naturwissenschaftliche Perspektiven und im Fach Gesellschaftswissenschaften 5/6 gesellschaftswissenschaftliche Perspektiven so gebündelt, dass für die beteiligten und in der Sekundarstufe aufgegliederten Fächer spezifische und wichtige Grundlagen gelegt werden und Anschlussfähigkeit gewährleistet wird. Durch einen fächerverbindenden und fachübergreifenden Unterricht gestalten bereits jetzt die Lehrkräfte die Lernzeiten in der Grundschule. Fachkonferenzen innerhalb einer Schule und schulübergreifend sowie Teamberatungen in den Jahrgangsstufen werden für den fachlichen Austausch der Lehrkräfte genutzt. Viele Themen aus den Fächern Geschichte, Politische Bildung und Geografie bzw. Physik, Biologie und Chemie finden sich in den Fächern Gesellschaftswissenschaften 5/6 und Naturwissenschaften 5/6 wieder. Ebenso bilden auch die Übereinstimmungen mit bekannten Methoden und Arbeitsweisen eine Grundlage für das erfolgreiche Unterrichten der Lehrkräfte in erweiterten fachlichen Zusammenhängen.