Datum des Eingangs: 04.04.2016 / Ausgegeben: 11.04.2016 Landtag Brandenburg 6. Wahlperiode Drucksache 6/3821 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 1511 des Abgeordneten Sören Kosanke SPD-Fraktion Drucksache 6/3626 Umgang mit Legasthenie an Brandenburger Schulen Wortlaut der Kleinen Anfrage Nr. 1511 vom 3. März 2016: 1. Wie wird Legasthenie in der Regel festgestellt? 2. Wie viele Betroffene gibt es aus Sicht der Landesregierung? 3. Wie wird auf die Feststellung von Legasthenie von staatlicher Seite reagiert? 4. Welche Vorschriften gibt es hierzu? 5. Sind hierzu Veränderungen angedacht? Namens der Landesregierung beantwortet der Minister für Bildung, Jugend und Sport die Kleine Anfrage wie folgt: Vorbemerkung: Der Begriff „Legasthenie“ (von lateinisch „lesen“ und altgriechisch „Schwäche“) wird im schulischen Bereich nicht verwendet, stattdessen Lese- Rechtschreibschwäche, abgekürzt LRS. Im Land Brandenburg wird in den einschlägigen Rechtsvorschriften der Begriff „besondere Schwierigkeiten im Lesen und Rechtschreiben“ verwendet. Frage 1: Wie wird Legasthenie in der Regel festgestellt? Zu Frage 1: Die Aufgabe der Lehrkräfte ist, jede Schülerin und jeden Schüler beim Erlernen des Lesens und Rechtschreibens zu unterstützen und zu fördern. Das Verfahren zur Feststellung besonderer Schwierigkeiten im Lesen und Rechtschreiben liegt in der Verantwortung der Schulen, bei den Lehrkräften für Deutsch. Die Feststellung kann in allen Jahrgangsstufen, sollte jedoch so früh wie möglich erfolgen. Hierzu wurde flächendeckend die individuelle Lernstandsanalyse (ILeA) in der Jahrgangsstufe 1 sowie in den Jahrgangsstufen 3 und 5 eingeführt. Dieses Material erlaubt eine systematische pädagogische Diagnostik. Es zielt auf die Erfassung des individuellen Lernstandes und der daraus abzuleitenden Förderung der Schülerin und des Schülers im Fach Deutsch (Lesen, Rechtschreibung), in der Regel in den ersten sechs Unterrichtswochen des Schuljahres. Darüber hinaus gibt es Materialien für die Jahrgangsstufen 2, 4 und 6, die die Lehrkräfte fakultativ einsetzen können, mit einer Vielzahl diagnostischer Hinweise zur Durchführung von Lese- und Rechtschreibtests . Damit steht allen Lehrkräften auch für die rechtzeitige Erkennung einer LRS oder Rechenschwäche zuverlässiges Material zur Verfügung. Die Schulleitung kann zur Unterstützung der Lehrkraft weitere Fachkräfte sowie die schulpsychologi- sche Beratung heranziehen. Ab der Jahrgangsstufe 5 ist in das Verfahren zur Feststellung einer LRS und zur Festlegung von Fördermaßnahmen die schulpsychologische Beratung einzubeziehen. Zu Beginn der Sekundarstufe I und II informieren sich die Lehrkräfte für das Fach Deutsch und für die Fremdsprachen über die bisher durchgeführte zusätzliche Förderung von Schülerinnen und Schülern mit einer LRS. Die Klassenkonferenz entscheidet über die Fortsetzung der zusätzlichen Förderung im Lesen und Rechtschreiben. Frage 2: Wie viele Betroffene gibt es aus Sicht der Landesregierung? Zu Frage 2: In der Schuldatenerhebung wird die Anzahl der Schülerinnen und Schüler mit besonderen Schwierigkeiten im Lesen und Rechtschreiben nicht erhoben. Frage 3: Wie wird auf die Feststellung von Legasthenie von staatlicher Seite reagiert ? Frage 4: Welche Vorschriften gibt es hierzu? Zu den Fragen 3 und 4: Das Brandenburgische Schulgesetz (BbgSchulG) begründet mit § 3 Absatz 1 Satz 3 und 4 einen individuellen Förderanspruch für alle Schülerinnen und Schüler. In den Verwaltungsvorschriften über die Förderung von Schülerinnen und Schülern mit besonderen Schwierigkeiten im Lesen und Rechtschreiben oder im Rechnen (VV-LRSR) sind die Grundsätze, Verfahren und Fördermaßnahmen und die Leistungsbewertung für die betroffenen Schülerinnen und Schüler konkretisiert . Zusätzlich zum Regelunterricht kann parallel eine zusätzliche Förderung für LRS erteilt werden. Diesbezüglich werden die Schulen mit Lehrerwochenstunden ausgestattet. Für den Förderunterricht für Schülerinnen und Schüler mit Teilleistungsstörungen wurden im Schuljahr 2014/2015 wöchentlich 990 Unterrichtsstunden erteilt. Datengrundlage ist die Schuldatenerhebung 2014/2015 mit dem Stichtag 06.10.2014 für allgemeinbildende Schulen und am 10.11.2014 für berufliche Schulen . Gemäß Abschnitt 1 Nummer 2 Absatz 5 der VV-LRSR gelten grundsätzlich für Schülerinnen und Schüler mit einer LRS die für alle Schülerinnen und Schüler geltenden Maßstäbe der Leistungsbewertung. Hinsichtlich der Leistungsbewertung bestimmt Nummer 5 Absatz 1 der VV LRSR zwei Unterstützungsoptionen. In den Jahrgangsstufen 1-10, der Sekundarstufe II und in den Bildungsgängen des Zweiten Bildungsweges kann Schülerinnen und Schülern oder Studierenden mit einer LRS ein Nachteilsausgleich gewährt werden. Dieser kann die Ausweitung der Arbeitszeit oder die Bereitstellung technischer oder didaktischer Hilfsmittel umfassen. Daneben können Abweichungen von den allgemeinen Maßstäben der Leistungsbewertung in einzelnen Fächern zugelassen werden. In der Sekundarstufe II kann eine Abweichung von den allgemeinen Maßstäben der Leistungsbewertung nur zugelassen werden, wenn die LRS durch einen Facharzt für Kinder- und Jugendpsychiatrie im Zusammenwirken mit einer Schulpsychologin oder einem Schulpsychologen attestiert wurde . Während die Gewährung von Nachteilsausgleichen in einzelnen Unterrichtsfächern die Benotung der erbrachten Leistung nicht berührt, ist eine Abweichung von den geltenden Maßstäben der Leistungsbewertung von den Sorgeberechtigten zu beantragen und auf dem Zeugnis der Schülerin oder des Schülers zu vermerken. Wird dem Antrag auf Abweichung von den Maßstäben der Leistungsbewertung stattgegeben , so kann beispielsweise eine stärkere Gewichtung mündlicher Leistungen oder aber ein Verzicht auf eine Bewertung der Lese- und Rechtschreibleistungen in bestimmten Fächern gemäß Nummer 5 Absatz 3 der VV LRSR festgelegt werden. Frage 5: Sind hierzu Veränderungen angedacht? Zu Frage 5: Die Verwaltungsvorschriften über die Förderung von Schülerinnen und Schülern mit besonderen Schwierigkeiten im Lesen und Rechtschreiben oder im Rechnen (VV-LRSR) treten Mitte 2016 außer Kraft. Eine Verlängerung der Verwaltungsvorschriften ist geplant.