Datum des Eingangs: 04.04.2016 / Ausgegeben: 11.04.2016 Landtag Brandenburg 6. Wahlperiode Drucksache 6/3824 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage Nr. 1518 der Abgeordneten Kristy Augustin CDU-Fraktion Drucksache 6/3644 Freier Zugang zu öffentlichen Veranstaltungen für Begleitpersonen von Menschen mit schwerer Behinderung Wortlaut der Kleinen Anfrage Nr. 1518 vom 07.03.2016: Begleitpersonen von Menschen mit schwerer Behinderung müssen oftmals zusätzlich zu der begleiteten Person Eintritt bei öffentlichen Veranstaltungen oder Kulturangeboten zahlen. Im Gegensatz zur Nutzung des Öffentlichen Personen- und Nahverkehrs (ÖPNV) gibt es hierzu keine konkrete Regelung. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales beschränkt sich auf seiner Internetseite „Einfach Teilhaben“ auf den Hinweis, dass Veranstalter öffentlicher Veranstaltungen in der Regel Preisnachlässe für einen Menschen mit einer schweren Behinderung und freien Eintritt für die bestätigte Begleitperson gewähren. Von dieser „Regel“ weichen Veranstalter allerdings oftmals ab. Eine formale Gleichbehandlung behinderter Menschen, die auf eine Begleitperson angewiesen sind, ist in diesem konkreten Zusammenhang nicht feststellbar . Ich frage die Landesregierung: 1. Wie viele Menschen mit Behinderung haben im Land Brandenburg einen Schwerbehindertenausweis und wie viele haben einen Feststellungbescheid? (Stichtag 29.02.2016) 2. Wie viele Anträge für eine Schwerbehinderung wurden abgelehnt und was sind hierfür die häufigsten Ursachen? 3. Wie viele Schwerbehindertenausweise wurden jeweils in den vergangenen fünf Jahren vergeben? 4. Wie viele Menschen mit schweren Behinderungen haben Anspruch auf eine ständige Begleitperson? 5. Haben Begleitpersonen schwerbehinderter Menschen entgeltfreien Zugang zu öffentlichen Veranstaltungen und Kulturangeboten des Landes bzw. zu vom Land Brandenburg finanziell unterstützten Angeboten? Wenn nein, weshalb nicht? 6. Plant die Landesregierung eine gesetzliche Regelung zu schaffen, welche es Begleitpersonen schwerbehinderter Menschen ermöglicht, einen freien Zugang zu öffentlichen Veranstaltungen zu bekommen? Wenn nein, weshalb nicht? 7. Haben andere Bundesländer entsprechende rechtliche Regelungen, die einen freien Zugang von Begleitpersonen schwerbehinderter Menschen bei öffentlichen Veranstaltungen ermöglichen? Namens der Landesregierung beantwortet die Ministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit , Frauen und Familie die Kleine Anfrage wie folgt: Vorbemerkung: Menschen sind behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist. Menschen sind im Sinne des Teils 2 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch (SGB IX) schwerbehindert, wenn bei ihnen ein Grad der Behinderung von wenigstens 50 vorliegt und sie ihren Wohnsitz , ihren gewöhnlichen Aufenthalt oder ihre Beschäftigung auf einem Arbeitsplatz im Sinne des § 73 SGB IX rechtmäßig in der Bundesrepublik Deutschland haben (§ 2 SGB IX). Frage 1: Wie viele Menschen mit Behinderung haben im Land Brandenburg einen Schwerbehindertenausweis und wie viele haben einen Feststellungbescheid? (Stichtag 29.02.2016) zu Frage 1: Zum Stichtag 29.02.2016 lag die Anzahl der behinderten Menschen in Brandenburg mit einem festgestellten Grad der Behinderung in Höhe von wenigstens 50 und höher bei 333.459. Hiervon waren 271.221 Menschen im Besitz eines gültigen Schwerbehindertenausweises. Frage 2: Wie viele Anträge für eine Schwerbehinderung wurden abgelehnt und was sind hierfür die häufigsten Ursachen? zu Frage 2: Für die alle zwei Jahre durchzuführende Bundesstatistik erfasst das für die Feststellung der Eigenschaft als schwerbehinderter Mensch im Land Brandenburg zuständige Landesamt für Soziales und Versorgung (LASV) die in § 131 SGB IX genannten Tatbestände. Im Jahr 2015 gingen 51.531 Anträge auf Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft ein. Hierbei handelte es sich sowohl um Anträge auf erstmalige Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft (Erstanträge) als auch um Anträge zur Feststellung eines höheren Grades der Behinderung, sofern noch nicht ein Grad der Behinderung von wenigstens 100 festgestellt werden konnte (Änderungsanträge ). Von diesen Anträgen konnte bei 22.724 Anträgen lediglich ein Grad der Behinderung von unter 50 festgestellt werden. Bei 4.620 Anträgen konnte das Vorliegen einer Behinderung im Sinne des § 2 SGB IX nicht bestätigt werden, wobei die hierfür maßgeblichen Ablehnungsgründe statistisch nicht erfasst werden. Frage 3: Wie viele Schwerbehindertenausweise wurden jeweils in den vergangenen fünf Jahren vergeben? zu Frage 3: In den vergangenen fünf Jahren wurde vom LASV folgende Anzahl an Schwerbehindertenausweisen ausgegeben: 2011: 42.718 2012: 39.090 2013: 42.554 2014: 41.346 2015: 39.074 In der jeweiligen Anzahl sind alle Ausweise enthalten, die aufgrund von Erst- oder Neufeststellungen sowie wegen des Verlusts, einer Beschädigung oder einer Namensänderung auszustellen waren. Frage 4: Wie viele Menschen mit schweren Behinderungen haben Anspruch auf eine ständige Begleitperson? zu Frage 4: Schwerbehinderte Menschen, die bei der Benutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln infolge ihrer Behinderung regelmäßig auf Hilfe angewiesen sind, sind zur Mitnahme einer Begleitperson und unentgeltlichen Beförderung durch das Verkehrsunternehmen berechtigt. Der Nachweis der Berechtigung wird mit einem im Schwerbehindertenausweis eingetragenen Merkzeichen B nachgewiesen (§§ 145, 146 SGB IX). Zum Stichtag 29.02.2016 waren 73.861 Menschen im Land Brandenburg im Besitz eines gültigen Schwerbehindertenausweises, der mit dem Merkzeichen B („berechtigt zur Mitnahme einer Begleitperson“) versehen ist. Frage 5: Haben Begleitpersonen schwerbehinderter Menschen entgeltfreien Zugang zu öffentlichen Veranstaltungen und Kulturangeboten des Landes bzw. zu vom Land Brandenburg finanziell unterstützten Angeboten? Wenn nein, weshalb nicht? zu Frage 5: Die Ermöglichung der Teilhabe von Menschen mit Behinderungen ist ein wesentliches Ziel der Landesregierung. In den fünf kürzlich durchgeführten Inklusionsforen zur Weiterentwicklung des Behindertenpolitischen Maßnahmenpaketes wurde deutlich formuliert, dass eine wesentliche Grundvoraussetzung für die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben die Zugänglichkeit/Barrierefreiheit in allen Bereichen sei. Hierfür bedarf es weiterer Anstrengungen der öffentlichen wie privaten Hand. Im Rahmen der Erstellung des Behindertenpolitischen Maßnahmenpaketes 2.0 werden weitere wegweisende Maßnahmen zur Ermöglichung der Teilhabe Eingang finden. Ob Begleitpersonen von Menschen mit Behinderungen freien Eintritt zu Veranstaltungen und Kulturangeboten erhalten, entscheidet der jeweilige Veranstalter. Der entscheidende Faktor für die Teilhabe ist nicht vordringlich die Frage des freien Eintritts für Begleitpersonen, sondern der barrierefreie Zugang. Frage 6: Plant die Landesregierung eine gesetzliche Regelung zu schaffen, welche es Begleitpersonen schwerbehinderter Menschen ermöglicht, einen freien Zugang zu öffentlichen Veranstaltungen zu bekommen? Wenn nein, weshalb nicht? zu Frage 6: Menschen mit Behinderungen haben im Rahmen der Eingliederungshilfe nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch Anspruch auf Hilfen zur Teilhabe am gemeinschaftlichen und kulturellen Leben. Dementsprechend können, soweit eine Begleitung erforderlich ist, auch die notwendigen Fahrtkosten und die sonstigen mit der Fahrt verbundenen notwendigen Auslagen der Begleitperson, sowie weitere Kosten der Begleitperson, übernommen werden, soweit sie nach den Besonderheiten des Einzelfalles notwendig sind. Die Landesregierung hält eine generelle Regelung zur Ermöglichung des freien Eintritts von Begleitpersonen zu allen öffentlichen Veranstaltungen - unabhängig vom individuellen Einkommen - nicht für erforderlich. Frage 7: Haben andere Bundesländer entsprechende rechtliche Regelungen, die einen freien Zugang von Begleitpersonen schwerbehinderter Menschen bei öffentlichen Veranstaltungen ermöglichen? zu Frage 7: Hierzu liegen der Landesregierung keine Erkenntnisse vor.