Datum des Eingangs: 07.04.2016 / Ausgegeben: 12.04.2016 Landtag Brandenburg 6. Wahlperiode Drucksache 6/3856 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 1507 der Abgeordneten Diana Bader Fraktion DIE LINKE Drucksache 6/3615 Zukunft des Projektes „Toleranz durch Dialog“ Wortlaut der Kleinen Anfrage Nr. 1507 vom 02.03.2016: Seit dem Schuljahr 2002/2003 gibt es das Projekt „Toleranz durch Dialog“, welches an Schulen der Landkreise Elbe-Elster und Oberspreewald-Lausitz die Schülerinnen und Schüler in die Lage von Menschen mit verschiedensten Behinderungen versetzt und sie somit für deren Bedarfe und Problemlagen sensibilisiert. Das wird ihnen von blinden und gehörlosen Menschen und Rollstuhlfahrern als Referenten in den Schulen authentisch vermittelt. Dieses Projekt darf somit zweifelsfrei als gelungenes Beispiel einer bewusstseinsbildenden Maßnahme bezeichnet werden. Allein im Schuljahr 2014/2015 konnten in den beiden Landkreisen 27 Veranstaltungen mit ca. 600 Schülern erfolgreich durchgeführt werden. Träger des Schulmodellprojektes „Toleranz durch Dialog“ sind im Landkreis Oberspreewald Lausitz die Integrationswerkstätten g GmbH Niederlausitz und im Landkreis Elber-Elster der Verein Generationen gehen gemeinsam (G3) e.V. Angefangen hat dieses Projekt in den beiden Landkreisen mit einer Anschubfinanzierung des Ministeriums für Bildung, Jugend und Sport von 2002 bis 2003 mit dem Ziel, aus diesem Projekt ein dauerhaftes Angebot für die Schülerinnen und Schüler zu installieren. Nach dieser Modellphase gab es die Zusicherung vom Land, dass dieses Projekt nun in die Haushaltsplanung der Schullandschaft aufgenommen wird. Die damalige Schulrätin für Förderschulen hatte sich genau für diese Regelung stark gemacht. Die Sachmittel unterstützte ab 2004 zuerst der Landkreis Oberspreewald Lausitz und seit 2007 jährlich die Sparkasse Niederlausitz mit einem festen Zuschuss. Im Landkreis Elbe-Elster werden die Sachmittel aus dem Kreishaushalt finanziert (in vielen Jahren auch mit Unterstützung der Sparkasse Elbe-Elster). Zur Organisation und Durchführung dieser wichtigen Veranstaltungen wurden vom Staatlichen Schulamt ursprünglich 5 Lehrerwochenstunden zur Verfügung gestellt, die jedoch sukzessive gekürzt wurden und strittig sind. Die Fortsetzung dieses wichtigen Projektes im bisherigen Umfang hängt maßgeblich von diesem Stundenkontingent ab. Um die Projekttage an den Schulen organisieren zu können, sind diese 5 Wochenstunden nach Aussage aller am Projekt Beteiligter unverzichtbar . Eine Übernahme durch Dritte wie Behindertenverbände oder andere Vereine scheint in diesem Falle ungeeignet, da die pädagogisch-didaktischen Kenntnisse sowie die vernetzten Strukturen innerhalb der Schullandschaft und damit verbunden die schulorganisatorischen Wirkungsmöglichkeiten Grundvoraussetzung für das Gelingen eines solchen Projektes sind. Dies kann nur eine dem Schulamt unterstellte Lehrkraft mitbringen. Im Übrigen ist nicht davon auszugehen, dass die in Ver- einen und Verbänden zumeist bestehende ehrenamtliche Struktur generell die entsprechenden personellen Ressourcen in der erforderlichen Kontinuität für ein solches Projekt generieren kann. Ich frage die Landesregierung: 1. Wie bewertet das Ministerium für Bildung, Jugend und Sport das Projekt vor dem Hintergrund erforderlicher bewusstseinsbildender Maßnahmen zur Schaffung einer inklusiven Gesellschaft, hier speziell eine inklusive Schullandschaft? 2. Wie finanziert sich das Projekt grundsätzlich? 3. Aus welchem Grunde sind die erforderlichen Lehrerwochenstunden gekürzt worden ? 4. Wie gedenkt die Landesregierung, diese Kürzungen innerhalb des Schulbereichs zu kompensieren, um einen Fortbestand dieses Projektes zu gewährleisten? 5. Ist eine Budgetierung im Rahmen des fortzuschreibenden Behindertenpolitischen Maßnahmenpakets für das Land Brandenburg geplant und wenn nicht, aus welchem Grunde nicht? 6. Welche Finanzierungsalternativen seitens des Ministeriums für Bildung, Jugend und Sport gibt es? Namens der Landesregierung beantwortet der Minister für Bildung, Jugend und Sport die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1: Wie bewertet das Ministerium für Bildung, Jugend und Sport das Projekt vor dem Hintergrund erforderlicher bewusstseinsbildender Maßnahmen zur Schaffung einer inklusiven Gesellschaft, hier speziell eine inklusive Schullandschaft? Zu Frage 1: Das seit über 10 Jahren an den Grund- und Förderschulen in den Landkreisen Elbe-Elster und Oberspreewald-Lausitz durchgeführte Schulprojekt „Toleranz durch Dialog“ findet die ausdrückliche Anerkennung der Landesregierung im Geschäftsbereich schulische Bildung. Eine Vielzahl von Schulen hat dieses Projekt als festen Bestandteil des Fachs Lebensgestaltung-Ethik-Religionskunde (L-E-R) oder des Sachunterrichts durchgeführt, um Kinder und Jugendliche für die Thematik „Menschen mit Handicap" zu sensibilisieren. Dazu wurden Vertreter der verschiedenen Behinderungsarten als Referenten aktiv in den Prozess einbezogen. Frage 2: Wie finanziert sich das Projekt grundsätzlich? Zu Frage 2: Das Projekt wurde durch die Landkreise Oberspreewald-Lausitz und Elbe -Elster sowie durch Unterstützung der regionalen Sparkasse, die Projektträger „Integrationswerkstätten gGmbH Niederlausitz“ und den Verein „Generationen gehen gemeinsam (G3) e.V.“ finanziert. Das Staatliche Schulamt Cottbus wies für das Projekt 3 Lehrerwochenstunden (LWS) für eine Lehrkraft zu, die in den Bereichen der Koordination, Organisation und Durchführung des Projekts (Vor- und Nachbereitung) Unterstützung leistete. Frage 3: Aus welchem Grunde sind die erforderlichen Lehrerwochenstunden gekürzt worden? Zu Frage 3: Eine Kürzung der Stunden hat nicht stattgefunden. Nach Abwägung des Organisations- und Zeitaufwandes wurde seitens des Staatlichen Schulamtes Cott- bus entschieden, 3 Anrechnungsstunden (5 Zeitstunden) pro Woche für die mit der Organisation des Projekts beschäftigte Lehrkraft zur Verfügung zu stellen. Bei der Schuljahresplanung 2015/2016 konnten die Anrechnungsstunden seitens des Staatlichen Schulamtes Cottbus aus stellenwirtschaftlichen Gründen zunächst nicht zur Verfügung gestellt werden. Kurzfristig war es allerdings möglich, zur Fortführung der Koordinierungsarbeit die Anrechnungsstunden wieder bereitzustellen. Frage 4: Wie gedenkt die Landesregierung, diese Kürzungen innerhalb des Schulbereichs zu kompensieren, um einen Fortbestand dieses Projektes zu gewährleisten? Frage 6: Welche Finanzierungsalternativen seitens des Ministeriums für Bildung, Jugend und Sport gibt es? Zu den Fragen 4 und 6: Die für das Projekt bereitgestellten Anrechnungsstunden stehen weiterhin zur Verfügung. Für eine Fortführung des Projekts im Schuljahr 2016/2017 initiierte das Staatliche Schulamt Cottbus ein Interessenbekundungsverfahren in den Landkreisen Oberspreewald-Lausitz und Elbe-Elster, um interessierte Lehrkräfte zu gewinnen. Das Verfahren ist noch nicht abgeschlossen. Parallel werden die Schulleiterberatungen und Beratungen der Netzwerke Grund- und Förderschulen zur Unterstützung genutzt. Ab dem Schuljahr 2017/2018 wird mit der Unterrichtswirksamkeit des neuen Rahmenlehrplans 1 -10 im Teil B unter Punkt 3.2. das übergreifende Thema „Bildung zur Akzeptanz von Vielfalt (Diversity)“ verankert. Gemäß § 7 Abs. 1 des Brandenburgischen Schulgesetzes wird den Schulen damit im Rahmen ihrer Selbstständigkeit und unter Beachtung der Umsetzung des schulinternen Curriculums die Möglichkeit eröffnet, die Inhalte des Projekts „Toleranz durch Dialog“ überregional mit Ansprechpartnern aus Behindertenverbänden und anderen Kooperationspartnern zu untersetzen. Frage 5: Ist eine Budgetierung im Rahmen des fortzuschreibenden Behindertenpolitischen Maßnahmenpakets für das Land Brandenburg geplant und wenn nicht, aus welchem Grunde nicht? Zu Frage 5: Die Fortschreibung des Behindertenpolitischen Maßnahmenpakets befindet sich nach Abschluss der Inklusionsforen des Ministeriums für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie noch im Entwicklungsprozess. Eine abschließende Klärung der aufzunehmenden prioritären Maßnahmen ist noch nicht erfolgt. Daher kann keine Aussage über die mögliche Ausweitung und Finanzierung des örtlich begrenzten Projekts „Toleranz durch Dialog“ vorgenommen werden.