Datum des Eingangs: 11.04.2016 / Ausgegeben: 18.04.2016 Landtag Brandenburg 6. Wahlperiode Drucksache 6/3870 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage Nr. 1530 der Abgeordneten Ursula Nonnemacher Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 6/3713 Gemeinsames Kompetenz- und Dienstleistungszentrum auf dem Gebiet der polizeilichen Telekommunikationsüberwachung Wortlaut der Kleinen Anfrage Nr. 1530 vom 11.03.2016: Die Bundesländer Sachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen, Berlin und Brandenburg planen derzeit die Errichtung eines Gemeinsamen Kompetenz- und Dienstleistungszentrums auf dem Gebiet der polizeilichen Telekommunikationsüberwachung (GKDZ) als rechtsfähige Anstalt öffentlichen Rechts mit Sitz in Leipzig und Dresden. Die Landesregierung hat bisher gegenüber den Abgeordneten des Landtages die Beantwortung konkreter Fragen in Bezug auf das GKDZ verweigert (siehe Antwort auf die Kleine Anfrage 283). Am 4.3.2016 wurde der Staatsvertrag über die Errichtung des GKDZ auf der website netzpolitik.org veröffentlicht (https://netzpolitik.org/2016/wir-veroeffentlichen-entwurfdes -staatsvertrags-zum-gemeinsamen-ueberwachungszentrum-von-fuenf-bundeslaendern /). In der politischen Praxis sollte bei Staatsverträgen bereits bei bzw. vor Aufnahme von Vertragsverhandlungen unterrichtet werden (so Ernst, Kommentar zur Verfassung des Landes Brandenburg, Auflage 2012, S. 566), eine entsprechende Unterrichtung ist bisher unterblieben. Ich frage die Landesregierung: 1. Wann wird der Landtag von der Landesregierung über den Entwurf des Staatsvertrages zur Errichtung des GKDZ sowie über die weiteren Planungen und Rechtsgrundlagen (insbesondere die aufgrund des Staatsvertrages zu erlassende Satzung oder das Verwaltungsabkommen sowie die Geschäfts- und Benutzerordnung) unterrichtet? 2. Was ist der konkrete Aufgabenumfang des GKDZ? Wird die Anstalt auch in den Bereichen der Bestands- und Verkehrsdatenabfrage tätig werden sowie bei der Durchführung von Funkzellenabfragen und Quellen-Telekommunikationsüberwachungen ? Auf welche konkreten Maßnahmen, die auf Grundlage welcher Befugnisnormen (Strafprozessordnung, Brandenburgisches Polizeigesetz) ergehen, bezieht sich die Aufgabe des GKDZ? 3. Was ist unter der Aufgabenbeschreibung „technisch-organisatorische Umsetzung der Maßnahmen auf dem Gebiet der polizeilichen Telekommunikationsüberwachung“ (vgl. § 4 Absatz 1 Nr. 3 Staatsvertrag- Entwurf) zu verstehen? Schließt diese Aufgabe auch eine inhaltliche Bewertung der anfallenden Daten ein (z.B. eine Bewertung der Frage, ob eine Unterbrechung der Telekommunikationsüberwachung angezeigt ist, weil der Kernbereich privater Lebensgestaltung berührt ist)? 4. Welche Regelungen enthält der Staatsvertrag, die eine Kontrolle der Datenschutzvorschriften sicherstellen, insbesondere, dass Daten gelöscht, berichtigt oder gesperrt werden können und welche Rechte Betroffene haben? 5. Wann und mit welchem Ergebnis (Inhalt der Stellungnahme) wurde die Datenschutzbeauftragte des Landes Brandenburg hinsichtlich des Entwurfs des Staatsvertrages einbezogen? 6. Welche Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen wurden bisher bezüglich des GKDZ mit welchen Ergebnissen von wem erstellt? 7. Welche Rechtsgutachten wurden bisher bezüglich des GKDZ mit welchen juristischen Empfehlungen von wem erstellt? 8. Wann soll das GKDZ voraussichtlich in Betrieb genommen werden? 9. Mit welchen Kosten rechnet die Landesregierung a) insgesamt b) für das Land Brandenburg? 10. Plant die Landesregierung, Personal aus Brandenburg im GKDZ in Sachsen einzusetzen? Namens der Landesregierung beantwortet der Minister des Innern und für Kommunales die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1: Wann wird der Landtag von der Landesregierung über den Entwurf des Staatsvertrages zur Errichtung des GKDZ sowie über die weiteren Planungen und Rechtsgrundlagen (insbesondere die aufgrund des Staatsvertrages zu erlassende Satzung oder das Verwaltungsabkommen sowie die Geschäfts- und Benutzerordnung ) unterrichtet? zu Frage 1: Gemäß Vereinbarung zwischen Landtag und Landesregierung über die Unterrichtung des Landtages nach Artikel 94 der Verfassung des Landes BB (Abschnitt II Nr. 1) wird mit Einleitung des Kabinettverfahrens der Landtag über den beabsichtigten Abschluss eines Staatsvertrages unterrichtet. Weiterhin wird auf die Ausführungen von Herrn Minister Schröter in der LT-Sitzung am 10. März 2016 verwiesen . Frage 2: Was ist der konkrete Aufgabenumfang des GKDZ? Wird die Anstalt auch in den Bereichen der Bestands- und Verkehrsdatenabfrage tätig werden sowie bei der Durchführung von Funkzellenabfragen und Quellen-Telekommunikationsüberwachungen ? Auf welche konkreten Maßnahmen, die auf Grundlage welcher Befugnisnormen (Strafprozessordnung, Brandenburgisches Polizeigesetz) ergehen, bezieht sich die Aufgabe des GKDZ? Frage 3: Was ist unter der Aufgabenbeschreibung „technisch-organisatorische Umsetzung der Maßnahmen auf dem Gebiet der polizeilichen Telekommunikationsüberwachung“ (vgl. § 4 Absatz 1 Nr. 3 Staatsvertrag- Entwurf) zu verstehen? Schließt diese Aufgabe auch eine inhaltliche Bewertung der anfallenden Daten ein (z.B. eine Bewertung der Frage, ob eine Unterbrechung der Telekommunikationsüberwachung angezeigt ist, weil der Kernbereich privater Lebensgestaltung berührt ist)? Frage 10: Plant die Landesregierung, Personal aus Brandenburg im GKDZ in Sachsen einzusetzen? zu den Fragen 2, 3 und 10: Die konkrete Ausgestaltung des Aufgabenspektrums des GKDZ ist Teil des derzeit stattfindenden Willensbildungs- und Entscheidungsprozesses der Landesregierung und ebenfalls vom ausstehenden Gesetzgebungsverfahren abhängig. Der Willensbildungs- und Entscheidungsprozess ist innerhalb der Landesregierung noch nicht abgeschlossen. Auf die diesbezügliche Beantwortung der KA Nr. 283 vom 13.02.2015 wird verwiesen. Die Verantwortung über die Telekommunikationsüberwachung ist jedoch nicht delegierbar und verbleibt in der Hoheit des jeweiligen Landes. Eine Erweiterung von polizeilichen Eingriffsbefugnissen erfolgt nicht. Frage 4: Welche Regelungen enthält der Staatsvertrag, die eine Kontrolle der Datenschutzvorschriften sicherstellen, insbesondere, dass Daten gelöscht, berichtigt oder gesperrt werden können und welche Rechte Betroffene haben? Frage 5: Wann und mit welchem Ergebnis (Inhalt der Stellungnahme) wurde die Datenschutzbeauftragte des Landes Brandenburg hinsichtlich des Entwurfs des Staatsvertrages einbezogen? zu den Fragen 4 und 5: Im April 2015 wurden alle im Zusammenhang mit o. g. Kooperationsvorhaben zu beteiligenden Landesdatenschutzbeauftragten umfassend und persönlich zum aktuellen Sachstand des Vorhabens informiert. Der durch die Innenstaatssekretäre der beteiligten Länder abgestimmte Staatsvertrag ist der Datenschutzbeauftragten des Landes Brandenburg im Dezember 2015 übersandt worden. Ihre Stellungnahme ist Anfang März 2016 eingegangen. Die zur Errichtung des GKDZ erforderlichen Dokumente sind Gegenstand des laufenden Willensbildungs- und Entscheidungsprozesses, weshalb an dieser Stelle keine weitere Erörterung erfolgen kann. Frage 6: Welche Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen wurden bisher bezüglich des GKDZ mit welchen Ergebnissen von wem erstellt? Frage 9: Mit welchen Kosten rechnet die Landesregierung a) insgesamt b) für das Land Brandenburg? zu den Fragen 6 und 9: Für die Untersuchung und Beurteilung der Wirtschaftlichkeit des Kooperationsvorhabens wurde als externer Sachverständiger die Firma ESG Elektroniksystem- und Logistik GmbH hinzugezogen. Inhalt und Ergebnis der Untersuchung findet Einfluss in den beschriebenen Meinungs- und Willensbildungsprozess. Grundsätzlich wird das Ziel verfolgt, durch eine länderübergreifende Konsolidierung und Optimierung insbesondere dem Kostendruck der einzelnen Länder entgegenzuwirken. Aufwendungen, welche sonst jedes Land einzeln erbringen müsste, können reduziert werden. Frage 7: Welche Rechtsgutachten wurden bisher bezüglich des GKDZ mit welchen juristischen Empfehlungen von wem erstellt? zu Frage 7: Durch die eingerichtete Arbeitsgruppe (AG TKÜ) ist ein Gutachten zur rechtlichen Machbarkeit in Auftrag gegeben worden. Dieses Gutachten wurde von Prof. Heckmann, Universität Passau, erstellt. Danach ist für das GKDZ die Rechtsform einer Anstalt öffentlichen Rechts zweckmäßig. Es soll als datenverarbeitende Stelle und damit als technischer Dienstleister im Auftrag der Strafverfolgungsbehörden der fünf Kooperationsländer tätig werden. Die Verantwortung über die Telekommunikationsüberwachung ist nicht delegierbar und verbleibt in der Hoheit des jeweiligen Landes. Eine Erweiterung von polizeilichen Eingriffsbefugnissen erfolgt nicht. Die zur Errichtung des GKDZ erforderlichen Dokumente sind Gegenstand des laufenden Willensbildungs- und Entscheidungsprozesses, weshalb an dieser Stelle keine weitere Erörterung erfolgen kann. Frage 8: Wann soll das GKDZ voraussichtlich in Betrieb genommen werden? zu Frage 8: Der Willensbildungs- und Entscheidungsprozess der Landesregierung ist bislang noch nicht abgeschlossen. Erforderliche Abstimmungen befinden sich zur Zeit auf Arbeitsebene in den jeweiligen Kooperationsländern. Der Zeitpunkt der Kabinetts- und anschließenden Parlamentsbefassungen richtet sich nach dem zeitlichen Umfang des Ressortabstimmungsprozesses. Weitere Details, wie der Zeitpunkt der Errichtung des GKDZ, stehen in entsprechender Abhängigkeit.