Datum des Eingangs: 12.04.2016 / Ausgegeben: 18.04.2016 Landtag Brandenburg 6. Wahlperiode Drucksache 6/3879 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage Nr. 1524 des Abgeordneten René Wilke Fraktion DIE LINKE Drucksache 6/3707 Vereinbarkeit von Pflege und Beruf Wortlaut der Kleinen Anfrage Nr. 1524 vom 11.03.2016: Für Menschen mit pflegebedürftigen Angehörigen ist es oft schwer, Pflege, Beruf und Familie zu vereinbaren. Seit 1. Januar 2015 sind Neuregelungen in der Familienpflege in Kraft, die die Vereinbarkeit verbessern sollen. So können Berufstätige bei akuter Pflegebedürftigkeit naher Angehöriger bis zu zehn Tage von der Arbeit fern bleiben . In der Zeit besteht Anspruch auf eine Lohnersatzleistung. Weitere Ansprüche sind eine unbezahlte Freistellung von der Arbeit für sechs Monate und die Reduzierung der wöchentlichen Arbeitszeit für maximal 2 Jahre auf bis zu 15 Stunden. Vorausgesetz im Unternehmen sind mehr als 25 Beschäftigte tätig. Presseveröffentlichungen zu Folge wird das neue Gesetz bundesweit jedoch kaum genutzt. Ich frage die Landesregierung: 1. Wie viele Pflegebedürftige werden derzeit zu Hause gepflegt? 2. Wie oft wurde in Brandenburg der Anspruch auf zehntägige Freistellung gewährt? 3. Wie viele Beschäftigte haben ein zinsloses Darlehen in Anspruch genommen, um für die Pflege von Angehörigen die wöchentliche Arbeitszeit zu reduzieren? 4. Welche Maßnahmen hat die Landesregierung ergriffen, um den neuen Rechtsanspruch in Brandenburg bekannt zu machen? 5. Sieht die Landesregierung Handlungsbedarf für die Unterstützung pflegender Angehöriger ? Namens der Landesregierung beantwortet die Ministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit , Frauen und Familie die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1: Wie viele Pflegebedürftige werden derzeit zu Hause gepflegt? zu Frage 1: Nach der öffentlich zugänglichen Pflegestatistik nach § 109 SGB XI (https://www.statistik-berlin-brandenburg.de/publikationen/stat_berichte /2014/SB_K08-01-00_2013j02_BB.pdf) bezogen in Brandenburg zum Stichtag 15. Dezember 2013 von den insgesamt 102.953 pflegebedürftigen Menschen 50.036 (das entspricht 48,6 %) Pflegegeld und 29.391 (das entspricht 28,5 %) ambulante Pflegesachleistungen. Die Ergebnisse der Stichtagserhebung zum 15. Dezember 2015 werden voraussichtlich im Herbst 2016 veröffentlicht. Frage 2: Wie oft wurde in Brandenburg der Anspruch auf zehntägige Freistellung gewährt? zu Frage 2: Mit dem Gesetz zur besseren Vereinbarkeit von Familie, Pflege und Beruf , das zum 1. Januar 2015 in Kraft getreten ist, wurden die bis dahin bestehenden Regelungen im Pflegezeitgesetz und im Familienpflegezeitgesetz besser miteinander verzahnt und weiterentwickelt. Die in diesen Gesetzen geregelten Auszeiten sind nicht meldepflichtig. Dementsprechend liegen keine amtlichen Zahlen über die Anzahl der Beschäftigten vor, die die kurzzeitigen Arbeitsverhinderungen, Freistellungen nach dem Pflegezeitgesetz oder Freistellungen nach dem Familienpflegezeitgesetz in Anspruch genommen oder eine Inanspruchnahme gegenüber ihrem Arbeitgeber angekündigt haben. Um weitere Erkenntnisse zu gewinnen, wird 2016/2017 eine umfassende wissenschaftliche Untersuchung der neuen Regelungen in Auftrag gegeben werden (vgl. auch BT-Drs. 18/5880 sowie BT-Drs. 18/7322). Am 25. September 2015 fand im Übrigen die konstituierende Sitzung des in § 14 Familienpflegezeitgesetz vorgesehenen Beirats für die Vereinbarkeit von Pflege und Beruf statt. Dieser wird u.a. die Aufgabe haben, sich in den kommenden Jahren mit der Umsetzung und den Auswirkungen der seit 1. Januar 2015 geltenden Regelungen zu befassen . Mit Blick auf die Inanspruchnahme der bis zehn Arbeitstage dauernden kurzzeitigen Arbeitsverhinderung können daher lediglich Zahlen für die Inanspruchnahme des Pflegeunterstützungsgeldes vorgelegt werden: Für das Pflegeunterstützungsgeld nach § 44 a SGB XI sind bis einschließlich des 3. Quartals 2015 knapp 2 Mio. Euro aus Mitteln der sozialen Pflegeversicherung abgeflossen. Nach Informationen des GKV-Spitzenverbandes wurde zum Stichtag 30.06.2015 in 4.552 Fällen ein Pflegeunterstützungsgeld bezogen, so dass für die ersten drei Quartale des Jahres 2015 von bis zu 6.800 Fällen ausgegangen werden kann (vgl. BT-Drs. 18/7322). Frage 3: Wie viele Beschäftigte haben ein zinsloses Darlehen in Anspruch genommen , um für die Pflege von Angehörigen die wöchentliche Arbeitszeit zu reduzieren? zu Frage 3: Für das Jahr 2015 wurden bis heute 252 Darlehen bewilligt. Insgesamt sind im letzten Jahr 312 Anträge gestellt worden. Zwei Anträge, die beide zurückgezogen wurden, kamen aus Brandenburg. Im Jahr 2016 wurden bislang 50 Anträge gestellt, von denen bisher 41 bewilligt wurden. Ein Antrag aus Brandenburg liegt bislang nicht vor. Die Anzahl der Darlehen lässt jedoch keinen Rückschluss auf die Anzahl der Freistellungen zu. Es wird davon ausgegangen, dass die Zahl der Freistellungen deutlich über der Zahl der Darlehen liegt, wenn man berücksichtigt, dass in Deutschland 2,63 Millionen Pflegebedürftige leben, von denen 1,25 Mio. allein durch Angehörige betreut werden. Frage 4: Welche Maßnahmen hat die Landesregierung ergriffen, um den neuen Rechtsanspruch in Brandenburg bekannt zu machen? zu Frage 4: Das zuständige Bundesministerium für Familien, Senioren, Frauen und Jugend hält verschiedene Informationsangebote zu den gesetzlichen Neuregelungen bereit, auf die die Landesregierung im Bedarfsfalle verweist. Frage 5: Sieht die Landesregierung Handlungsbedarf für die Unterstützung pflegender Angehöriger? zu Frage 5: Ja. Eine verbesserte Unterstützung pflegender Angehöriger gehört zu den zentralen Handlungsansätzen der Brandenburger Pflegeoffensive. Unterstützung umfasst dabei Beratung und Schulung, den weiteren Ausbau der sogenannten niedrigschwelligen Betreuungs- und Entlastungsangebote nach § 45 b SGB XI und Hilfen bei der Vereinbarkeit von Pflege und Beruf.