Datum des Eingangs: 03.11.2014 / Ausgegeben: 10.11.2014 Landtag Brandenburg 6. Wahlperiode Drucksache 6/39 Antwort auf die Kleine Anfrage 9 der Abgeordneten Roswitha Schier und Björn Lakenmacher CDU-Fraktion Drucksache 6/23 Steigende Flüchtlingszahlen Wortlaut der Kleinen Anfrage 9 vom 13.10.2014: Als Folge verschiedener humanitärer Krisen suchen derzeit viele Menschen Schutz in den Ländern der Europäischen Union. Allein im August 2014 haben 59,3 Prozent mehr Menschen Asyl beantragt als im Vorjahresmonat. Verantwortlich für die Unterbringung der Flüchtlinge sind die Kommunen. Viele Kommunen sehen sich bei der angemessenen Unterbringung der Hilfe suchenden Menschen vor große Herausforderungen gestellt. Wir fragen die Landesregierung: 1. Wie viele Flüchtlinge sind bis Ende September 2014 in die Bundesrepublik Deutschland gekommen und wie viele wurden in Brandenburg aufgenommen? 2. Wie werden die Flüchtlinge zwischen den Bundesländern verteilt? 3. Wie werden die Flüchtlinge innerhalb Brandenburgs verteilt? (bitte Verteilung auf die einzelnen Kreise und kreisfreien Städte angeben) 4. Spielen bei der Verteilung der Flüchtlinge das Herkunftsland, die Nationalität, oder Familienverbünde eine Rolle? 5. Wie viele Unterbringungsplätze für Flüchtlinge wurden in den letzten 12 Monaten neu geschaffen? 6. Wie hoch sind die Gesamtkapazitäten der einzelnen Kommunen für die Unterbringung von Flüchtlingen? 7. Wie viele Flüchtlinge haben die einzelnen Kommunen im laufenden Jahr bereits aufgenommen? 8. Wie viele Unterbringungsplätze für Flüchtlinge werden gegenwärtig neu geschaffen oder geplant? 9. Wie unterstützt die Landesregierung die Kommunen bei der Erhaltung und Schaffung von Unterbringungsmöglichkeiten? 10. Ist eine Umstellung der Erstattung der Leistungen an Kommunen geplant, damit diese nicht in schwer bezifferbaren Größenordnungen in Vorleistung gehen müssen? Namens der Landesregierung beantwortet der Minister für Arbeit, Soziales, Frauen und Familie die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1: Wie viele Flüchtlinge sind bis Ende September 2014 in die Bundesrepublik Deutschland gekommen und wie viele wurden in Brandenburg aufgenommen? zu Frage 1: Laut der Pressemitteilung des Bundesministeriums des Innern vom 15. Oktober 2014 haben in der Zeit von Januar bis September 2014 insgesamt 136.039 Personen in Deutschland Asyl beantragt. Gegenüber dem Vergleichszeitraum im Vorjahr 2013 bedeutet dies eine Erhöhung um 59,4 Prozent. Im Land Brandenburg wurden vom 1. Januar 2014 bis zum 30. September 2014 insgesamt 3.914 asylbegehrende Personen in der Erstaufnahmeeinrichtung für Asylsuchende in Eisenhüttenstadt registriert. Im gesamten Jahr 2013 waren es 3.305 Asylbewerber. Frage 2: Wie werden die Flüchtlinge zwischen den Bundesländern verteilt? zu Frage 2: Nach der Meldung eines Ausländers als „asylsuchend“ wird dieser mit Hilfe des Systems „EASY“ (Erstverteilung von Asylbegehrenden), das die bundesweite Verteilung verwaltet, einem Bundesland zugewiesen. Die Zuteilung zu einer Erstaufnahmeeinrichtung hängt zum einen ab von deren aktuellen Kapazitäten. Daneben spielt auch eine Rolle, in welcher Außenstelle des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) das Heimatland des Asylsuchenden bearbeitet wird, denn nicht jede Außenstelle bearbeitet jedes Herkunftsland. Zudem bestehen Aufnahmequoten für die einzelnen Bundesländer. Diese legen fest, welchen Anteil der Asylbewerber jedes Bundesland aufnehmen muss und werden nach dem sogenannten "Königsteiner Schlüssel" festgesetzt. Brandenburg hat in diesem Jahr 3,08 % aller nach Deutschland kommenden Asylsuchenden aufzunehmen. Sofern sich der Asylsuchende nicht bereits in der für ihn zuständigen Einrichtung befindet, muss er sich zu derjenigen begeben, die ihm zugeteilt wurde. In der Außenstelle des Bundesamtes , die dieser Erstaufnahmeeinrichtung zugeordnet ist, stellt er dann seinen Asylantrag . Frage 3: Wie werden die Flüchtlinge innerhalb Brandenburgs verteilt? (bitte Verteilung auf die einzelnen Kreise und kreisfreien Städte angeben) zu Frage 3: Nach § 50 Abs. 1 AsylVfG sind Ausländer unverzüglich aus der Erstaufnahmeeinrichtung zu entlassen und innerhalb des Landes zu verteilen, wenn sie nicht mehr verpflichtet sind, dort zu wohnen. Die Aufenthaltspflicht gem. § 47 Abs. 1 AsylVfG besteht sechs Wochen, längstens jedoch bis zu drei Monate. § 50 Abs. 2 AsylVfG ermächtigt die Landesregierung oder die von ihr bestimmte Stelle, durch Rechtsverordnung die Verteilung zu regeln, soweit dies nicht durch Landesgesetz geregelt ist. Das Land Brandenburg hat in dem Zusammenhang das Landesaufnahmegesetz (LAufnG) erlassen, mit dem den Landkreisen und kreisfreien Städten die Aufnahme und vorläufige Unterbringung von Spätaussiedlern und ausländischen Flüchtlingen als Pflichtaufgabe zur Erfüllung nach Weisung übertragen wurde. Die weiteren Details der Erfüllung der Aufnahmeverpflichtung nach Durchführung des Erstaufnahmeverfahrens und Verteilung durch die zuständige Landesoberbehörde (Zentrale Ausländerbehörde) regelt ebenfalls das LAufnG, so z.B. die Verteilung aufgrund einer vorrangig die Einwohnerzahl berücksichtigenden Quote. Die für Soziales und Inneres zuständigen Mitglieder der Landesregierung werden ermächtigt, durch Rechtsverordnung das Verteilungsverfahren im Einzelnen zu regeln. Hierzu wurde die Verteilungsverordnung (VertV) erlassen, der in § 2 Abs. 1 auch die prozentuale Aufnahmeverpflichtung der Kreise und Kreisfreien Städte entnommen werden kann. Frage 4: Spielen bei der Verteilung der Flüchtlinge das Herkunftsland, die Nationalität , oder Familienverbünde eine Rolle? Zu Frage 4: Die Zentrale Ausländerbehörde des Landes Brandenburg, die unter anderem für die Verteilung der Asylsuchenden auf die Kommunen zuständig ist, berücksichtigt bei der Zuweisung der Asylsuchenden soweit möglich Kriterien wie familiäre Bindungen, religiöse Bedürfnisse oder spezielle medizinische Behandlungsbedarfe . Zudem ist für die Kreise und kreisfreien Städte die Familiengröße und die Herkunft der zur Verteilung anstehenden Asylsuchenden tagaktuell ersichtlich, so dass diese ihrerseits im Zuge der Meldung freier Plätze auf die Verteilung Einfluss nehmen können. Mit Blick auf die gestiegenen Asylbewerberzahlen sowie die beengte Unterbringungssituation in der Erstaufnahmeeinrichtung wird es jedoch immer schwieriger, diese Verteilungskriterien zu berücksichtigen. Frage 5: Wie viele Unterbringungsplätze für Flüchtlinge wurden in den letzten 12 Monaten neu geschaffen? Zu Frage 5: Die Unterbringungskapazität der ZABH wurde seit Mitte des Jahres 2012 von ursprünglich 500 Plätzen auf mittlerweile rd. 1.600 Wohnheimplätze ausgeweitet. Hiervon wurden ca. 900 Plätze allein in den vergangenen 12 Monaten geschaffen. Ein weiterer Ausbau der aktuellen Kapazitäten durch die Eröffnung von Außenstellen ist mit Blick auf die prognostizierten Zugangszahlen unausweichlich. In der Zeit vom 30.09.2013 bis 31.08.2014 wurden von den Landkreisen und kreisfreien Städten im Land Brandenburg 1.716 Plätze in Gemeinschaftsunterkünften und 608 Plätze in Wohnungen neu geschaffen. Frage 6: Wie hoch sind die Gesamtkapazitäten der einzelnen Kommunen für die Unterbringung von Flüchtlingen? Zu Frage 6: Die Gesamtkapazität in Gemeinschaftsunterkünften und Wohnungen der einzelnen Kommunen beträgt mit Stand 31.08.2014 7.082 Plätze. Frage 7: Wie viele Flüchtlinge haben die einzelnen Kommunen im laufenden Jahr bereits aufgenommen? Zu Frage 7: Die nachfolgende Tabelle enthält die Angaben über die Aufnahmezahlen der einzelnen Landkreise und kreisfreien Städte mit Stand 30.09.2014: Landkreis/kreisfreie Stadt Aufnahmestand zum 30.09.2014 Barnim 186 Brandenburg 84 Cottbus 133 Dahme-Spreewald 243 Elbe-Elster 148 Frankfurt (Oder) 83 Havelland 209 Märkisch-Oderland 175 Oberhavel 250 Oberspreewald-Lausitz 134 Oder-Spree 207 Ostprignitz-Ruppin 134 Potsdam 166 Potsdam-Mittelmark 235 Prignitz 99 Spree-Neiße 143 Teltow-Fläming 174 Uckermark 156 Gesamt 2.959 (Quelle: Verteilungsstatistik der Zentralen Ausländerbehörde des Landes Brandenburg ) Frage 8: Wie viele Unterbringungsplätze für Flüchtlinge werden gegenwärtig neu geschaffen oder geplant? Zu Frage 8: Derzeit sind 2.308 Plätze für den Zeitraum IV. Quartal 2014 bis II. Quartal 2015 geplant. Frage 9: Wie unterstützt die Landesregierung die Kommunen bei der Erhaltung und Schaffung von Unterbringungsmöglichkeiten? Zu Frage 9: Die Landkreise und kreisfreien Städte erhalten für die Schaffung neuer Kapazitäten eine Investitionspauschale in Höhe von 2300,81 Euro pro Platz als gesetzliche Leistung gemäß § 6 Abs. 2 LAufnG. Als Sofortmaßnahme hat der Landtag im Rahmen des Nachtragshaushaltes 2013/2014 zusätzliche Mittel i.H.v. 5 Millionen Euro für das Jahr 2014 veranschlagt. Die Mittel sind als Ergänzung zu den gesetzlich vorgesehenen Leistungen zur Finanzierung einer verbesserten Unterbringung der ausländischen Flüchtlinge vorgesehen, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt werden. Hierzu gehört insbesondere die Schaffung von Plätzen in Gemeinschaftsunterkünften oder Wohnungen mit der Maßgabe, dass jedem Bewohner mindestens eine Wohnfläche von 8 m² zusteht. Der Bericht der Landesregierung „Unterbringungskonzeption des Landes Brandenburg“ an den Landtag (Drs. 5/559) enthält u.a. die Zusage der Landesregierung, die derzeitigen Vorschriften zur Kostenerstattung auf ihre Reformbedürftigkeit zu überprüfen. Im Rahmen der avisierten Überprüfung soll die gesamte Kostenstruktur betrachtet werden; dies beinhaltet auch eine Befassung mit der Höhe und den Voraussetzungen der gegenwärtigen Investitionskostenpauschale. Frage 10: Ist eine Umstellung der Erstattung der Leistungen an Kommunen geplant, damit diese nicht in schwer bezifferbaren Größenordnungen in Vorleistung gehen müssen? Zu Frage 10: Zuständig für das Erstattungsverfahren ist das Landesamt für Soziales und Versorgung (LASV). Die Erstattung an die Kommunen erfolgt jährlich auf Antrag, wobei vierteljährlich Abschlagszahlungen auf Antrag gewährt werden. Von dieser Möglichkeit wird bereits seit Jahren von allen Kommunen Gebrauch gemacht. Auf diese Weise wird sichergestellt, dass sich Vorleistungen der Kommunen in einem vertretbaren Rahmen halten.