Datum des Eingangs: 09.01.2015 / Ausgegeben: 14.01.2015 Landtag Brandenburg 6. Wahlperiode Drucksache 6/397 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 97 der Abgeordneten Iris Schülzke fraktionslos Drucksache 6/199 Umgang mit erneuerbaren Energien Wortlaut der Kleinen Anfrage 97 vom 03.12.2014: Die erneuerbaren Energien, vor allem die Windenergie, wachsen in Brandenburg stärker als in den alten Bundesländern oder in Sachsen. 2013 lag der Anteil der grünen Energie am Letztverbraucherabsatz im Netzgebiet der EnviaM bei 64 % (Anteil in Brandenburg über 80 %) und damit stark über dem Bundesdurchschnitt. So wird in unserer Region deutlich mehr Strom aus erneuerbaren Energien erzeugt als es die Ziele der Bundesregierung vorsehen. Allerdings erfolgt der Zubau der erneuerbaren Energien weiterhin ohne Rücksicht auf die vorhandenen Netzkapazitäten. Es kommt daher vermehrt zu Engpässen in den Übertragungs- und Verteilernetzen. Um einen Netzkollaps zu verhindern sind die Netzbetreiber gezwungen immer öfter zu drosseln. Es ist ein verstärkter Ausbau der Netze und der dazugehörigen Anlagen erforderlich. Die Finanzierung erfolgt über Netzentgelte, die Bestandteile des Strompreises sind. Diese Netzentgelte werden jedoch nicht bundesweit umgelegt, sondern treffen Regionen, wo der Netzausbau sehr hoch ist. Dies hat laut offiziellen Informationen der EnviaM dazu geführt, dass die Verbraucher in Ostdeutschland höhere Strompreise zahlen als in anderen Teilen Deutschlands. Ich frage die Landesregierung: 1. Wie haben sich die Netzentgelte für Brandenburg in den letzten 10 Jahren entwickelt? 2. Um wie viel Prozent liegen die Netzentgelte in Brandenburg über denen anderer Bundesländer? Bitte in diesem Vergleich auch die Entwicklung der letzten 10 Jahre aufzeigen. 3. Wie hoch ist die hieraus entstehende finanzielle Mehrbelastung für eine durchschnittliche vierköpfige Familie? 4. Gibt es Verhandlungen das Netzentgelt bundesweit gleichmäßig zu verteilen? Falls ja: Wie ist der Verhandlungsstand und ab wann und in welcher Höhe kann mit einer Entlastung der Brandenburger gerechnet werden? (bitte ausführlich) 5. Wenn Energieanlagen immer öfter gedrosselt werden müssen, weil ein erhebliches Überangebot an Strom vorhanden ist, warum müssen dann weiterhin neue Energieerzeugungsanlagen in hoher Geschwindigkeit zugebaut werden? 6. Von welchem zusätzlichen Leistungsbedarf für erneuerbare Energie geht die Landesregierung in den nächsten 5 Jahren aus? Bitte jährlich einzeln aufführen und insbesondere auf die Windenergie eingehen! 7. Wie bewertet die Landesregierung die Aussagen der Energieversorger (so auch auf dem Energiekonvent in Leipzig am 13.10.2014), dass zunehmend Energie aus unserer Region kostenlos nach Polen und in die Niederlanden abgegeben wird und die Brandenburger Bürger und Unternehmen neben der EEG-Umlage hierfür auch Netzentgelte zahlen müssen? 8. Gibt es Planungen oder Verhandlungen, damit die zeitweise überschüssige "kostenlose Energie" auch kostenlos durch kommunale Einrichtungen wie z.B. Kindereinrichtungen, Schulen oder die Straßenbeleuchtung genutzt werden kann? 9. Ist, unter den oben genannten Bedingungen, überhaupt ein weiterer Zubau an Windenergieanlagen notwendig? Namens der Landesregierung beantwortet der Minister für Wirtschaft und Energie die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1: Wie haben sich die Netzentgelte für Brandenburg in den letzten 10 Jahren entwickelt? Zu Frage 1: Die Landesregierung verfügt über keine aktuellen Daten zu den Netzentgelten im Land Brandenburg, da der Monitoringbericht der Bundesnetzagentur die Daten nur für Deutschland insgesamt oder für die Regelzonen veröffentlicht. Danach haben sich die durchschnittlichen Netzentgelte für Haushalte vom 1.4.2007 bis 1.4.2014 von 6,34 ct/kWh auf 6,47 ct/kWh erhöht. Es gibt eine neue Studie der Energieforen Leipzig GmbH und der TU Dresden, in der die Entwicklung der Netznutzungsentgelte auf Landkreisebene dargestellt wird. http://www.energieforen.de/portal/de/forschung/studien_efl/netznutzungsentgelte/startseite.xhtml Frage 2: Um wie viel Prozent liegen die Netzentgelte in Brandenburg über denen anderer Bundesländer? Bitte in diesem Vergleich auch die Entwicklung der letzten 10 Jahre aufzeigen. zu Frage 2: Es wird auf die Antwort zu Frage 1 verwiesen. Frage 3: Wie hoch ist die hieraus entstehende finanzielle Mehrbelastung für eine durchschnittliche vierköpfige Familie? Zu Frage 3: Eine konkrete Angabe für das Land Brandenburg ist nicht möglich. Frage 4: Gibt es Verhandlungen das Netzentgelt bundesweit gleichmäßig zu verteilen? Falls ja: Wie ist der Verhandlungsstand und ab wann und in welcher Höhe kann mit einer Entlastung der Brandenburger gerechnet werden? (bitte ausführlich). Zu Frage 4: Das Land Brandenburg hat sich bereits in den vergangenen Jahren für eine gerechte Verteilung der Kosten der Energiewende eingesetzt. In dem Koalitionsvertrag zwischen der CDU und der SPD auf Bundesebene ist vereinbart, das System der Netzentgelte dahingehend zu überprüfen, ob es den Anforderungen der Energiewende gerecht wird und eine faire Lastverteilung bei der Finanzierung der Netzinfrastruktur gewährleistet. Das findet sich auch im Diskussionspapier des BMWi (Grünbuch) zur Energiewende wieder. Die Landesregierung Brandenburg wird sich in den dazu eingeleiteten Konsultationsprozess einbringen und über die Mitgliedschaft in den Plattformen der Energiewende und den Gremien der Bundesnetzagentur das Anliegen einer gerechten Verteilung der Netzkosten vertreten. Da es sich um bundesweite Vorschriften handelt, können Angaben zu dem Zeitrahmen nicht gemacht werden. Frage 5: Wenn Energieanlagen immer öfter gedrosselt werden müssen, weil ein erhebliches Überangebot an Strom vorhanden ist, warum müssen dann weiterhin neue Energieerzeugungsanlagen in hoher Geschwindigkeit zugebaut werden? Zu Frage 5: Die Bundesregierung und auch das Land Brandenburg haben sich ehrgeizige Ziele gesetzt, den Anteil des aus erneuerbaren Energien erzeugten Stroms am Bruttostromverbrauch stetig und kosteneffizient zu erhöhen. Um die gesetzten Ausbauziele zu erreichen, ist auch weiterhin ein Zubau neuer Anlagen zur Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Energien notwendig. Die zunehmenden Eingriffe der Netzbetreiber , mit denen die Einspeisung von Strom aus Anlagen zur Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Energien reduziert wird, beruhen nicht auf einem generellen Überangebot an Anlagen zur Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Energien, sondern – insbesondere bei Starkwindzeiten – auf fehlende Netzkapazitäten, um den dann erzeugten Strom abzutransportieren. Da Starkwindzeiten aber eher die Ausnahme sind, können auch neue Energieerzeugungsanlagen über das Jahr gesehen zusätzliche Mengen an regenerativen Strom erzeugen und in das Netz einspeisen. Frage 6: Von welchem zusätzlichen Leistungsbedarf für erneuerbare Energie geht die Landesregierung in den nächsten 5 Jahren aus? Bitte jährlich einzeln aufführen und insbesondere auf die Windenergie eingehen ! Zu Frage 6: Ausgehend von den Zielwerten der Energiestrategie 2030 ergibt sich rechnerisch ein jährlicher Zubaubedarf von 321 MW bei Windkraftanlagen und 52 MW bei PV-Anlagen. Ein weiterer Zubau von Biogasanlagen und Biomasseheizkraftwerken ist auf Grund deutlich gestiegener Preise für Biomasse und den mit dem EEG 2012 und 2014 vorgegebenen Rahmenbedingungen in Brandenburg kaum mehr zu erwarten. Frage 7: Wie bewertet die Landesregierung die Aussagen der Energieversorger (so auch auf dem Energiekonvent in Leipzig am 13.10.2014), dass zunehmend Energie aus unserer Region kostenlos nach Polen und in die Niederlanden abgegeben wird und die Brandenburger Bürger und Unternehmen neben der EEG-Umlage hierfür auch Netzentgelte zahlen müssen? Zu Frage 7: Infolge des starken Ausbaus der erneuerbaren Energien kommt es vermehrt dazu, dass der Strom z.B. in Starkwindzeiten auch durch die Netze angrenzender Nachbarländer fließt. Neben weiteren Maßnahmen sind die Netzbetreiber dadurch in der Pflicht, ihre Stromnetze weiter auszubauen. Die Kosten hierfür verbleiben bei den Verbrauchern in der jeweiligen Region. Hier setzt sich die Landesregierung für eine gerechte Lastverteilung bei der Finanzierung der Netzinfrastruktur ein. Frage 8: Gibt es Planungen oder Verhandlungen, damit die zeitweise überschüssige "kostenlose Energie" auch kostenlos durch kommunale Einrichtungen, wie z.B. Kindereinrichtungen, Schulen oder die Straßenbeleuchtung , genutzt werden kann? Zu Frage 8: Der Landesregierung sind solche Planungen oder Verhandlungen nicht bekannt. Sie hält diese Überlegungen aus rechtlichen und technischen Gründen auch für nicht realistisch. Frage 9: Ist unter den oben genannten Bedingungen überhaupt ein weiterer Zubau an Windenergieanlagen notwendig ? Zu Frage 9: Ja.