Datum des Eingangs: 27.04.2016 / Ausgegeben: 13.05.2016 Landtag Brandenburg 6. Wahlperiode Drucksache 6/4021 Neudruck Antwort auf die Kleine Anfrage 1592 der Abgeordneten Erik Stohn, Sylvia Lehmann, Kerstin Kircheis, Dr. Ulrike Liedtke, Ralf Holzschuher und Jutta Lieske Fraktion der SPD Drucksache 6/3845 Situation der Justizvollzugsanstalten in Brandenburg Namens der Landesregierung beantwortet der Minister der Justiz und für Europa und Verbraucherschutz die Kleine Anfrage wie folgt: Vorbemerkungen der Fragesteller Dem Personal der brandenburgischen Justizvollzugsanstalten gebührt unsere Anerkennung für ihre Arbeit in einem schwierigen und anspruchsreichen Arbeitsumfeld . Die körperlichen und psychischen Belastungen Ihrer Tätigkeit sind keine Selbstverständlichkeit. In jüngster Zeit häufen sich kritische Presseberichte zum Thema Justizvollzug. Ziel der Landesregierung ist es, ggf. bestehende Missstände zu identifizieren und schnellstmöglich abzustellen. Um dem parlamentarischen Auftrag nachzukommen, die Regierung bei diesem Vorhaben zu unterstützen, bedarf es einer fundierten Informationsgrundlage. Zur Belegung der Justizvollzugsanstalten: Frage 1: Wie gestalten sich die aktuellen Belegungszahlen der brandenburgischen Justizvollzugsanstalten im Detail? (Bitte mit der jeweiligen prozentualen Auslastung und aufgeschlüsselt für die jeweiligen Justizvollzugsanstalten) zu Frage 1: Die aktuellen Belegungszahlen der brandenburgischen Justizvollzugsanstalten sowie die prozentuale Auslastung deren Belegungsfähigkeit ergeben sich aus der nachfolgenden Übersicht: Justizvollzugsanstalt Belegungsfähigkeit Belegung am 13.04.2016 Auslastung in % Brandenburg a.d.H. insgesamt 300 267 89 geschl. Vollz. 250 222 88,8 off. Vollzug 50 45 90 Cottbus-Dissenchen insgesamt 550 456 82,9 geschl. Vollz. 502 432 86,05 off. Vollzug 48 24 50 Luckau-Duben mit Außenstelle Spremberg insgesamt 417 328 78,6 geschl. Vollz. 297 227 76,4 off. Vollzug 120 101 84,1 Neuruppin-Wulkow insgesamt 295 214 72,5 geschl. Vollz. 255 193 75,7 off. Vollzug 40 21 52,5 Wriezen insgesamt 198 110 55,5 geschl. Vollz. 168 104 61,9 off. Vollzug 30 6 20 Gesamt insgesamt 1.760 1.375 78,1 geschl. Vollz. 1.472 1.178 80 off. Vollzug 288 197 68,4 Frage 2: Wie ist der Stand bei der Einzel- und Doppelunterbringung in den Justizvollzugsanstalten ? (Bitte aufgeschlüsselt für die jeweiligen Justizvollzugsanstalten) zu Frage 2: Aus der nachfolgenden Übersicht ist der aktuelle Stand (Stichtag: 11. April 2016) der Einzel- und Doppelunterbringung von Gefangenen in den brandenburgischen Justizvollzugsanstalten ersichtlich: Justizvollzugsanstalt Einzelunterbringung Doppelunterbringung Brandenburg a.d.H. 278 8 Cottbus-Dissenchen 396 52 Luckau-Duben Frauen Männer 83 213 18 8 Neuruppin-Wulkow 196 12 Wriezen 106 4 Frage 3: Erwartet das Ministerium der Justiz, für Europa und Verbraucherschutz in absehbarer Zeit signifikante Änderungen der Belegungszahlen, wenn ja, durch aufgrund welcher Einflussfaktoren? zu Frage 3: Die nachfolgende Übersicht zeigt die Durchschnittsbelegung der Justizvollzugsanstalten des Landes Brandenburg ab dem Jahr 2009: * Stand März 2016 Jahr Durchschnittsbelegung 2009 1.711 2010 1.554 2011 1.459 2012 1.365 2013 1.389 2014 1.417 2015 1.343 2016 * 1.338 Daraus wird ersichtlich, dass bis zum Jahr 2012 der Gefangenenbestand eine deutlich rückläufige Tendenz aufweist und ab 2013 relativ geringfügige Schwankungen zu verzeichnen sind. Erfahrungsgemäß gibt es - teilweise sogar nicht unerhebliche - Schwankungen des Gefangenen-bestandes auch innerhalb eines Jahres. So lag beispielhaft der Gefangenenbestand zum Stichtag 25. März 2015 bei 1.405 Gefangenen und am Ende des Jahres 2015 (Stichtag 31. Dezember 2015) bei 1.232 Gefangenen, was eine Differenz von 173 Gefangenen bedeutet. Zudem ist seit Jahren zu beobachten, dass die jährliche Spitzenbelegung i. d. R. im Monat März zu konstatieren ist. Vor dem Hintergrund dieser Erfahrungen werden signifikante Veränderungen der Belegungszahlen in absehbarer Zeit nicht erwartet. Aktuell gibt es hierfür auch keine Anhaltspunkte. Zum Vollzug: Frage 4: Welche Maßnahmen unternimmt das Ministerium der Justiz, für Europa und Verbraucherschutz um Subkulturen und Kriminalität innerhalb der Justizvollzugsanstalten zu verhindern? zu Frage 4: Das Ministerium der Justiz und für Europa und Verbraucherschutz wirkt in erster Linie im Rahmen der Fachaufsicht über die Justizvollzugsanstalten darauf hin, dass die im Brandenburgischen Justiz-vollzugsgesetz verankerten Normen, welche subkulturelle Aktivitäten einschränken und Straftaten von Gefangenen im Justizvollzug verhindern sollen, adäquate Anwendung finden. Die Fachaufsicht umfasst auch die Analyse und Erörterung sicherheitsrelevanter Entwicklungen sowie die Auswertung besonderer Vorkommnisse im Rahmen von Dienstbesprechungen. Unabhängig davon werden die Bediensteten in Fortbildungsveranstaltungen geschult, subkulturelle Entwicklungen zu erkennen und zu unterbinden. Das schließt die konsequente Anzeige von Straftaten ein. Schließlich berät und unterstützt die Fachaufsichtsbehörde die Vollzugsanstalten bei der Beschaffung von moderner Sicherheitstechnik, z. B. zum Aufspüren von Mobilfunkgeräten. Frage 5: Wie bewertet das Ministerium der Justiz, für Europa und Verbraucherschutz die gestiegene Zahl von bei Strafgefangenen gefundenen Mobiltelefonen? zu Frage 5: Ausweislich der dem Ministerium der Justiz und für Europa und Verbraucherschutz vorliegenden Statistik schwankt die Zahl der aufgefundenen Mobilfunkgeräte. Wurden im Jahr 2009 142 Mobilfunkgeräte aufgefunden, waren dies 2013 „nur“ 82. In den letzten beiden Jahren ist die Zahl wieder gestiegen (109 im Jahre 2014 und 146 im Jahre 2015). Ob dies ein nachhaltiger Trend ist, kann noch nicht eingeschätzt werden. Eine mögliche Erklärung für die gestiegene Zahl an aufgefundenen Mobilfunkgeräten ist, dass infolge der Beschaffung der neuesten Generation von sogenannten Handyfindern in den letzten beiden Jahren durch diese eine bessere Ortung aktiver Mobilfunkgeräte erfolgen konnte. Die Statistik bezieht sich im Übrigen auf aufgefundene Mobilfunkgeräte insgesamt, d. h. sowohl auf Funde im geschlossenen als auch im offenen Vollzug. Sie ist auch nicht auf Strafgefangene beschränkt, sondern erfasst z. B. auch entsprechende Funde bei Gefangenen in Zivilhaft oder bei Gefangenen, die eine Ersatzfreiheitsstrafe verbüßen. Frage 6: Sind aufgrund der gestiegenen Auffindungsrate von Mobiltelefonen Maßnahmen in einer oder mehreren Justizvollzugsanstalten ergriffen worden? zu Frage 6: Die vorliegenden Zahlen haben bislang keinen Anlass zur Einleitung besonderer Maßnahmen gegeben. In zwei Anstalten könnte der Anstieg auf die erwähnte Beschaffung neuer Handyfinder zurückzuführen sein; in einer weiteren Anstalt mit einem Anstieg der Funde im offenen Vollzug. Anhaltspunkte für besondere Sicherheitslücken liegen nicht vor. Frage 7: Wie bewertet das Ministerium der Justiz, für Europa und Verbraucherschutz die Nutzung von Handystörsendern oder sog. Mobilen Handyfindern in den brandenburgischen Justizvollzugs-anstalten und gibt es in der Bewertung ggf. Unterschiede hinsichtlich der verschiedenen Justizvollzugsanstalten? zu Frage 7: Der Einsatz sogenannter Handyfinder hat sich in den brandenburgischen Justizvollzugsanstalten grundsätzlich bewährt. Das Ministerium der Justiz und für Europa und Verbraucherschutz bereitet im Übrigen den Test eines Handyblockersystems vor. Von den Testergebnissen wird abhängen , ob und in welchem Umfang das System in den brandenburgischen Justizvollzugsanstalten zum Einsatz kommen kann. Dabei ist insbesondere sicherzustellen , dass der Mobilfunkverkehr außerhalb der Anstalt nicht gestört wird. Das bedingt sehr aufwendige technische Lösungen, die nicht ohne weiteres überall implementiert werden können und die zudem sehr kostenintensiv sind. Frage 8: Wie ist der aktuelle Stand bei der Einrichtung von Wohngruppen und der Erweiterung der Sozialtherapeutischen Anstalt (Sotha) in der Justizvollzugsanstalt Brandenburg an der Havel? zu Frage 8: Im Ergebnis von laufenden Umbaumaßnahmen wird die Sozialtherapeutische Abteilung der JVA Brandenburg a.d.H. um zwei Wohngruppen im geschlossenen Vollzug sowie um eine Wohngruppe im offenen Vollzug, damit um 30 Haftplätze erweitert. Parallel zu der Schaffung der baulichen Voraussetzungen zur Einrichtung dieser sozialtherapeutischen Wohngruppen werden drei weitere Unterbringungsbereiche zu Wohngruppen umgestaltet. Bei entsprechender personeller Ausstattung können diese Wohngruppen ab 2017 sukzessive in Betrieb genommen werden. Zur Personalsituation in den Justizvollzugsanstalten: Frage 9: Ergeben sich durch eine aktuell verstärkte Belegung der Justizvollzugsanstalten veränderte Personalbedarfe? (Bitte ggf. aufgeschlüsselt für die jeweiligen Justizvollzugsanstalten ) zu Frage 9: Aktuell ist keine verstärkte Belegung der Justizvollzugsanstalten zu verzeichnen. Auf die Antwort zu Frage 3 wird verwiesen. Frage 10: Ergeben sich durch sonstige Aspekte, z. B. durch eine Veränderung der Gefangenenklientel , veränderte Personalbedarfe? (Bitte ggf. aufgeschlüsselt für die jeweiligen Justizvollzugsanstalten) zu Frage 10: Aktuell ergeben sich keine veränderten Personalbedarfe. Frage 11: Sofern sich die Personalbedarfe verändert haben, wie plant das Ministerium der Justiz und für Europa und Verbraucherschutz diese Bedarfe zu decken? zu Frage 11: Auf die Antwort zu Frage 10 wird verwiesen. Frage 12: Wie ist der aktuelle Stand bei der Besetzung der Leitungen der jeweiligen Justizvollzugsanstalten ? zu Frage 12: JVA Brandenburg a.d.H.: kommissarische Leiterin ist Frau Regierungsdirektorin Wellnitz JVA Cottbus-Dissenchen: Anstaltsleiter ist Herr Leitender Regierungsdirektor Allolio JVA Luckau-Duben: Anstaltsleiter ist Herr Psychologiedirektor Hoff JVA Neuruppin-Wulkow: kommissarischer Leiter ist Herr Leitender Regierungsdirektor Allolio JVA Wriezen: Anstaltsleiter ist Herr Regierungsdirektor Voigt Frage 13: Bis wann soll eine reguläre Besetzung aller Justizvollzugsanstalten erreicht werden und welche Hinderungsgründe stehen für welche Einrichtungen einer solchen Besetzung ggf. derzeit entgegen? zu Frage 13: Im Hinblick auf die Stelle der Anstaltsleitung der JVA Brandenburg a.d.H. läuft derzeit das Stellenbesetzungsverfahren. Da es sich hierbei um eine Behördenleiterstelle der Besoldungsgruppe A 16 handelt, bedarf es für deren Besetzung der Zustimmung durch das Kabinett. Mit der Besetzung der Stelle wird im Mai 2016 gerechnet. Die Stelle der Leiterin/des Leiters der JVA Neuruppin-Wulkow wurde in der 12. Kalenderwoche ausgeschrieben. Die Bewerbungsfrist endet in Kürze. Eine zuverlässige Prognose zur zeitlichen Besetzung dieser Stelle ist derzeit nicht möglich, da zunächst die Ergebnisse der Stellenausschreibung bzw. des Auswahlverfahrens abzuwarten bleiben.