Datum des Eingangs: 12.01.2015 / Ausgegeben: 19.01.2015 Landtag Brandenburg 6. Wahlperiode Drucksache 6/403 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 98 des Abgeordneten Wolfgang Roick der SPD-Fraktion Drucksache 6/207 Qualitätssicherung und Vermarktung von Wildfleisch in Brandenburg Wortlaut der Kleinen Anfrage 98 vom 03.12.2014: Brandenburg hat im Bundesvergleich mit die höchsten Bestände an Rotwild, Damwild, Rehwild und Schwarzwild. Diese Bestände sollen reduziert werden. Wildfleisch erfreut sich wachsender Beliebtheit in der Gastronomie. Gerade im derzeit anlaufenden Weihnachtsgeschäft steigt die Nachfrage stark an. Da sich diese Entwicklung auf absehbare Zeit fortsetzen wird, ist es von Interesse, wie die Qualität von Wildfleisch gesichert und eine regionale und überregionale Vermarktung ermöglicht wird. Die Frage der Qualität stellt sich nicht zuletzt auch vor dem Hintergrund der immer noch festzustellenden Belastung von Schwarzwild mit Radioaktivität vor allem in Bayern. Ich frage die Landesregierung: 1. Welche Erkenntnisse besitzt die Landesregierung über die Belastung mit Schadstoffen bei Wildfleisch? 2. Wie wird die Qualität von Wildfleisch überwacht und gesichert? 3. Wie stark ist der Markt für Wildfleisch in den vergangenen Jahren in Brandenburg und in Deutschland gewachsen und welche Entwicklung wird für die Zukunft prognostiziert? 4. Welche quantifizierbaren wirtschaftlichen Effekte hat die Vermarktung von Wildfleisch im Land Brandenburg – auch im Vergleich zu Regionen in Ländern wie Italien und Frankreich? 5. Durch welche beispielhaften Maßnahmen fördern regionale Akteure sowie die Landesregierung den Aufbau regionaler Vermarktungsstrukturen bei Wildfleisch? 6. Wie beurteilt die Landesregierung den Vorschlag, durch den Aufbau einer Regionalmarke die Direktvermarktung von Wildfleisch zu stärken? Namens der Landesregierung beantwortet der Minister für Ländliche Entwicklung, Umwelt und Landwirtschaft die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1: Welche Erkenntnisse besitzt die Landesregierung über die Belastung mit Schadstoffen bei Wildfleisch? Zu Frage 1: Es sind keine regelmäßigen amtlichen Lebensmitteluntersuchungen gemäß § 7 Strahlenschutzvorsorgesetz (StrVG) beauftragt. Untersuchungen an Wild werden im Rahmen von Beprobungen nach § 3 StrVG durchgeführt. Diesbezüglich wurden 2013 insgesamt 10 Wildfleischproben und in 2014 bisher 9 Proben untersucht. Die dabei festgestellten Messwerte für Cäsium 137 lagen seit 1994 bis heute immer unter dem von der EU festgelegten Grenzwert von 600 Bq/kg (Frischmasse). Im Rahmen des NRKP (Nationaler Rückstandskontrollplan) erfolgt durch die Lebensmittelüberwachungsbehörden jährlich u. a. die Beprobung und Untersuchung von Wildfleisch auf Umweltkontaminanten wie Blei, Cadmium, Kupfer und Quecksilber. 2014 wurden dabei vereinzelt Höchstmengenüberschreitungen für Quecksilber und Cadmium in den untersuchten Organen von Wildschweinen und Rotwild ermittelt. Die genaueren Ursachen der Rückstandsbelastung konnten nicht ermittelt werden, da der Lebensraum von Wildtieren nicht direkt eingrenzbar ist. Ursächlich ist zu vermuten, dass die Untersuchungsbefunde auf das ubiquitäre, jedoch größtenteils nicht eindeutig lokalisierbare Vorkommen von Kontaminanten in der Umwelt zurückzuführen sind. Frage 2: Wie wird die Qualität von Wildfleisch überwacht und gesichert? Zu Frage 2: Die EU gibt im Bereich des Lebensmittelrechts und damit auch für die Überwachung der stofflichen und hygienischen Beschaffenheit von Fleisch den Mitgliedstaaten einheitliche und verbindliche Regelungen vor, die für Detailfragen durch nationales Recht ergänzt werden. Dies gilt auch für den Bereich der Wildbretgewinnung und -vermarktung. Grundsätzlich gilt somit für Wildbret, dass es nach dem geltenden EU- und Bundes-Recht, wie andere Lebensmittel auch, gesundheitlich unbedenklich sein muss. Wildfleisch wird in Brandenburg vornehmlich von Jägerinnen und Jägern gewonnen, die eine Jagdausübungsberechtigung besitzen und speziell dafür ausgebildet sind. Gemäß Artikel 14 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002, der sogenannten EU-Basis-Verordnung im Lebensmittelrechtsbereich gilt der Jäger als Lebensmittelunternehmer. Er ist somit für die Sicherheit des von ihm in den Verkehr gebrachten Wildbrets (Abgabe an Abnehmer wie Verbraucher, Gaststätten, Fleischereien oder Wildhandelsbetriebe ) verantwortlich. Jäger tragen somit nicht nur eine große Verantwortung für das Erkennen von Erkrankungen des Wildes. Dies gilt auch sowohl im Hinblick auf die Einhaltung der Untersuchungspflicht als auch auf die übrigen fleischhygienischen Maßnahmen. Das EU-Recht wie auch das nationale Recht legt dem Jäger diesbezüglich den verpflichtenden Erwerb von Sachkenntnissen auf. Nach dem Aufbrechen des erlegten Wildes hat der Jäger unabhängig vom späteren Vermarktungsweg des Wildfleisches generell die Untersuchung des Fleisches und der Organe auf gesundheitsbedenkliche Merkmale durchzuführen. Gibt der Jäger sein erlegtes Wild an einen zugelassenen Wildbearbeitungsbetrieb ab, dann muss er dazu die Sachkenntnis einer „kundigen Person“ gemäß Verordnung (EG) Nr. 853/2004 erworben haben . Die vorgenannte EU-VO definiert im Einzelnen die Anforderungen an die geforderte Sachkenntnis. Nachfolgend wird im zugelassenen Wildbearbeitungsbetrieb die Fleischuntersuchung durch einen Tierarzt veranlasst, wie es grundsätzlich in jedem Schlachthof zu erfolgen hat. Ab hier gelangt das Wildfleisch in den Bereich der amtlichen Lebensmittelüberwachung (LM-Überwachung). Wird Wildfleisch vom Jäger auf dem Wege der Selbstvermarktung in den Verkehr gebracht, dann muss der Jäger für eine gewissenhafte Fleischuntersuchung gemäß den Vorgaben der Tier-LMHV (Tierische Lebensmittel-Hygiene-Verordnung) ausreichend geschult sein. Dem amtlichen Tierarzt ist bei diesem Vermarktungsweg das erlegte Wildbret nur bei Vorliegen von bedenklichen Merkmalen zur Fleischuntersuchung vorzulegen. Die Untersuchung von trichinenempfänglichem Wild (Wildschwein, Dachs, Fuchs) auf Trichinellen ist obligat und muss in einem amtlichen Trichinenlabor erfolgen. Eine qualifizierte Hygienepraxis des Jägers, die auf dem verpflichtenden Erwerb von Sachkenntnis beruht , ist somit eine grundsätzliche Voraussetzung für die Sicherstellung einer akzeptablen Wildfleischhygiene sowie für die Vermarktung eines gesundheitlich unbedenklichen Lebensmittels bis hin zum Verbraucher. Zugelassene Wildverarbeitungsbetriebe werden von den zuständigen LM-Überwachungsbehörden durch amtliche Regelkontrollen und ggf. zusätzlich durch amtliche Probennahmen auf die Einhaltung aller lebensmittelrechtlichen Anforderungen überwacht. Diese Kontrollen erfolgen nach einer gesetzlich vorgegebenen Risikobeurteilung, die anhand der Bewertung von 4 Hauptkriterien (Betriebsart, Verhalten des LM-Unternehmers, Verlässlichkeit der Eigenkontrollen und Hygienemanagement) durchgeführt wird. Frage 3: Wie stark ist der Markt für Wildfleisch in den vergangenen Jahren in Brandenburg und in Deutschland gewachsen und welche Entwicklung wird für die Zukunft prognostiziert? Frage 4: Welche quantifizierbaren wirtschaftlichen Effekte hat die Vermarktung von Wildfleisch im Land Brandenburg – auch im Vergleich zu Regionen in Ländern wie Italien und Frankreich? Zu den Fragen 3 und 4: Der Landesregierung liegen keine amtlichen und statistischen Angaben zur Entwicklung des Marktes für Wildfleischprodukte vor. Gleiches gilt für etwaige wirtschaftliche Effekte einer entsprechenden Wildfleischvermarktung – insbesondere bezogen auf Regionen und Länder außerhalb Brandenburgs. Frage 5: Durch welche beispielhaften Maßnahmen fördern regionale Akteure sowie die Landesregierung den Aufbau regionaler Vermarktungsstrukturen bei Wildfleisch? Zu Frage 5: Die Landesregierung fördert den Aufbau regionaler Vermarktungsstrukturen bei Wildfleisch im Rahmen der ländlichen Entwicklung und der einzelbetrieblichen Förderung aus dem Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER) und der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes“ (GAK). Durch die oberste Jagdbehörde wurde in den Jahren von 2009 bis 2012 aus Mitteln der Jagdabgabe jeweils ein Projekt des Landesjagdverbandes Brandenburg e. V. (LJV) zur Steigerung der Vermarktung von Wildfleisch gefördert. 2009 wurde basierend auf dem Projekt des Deutschen Jagdverbandes „Fit mit Wild“ den Jägern sowie den privaten und gewerblichen Wildvermarktern des Landes Brandenburg kurzfristig die Möglichkeit gegeben, dass zum Verzehr verpackte Wildfleisch mit der Herkunftsbezeichnung „Wild aus Brandenburg “ zu versehen. Damit konnte der regionale Bezug und die Frische des Wildes hergestellt werden. Es wurde eine Grundausstattung von Werbeaufklebern für Wildfleisch durch den LJV angeschafft. Diese Grundausstattung wurde anteilig aus Mitteln der Jagdabgabe gefördert. 2010 und 2011 wurde die Öffentlichkeit im Rahmen der Internationalen Grünen Woche gezielt an das Lebensmittel „Wild“ herangeführt. Dazu wurden auf einem Messestand vom LJV zahlreiche Informationen über die Verarbeitung und den besonderen Geschmack von Wildfleisch vermittelt. Unterstützt wurde diese Kampagne des LJV durch eigene Pressearbeit, Broschüren und Plakate. Die Ausgestaltung dieser Messestände wurde aus Mitteln der Jagdabgabe anteilig unterstützt. 2012 wurde vom LJV auf dem Landesjägertag ein „Wildbrettag“ durchgeführt. Inhalt dieses Tages war der Umgang mit Wildfleisch vom Zerlegen bis zur Verarbeitung in der Küche. Dieser „Wildbrettag“ wurde ebenfalls aus Mitteln der Jagdabgabe anteilig gefördert. Frage 6: Wie beurteilt die Landesregierung den Vorschlag, durch den Aufbau einer Regionalmarke die Direktvermarktung von Wildfleisch zu stärken? Zu Frage 6: Aus Sicht der Landesregierung könnten für die Direktvermarktung von Wildfleisch die vorhandenen Regionalmarken genutzt werden.