Datum des Eingangs: 04.05.2016 / Ausgegeben: 09.05.2016 Landtag Brandenburg 6. Wahlperiode Drucksache 6/4059 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage Nr. 1589 der Abgeordneten Sven Petke und Björn Lakenmacher CDU-Fraktion Drucksache 6/3842 IT-System ComVor Namens der Landesregierung beantwortet der Minister des Innern und für Kommunales die Kleine Anfrage wie folgt: Vorbemerkungen der Fragesteller Die Polizei Brandenburg nutzt wie Baden- Württemberg, Hamburg und Hessen das computergestützte Vorgangsbearbeitungssystem ComVor. Frage 1: Welche Daten werden in ComVor gespeichert? zu Frage 1: Im ComVor werden Personen-, Institutions-, Sach-, Maßnahme- und Vorgangsverwaltungsdaten sowie Karten- und (Verkehrsunfall-)Skizzendaten gespeichert . Frage 2: Wie viele Datensätze sind in ComVor gespeichert? zu Frage 2: Mit den zur Verfügung stehenden Recherchewerkzeugen ist eine statistische Auswertung der erfragten ComVor-Daten nicht möglich. Hierzu bedarf es einer komplexen technischen Datenbankrecherche, welche erst technisch zu entwickeln wäre. Frage 3: Nach welchem Zeitraum werden die Daten gelöscht? zu Frage 3: Die Löschung bzw. Anonymisierung personenbezogener Daten erfolgt sobald diese zur Aufgabenerfüllung, zur zeitlich befristeten Dokumentation und zur Vorgangsbearbeitung und -verwaltung nicht mehr notwendig sind. Die Löschfrist beruht bei Straftaten auf dem zu Grunde liegenden Delikt und der entsprechenden gesetzlichen Verjährungsfrist gem. § 78 StGB im Sinne einer Maximalfrist und kann bei einem vorzeitigen Verfahrensabschluss auch früher auslaufen. Bei den anderen Vorgangskategorien gelten feste Löschfristen von 3 bis 10 Jahren, in Vermisstensachen von 2 bis maximal 30 Jahren in den ungeklärten Vorgängen. Frage 4: Lässt sich ComVor mit den Vorgangsbearbeitungssystemen der anderen Bundesländer und des Bundes vernetzen und hat dies bereits stattgefunden? Frage 5: Welche Schnittstellenproblematiken gibt es im Hinblick auf die Vorgangsbearbeitungssysteme der anderen Bundesländer und des Bundes? zu den Fragen 4 und 5: In der Vergangenheit war und gegenwärtig ist keine Vernetzung mit den Vorgangsbearbeitungssystemen der anderen Länder und des Bundes möglich. Perspektivische Planungen zur Vernetzung von Vorgangsbearbeitungssystemen sind ebenfalls nicht existent. Unberührt davon bleiben die bundesweiten Standardisierungsmaßnahmen im Kontext XPolizei und PIAV. Frage 6: Wofür wird ComVor genutzt? Wie sind die Erfahrungen? zu Frage 6: Die Zweckbindung vom ComVor besteht in der vollzugspolizeilichen Vorgangsbearbeitung und Tätigkeitsdokumentation. Mit dem Vorgangsbearbeitungssystem besteht der Vorteil der zentralen Abbildung von standardisierten Formularen, der Möglichkeit eine Vielzahl von polizeilichen Vorgängen darzustellen, der Unterstützung von ablauforganisatorischen Prozessen, der Möglichkeit der standortunabhängigen Berechtigung von Nutzern an ComVor-Vorgängen, Arbeitsplatz unabhängigen Zugriffs auf die Vorgänge über die zentrale Datenbank und einer Offline-Funktionalität. Der Einsatz eines landeseinheitlichen Vorgangsbearbeitungssystems hat sich - sowohl aus fachlicher wie auch technischer Sicht - bewährt. Frage 7: Lässt sich ComVor mit anderen IT-Anwendungen vernetzen, insbesondere mit dem Fahndungssystem POLAS und dem Fallbearbeitungssystem POLYGON und hat dies bereits stattgefunden? Wie sind die Erfahrungen? zu Frage 7: Grundsätzlich kann ComVor über Datenschnittstellen mit anderen DV- Systemen kommunizieren. Schnittstellen sind bislang zu folgenden DV-Systemen existent: ComVor-Index Polizeiliches Auskunftssystem Strafsachen (POLAS) Mehrländer-Staatsanwaltschafts-Automation (MeSTA) Internetwache System zur Ahndung von Ordnungswidrigkeiten (SC-Owi) Elektronische Unfalltypensteckkarte (EUSka) Polizeiliche Vorgangsanalyse (PVA) Ab Mai 2016 ist die Nutzung einer Schnittstelle zum DV-System CRIME vorgesehen. Eine Schnittstelle zur Software der Firma POLYGON VCM GmbH besteht nicht. Die eingerichteten Schnittstellen unterstützen die Tätigkeit im Hinblick auf das angestrebte Ziel der Dateneinmalerfassung und Mehrfachnutzung. Aus technischer Sicht sind die Schnittstellen störungsarm bis nahezu störungsfrei und gut zu administrieren. Frage 8: Welche Herausforderungen stellen sich im Hinblick auf die elektronische Akte bei den verschiedenen IT-Anwendungen der Polizei Brandenburg, insbesondere bei ComVor, POLAS und POLYGON? Frage 9: Ist eine gemeinsame elektronische Akte von Polizei und Staatsanwaltschaft geplant, um diese enger miteinander zu vernetzen und bürokratischen Aufwand ab- zubauen? Wenn ja, wie gestaltet sich der Planungsprozess aus? Wenn nein, warum nicht? zu den Fragen 8 und 9: Zurzeit fehlt es an einer gesetzlichen Grundlage für die elektronische Aktenführung im Strafverfahren. Bislang gibt es einen Referentenentwurf eines Gesetzes zur Einführung der elektronischen Akte in Strafsachen. Insoweit werden auf Bund-Länder-Ebene zwischen den Justiz- und Innenressorts Abstimmungen mit dem Ziel vorgenommen, zunächst die Bedarfe/Herausforderungen einer elektronischen Aktenführung fachlich zu konkretisieren und unterschiedliche Auffassungen zum Thema Medienbruchfreie Kommunikation und Aktenführung untereinander abzustimmen . Eine landesinterne Umsetzung der „elektronischen Verfahrensakte in Strafsachen“ im Vorgangsbearbeitungssystem ComVor – ohne Berücksichtigung der Entwicklung auf Bundesebene - ist nicht zielführend. Frage 10: Wann und wie wurden die von der Datenschutzbeauftragten im Tätigkeitsbericht 2008/2009 aufgeführten Beanstandungen zum Datenaustausch zwischen Polizei und Staatsanwaltschaft insbesondere hinsichtlich der Schnittstellenprobleme zwischen MESTA, POLAS und ComVor abgestellt? a) Welche technischen Vorkehrungen wurden getroffen? zu Frage 10 a: Die im 15. Tätigkeitsbericht der Landesbeauftragten für Datenschutz und das Recht auf Akteneinsicht (LDA) aufgeführten Beanstandungen bei den Ergebnismitteilungen der Staatsanwaltschaften an die Polizei haben u. a. zu folgenden Änderungen geführt: 1. Sammelverfahren von der Polizei Die Polizei übermittelt die Daten aller Verfahren, die bei der Polizei zu einem Sammelverfahren zusammengefasst worden sind und nicht mehr nur die Daten des führenden Verfahrens. 2. Aktenzeichen- und Ergebnismitteilung an alle polizeilichen Aktenzeichen zu einem Js-Verfahren MESTA übermittelt an alle polizeilichen Aktenzeichen, die zu einem Js-Verfahren gespeichert sind die Aktenzeichen- und Ergebnismitteilungen. 3. Polizeiliche Aktenzeichen bei Abgabe/Trennung in MESTA Bei Abgabe/Trennung speichert MESTA die polizeilichen Aktenzeichen des Ursprungsverfahrens auch im Zielverfahren. 4. BZR-Mitteilungsdaten zusätzlich in der Ergebnismitteilung MESTA übermittelt zusätzlich in den Ergebnismitteilungen automatisch die BZR- Mitteilungsdaten. 5. Begrenzte Informationen der Polizei bei Auskünften nach dem Brandenburgischen Sicherheitsüberprüfungsgesetz Die Polizei übermittelt an auskunftsberechtigte Stellen nur noch die im polizeilichen Verfahren gespeicherten Delikte und soweit vorhanden das staatsanwaltschaftliche Aktenzeichen. Für weitergehende Auskünfte, insbesondere zum Ausgang des Ermittlungs - und Strafverfahrens, verweist die Polizei an die Staatsanwaltschaft. 6. Auflistung aller polizeilichen Vorgänge zu einem StA-Verfahren (in POLAS) Jeder polizeiliche Vorgang erhält eine staatsanwaltschaftliche Aktenzeichen- und Ergebnismitteilung. Ebenso erfolgte durch den Zentraldienst der Polizei – in Abstimmung mit dem Polizeipräsidium – für den polizeilichen Bereich die Beschreibung, Testung und Umsetzung erforderlicher Systemanpassungen, beispielsweise im Hinblick auf die Umstellungen von Verarbeitungs-/ Lieferlogiken bei Sammelvorgängen und Schaffung einer technischen Lösung auf Grund von identifizierten inhaltlichen Fehlern in Ergebnismitteilungen bei justiziellen Sammelvorgängen. b) Wurde ein gemeinsames Gremium von Polizei und Staatsanwaltschaft eingerichtet , das Lösungsvorschläge für fachliche sowie technische Probleme erarbeitet? Wenn ja, wie sind die Erfahrungen? Wenn nein, warum nicht? zu Frage 10 b: Die Bildung eines weiteren Gremiums zur Zusammenarbeit zwischen Polizei und Staatsanwaltschaft wurde geprüft, von einer Einrichtung jedoch abgesehen . Es wurden bereits bestehende Zusammenarbeitsformen zwischen der Generalstaatsanwaltschaft des Landes Brandenburg und dem Polizeipräsidium sowie dem Zentraldienst der Polizei für die Erörterung in Betracht kommender Sachlagen genutzt . c) Wie wurden die Beschäftigten, die mit der Schnittstelle umgehen müssen, geschult ? zu Frage 10 c: Durch die Fachhochschule der Polizei des Landes Brandenburg werden aufgabenspezifische Seminare angeboten; beispielsweise POLAS-Erfassung- Grundlagen, POLAS-Erfassung-Aufbau oder POLAS/ComVor-Schnittstellen. Hieran sind auch die Voraussetzungen zur Vergabe von entsprechenden Zugriffsrechten gebunden. d) Wie wurde die Datenpflege in den Kriminalakten verbessert? zu Frage 10 d: Es wurden fachliche Regelungen getroffen, um die Qualität von Kriminalakten zu erhöhen. Beispielsweise werden im Zusammenhang mit bürgerlichen Auskunftsbegehren die Daten vor Auskunftserteilung verpflichtend auf Aktualität geprüft . Es wurde unter anderem die Möglichkeit geschaffen, Auskunftsersuchen elektronisch an das zentrale Staatsanwaltschaftliche Verfahrensregister sowie an das Bundeszentralregister zu stellen. e) Welche (zusätzlichen) zeitlichen sowie personellen Kapazitäten sind für die Behebung der Beanstandungen der Datenschutzbeauftragten zur Verfügung gestellt worden ? zu Frage 10 e: Dies konnte im Rahmen der allgemeinen Aufbau- und Ablauforganisation ohne zusätzliche Zeit- oder Personalressourcen umgesetzt werden. f) Welche Fortschritte wurden erzielt? zu Frage 10 f: Alle im 15. Tätigkeitsbericht der LDA benannten Defizite wurden behoben . Im aktuellen Tätigkeitsbericht der Landesbeauftragten für Datenschutz und das Recht auf Akteneinsicht vom 12. April 2016 gibt es keine Beanstandungen im Sinne der Anfrage.