Datum des Eingangs:11.05.2016 / Ausgegeben: 17.05.2016 Landtag Brandenburg 6. Wahlperiode Drucksache 6/4086 Antwort Landeregierung auf die Kleine Anfrage 1597 der Abgeordneten Andreas Galau und Sven Schröder der AfD-Fraktion Drucksache 6/3862 Stabilität der Finanzbeziehungen zwischen Land und Kommunen vor dem Hintergrund des demografischen Wandels? Namens der Landesregierung beantwortet der Minister der Finanzen die Kleine Anfrage wie folgt: Vorbemerkung der Fragesteller Die Kommunen im Land Brandenburg sind gemäß Kommunalverfassung mit einer Vielzahl an Aufgaben ausgestattet. Die Steuerarten und - einnahmen der Kommunen sind begrenzt und im Wesentlichen von der Einwohnerzahl und der Anzahl sowie dem wirtschaftlichen Erfolg der ansässigen Unternehmen abhängig. Mit dem Brandenburgischen Finanzausgleichsgesetz soll die Verteilungsgerechtigkeit zwischen Land und Kommunen hergestellt werden. Aus den eigenen Einnahmen sind die Mehrzahl der Kommunen nicht in der Lage ihre Aufgaben zu erfüllen. Der demografische Wandel in Brandenburg wird das Land noch stärker als bisher in den berlinnahen Raum und den ländlichen, metropolenfernen Raum teilen. Im berlinnahmen Raum sind Investitionen in den Infrastrukturausbau infolge höherer Bevölkerungszahl und -dichte erforderlich. Im ländlichen metropolenfernen Raum entstehen zusätzliche Unterstützungsbedarfe für die Aufgabenerfüllung aufgrund der sinkenden Bevölkerungszahl und -dichte. Frage 1: Welche nachfolgend genannten kommunalen Aufgaben gemäß Kommunalverfassung , wie Gemeindeentwicklung, Bauleitplanung, Wirtschaftsförderung , öffentlichen Verkehr und Breitbandzugang, Wasser- und Energieversorgung , sozialer Wohnungsbau, gesundheitliche und soziale Betreuung (Sozialhilfe), Kindergärten, Schulbau, Freizeit und Erholungsangebote, Schutz der natürlichen Umwelt, Grünanlagen, Müllabfuhr, Kanalisation, Vermittlung des kulturellen Erbes, Baugenehmigungen, Meldewesen sind am stärksten von den finanziellen Auswirkungen des demografischen Wandel betroffen? Wie groß ist die Betroffenheit (qualitativ / quantitativ) der einzelnen kommunalen Ausgaben? zu Frage 1: Die aktuellen und künftigen demografischen Veränderungen unterscheiden sich regional und auch lokal im direkten Umfeld deutlich voneinander und werden somit auch die „Betroffenheit“ einzelner kommunaler Aufgabenfelder stark ausdifferenzieren und voneinander unterscheiden. Eine pauschalierte Einschätzung der demografischen Auswirkungen auf die einzelnen kommunalen Aufgabenfelder ist folglich nicht möglich , sondern muss in jeder einzelnen Kommune in Abhängigkeit der Rahmenbedingungen vor Ort getroffen werden. Zur Betroffenheit verschiedener Aufgabenfelder mit kommunalem Bezug vor dem Hintergrund des demografischen Wandels wird auf die Antwort zu Frage 3 der Landesregierung zur Kleinen Anfrage 1598 verwiesen. Frage 2: In wieweit ist durch die demografischen Veränderungen in Brandenburg die Demografiefestigkeit der Finanzbeziehungen zwischen Land und Kommune betroffen? zu Frage 2: Die Ausgleichsfunktion des kommunalen Finanzausgleichs trägt insbesondere auch der Bevölkerungsentwicklung Rechnung. Die tragenden Elemente des Systems werden in einem mindestens dreijährigen Rhythmus überprüft. Damit wird gewährleistet, dass der finanzielle Ausgleich – im Verhältnis zwischen Land und Kommunen einerseits und unter den Gemeinden, Städten und Landkreisen andererseits – kontinuierlich auf finanzrelevante Strukturveränderungen auf Landes- wie auf kommunaler Ebene reagiert. Der demografische Wandel und die regional ungleiche Bevölkerungsentwicklung in Brandenburg stellen den kommunalen Finanzausgleich auch zukünftig vor besondere Herausforderungen. Frage 3: Wird die Entwicklung der Einnahmen und der Ausgaben der Kommunen und des Landes insbesondere im ländlichen, metropolenfernen Raum vor dem Hintergrund des demografischen Wandels vorausschauend beobachtet / untersucht? Welche Ergebnisse liegen dazu vor? Frage 4: Wird sich das Angebot aus dem Aufgabenbereich der Kommunen im ländlichen , metropolenfernen Raum durch den fortschreitenden demografischen Wandel verändern und werden dadurch auf die Einwohner in diesen Regionen finanzielle oder logistische Mehrbelastungen zukommen? zu den Fragen 3 und 4: Gemäß § 67 Absatz 4 Brandenburgische Kommunalverfassung (BbgKVerf) ist die von der Gemeindevertretung beschlossene Haushaltssatzung der Kommunalaufsichtsbehörde vorzulegen. Die Kommunalaufsichtsbehörden prüfen gemäß ihrer Zuständigkeit nach § 110 BbgKVerf die Entwicklung der Einnahmen und Ausgaben der Gemeinden und Gemeindeverbände und erteilen – soweit die Haushaltssatzung genehmigungspflichtige Bestandteile erhält oder ein Haushaltssicherungskonzept beschlossen wurde – die erforderlichen kommunalaufsichtlichen Genehmigungen. Zu einer vorausschauenden Beobachtung der Entwicklung der Einnahmen und Ausga- ben der Kommunen des ländlichen, metropolenfernen Raums vor dem Hintergrund des demografischen Wandels liegen der Landesregierung keine Erkenntnisse vor. Vor dem Hintergrund, dass insbesondere die Einnahmen der Kommunen aus Steuern und Kommunalem Finanzausgleich als allgemeine Deckungsmittel genutzt werden können, ist nicht zu quantifizieren, in welchem Maße es zu Mehrbelastungen bei einzelnen Aufgabenbereichen der Kommunen kommen wird. Die gebotene proportionale Verteilung der Finanzmittel zu den wahrgenommenen Aufgaben zwischen dem Land und den Kommunen und im Hinblick auf die proportionale Verteilung zwischen den kommunalen Ebenen wird in einem dreijährigen Rhythmus überprüft und bei Bedarf angepasst. Wegen der unterschiedlichen demografischen Entwicklung der Kommunen wird auf die Antwort zu Frage 1 Bezug genommen . Zudem wird auf den Abschlussbericht der Enquete-Kommission 5/2 „Kommunal- und Landesverwaltung – bürgernah, effektiv und zukunftsfest – Brandenburg 2020“ des Brandenburgischen Landtages verwiesen. Zur Einschätzung der künftigen Tragfähigkeit des Landeshaushaltes vor dem Hintergrund des demografischen Wandels wird auf die Antwort der Landesregierung auf die Frage 1 der Kleinen Anfrage 1598 verwiesen. Frage 5: Welche Schlussfolgerungen zieht die Landesregierung für das Land und die Kommunen aus den zu erwartenden Entwicklungen für das politische Handeln ? zu Frage 5: Die Landesregierung hat unter anderem das Ziel, dass auch im Jahr 2030 in allen Teilen des Landes öffentliche Dienstleistungen bürgernah in vergleichbar hoher Qualität erbracht werden können. Daher soll sowohl auf Landesebene als auch auf kommunaler Ebene die Leistungsfähigkeit gestärkt werden. Das finanzpolitische und haushälterische Handeln der Landesregierung ist darauf ausgerichtet, dass in Reaktion auf die veränderten demografischen Rahmenbedingungen , die Umsetzung finanzierbarer und auf die jeweilige Situation angepasster flexibler Lösungen gelingen kann und somit die langfristige Tragfähigkeit der öffentlichen Haushalte sichergestellt ist. Grundlage dabei muss die Entwicklung tragfähiger Infrastrukturen als wichtige Voraussetzung für Lebensqualität und regionale Attraktivität sein. Die Finanzknappheit der öffentlichen Hand erfordert neue Wege, bei denen im Dialog zwischen Akteuren, Bürgern und Verwaltungen die Verantwortung vor Ort gestärkt und regional akzeptierte und angepasste Lösungen erarbeitet werden. Um dieses Ziel zu erreichen, soll eine Verwaltungsstrukturreform 2019 durchgeführt werden. Angesichts der absehbaren Bevölkerungsentwicklung einerseits und der voraussichtlich zur Verfügung stehenden finanziellen Ressourcen andererseits sollen die öffentlichen Aufgabenträger im Land Brandenburg auf allen Ebenen so aufgestellt werden, dass sie für die Herausforderungen der Zukunft gerüstet sind. Dazu soll insbesondere die Anzahl der Kreise und kreisfreien Städte reduziert werden und Zusammenschlüsse auf gemeindlicher Ebene gefördert werden. Außerdem sollen Aufgaben vom Land auf die kommunale Ebene verlagert werden. In ihrem 3. Demografiebericht hat die Landesregierung die künftigen politischen Herausforderungen, die sich aus den demografischen Veränderungen ergeben, in sechs Leitthemen zusammengefasst: Leitthema „Mobilität“ Leitthema „Medizinische und pflegerische Versorgung“ Leitthema „Bildung und Fachkräfte“ Leitthema „Öffentliche Dienstleistungen – Sicherheit und Verwaltung“ Leitthema „Räumliche Entwicklung und (soziale) Infrastrukturen“ Leitthema „Lebensqualität und gesellschaftlicher Zusammenhalt“. Zu den Schlussfolgerungen für das Land Brandenburg wird auf den o. g. Bericht verwiesen. In dieser Legislatur tagt die Landesregierung einmal jährlich als Demografiekabinett mit dem Ziel, ressortübergreifend über drängende demografische Themen sowie die sich daraus ergebenden politischen Herausforderungen und Reformnotwendigkeiten zu beraten. Am 25. November 2015 fand dementsprechend eine Beratung der Landesregierung zur Bevölkerungsprognose für das Land Brandenburg 2014-2040 sowie zu den Pendlerverflechtungen im Land Brandenburg statt. Die nächste Beratung der Landesregierung als Demografiekabinett ist für den November 2016 geplant.