Datum des Eingangs: 20.05.2016 / Ausgegeben: 25.05.2016 Landtag Brandenburg 6. Wahlperiode Drucksache 6/4208 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 1634 der Abgeordneten Dieter Dombrowski und Gordon Hoffmann der CDU-Fraktion Drucksache 6/3950 FFH-Schutzgebiete und FFH-Managementplanung Namens der Landesregierung beantwortet der Minister für Ländliche Entwicklung, Umwelt und Landwirtschaft die Kleine Anfrage wie folgt: Vorbemerkungen der Fragesteller Bei einem Gespräch mit dem Kreisbauernverband Prignitz wurden von den anwesenden Verbandsvertretern und Landwirten die FFH- Managementplanung und die damit verbundenen Beeinträchtigungen in der Nutzung des Eigentums beklagt. Die Landesregierung stellt in ihrer Argumentation immer darauf ab, dass die FFH-Managementplanung lediglich eine Naturschutzfachplanung sei, die nicht rechtverbindlich gegenüber Eigentümern oder Nutzern ist. Dennoch sind die Inhalte der jeweiligen Managementpläne von den unteren Naturschutzbehörden zu beachten bzw. müssen andere Fachplanungen die Maßnahmen der FFH-Managementpläne berücksichtigen. Insofern haben die Vorgaben sehr wohl auch direkte Auswirkungen auf die jeweiligen Landnutzer und ihr Eigentum. Frage 1: Erkennt die Landesregierung an, dass sich zahlreiche Kulturlandschaften im Land Brandenburg erst durch die verschiedenen Landnutzungen über Jahrzehnte zu dem entwickelt haben, was dann in den 1990er und 2000er Jahren als Gebiet von gemeinschaftlicher Bedeutung im Rahmen der Ausweisung von NATURA 2000-Gebieten an die EU-Kommission gemeldet wurde? zu Frage 1: Ja. Einige Lebensraumtypen des Anhangs I und Habitate der Arten des Anhangs II der FFH-Richtlinie sind durch Landnutzungen entstanden. Um sie zu erhalten, ist auch weiterhin eine Bewirtschaftung erforderlich. Frage 2: In den jeweiligen FFH-Managementplänen werden keine Verbote formuliert. Ge- und Verbote sind jedoch Bestandteil von Schutzgebietsverordnungen, mit denen in Brandenburg u.a. die Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung in der Vergangenheit vornehmlich gesichert wurden. Wie begründet die Landesregierung ihr bisheriges Vorgehen, die Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung vornehmlich über Schutzgebietsausweisungen zu schützen anstatt über vertragliche Vereinbarungen oder Bewirtschaftungserlasse? zu Frage 2: Das Vorgehen, die Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung über Schutzgebietsausweisungen zu schützen, ergibt sich aus dem Bundesnaturschutzgesetz. Gemäß § 32 Abs. 2 Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) sind die FFH-Gebiete entsprechend den jeweiligen Erhaltungszielen zu geschützten Teilen von Natur und Landschaft im Sinne des § 20 Abs. 2 BNatSchG zu erklären. Gemäß § 32 Abs. 4 BNatSchG kann eine Schutzausweisung gemäß der Absätze 2 und 3 unterbleiben, soweit nach anderen Rechtsvorschriften einschließlich dieses Gesetzes und gebietsbezogener Bestimmungen des Landesrechtes, nach Verwaltungsvorschriften, durch Verfügungsbefugnis eines öffentlichen oder gemeinnützigen Trägers oder durch vertragliche Vereinbarungen ein gleichwertiger Schutz gewährleistet ist. Dies ist auch Grundlage für die nach § 14 Abs. 3 Brandenburgisches Naturschutzausführungsgesetz (BbgNatSchAG) möglichen Erhaltungszielverordnungen. Hinsichtlich der Anwendbarkeit von § 32 Abs. 4 des BNatSchG erfolgt eine Einzelfallprüfung. Frage 3: In vielen FFH-Managementplänen wird eine Umwandlung von Ackerland in extensives Grünland oftmals mit dem Ausdruck „sollte“ empfohlen. Inwiefern stehen nach Auffassung der Landesregierung solche Formulierung /Empfehlungen in den FFH-Managementplänen im Widerspruch zu erlaubten Bewirtschaftungsmaß-nahmen in Schutzgebieten, die per LSG- bzw. NSG-Verordnung gesichert sind? zu Frage 3: Ein Widerspruch zu Maßnahmen in LSG- oder NSG-Verordnungen wird nicht gesehen . Auch in zahlreichen NSG wird eine Umwandlung von Acker in extensiv zu bewirtschaftendes Grünland als Pflege- und Entwicklungsmaßnahme benannt. Diese Zielvorgaben sollen im Rahmen der Freiwilligkeit umgesetzt werden. Frage 4: Für das FFH-Gebiet Elbdeichhinterland wird in der Managementplanung eine Rückverlegung des Deiches vorgeschlagen. Inwieweit sind Hochwasserschutzmaßnahmen als Fachplanung berechtigter und legitimierter Bestandteil von FFH-Managementplänen? zu Frage 4: Im Managementplan zum FFH-Gebiet "Elbdeichhinterland" wird keine Deichrückverlegung vorgeschlagen. Die Teilfläche, die in Rede stand, wird dem FFH-Gebiet „Elbdeichvorland “ zugeordnet. Für den FFH-Managementplan „Elbdeichvorland“ liegt noch keine Maßnahmenplanung vor. Eine FFH-Managementplanung kann ein wasserrechtliches Verfahren grundsätzlich nicht ersetzen. Frage 5: Wie viele vertragliche Vereinbarungen oder Bewirtschaftungserlasse wurden in der Vergangenheit zwischen dem Landesumweltamt und den Landnutzer abgeschlossen bzw. erlassen, um die jeweiligen Erhaltungsziele eines FFH- Gebiets in erster Linie über freiwillige Vereinbarungen zu erreichen? zu Frage 5: Das MLUL hat bisher 38 Bewirtschaftungserlasse veröffentlicht. Die vertraglichen Vereinbarungen zu Landnutzungen umfassen neben dem Vertragsnaturschutz beispielsweise auch Maßnahmen aus dem Kulturlandschaftsprogramm. Eine statistische Auswertung, wie viele Maßnahmen des Vertragsnaturschutzes bzw. des Kulturlandschaftsprogrammes zur Umsetzung der jeweiligen Erhaltungsziele von FFH- Gebieten durchgeführt werden, liegt nicht vor. Frage 6: Wie viele FFH-Managementpläne liegen bereits vor, befinden sich derzeit in der Erarbeitung und wie viele bedürfen noch einer Ausschreibung? zu Frage 6: In Brandenburg liegen 358 FFH- Managementpläne vor, befinden sich in Konsultation bzw. sind in der Bearbeitung weit vorangeschritten. Für rund 210 Managementpläne werden Ausschreibungen vorbereitet. Frage 7: Derzeit passt das Ministerium für Ländliche Entwicklung, Umwelt und Landwirtschaft die Verwaltungsvorschrift zur NATURA 2000-Verträglichkeitsprüfung an. In diesem Zusammenhang soll auch der Projektbegriff definiert werden, ab dem für ein Projekt oder eine Tätigkeit eine FFH-Verträglichkeitsprüfung erforderlich sein soll. Wie wird die Landesregierung den Projektbegriff definieren? zu Frage 7: Der Projektbegriff ist in der FFH-Richtlinie und im Bundesnaturschutzgesetz nicht definiert. Deshalb gilt der durch die ständige Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes und des Bundesverwaltungsgerichts geprägte wirkungsbezogene Projektbegriff . Für die Feststellung der Projekteigenschaft eines Vorhabens ist im Einzelfall zu entscheiden, inwiefern es aufgrund seiner Wirkungen ein Natura 2000- Gebiet möglicherweise erheblich beeinträchtigen kann. Frage 8: Ab wann gelten Tätigkeiten der Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft als ein Projekt, für das ggf. eine Verträglichkeitsprüfung nach Auffassung der Landesregierung durchzuführen ist? Wer trägt die Kosten für die Durchführung einer FFH-Verträglichkeitsprüfung? zu Frage 8: Auch für Tätigkeiten der Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft gilt der wirkungsbezogene Projektbegriff. Sie sind einer Verträglichkeitsprüfung zu unterziehen, wenn sie geeignet sind, ein Natura 2000-Gebiet erheblich zu beeinträchtigen (§ 34 Abs. 1 Bundesnaturschutzgesetz). Sofern die Tätigkeit nach anderen Rechtsvorschriften keiner behördlichen Entscheidung oder Anzeige bedarf, ist sie der unteren Naturschutzbehörde anzuzeigen. Dies gibt der Naturschutzbehörde die Möglichkeit zu prüfen , ob eine Verträglichkeitsprüfung erforderlich ist. Ist dies der Fall, so hat der Projektträger nach § 34 Abs. 1 Bundesnaturschutzgesetz die zur Prüfung der Verträglichkeit erforderlichen Unterlagen vorzulegen und trägt hierfür auch die Kosten. Frage 9. Welche Maßstäbe gelten a) für die Abgrenzung, ob es sich um ein Projekt handelt oder nicht, und b) für die Prüfung der FFH-Verträglichkeit eines Projektes ? zu Frage 9: Zur Frage des Maßstabs für die Abgrenzung, ob es sich um ein Projekt handelt oder nicht, wird auf die Antwort zu Frage 7 verwiesen. Maßstab für die Prüfung der Verträglichkeit sind die Erhaltungsziele des jeweiligen Natura 2000-Gebietes. Soweit eine Schutzgebietsverordnung oder eine Erhaltungszielverordnung vorliegt, ergeben sich hieraus die Maßstäbe für die Verträglichkeitsprüfung. Sollten die Natura 2000- relevanten Erhaltungsziele noch nicht in eine Schutzgebiets- oder Erhaltungszielverordnung aufgenommen worden sein, bestehen die Erhaltungsziele in der Erhaltung bzw. Wiederherstellung des günstigen Erhaltungszustandes der im Standarddatenbogen genannten Lebensraumtypen und Arten.