Datum des Eingangs: 10.06.2016 / Ausgegeben: 15.06.2016 Landtag Brandenburg 6. Wahlperiode Drucksache 6/4380 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage Nr. 1696 des Abgeordneten Steeven Bretz CDU-Fraktion Drucksache 6/4093 Finanzierung ungenutzter Flüchtlingsunterkünfte in Potsdam Namens der Landesregierung beantwortet die Ministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit , Frauen und Familie die Kleine Anfrage wie folgt: Vorbemerkungen der Fragesteller: Wortlaut der Kleinen Anfrage Nr. 1696 vom 12.05.2016: In Potsdam ist ungefähr die Hälfte der eingerichteten Plätze für Flüchtlinge unbelegt. Allein zwei ungenutzte Leichtbauhallen in Drewitz und Neu Fahrland kosteten jeweils 750.000,00 Euro (Anschaffungspreis) und 15.000,00 Euro/ Monat für den Sicherheitsdienst (PNN v. 04.05.2016, hohe Kosten für leere Unterkünfte, Potsdamer Beigeordnete: Land muss sich beteiligen). Potsdams Sozialbeigeordnete fordert seit mehreren Monaten eine Beteiligung des Landes an den entstandenen Kosten . Nun hat die Landesregierung erklärt, dass sie sich an den Kosten nicht beteiligen werde und „andere Lösungen“ suche (PNN v. 11.05.2016, Das Land kann nicht zahlen). Frage 1: Wie stellt sich der Sachstand aus Sicht der Landesregierung dar (bitte ausführlich )? zu Frage 1: Die Aufnahme und vorläufige Unterbringung von Flüchtlingen, spätausgesiedelten und weiteren aus dem Ausland zugewanderten Personen ist den Landkreisen und kreisfreien Städten des Landes Brandenburg im Rahmen einer Pflichtaufgabe zur Erfüllung nach Weisung gemäß § 2 Absatz 1 Satz 1 des Landesaufnahmegesetzes (LAufnG) übertragen worden. Die kommunalen Aufgabenträger sind danach gemäß § 10 Absatz 1 LAufnG verpflichtet, Einrichtungen der vorläufigen Unterbringung zu errichten und zu unterhalten. Die Aufgabenträger haben die ihnen im Rahmen des Verteilverfahrens zugeteilten Personen gemäß § 9 Absatz 1 des LAufnG in den Einrichtungen der vorläufigen Unterbringung (Gemeinschaftsunterkünfte , Wohnungsverbünde oder Übergangswohnungen) aufzunehmen. Die dabei gewählte Form der vorläufigen Unterbringung steht im eigenen Ermessen der jeweiligen Landkreise und kreisfreien Städte. Mit Inkrafttreten des novellierten Landesaufnahmegesetzes zum 01. April 2016 haben die kommunalen Aufgabenträger gemäß § 15 Abs. 5 LAufnG seit diesem Zeitpunkt die Möglichkeit, Vorhaltekosten für eine rechtzeitige erstmalige Bereitstellung notwendiger Unterbringungsplätze der vorläufigen Unterbringung erstattet zu bekommen. Für Einrichtungen, die durch das Landesamt für Soziales und Versorgung (LASV) im Rahmen abgesenkter Mindestunter- bringungsstandards befristet genehmigt worden sind (sog. vorübergehende Unterkünfte und Notfallunterkünfte), besteht im LAufnG hinsichtlich einer Vorhaltekostenregelung keine Anspruchsgrundlage. Vom LASV wurden in der Funktion als Anerkennungs - und Erstattungsbehörde gegenüber der Stadt Potsdam (mit Stand zum 31. März 2016) insgesamt 10 Übergangswohnheime mit einer Kapazität von 1.114 Plätzen, 4 Wohnungsverbünde mit einer Kapazität von 430 Plätzen für asylsuchende Personen sowie mehrere Wohnungen für insgesamt 450 Personen anerkannt, welche auch als Unterkunftsmöglichkeit genutzt werden. Mit Stichtag zum 31. März 2016 lag dem LASV in Bezug auf die Stadt Potsdam eine Belegung von insgesamt 1.240 Personen vor. Die Stadt Potsdam hat im Jahr 2016 (mit Stichtag zum 20. Mai 2016) insgesamt 317 asylsuchende Personen aufgenommen, davon entfielen auf den Zeitraum von Januar bis März 159 und auf den Zeitraum von April bis Mai 158 Personen. Mit Stand 31. März 2016 liegen dem LASV von der Stadt Potsdam Anträge auf Anerkennung für Unterbringungseinrichtungen in Drewitz (Leichtbauhalle) und Neu Fahrland (Leichtbauhalle) vor. Das Anerkennungsverfahren für beide Anträge ist derzeit noch nicht abgeschlossen. Seitens des Ministeriums für Arbeit, Soziales, Gesundheit , Frauen und Familie ist derzeit eine Abfrage bei den einzelnen Landkreisen und kreisfreien Städten geplant, um zu erfassen, inwieweit auch in anderen Kommunen ähnliche Situationen in Bezug auf Leerstand von Flüchtlingsunterkünftigen vorliegen und worin diese ihren Hintergrund haben. Frage 2: Welche Gespräche mit welchem Ergebnis fanden bisher zwischen der Stadt Potsdam und der Landesregierung bezüglich der ungenutzten Flüchtlingsunterkünfte statt? zu Frage 2: Im Rahmen der Sitzung der Arbeitsgruppe zur Optimierung des Verteilverfahrens von Asylsuchenden und ausländischen Flüchtlingen im Land Brandenburg am 19. April 2016 informierte die Stadt Potsdam allgemein über die aktuelle Situation der Unterbringungskapazitäten und Strategien zur Verhinderung bzw. Minimierung des Leerstandes. Frage 3: Welche Gesamtkosten sind der Stadt Potsdam für die Unterbringung der Flüchtlinge bisher entstanden (bitte jeweils für die Jahre 2014 – 2016 angeben)? zu Frage 3: An die Stadt Potsdam wurden die in der nachfolgenden Tabelle dargestellten Finanzmittel im Rahmen der Kostenerstattung auf Antrag gewährt, wobei es sich bezogen auf das Jahr 2016 bisher um eine Abschlagszahlung einschließlich beantragter Investitionsmittel handelt. 2014 2015 2016 Jahrespauschale/ Asylbewerber 3.342.714,01 € 7.720.125,08 € 2.540.000,00 € Investitionspauschale 90.500,00 € 1.594.160,27 € 508.479,01 € Die der Stadt Potsdam tatsächlich entstandenen Kosten der Unterbringung sind der Landesregierung nicht bekannt. Frage 4: Ist der Landesregierung bekannt, welche Kosten der Stadt Potsdam allein durch die leer stehenden Unterkünfte entstanden sind? Wenn ja, in welcher Höhe? zu Frage 4: Über diese Kosten liegen der Landesregierung bisher keine Informationen vor. Frage 5: Hat die Stadt Potsdam der Landesregierung mitgeteilt, wie viele Plätze für Flüchtlinge aktuell unbelegt sind? Wenn ja, in welcher Zahl? zu Frage 5: Laut den monatlichen Meldungen über die Ist-Belegung von Januar bis März 2016 erfolgten keine Angaben hinsichtlich der freien Kapazitäten zur Neubelegung . Für den Monat Januar 2016 wurden der Zentralen Ausländerbehörde (ZABH) 50 freie Plätze gemeldet und in gleicher Höhe erfolgte eine Zuweisung an Flüchtlingen . Für den Februar 2016 wurden 62 freie Plätze an die ZABH gemeldet und 57 Flüchtlinge wurden zugewiesen. Im März 2016 wurden 51 freie Plätze gemeldet und es erfolgte eine Zuweisung von 51 Flüchtlingen. Frage 6: Wie viele Plätze sind nach Kenntnisstand der Landesregierung in Potsdam unbelegt? zu Frage 6: Mit Stand 31. März 2016 hatte die Stadt Potsdam nach Auskunft des LASV eine anerkannte Kapazität von 1.404 Plätzen. Nach der Monatsmeldung an das LASV waren 561 Plätze nicht mit Asylantragstellenden und Geduldeten belegt. Frage 7: Liegt dem Landesamt für Soziales und Versorgung ein Erstattungsantrag der Stadt Potsdam für die Kosten der leer stehenden Flüchtlingsunterkünfte vor? zu Frage 7: Dem Landesamt für Soziales und Versorgung liegt kein Antrag auf Erstattung für die Kosten der leer stehenden Flüchtlingsunterkünfte vor. Frage 8: In welchem finanziellen Umfang beabsichtigt die Landesregierung, der Stadt Potsdam Kosten für die ungenutzten Flüchtlingsunterkünfte zu erstatten? zu Frage 8: Die Kostenerstattung richtet sich nach den in der Antwort zu Frage 1 genannten Rechtsvorschriften. Im Falle einer Antragstellung werden deren Voraussetzungen zu prüfen sein. Frage 9: Welche anderen Lösungen außer einer Kostenbeteiligung sieht die Landesregierung , um die Stadt Potsdam bei der Finanzierung der ungenutzten Flüchtlingsunterkünfte zu entlasten? Frage 10: Inwieweit sieht sich das Land in der Verantwortung für die Beteiligung an der Finanzierung der ungenutzten Flüchtlingsunterkünfte in Potsdam? zu den Fragen 9 und10: Die Fragen 9 und 10 werden zusammen beantwortet. Seitens des Landes werden die insbesondere im Herbst 2015 in den Landkreisen und kreisfreien Städten erbrachten Leistungen und erreichten Stände bei der Flüchtlingsunterbringung ausdrücklich gewürdigt. Bund, Länder und Kommunen befinden sich bei der Schaffung und Vorhaltung von Unterbringungsmöglichkeiten für Flüchtlinge in einer Verantwortungsgemeinschaft. Ob und in welchem Rahmen sich das Land an den in Rede stehenden Vorhaltekosten beteiligt, kann erst im Lichte einer Gesamtschau aller finanziellen Belastungen sowie nach einer deutlich höheren Beteiligung des Bundes an den Gesamtkosten beantwortet werden. Frage 11: Die Potsdamer Sozialbeigeordnete argumentiert, die Stadt habe die Verpflichtung , die ungenutzten Flüchtlingsunterkünfte bereitzuhalten. Gibt es eine schriftliche Anweisung des Landes an die Stadt Potsdam für diese Vorsorge? Wenn ja, wie ist sie gesetzlich begründet? zu Frage 11: Nach § 10 Absatz 1 Satz 1 des Landesaufnahmegesetzes sind die Landkreise und kreisfreien Städte verpflichtet, die erforderlichen Einrichtungen der vorläufigen Unterbringung zu errichten und zu unterhalten. Konkrete Anweisungen seitens der Landesregierung an die Stadt Potsdam, wie viele Flüchtlingsunterkünfte bereit zu halten sind, gibt es nicht. Frage 12: Inwieweit gibt es Anweisungen des Landes an die Stadt Potsdam, weitere Flüchtlingsunterkünfte zu schaffen? zu Frage 12: Konkrete Anweisungen der Landesregierung zur Schaffung weiterer Unterkünfte an die Stadt Potsdam gibt es nicht. Im Übrigen wird auf die Beantwortung zu der Frage 11 verwiesen.