Datum des Eingangs: 13.06.2016 / Ausgegeben: 20.06.2016 Landtag Brandenburg 6. Wahlperiode Drucksache 6/4388 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage Nr. 1704 der Abgeordneten Steeven Bretz und Björn Lakenmacher CDU-Fraktion Drucksache 6/4108 Überstunden der Feuerwehrbediensteten der Stadt Potsdam Namens der Landesregierung beantwortet der Minister des Innern und für Kommunales die Kleine Anfrage wie folgt: Vorbemerkungen der Fragesteller: Die Feuerwehrbediensteten der Stadt Potsdam arbeiten im 24-Stunden-Schichtdienst durchschnittlich 56 Wochenstunden pro Jahr. Sie werden auf der Grundlage der in Brandenburg geltenden Arbeitszeitverordnungen zu einem sogenannten Dienst mit Arbeitszeiten, einschließlich Bereitschaftsdienst , herangezogen. Wegen nicht bezahlter Überstunden kam es zu Gerichtsverhandlungen zwischen der Stadt Potsdam und Feuerwehrbediensteten. Frage 1: Welche inhaltlichen Gründe werden in den Entscheidungen der Verwaltungsgerichte Potsdam und Cottbus sowie des Oberverwaltungsgerichts Berlin- Brandenburg zu den Überstunden der Feuerwehrbediensteten angeführt? zu Frage 1: Die erstinstanzlichen Urteilsbegründungen fokussierten auf das sog. Nachteilsverbot gemäß Artikel 22 Absatz 1 der Richtlinie über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung (RL 2003/88/EG), welche dem Mitgliedsstaat freistellt, Artikel 6 dieser Richtlinie anzuwenden und ggfs. über 48 Wochenstunden Arbeit zu leisten. Hingegen lässt die Urteilsbegründung des OVG Berlin-Brandenburg offen, ob durch die im streitbefangenen Zeitraum für die Feuerwehrbeamten einschlägigen Arbeitszeitverordnungen das Nachteilsverbot hinreichend umgesetzt haben, sondern thematisiert die höchstzulässigen Bezugszeiträume für eine Überschreitung der durchschnittlichen wöchentlichen Höchstarbeitszeit. Frage 2: Welche Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts (z. B. BVerwG 2 C 32.10, BVerwG 2 C 29.11 usw.) oder anderer Oberverwaltungsgerichte der Länder zum Sachverhalt der Überstunden der Feuerwehrbediensteten hat es bisher mit welchem Inhalt gegeben? zu Frage 2: Der Landesregierung sind keine Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichtes zum Sachverhalt der Überstunden der Feuerwehrbediensteten im Land Brandenburg bekannt. Frage 3: In der Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 1046 (Drucksache 6/2661) heißt es: „Seitens der Landesregierung wird es derzeit als nicht notwendig erachtet, aufsichtsrechtliche Maßnahmen hinsichtlich der Anwendung der Verordnung über die Arbeitszeit für die Beamten des Polizeivollzugsdienstes, des feuerwehrtechnischen Dienstes und des Justizvollzugsdienstes des Landes Brandenburg (Brandenburgische Arbeitszeitverordnung Polizei, Feuerwehr, Justizvollzug – BbgA- ZVPFJ) bzw. der Abgeltung der Überstunden zu ergreifen.“ Wie kann die Landesregierung zu so einer Einschätzung kommen, wenn ihr noch nicht einmal die Informationen über die Anzahl der Überstunden, das Überschreiten der maximalen Wochenstundenzahl , die Vergütung der Überstunden und die Anzahl der erhobenen Klagen bei der Feuerwehr Potsdam vorliegen (siehe Antwort auf die Fragen 3 bis 6)? zu Frage 3: Durch den Leiter der Dienststelle oder durch von ihm Beauftragte kann für einzelne Beamte Mehrarbeit angeordnet werden (§ 6 BbgAZVPFJ). Die Abgeltung von Überstunden obliegt den jeweiligen Kommunen als Dienstherrn. Darüber hinaus wurde eine Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision gegen die Urteile des Oberverwaltungsgerichtes beim Oberverwaltungsgericht eingereicht. Durch das Oberverwaltungsgericht wurde dieser Beschwerde nicht abgeholfen und die Vorgänge an das Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung gesandt. Erst nach Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes können mögliche aufsichtsrechtliche Maßnahmen abschließend geprüft werden. Frage 4: Weil der aufsichtsrechtliche Verantwortungsbereich der Landesregierung betroffen sein kann, bitten wir ggf. um Nachforschung und Beantwortung der folgenden Fragen: a) Wie viele Überstunden sind jeweils in den Jahren 2007 bis 2016 bei der Feuerwehr Potsdam angefallen? Wie viele Überstunden sind davon jeweils in den Jahren 2007 bis 2016 im Durchschnitt auf einen Feuerwehrbediensteten entfallen? b) Wie viele Bedienstete der Feuerwehr Potsdam haben jeweils in den Jahren 2007 bis 2016 wie häufig und in welchem Maße die von der europäischen Arbeitszeitrichtlinie eingeforderten, maximalen 48 Wochenstunden überschritten? c) Wie viele Bedienstete haben davon hat jeweils in den Jahren 2007 bis 2015 die über die 48 Wochenstunden hinausgehende Arbeitszeit in welcher Höhe vergütet bekommen? d) Wie viele Klagen wurden gegen die Stadt Potsdam wegen nicht vergüteter Überstunden erhoben? zu Frage 4: 4 a) Nach Festsetzung durch das Oberverwaltungsgericht Berlin- Brandenburg wird für den streitgegenständlichen Zeitraum (1. Januar 2008 bis 1. August 2014) ein Schadensersatzanspruch von 270 Stunden je Jahr und Mitarbeiter ausgewiesen. 4 b) In dieser Zeit haben 130 (2007) bis 159 (2016) Mitarbeiter Feuerwehrdienst in den Wachabteilungen geleistet. Ein Großteil der Angehörigen der Berufsfeuerwehr Potsdam war im Zeitraum von 2008 bis 2012 in einer 56 Stunden-Woche und von 2012 bis 2015 in einer 52 Stunden-Woche, jeweils in einem sog. Opt-Out Modell auf eigenem Antrag tätig. Seit dem 1. Januar 2016 arbeiten alle Mitarbeitende grundsätzlich in einem Dienstsystem mit durchschnittlich 48 Stunden regelmäßiger Arbeitszeit. 4 c) Die Höhe der Ansprüche ergibt sich aus der Anzahl der Beamten, den jeweiligen Besoldungsstufen und der Höhe der abzugeltenden Stunden (es wird auf die Antwort zur Frage 4 a) verwiesen). 4 d) Die fallgegenständliche Klage wurde durch sechs Angehörige der Berufsfeuerwehr der Stadt Potsdam eingereicht. Frage 5: Wie sind die jeweils einzelnen Regelungen der Brandenburgischen Arbeitszeitverordnung Polizei, Feuerwehr, Justizvollzug sowie der Erholungsurlaubs- und Dienstbefreiungsverordnung (insbesondere § 5 Zusatzurlaub für Schichtdienst) (europarechtskonform ) auszulegen? Welche Gerichtsentscheidungen mit welchem Inhalt gibt es zu diesen Themenbereichen in Brandenburg, Deutschland und auf EU- Ebene? zu Frage 5: Der Landesregierung sind über die in Frage 1 thematisierten Entscheidungen hinaus im Zusammenhang mit der Arbeitszeit von Feuerwehrbediensteten keine Gerichtsentscheidungen hinsichtlich der Auslegung der BbgAZVPFJ bekannt. Der Landesregierung ist lediglich eine Gerichtsentscheidung zum § 10 Absatz 3 der Erholungsurlaubsverordnung (alte Fassung) bekannt. Hierbei wurden dem Kläger zwei Zusatzurlaubstage für geleisteten Nachtdienst gewährt.