Datum des Eingangs: 14.06.2016 / Ausgegeben: 20.06.2016 Landtag Brandenburg 6. Wahlperiode Drucksache 6/4392 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage Nr. 1703 des Abgeordneten Steeven Bretz CDU-Fraktion Drucksache 6/4107 Belastetes Grundwasser in Potsdam-Babelsberg Namens der Landesregierung beantwortet der Minister für Ländliche Entwicklung, Umwelt und Landwirtschaft die Kleine Anfrage wie folgt: Vorbemerkungen der Fragesteller: Seit längerem wird vor der Nutzung von Grundwasser im Kleinen Industriegebiet in Potsdam-Babelsberg durch die Stadt Potsdam gewarnt, so auch jüngst durch eine Berichterstattung in der MAZ vom 11.05.2016 mit dem Titel „Vergiftetes Grundwasser in Babelsberg“. In dem Gebiet zwischen Großbeerenstraße , Weidendamm, Fritz-Zubeil-Straße, Nuthe, Horstweg, Heinrich-von- Kleist-Straße und An den Windmühlen ist bereits seit 2002 die Nutzung des Grundwassers als Trinkwasser oder zum Bewässern von Nutzpflanzen zum Schutz der menschlichen Gesundheit verboten, da das Grundwasser mit leichtflüchtigen chlorierten Kohlenwasserstoffen belastet ist. Vorbemerkung: Der Landesregierung Brandenburg liegen Informationen über die Erkundung und Abwehr von Umweltgefahren ausschließlich für die zwei Standorte vor, die im Rahmen des Art. 1 § 4 Abs. 3 Umweltrahmengesetz haftungsfreigestellt wurden. Auf dieser rechtlichen Grundlage wurden die Eigentümer bzw. Erwerber der Grundstücke Fritz-Zubeil-Str. 17 (ehemaliges Propangasgerätewerk) und Fritz- Zubeil-Str. 30 (ehemalige chemische Reinigung), für die durch die Benutzung des Grundstücks vor dem 1. Juli 1990 verursachten Schäden im Einvernehmen mit der obersten Landesbehörde (Ministerium für Ländliche Entwicklung, Umwelt und Landwirtschaft des Landes Brandenburg) von den Kostenrisiken der Gefahrenabwehr freigestellt. Die zuständige Behörde für die Altlastenbearbeitung ist die untere Abfallwirtschafts - und Bodenschutzbehörde der Stadt Potsdam. Die Stadt Potsdam hat eine Allgemeinverfügung (inclusive einer umfassenden Begründung) zur Untersagung der Benutzung von Grundwasser innerhalb des genannten Gebietes mit Datum vom 15.04.2016 erlassen und auf der Internetseite der Stadt Potsdam veröffentlicht. Die nachfolgenden Antworten basieren teilweise auf dieser Begründung. Frage 1: Welche Informationen liegen der Landesregierung über die Belastung des Grundwassers in Potsdam-Babelsberg vor? zu Frage 1: Im „kleinen Industriegebiet“ von Potsdam-Babelsberg kam es in den 1980er Jahren auf mehreren Betriebsgrundstücken zu Grundwasserkontaminatio- nen mit organischen Lösungsmitteln LCKW (leichtflüchtige chlorierte Kohlenwasserstoffe ), die Anlass für Brunnensperrungen waren. Seit ca. 25 Jahren werden an den genannten Standorten Untersuchungen und Sicherungs- und Sanierungsmaßnahmen am Boden, an der Bodenluft und am Grundwasser durchgeführt. Das Schadenszentrum befindet sich auf dem Gelände Fritz-Zubeil-Str. 17 und 30, sowie in der Großbeerenstr. 107 – 121 und der Gartenstr. 2 – 12 in Potsdam. Durch die Sanierungsmaßnahmen wurden zwischen 2004 und 2012 erhebliche Schadstoffmengen beseitigt und die Nachlieferungspotenziale von LCKW aus einem Quellbereich reduziert . Gleichwohl liegen die verbleibenden Konzentrationen über den Prüfwerten der Bundesbodenschutzverordnung und den Grenzwerten der Trinkwasserverordnung. Frage 2: Welche Maßnahmen wurden nach Information der Landesregierung in der Vergangenheit von der Stadt Potsdam unternommen, um die Gefährdung durch das belastete Grundwasser abzustellen? zu Frage 2: In der Zeit von 2004 bis 2012 wurde aus insgesamt 4 Förderbrunnen das belastete Grundwasser im unmittelbaren Bereich einer Schadensquelle gefördert und über eine Grundwasserreinigungsanlage gereinigt. Das gereinigte Wasser wurde wieder in das Grundwasser infiltriert. Im Zeitraum 2009/ 2010 erfolgte in 3 Injektions- Kampagnen zusätzlich eine in- situ- chemische Oxidation der Schadstoffe in der Schadensquelle. Darüber hinaus erfolgten Erkundungsmaßnahmen zur Ab- und Eingrenzung des Schadens und eine Bodenluftabsaugung. Im Juni 2012 wurde der Betrieb der Grundwasserreinigungsanlage eingestellt. Die Entwicklung der LCKW Grundwasserkontamination wird jährlich fortlaufend dokumentiert und fachlich durch die untere Abfallwirtschafts- und Bodenschutzbehörde der Stadt Potsdam bewertet. Frage 3: Wie haben sich die Messwerte an den verschiedenen Messpunkten seit 2002 entwickelt und wo liegen die Grenzwerte? zu Frage 3: Die Monitoringberichte dokumentieren im Bereich des Schadenszentrums und im näheren Abstrom einen deutlich abnehmenden Trend. In der Schadstofffahne schwanken die Konzentrationen der Schadstoffe (s. auch Antwort 4). Die Schadstoffkonzentration LCKW (Summe) lag Ende 2015 bei maximal 11.000 µg/l. Der Prüfwert für LCKW nach Anlage 2 der Bundesbodenschutzverordnung beträgt 10 µg/l. Für Trinkwasser liegen die Grenzwerte gemäß Trinkwasserverordnung für die Einzelstoffe Tetrachlorethen und Trichlorethen bei 10 µg/l, sowie 0,5 µg/l für Vinylchlorid . Frage 4: Welche Maßnahmen kann und wird die Landesregierung ergreifen, um gemeinsam mit der Stadt Potsdam wieder einen Normalzustand zu erreichen? zu Frage 4: Eine Sanierung des Grundwassers kann im weiträumigen Bereich der Schadstofffahne in absehbarer Zeit nicht realisiert werden. Gemäß der Begründung der Allgemeinverfügung der Stadt Potsdam ist selbst bei einer angenommenen vollständigen Unterbrechung der Schadstoffnachlieferung aus dem Quellbereich von einer mittel- bis langfristigen Gefährdung von mindestens 50 Jahren auszugehen. Die aktuellen technischen Sanierungsverfahren in Verbindung mit der Beachtung der finanziellen Verhältnismäßigkeit beschränken die Möglichkeit einer umfassenden Sanierung. Die Gefahrenabwehr fokussiert demgemäß auf die menschliche Gesundheit , die durch Aufnahme des kontaminierten Grundwassers geschädigt werden kann. Im betreffenden Gebiet ist die Versorgung mit einwandfreiem Trinkwasser aus dem öffentlichen Netz gesichert. Mit der Allgemeinverfügung untersagt die Stadt Potsdam folgerichtig den Aufschluss der kontaminierten Horizonte durch Bohrungen und Brunnen, sowie den Gebrauch des Grundwassers. Außerdem finden regelmäßig Grundwasserüberwachungsmaßnahmen statt.