Datum des Eingangs: 21.06.2016 / Ausgegeben: 27.06.2016 Landtag Brandenburg 6. Wahlperiode Drucksache 6/4428 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage Nr. 1771 des Abgeordneten Christoph Schulze BVB / FREIE WÄHLER Gruppe Drucksache 6/4209 Gasfeld Märkisch Buchholz - Antrag für die Gasförderung und Aufbereitung von der Firma Engie im Jahre 2016 Namens der Landesregierung beantwortet der Minister für Wirtschaft und Energie die Kleine Anfrage wie folgt: Vorbemerkungen des Fragestellers: Die Stadt Märkisch Buchholz liegt im Landkreis Dahme –Spreewald, Amt Schenkenländchen. Die Firma Engie, weltweit einer der größten Erdgasförderer und -produzenten ist Eigentümer von drei alten Gasbohrstellen aus dem Jahre 1986 im Naturpark Dahme- Heideseen unmittelbar angrenzend an das Biosphärenreservat Spreewald süd-östlich der Stadt Märkisch Buchholz. Nach technischer Wartung und Überprüfung der Bohrstellen werden nun 2 der 3 bestehenden Bohrlöcher (MB1 und MB2) von der Betreiberfirma ENGIE aus Sicherheitsgründen geschlossen. Dafür sollen jetzt 2 neue Bohrungen am Bohrloch MB1 entstehen. Innerhalb der sensiblen Landschaft Münchehofe, Birkholz, Leibsch und Märkisch Buchholz/Köthen soll ca. 30 Jahre Gas gefördert werden und in der Nähe der Stadt Märkisch Buchholz bzw. direkt am Bohrfeld MB1 das Gas in einer Industrieanlage aufbereitet und abtransportiert werden. Frage 1: Ist der Antrag für die Förderung und Aufbereitung überhaupt noch sachgerecht , da ja mit 2 neuen Bohrungen und z. B. Einspeisung von H-Gas ins E-WE-Netz völlig neue Fakten entstanden sind? zu Frage 1: Die Firma ENGIE hält das Bergwerkseigentum an der Erdgaslagerstätte Märkisch Buchholz. Bergwerkseigentum gewährt das ausschließliche Recht, nach § 8 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 Bundesberggesetz (BBergG) bezeichnete Tätigkeiten und Rechte auszuüben, so auch die Aufsuchung und Gewinnung von Erdgas und Erdölbegleitgas sowie das Errichten und Betreiben der damit in Verbindung stehenden Betriebsanlagen und Betriebseinrichtungen. Damit ist das Handeln der ENGIE zur Erschließung der Erdgaslagerstätte sachgerecht und rechtmäßig. Konkrete Anträge hinsichtlich einer Förderung und Aufbereitung stehen aus. Zur Einspeisung von H- Gas in das Erdgasversorgungsnetz des Netzbetreibers EWE gibt es Kooperationen zwischen ENGIE und EWE. Der Antrag zur Erweiterung des bestehenden Erdgasversorgungsnetzes erfolgt durch die EWE. Bezüglich der Vorhaben der ENGIE ergeben sich damit keine neuen Fakten. Frage 2: Ist der Aufstellungsbeschluss der Stadt Märkisch Buchholz aus dem Jahre 2015 auf Grund der völlig veränderten Ausgangssituation, insbesondere durch die geplante Neubohrung damit hinfällig? zu Frage 2: Für den Aufstellungsbeschluss der Stadt Märkisch Buchholz ist die Stadt Märkisch Buchholz zuständig. Aus Sicht der Landesregierung kann festgehalten werden: Der Aufstellungsbeschluss der Stadt Märkisch Buchholz bezieht sich auf das Bauvorhaben für die geplante Erdgasaufbereitungsanlage im Bereich des Gewerbegebietes Ost der Stadt Märkisch Buchholz und ist weiterhin Bestandteil des Prozesses zur Standortauswahl beim Unternehmen. Der Aufstellungsbeschluss hat damit weiterhin Bestand. Den Tatbestand der Neubohrungen, die als Ersatz für die Altbohrungen abgeteuft werden sollen, berührt der Aufstellungsbeschluss nicht. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 1 verwiesen. Frage 3: Gibt es ein bergrechtliches Planfeststellungsverfahren für das Vorhaben Bohrung, Förderung und Aufbereitung von Erdgas aus der Lagerstätte MB“ der Firma ENGIE E&P Deutschland GmbH und wenn ja, wo kann das Planfeststellungsverfahren eingesehen werden? zu Frage 3: Nach Angaben des Unternehmens ist mit einer Erdgasgewinnung von mehr als 500.000 Normkubikmetern (Nm³) pro Tag zu rechnen. Damit besteht im bergrechtlichen Verfahren eine Umweltverträglichkeitspflicht mit Planfeststellung, das eine Öffentlichkeitsbeteiligung einschließt. Entsprechende Antragsunterlagen für die geplanten Bohrtätigkeiten liegen dem Landesamt für Bergbau, Geologie und Rohstoffe noch nicht vor. Aus diesem Grund ist auch eine Unterlageneinsicht noch nicht möglich. Frage 4: Sind die vorliegenden Antragsunterlagen vom Januar 2016 der Firma Engie ausreichend? zu Frage 4: Antragsunterlagen vom Januar 2016 sind dem zuständigen Landesamt für Bergbau, Geologie und Rohstoffe nicht bekannt. Antragsunterlagen für neue Bohrtätigkeiten liegen ebenfalls nicht vor. Frage 5: Welche hochtoxischen Stoffe sind im Sauergas des Bohrfeldes Märkisch Buchholz vorhanden? Gibt es in den Antragsunterlagen Analysen des vorhandenen Sauergases, wenn nein, warum sind die nicht notwendig? zu Frage 5: Das Rohgas der Lagerstätte Märkisch Buchholz besteht zu fast aus 90 % Stickstoff und zu ca. 10 % aus Methan; weiterhin enthält es Spuren an Schwefelwasserstoff . Technische, organisatorische und persönliche Schutzmaßnahmen in Zusammenhang mit Schwefelwasserstoff sind bekannt und werden im Projekt umgesetzt werden. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 4 verwiesen. Frage 6: Wird der anfallende Bohrschlamm nicht als hochgiftiger Sondermüll eingestuft ? Wenn ja, welchen Status hat der anfallende Bohrschlamm? Wie viele hundert oder tausend Tonnen Bohrschlamm werden anfallen? Wo wird der Bohrschlamm entsorgt? Welche Nachweise werden für die Entsorgung des Bohrschlammes verlangt ? zu Frage 6: Die Menge an Bohrabfällen wird im Wesentlichen vom Bohrlochdurchmesser der Bohrabschnittslänge sowie der Gesteinsfestigkeit bestimmt. Bei einer ca. 3.000 m tiefen Bohrung kann überschlägig mit einer Menge an Bohrabfällen von etwa 250 m³ ausgegangen werden. Die Einstufung der Bohrabfälle basiert auf der Abfallverzeichnis -Verordnung. Entsprechend kann erwartet werden, dass die anfallenden Bohrabfälle als „Schlämme und Abfälle aus Süßwasserbohrungen“, „chloridhaltige Bohrschlämme und -abfälle“ und in einer Menge von etwa 25 m³ als „ölhaltige Bohrschlämme und -abfälle“ deklariert werden. Im bergrechtlichen Verfahren ist der Antragsteller aufgefordert, ein Entsorgungskonzept vorzulegen sowie den Entsorgungsnachweis zu führen. Der Umgang mit den Bohrabfällen orientiert sich dabei am Kreislaufwirtschaftsgesetz und prüft zunächst ihre Verwendungsmöglichkeiten, die nicht selten in Zusammenhang mit der Verwahrung alter Kalibergwerke oder im Versatzbergbau zu finden sind. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 4 verwiesen. Frage 7: Gibt es ein Entsorgungskonzept für die entstehenden Flüssigkeiten aus der Entfeuchtung des Gases und wo kann es eingesehen werden? Wie viele m³ sollen p.a. anfallen? Werden die Entfeuchtungsflüssigkeiten evtl. in die Kanalisation eingebracht ? zu Frage 7: Bei der Erdgasgewinnung wird die im Rohgas enthaltende Feuchte bei der Erdgasaufbereitung abgeschieden. Bei dem anfallenden Wasser handelt es sich um kleine Mengen an Kondenswasser, welches Spuren von Salzen, Schwefelkomponenten und aromatischen Kohlenwasserstoffen enthalten kann. Dieses Wasser wird in einen Sammelbehälter geführt, aufbereitet und nach Bedarf der Entsorgung zugeführt. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 4 verwiesen. Frage 8: Die neue technische Anlage (Bohrung, Förderung und Verarbeitung) ist nach eigener Aussage der Firma ENGIE ein Pilotprojekt! Wie wird die SEVESO II- Richtlinie umgesetzt? Ist die Anlage nicht als Störfallanlage einzustufen? Wie wird die naheliegende Wohnbebauung geschützt und gibt es dafür Rettungspläne? zu Frage 8: In Märkisch Buchholz möchte die Firma ENGIE ein für die Erdgasbranche einmaliges Konzept umsetzen: Unter Anwendung bewährter Technologien soll das Rohgas vor Ort überwiegend direkt für den regionalen Markt aufbereitet werden. Die Erdgasaufbereitungsanlage selbst untersteht dabei dem Bergrecht. Im Rahmen des Planfeststellungsverfahrens wird jedoch auch geprüft, ob die Störfallverordnung unmittelbar Anwendung findet. Eine abschließende Standortwahl steht noch aus, so dass derzeitig keine spezifischen Aussagen über Maßnahmen zu umliegenden Schutzgütern getroffen werden können. Frage 9: Ist eine solche Störfallanlage in einem Landschaftsschutzgebiet zulässig, zumal die Gasblase weit in das Biosphärenreservat Spreewald hineinreicht? Sind die von der Betreiberfirma ENGIE vorgelegten Analysen zu den jeweiligen Schutzgütern nicht sehr lückenhaft und unvollständig? zu Frage 9: Eingangs muss klargestellt werden, dass die Lagerstätte Märkisch Buchholz in einem hinreichend durchlässigen Sandstein zu finden ist, dessen Porenraum weitestgehend mit Erdgas gefüllt ist. Für die rechtlichen Rahmenbedingungen der übertägigen Erdgasaufbereitungsanlage ist die Art und Ausdehnung der Lagerstätte allerdings nicht relevant. Eine solche Erdgasaufbereitungsanlage wäre in einem Landschaftsschutzgebiet nur ausnahmsweise zulässig. Hierüber entscheidet das Landesamt für Bergbau, Geologie und Rohstoffe als Planfeststellungsbehörde unter Berücksichtigung der Stellungnahme des Landesamtes für Umwelt. Eine Entscheidung dazu erfolgt auf Grundlage eines entsprechenden Antrags. Ob Antragsunterlagen vollständig sind, kann erst im Rahmen der Antragstellung geprüft werden. Frage 10: Beabsichtigt die Landesregierung jetzt noch grundsätzlich den Beschluss des weltweiten Pariser Klimaschutzabkommens vom November 2015 ( der auch bei den Vereinten Nationen in New York von der deutschen Bundesregierung unterzeichnet wurde und bis 2017 ratifiziert sein wird) mit einer Zulassung von neuen Bohrungen nach Kohlenwasserstoffen zu unterlaufen, zumal in diesem Fall sogar ein Landschaftsschutzgebiet und Biosphärenreservat betroffen wären? zu Frage 10: Erdgas nimmt als Basisenergie eine besondere Rolle im Energiemix ein. Als Energieträger mit vielfältigen Anwendungsmöglichkeiten in der Strom- und Wärmegewinnung sowie der Chemie ist Erdgas ein unverzichtbarer Rohstoff. Die Landesregierung sieht die heimische Erdgasproduktion daher auch vor dem Hintergrund des Klimaschutzes als unverzichtbar an. Durch die Zulassung neuer Bohrungen wird das Klimaschutzabkommen nicht unterlaufen.