Datum des Eingangs: 24.06.2016 / Ausgegeben: 29.06.2016 Landtag Brandenburg 6. Wahlperiode Drucksache 6/4461 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage Nr. 1788 des Abgeordneten Benjamin Raschke Fraktion Bündnis 90/DIE GRÜNEN Drucksache 6/4252 Ende gut alles gut? – Dioxin vom Flughafen Schönefeld und aus der ehemaligen Kläranlage Diepensee in den umliegenden Gewässern Namens der Landesregierung beantwortet der Minister für Ländliche Entwicklung, Umwelt und Landwirtschaft die Kleine Anfrage wie folgt: Vorbemerkungen der Fragesteller: Von 1969 bis 1998 wurde nahe dem mittlerweile umgesiedelten Ort Diepensee eine Kläranlage betrieben, die das Abwasser des Flughafens Schönefeld aufnahm. Seit 1994 war bekannt, dass das Sediment der Kläranlage hochgradig dioxinbelastet war. Die Werte reichten laut Pressebericht an diejenigen des italienischen Ortes Seveso heran, der wegen seines Dioxinunglücks traurige Berühmtheit erlangte. Die Quelle des Dioxins in der Kläranlage sollen Reinigungsmittel für Flugzeugtoiletten gewesen sein. Noch bei der Stilllegung der Anlage lagerten dort hunderte Tonnen giftigen Klärschlamms. 2002 wurde bekannt, dass auch die Sedimente der benachbarten Gewässer, nämlich eines Weihers, des oberen Abschnitts des Selchower Flutgrabens und eines dort gelegenen Regenwasserrückhaltebeckens , sehr stark mit Dioxin belastet waren. Diese Belastung ging offenbar auf wiederholte Havarien der Kläranlage bei starken Regengüssen zurück. Die Kläranlage wurde im Zuge des BER-Flughafenbaus zurückgebaut, die giftigen Klärschlämme entsorgt. Der Diepenseer Weiher wurde durch Auskofferung und Entsorgung des belasteten Sedimentschlamms dekontaminiert. In den Jahren 2005 und 2006 wurden schließlich auch das Regenwasserrückhaltebecken und dessen Zulauf, der obere Teil des Selchower Flutgrabens, saniert und kontaminierte Schlämme entsorgt . Die Dioxinbelastung im unterhalb des Regenwasserrückhaltebeckens gelegenen Abschnitt des Selchower Flutgrabens hielten die obere und die untere Bodenschutzbehörde 2002 dagegen für vertretbar. Über den Selchower Flutgraben wird Niederschlagswasser vom BER-Gelände abgeleitet. Der Graben soll bis zu 2 Kubikmeter Wasser pro Sekunde vom Flughafen aufnehmen. Zu diesem Zweck wurde der Graben nach 2006 ausgebaut. Sedimente wurden bewegt, die Fließgeschwindigkeit hat sich verändert. Der Flutgraben durchfließt die Orte Schulzendorf, Eichwalde und Zeuthen und mündet in den Zeuthener See bzw. in die Dahme. Das Grundwasser im Bereich der ehem. Kläranlage und der genannten Gewässer sei nicht durch Dioxin belastet, teilte 2002 die untere Wasserbehörde mit. Die Grundwasser führende Schicht fällt nach Osten und damit Richtung Wasserwerk Eichwalde ab. Vorbemerkung: Die Kläranlage Diepensee wurde in der Zeit von 1969 bis 1998 betrieben und 1998 stillgelegt. In der Kläranlage wurden überwiegend Abwässer des Flughafens Berlin- Schönefeld, der Gemeinde Diepensee und einiger Grundstücke der Gemeinde Schönefeld mechanisch-biologisch gereinigt. Das gereinigte Wasser wurde in den Selchower Flutgraben abgeleitet. Dieser führt in ein Regenrückhaltebecken und entwässert abschließend in den Zeuthener See. Während des Betriebes der Anlage wurde bei Starkregenereignissen überschüssiges Abwasser in einen nordwestlich gelegenen Tümpel abgeleitet. Als zuständige untere Bodenschutzbehörde war für die Altlastenerkundung und -sanierung der Landkreis Dahme- Spreewald zuständig. Das damalige Landesumweltamt (jetzt LfU) unterstützte den Landkreis bei der Bewertung der Kontaminationen boden- und grundwasserfachlich. Das Umweltministerium war an der Sanierung des Tümpels, des Selchower Flutgrabens und des Regenrückhaltebeckens im Rahmen des Freistellungsverfahrens des Sanierungsverpflichteten (gemäß Art. 1 § 4 Abs. 3 Umweltrahmengesetz) bis zum Abschluss der Sanierungsmaßnahmen beteiligt. Aktuelle Informationen zum Status der Boden- und Wasserbeschaffenheit liegen der Landesregierung nicht vor, zuständig ist der Landkreis als untere Boden- und Wasser-, sowie Gesundheitsbehörde (Trinkwasser). Im Zuge umfassender Erkundungsmaßnahmen im Jahr 2002 wurden in folgenden Bereichen dioxinhaltige Schlämme und Sedimente festgestellt: 1. Restschlämme auf dem Gelände der Kläranlage, 2. Sedimente des nordwestlich gelegenen Weihers, 3. Sedimente des Selchower Flutgrabens und des Regenrückhaltebeckens. Belastungen des Grundwassers konnten in allen Bereichen durch den Bau und die Beprobung mehrerer Grundwassermessstellen nachweislich ausgeschlossen werden . Folgende Maßnahmen wurden durch die zuständigen Behörden veranlasst: Die Restschlämme auf dem Gelände der Kläranlage wurden bis 2005 fachgerecht entsorgt. Der nordwestlich der Kläranlage gelegene Weiher wurde eingezäunt und im Jahr 2004 begann die fachgerechte Entsorgung der Sedimente. Die dioxinhaltigen Sedimente aus dem Regenrückhaltebecken und dem Selchower Flutgraben wurden 2006 beräumt und entsorgt. Frage 1: Wurde die Quelle des Dioxins zwischenzeitlich eindeutig identifiziert? Woher stammte das Dioxin? Falls nein, warum wurde die Quelle nicht eindeutig identifiziert ? zu Frage 1: In der Untersuchungsphase bis 2002 konnte die Quelle für die Dioxinbelastung in der Kläranlage Diepensee und dem Selchower Flutgraben einschließlich Rückhaltebecken nicht eindeutig geklärt werden. Frage 2: Welche Dioxinkonzentrationen wurden in den Klärschlämmen gemessen? zu Frage 2: In den Klärschlämmen wurden 1998 bis zu 8.200 ng ITE/kg TS nachgewiesen . Frage 3: Welche Dioxinkonzentrationen wurden im Sediment des bei Diepensee gelegenen Weihers gemessen? zu Frage 3: Im Weiher mit Zulauf von der Kläranlage nordwestlich der Kläranlage Diepensee wurden - 01/2004 vor der Entschlammung bis 22.102 ng ITE/kg TS - 04/2004 nach der Entschlammung bis 437 ng ITE/kg TS gemessen. Frage 4: Welche Dioxinkonzentrationen wurden im Sediment des Selchower Flutgrabens oberhalb des Regenwasserrückhaltebeckens gemessen? zu Frage 4: Im Selchower Flutgraben oberhalb des Regenwasserrückhaltebeckens wurden - 08/2002 vor der Entschlammung bis 1.193 ng ITE/kg TS - 02/2006 nach der Entschlammung < 200 ng ITE/kg TS gemessen. Frage 5:Welche Dioxinkonzentrationen wurden im Sediment des Regenwasserrückhaltebeckens gemessen? zu Frage 5: Im Sediment des Regenwasserrückhaltebeckens wurden - 08/2002 vor der Entschlammung bis 12.236 ng ITE/kg TS - 02/2006 nach der Entschlammung 75 ng ITE/kg TS gemessen. Frage 6: Welche Dioxinkonzentrationen wurden im Sediment des Selchower Flutgrabens unterhalb des Regenwasserrückhaltebeckens gemessen? Wo wurden die Proben entnommen? zu Frage 6: Im Sediment des Flutgrabens unterhalb des Regenwasserrückhaltebeckens (1 km abstromig vom Rotbergbecken) wurden im August 2002 zwischen 100 und 200 ng ITE/kg TS gemessen. Vor dem Zufluss zum Zeuthener See wurden 50 ng ITE/kg TS nachgewiesen. Frage 7: Wann und wo ist das Grundwasser auf Dioxinbelastung untersucht worden? zu Frage 7: 2002 sowie 2004 wurde das Grundwasser im unmittelbaren Bereich der Kläranlage Diepensee untersucht, dabei wurden keine Belastungen mit Dioxinen /Furanen nachgewiesen. Frage 8: Wurde das Grundwasser nahe der belasteten Gebiete in jüngerer Zeit erneut auf Dioxin untersucht? Wenn ja durch wen, wann und wo? Falls keine weitere Beprobung erfolgte, warum nicht? zu Frage 8: Hierzu liegen der Landesregierung keine Informationen vor. Zuständige Behörde ist der Landkreis Dahme-Spreewald. Frage 9: Wo sind die Untersuchungsergebnisse zu Fragen 2. bis 8. einsehbar? zu Frage 9: Die Untersuchungsergebnisse bis zum Jahr 2002 sind beim Landesamt für Umwelt (LfU) einsehbar, Berichte späteren Datums liegen im MLUL (Haftungsfreistellung ) vor. Daten zu Frage 8 liegen den Landesbehörden nicht vor. Frage 10: Welche Konsequenzen wurden im Einzelnen aus den Untersuchungsergebnissen zu Fragen 1. bis 8. gezogen? zu Frage 10: Zwischen 2002 und 2006 erfolgte eine Sanierung der mit Dioxinen belasteten Bereiche. Unter Berücksichtigung der Maßnahmewerte der Bundesbodenschutzverordnung (BBodSchV) ist davon auszugehen, dass keine Umweltgefährdungen durch Dioxine/Furane am Standort bestehen. Die Maßnahmewerte betragen - für Industrieflächen 10.000 ng ITE/kg TS - für Wohngebiete, Park- und Freizeitanlagen 1.000 ng ITE/kg TS. Frage 11: Wird das vom Wasserwerk Eichwalde geförderte Grundwasser auf Dioxin untersucht? Falls nein, warum nicht? zu Frage 11: Hierzu liegen der Landesregierung keine Informationen vor. Die Zuständigkeit liegt beim Landkreis Dahme-Spreewald. Frage 12: Wie wurde verhindert, dass vor und während der Sanierungsarbeiten am oberen Selchower Flutgraben und am Regenwasserrückhaltebecken Dioxin in den unterhalb gelegenen Grabenbereich gelangte? zu Frage 12: Es erfolgte vor Beginn der Sanierungsarbeiten eine Absperrung des Flutgrabens ober- und unterhalb des Sanierungsbereiches. Das Wasser des Flutgrabens wurde mit einer Leitung um den Sanierungsbereich um- und abstromig wieder eingeleitet. Frage 13: Wurde das Sediment des Selchower Flutgrabens unterhalb des Regenwasserrückhaltebeckens nach 2002, nach der Sanierung der oberhalb gelegenen Gewässer und während oder nach dem Ausbau des Grabens nach 2006 erneut auf Dioxin untersucht? Wenn ja, wo, wann und durch wen? Wo sind die Ergebnisse einzusehen ? Falls nein, warum wurden keine weiteren Untersuchungen vorgenommen? Sind solche Untersuchungen geplant und wann sollen sie von wem und wo vorgenommen werden? zu Frage 13: Hierzu liegen der Landesregierung keine Informationen vor. Die Zuständigkeit liegt beim Landkreis Dahme-Spreewald. Frage 14: Wie wird sichergestellt, dass Enteisungsmittel, Kerosin und andere Verschmutzungen von den Flächen des BER weder ins Grundwasser noch in die beiden ableitenden Gewässer Selchower Flutgraben und Glasowbach gelangen können? zu Frage 14: Im Planfeststellungsbeschluss zum Ausbau des Verkehrsflughafens Berlin-Schönefeld vom 13.08.2004 in seiner aktuellen Fassung sind unter der Ziffer A II 12 die wasserrechtlichen Regelungen zum Bau und Betrieb des Niederschlagswasserbehandlungssystems zur Reinigung des durch Luftfahrzeug- und Flächenenteisung und durch Flugkraftstoff-Tropfverluste verschmutzten Niederschlagswassers von den befestigen Flugbetriebsflächen aufgenommen. Durch die genehmigte Abwasserbehandlungsanlage wird sichergestellt, dass eine Gefährdung der Wassergüte durch verschmutztes Niederschlagswasser ausgeschlossen wird. Werden die für die Einleitung in die Gewässer vorgegebenen Überwachungswerte dennoch einmal nicht eingehalten, erfolgt die Überleitung des Niederschlagswassers zur Kläranlage Waßmannsdorf.