Datum des Eingangs: 20.01.2015 / Ausgegeben: 26.01.2015 Landtag Brandenburg 6. Wahlperiode Drucksache 6/451 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 138 des Abgeordneten Mike Bischoff der SPD-Fraktion Drucksache 6/318 Sicherstellung der Versorgung der Patienten durch das Agnes-Projekt Wortlaut der Kleinen Anfrage 138 vom 19.12.2014: Im Koalitionsvertrag steht, dass die stationäre und ambulante Versorgung im Land Brandenburg stärker als bisher ineinander verschränkt werden soll und das für alle Patientinnen und Patienten AGNES II Standard im Land werden soll. Bis heute haben jedoch nur 3 Krankenkassen der AGNES II- Vereinbarung zuge- stimmt (AOK, BAR-MER, TK). Aktuell muss der Vertragsarzt sämtliche Kosten für die notwendige Ausstattung selbst finanzieren (Ausbildung, Fahrzeug mit Beschriftung, Telefon, PC, Visitenkar- ten). Die bisher gezahlte Pauschale in Höhe von max. 120,- Euro im Quartal entspricht nicht dem Aufwand, der notwendig ist, um Hausbesuche, Gespräche und Kontakte zu anderen Institutionen zu realisieren. Im Gegensatz dazu werden die finanziellen Grundlagen für die nichtärztliche Praxi- sassistentin ab 1.1.2015 deutlich verbessert. Diese werden für jeden Hausbesuch (mit klar definierten Leistungen und planbarem Zeitaufwand) bezahlt. Zusätzlich gibt es dann einen Aufschlag zur Vorhaltepauschale für die Praxis. Eine Bedingung der AOK für die Zulassung einer AGNES2-FACHKRAFT ist die Teil- nahme am Haus-ärztevertrag, dessen Umsetzung regional erschwert ist (Ärzteman- gel, überfüllte Warteräume, Alters-struktur). Entsprechend der bisherigen Ergebnisse der AGNES-Projekte und der Pflegestütz- punkte liegt der Bedarf an entsprechenden Fachkräften bei 5-10 % der von den Pra- xen versorgten Patienten. Geht man dabei von 1200 Patienten im Quartal aus, würde das einen Anteil von 60-120 Patienten ausmachen, welche von einer AGNES betreut werden. Da es sich um ein Case-Management handelt, welches selbstständiges und vom praxisalltag unabhängiges Arbeiten erfordert, ist der personelle Aufwand sehr hoch. Die Finanzierung einer zusätzlichen Fachkraft ist nach den geltenden Bedingungen entsprechend des EBM nicht möglich. Außerdem gibt es auf dem Arbeitsmarkt kaum ausgebildete Fachkräfte, die den Anforderungen entsprechen. Ich frage die Landesregierung: 1. Wie soll in Zukunft eine Versorgung aller Patienten krankenkassenunabhängig realisiert werden? 2. Wird es für die Ausstattung und Qualifizierung der entsprechenden Fachkraft eine Kostenerstattung oder eine Pauschale geben? 3. Ist eine Anpassung der Finanzierung an die tatsächlichen Aufwendungen geplant ? 4. Wird es auch für die Anstellung einer Agnes2-FACHKRAFT eine Erhöhung der Vorhaltepauschalen geben? 5. Warum wird die so wichtige Tätigkeit an den Hausarztvertrag gebunden, dessen Realisierung für einen Hausarzt kaum umzusetzen ist? 6. Warum ist der Vertragsarzt zusätzlich verpflichtet, Kooperationen mit weiteren Ärzten einzugehen, um seine AGNES beschäftigen zu dürfen? Namens der Landesregierung beantwortet die Ministerin für Arbeit, Soziales, Ge- sundheit, Frauen und Familie die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1: Wie soll in Zukunft eine Versorgung aller Patienten krankenkassenunab- hängig realisiert werden? zu Frage 1: Eine krankenkassenunabhängige Versorgung aller Patienten bei denen ein Bedarf an Versorgung durch eine „agnes zwei“-Fachkraft besteht, ist wünschenswert. Die Landesregierung ist mit den beteiligten Akteuren im Gespräch um eine krankenkas- senunabhängige Versorgung im Land zu erreichen. Die Federführung und Verant- wortung für den Einsatz der „agnes zwei“-Fachkräfte liegt bei der IGiB (Innovative Gesundheitsversorgung in Brandenburg - einer Arbeitsgemeinschaft in der die Kas- senärztliche Vereinigung Brandenburg - KVBB, die AOK Nordost und die BARMER GEK zusammenarbeiten). Derzeit gibt es zwischen der KVBB und der AOK Nordost, der BARMER GEK und der Techniker Krankenkasse eine entsprechende Vereinba- rung beziehungsweise einen entsprechenden Vertrag über die Einbindung einer „ag- nes zwei“-Fachkraft in die Patientenversorgung. Es können damit zwar nur die Versi- cherten der drei genannten Krankenkassen durch einen „agnes zwei“-Fachkraft ver- sorgt werden, dies sind jedoch bereits über 50 % der Brandenburgerinnen und Bran- denburger. Darüber hinaus steht es grundsätzlich anderen Krankenkassen offen eine vergleichbare Vereinbarung beziehungsweise einen vergleichbaren Vertrag mit der KVBB zu schließen. Es liegen bei der KVBB Anträge verschiedener Krankenkassen vor. Individuelle Verhandlungen mit den interessierten Krankenkassen werden infol- ge dessen entsprechend geführt werden. Aktuell sind bereits 90 geschulte „agnes zwei“-Fachkräfte in nahezu allen Landkrei- sen Brandenburgs unabhängig vom Versorgungsgrad im Einsatz. Für März 2015 ist ein neuer Kurs geplant, in dem voraussichtlich 30 weitere Fachkräfte geschult wer- den. Neben den „agnes zwei“-Fachkräften in Brandenburg gibt es seit 2009 bundes- weit die nichtärztlichen Praxisassistentinnen auf der Grundlage des § 87 SGB V. Im Gegensatz zur „agnes zwei“-Fachkraft, deren Hauptaufgabe das Fallmanagement für besonders betreuungsintensive chronisch kranke und ältere Patienten ist, sieht das arztunterstützende Aufgabenprofil der nichtärztlichen Praxisassistentin ärztlich ange- ordnete Hilfeleistungen vor (Patientenbeobachtung, Medikamentenerfassung, Ermitt- lung von Ressourcen und Defiziten, Durchführung von Testverfahren, Blutdruckmes- sung, EKG-Aufzeichnung und die Bestimmung definierter Laborparametern). Der Einsatz nichtärztlicher Praxisassistentinnen war bisher auf Regionen beschränkt für die der Landesausschuss der Ärzte und Krankenkassen eine ärztliche Unterver- sorgung, eine drohende Unterversorgung oder einen zusätzlichen lokalen Versor- gungsbedarf im hausärztlichen Versorgungsbereich festgestellt hat. Die Einschrän- kung des Einsatzes auf unterversorgte Regionen und Hausärzte soll aufgehoben werden. Durch diese Änderung können dann alle Ärztinnen und Ärzte, die eine Un- terstützung durch eine nichtärztliche Praxisassistentin wünschen, diese auch erhal- ten, wenn eine entsprechend qualifizierte Fachkraft in der Praxis tätig ist. Bereits jetzt werden durch die Vertragspartner der IGiB Schulungen für eine Nachqualifizierung der „agnes zwei“-Fachkräfte konzipiert, sodass es zukünftig möglich ist, die Leistun- gen der „agnes zwei“-Fachkraft und der nichtärztlichen Praxisassistentin aus einer Hand in Anspruch nehmen zu können. Frage 2: Wird es für die Ausstattung und Qualifizierung der entsprechenden Fach- kraft eine Kosten-erstattung oder eine Pauschale geben? zu Frage 2: Da die Federführung und die Verantwortung für den Einsatz der „agnes zwei“- Fachkräfte bei der KVBB und den Krankenkassen liegen, liegt auch die Entschei- dung über eine solche Pauschale bei den genannten Partnern. Auf Nachfrage bei der KVBB ist das Interesse bei den Brandenburger Ärztinnen und Ärzten nach einer sol- chen Fachkraft groß. Gleichzeitig wird der entlastende Mehrwert von den Branden- burger Ärztinnen und Ärzten sehr geschätzt sodass kein Bedarf gesehen wird hier entsprechend nachzubessern. Frage 3: Ist eine Anpassung der Finanzierung an die tatsächlichen Aufwendungen geplant? zu Frage 3: Da die Federführung und die Verantwortung für den Einsatz der „agnes zwei“- Fachkräfte bei der KVBB und den Krankenkassen liegen, liegt auch die Entschei- dung über die Art der Finanzierung bei den genannten Partnern. Nach Auskunft der KVBB ist die Pauschale bereits aufwandsgerecht kalkuliert. Frage 4: Wird es auch für die Anstellung einer Agnes2-FACHKRAFT eine Erhöhung der Vorhalte-pauschalen geben? zu Frage 4: Da die Federführung und die Verantwortung für den Einsatz der „agnes zwei“- Fachkräfte bei der KVBB und den Krankenkassen liegen, liegt auch die Entschei- dung über und Höhe der Vorhaltepauschalen bei den genannten Partnern. Die Pau- schale für einen Besuch der „agnes zwei“-Fachkraft liegt derzeit bei 40 € pro Besuch und darf pro Patient bis zu 3-mal im Quartal abgerechnet werden. Nach Auskunft der KVBB ist derzeit keine Anpassung geplant. Frage 5: Warum wird die so wichtige Tätigkeit an den Hausarztvertrag gebunden, dessen Realisierung für einen Hausarzt kaum umzusetzen ist? zu Frage 5: Grundsätzlich teilnahmeberechtigt sind alle niedergelassenen Ärzte, Ärzte in Einrich- tungen nach § 311 Abs. 2 SGB V, Ärzte in Medizinischen Versorgungszentren ge- mäß § 95 SGB V, Ärzte in Einrichtungen gemäß § 105 SGB V sowie Ärzte gem. § 24 Abs. 3 Satz 6 Ärzte-ZV im Bereich der KVBB. Einzig bei der Vereinbarung über die Einbindung einer „agnes zwei“-Fachkraft zwischen der KVBB und der AOK Nordost ist bei hausärztlich tätigen Vertragsärzten zusätzlich die Teilnahme am AOK HzV- Vertrag Voraussetzung. Dies ist das Ergebnis der Verhandlungen zwischen der KVBB und der AOK Nordost. Frage 6: Warum ist der Vertragsarzt zusätzlich verpflichtet, Kooperationen mit weite- ren Ärzten einzugehen, um seine AGNES beschäftigen zu dürfen? zu Frage 6: Die Notwendigkeit der Kooperation ist im Tätigkeitsfeld der „agnes zwei“-Fachkraft begründet. Ihre Hauptaufgabe ist das Fall- und Schnittstellenmanagement, sprich die Koordinierung der Versorgung von besonders betreuungsintensiven chronisch kran- ken und älteren Patienten. Dies ist ohne Kooperationen zwischen den einzelnen be- treuenden Haus- und Fachärzten sehr schwierig.