Datum des Eingangs: 13.07.2016 / Ausgegeben: 18.07.2016 Landtag Brandenburg 6. Wahlperiode Drucksache 6/4640 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 1810 der Abgeordneten Raik Nowka, Rainer Genilke und Steeven Bretz der CDU-Fraktion Drucksache 6/4315 Rückforderungen von Mitteln aus dem EFRE-Programm zur nachhaltigen Stadtentwicklung Namens der Landesregierung beantwortet die Ministerin für Infrastruktur und Landesplanung die Kleine Anfrage wie folgt: Vorbemerkungen der Fragesteller: Durch das EFRE-Programm zur nachhaltigen Stadtentwicklung werden ausgesuchte Städte im Land Brandenburg finanziell gefördert und dabei unterstützt, sich als Aktivpunkte für die Unternehmen und Bürger sowohl innerhalb der Städte als auch für die regionalen Akteure in ihrem Umland zu entwickeln. Durch das Zusammenwirken von Stadtentwicklung, Ökonomie, Ökologie und aktiver Bürgerschaft sollen diese Städte nachhaltig gestärkt werden. In der Förderperiode 2007-2013 konnten im Land Brandenburg ca. 1,5 Mrd. EUR aus dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung eingesetzt werden. Für den Schwerpunkt 4 („Umwelt und städtische Entwicklung“) standen 223 Mio. EUR zur Verfügung. Die Investitionsbank des Landes Brandenburg (ILB) ist die zentrale Bewilligungsstelle für EU-Fördermittel in Brandenburg. Inzwischen gibt es Hinweise darauf, dass Rückforderungen der im Rahmen dieses Programmes erfolgten Zuwendungen durch die ILB im Raum stehen. Frage 1: Gegenüber welchen Zuwendungsempfängern im Rahmen des oben genannten Programms zur nachhaltigen Stadtentwicklung hat die ILB die Aufhebung der Zuwendungsbescheide sowie die Rückforderung von Zuwendungen angekündigt ? Frage 2: Sind weitere Prüfungen geplant, die eine Aufhebung bzw. Rückforderung in anderen Fällen nach sich ziehen könnten? Frage 3: Auf welche Gründe gehen die möglichen Rückforderungen im Einzelnen zurück? zu Fragen 1 bis 3: Derzeit werden „Vergaben freiberuflicher Leistungen unterhalb des EU-Schwellenwertes“ überprüft. Dies betrifft unter anderem EFRE-finanzierte Vorhaben, die im Rahmen des Programms „Nachhaltige Stadtentwicklung“ in der Förderperiode 2007 – 2013 gefördert wurden. Anlass für die Überprüfungen der ILB waren Prüffeststellungen zu einzelnen Vorhaben der dem MdF zugeordneten EU- Prüfbehörde im Rahmen von regulären Stichprobenprüfungen. Die ILB wurde als zwischengeschaltete Stelle mit Schreiben vom 18. Februar 2016 durch die Verwaltungsbehörde EFRE (MWE) dazu aufgefordert, diese Überprüfungen durchzuführen. Die ILB hat im Zuge einer entsprechenden Prüfung alle 15 Kommunen, die im Rahmen des Förderprogramms „Nachhaltige Stadtentwicklung“ gefördert wurden, dazu angehört. Ziel der Abfrage war die Überprüfung des wirtschaftlichen und sparsamen Mitteleinsatzes unter Beachtung der Grundsätze der Transparenz und Diskriminierungsfreiheit bei der Vergabe der entsprechenden Aufträge durch öffentliche Auftraggeber . Dieser Nachweis sollte durch die Kommunen erbracht werden. Zurzeit werden keine weiteren Prüfungen durchgeführt, die die Nachhaltige Stadtentwicklung betreffen. Frage 4: Wie hoch sind jeweils die möglichen Rückforderungen pro Zuwendungsempfänger ? Frage 5: Durch welche Faktoren wird in diesem Fall die Höhe einer möglichen Rückforderung bzw. Kürzung der zweckgebundenen Zuweisungen beeinflusst? zu den Fragen 4 und 5: Finanzkorrekturen werden auf Grundlage der entsprechenden EU-Leitlinien erlassen. Derzeit wird ein Korrektursatz auf nicht ordnungsgemäß vergebene freiberufliche Leistungen unterhalb des EU-Schwellenwertes i.H.v.25 % des beanstandeten Auftragswerts angewandt. Die konkreten Beträge werden durch die ILB derzeit auf Grundlage der Rückäußerungen zur Anhörung bzw. der Aktenlage bei nicht erfolgter Rückäußerung ermittelt. Frage 6: Wann erfolgte die Prüfung der gewährten Zuwendungen durch die ILB und wann wurde diese Prüfung jeweils mit welchem Ergebnis abgeschlossen? zu Frage 6: Die Prüfung der Verwendungsnachweise wurde in dem Zeitraum vom 13.11.2009 bis 11.12.2015 für alle 88 prüfungsrelevanten Anträge abgeschlossen. Dabei ergaben sich für sechs Antragssteller Rückforderungen aus der Verwendungsnachweisprüfung . Für 12 Antragsteller ergaben sich Zinsforderungen aus der Verwendungsnachweisprüfung. Frage 7: Wann haben welche Prüfbehörden der Europäischen Union die Zuwendungen mit welchem Ergebnis geprüft? Frage 8: Wann und in welcher Höhe wurden von der Europäischen Union EFRE- Mittel im Rahmen des Programms zur nachhaltigen Stadtentwicklung zurückgefordert ? Falls noch nicht erfolgt: Sind Rückforderungen seitens der EU angekündigt worden? zu den Fragen 7 und 8: Die Prüfbehörde beim MdF hat die in Rede stehenden Zuwendungen ausschließlich im Rahmen von Stichprobenprüfungen überprüft. Diese haben zu gemeinsamen Überlegungen zur Untersuchung dieser Vergaben seitens der Verwaltungsbehörde EFRE, der ILB und der Prüfbehörde geführt. Durch die EU wurden keine Rückforderungen geltend gemacht oder angekündigt (siehe Antwort zu Frage 1 bis 3). Frage 9: Kommt angesichts der Tatsache, dass die Durchführung der Maßnahmen oftmals bereits viele Jahre zurückliegt, ein Vertrauensschutz zugunsten der Zuwendungsempfänger in Betracht? zu Frage 9: Bei den Zuwendungsempfängern handelt es sich regelmäßig um Kommunen . Nach der ständigen Rechtsprechung des BVerwG kann sich eine Kommune gegenüber einer anderen Behörde grundsätzlich nicht auf Vertrauensschutz berufen. Allerdings besitzen auch öffentlich-rechtliche Zuwendungsempfänger aus Gründen der Mitteldisposition ein schützenswertes Interesse an verlässlichen Entscheidungen des Zuwendungsgebers. Dieses Interesse wird im Rahmen der Ermessensausübung beachtet und mit den finanziellen Interessen beim Einsatz von Strukturfondsmitteln abgewogen. Frage 10: Unter welchen Bedingungen kann bei der Vergabe von freiberuflichen Leistungen unterhalb des EU-Schwellenwertes von der Einholung von Angeboten von Wirtschaftsteilnehmern abgesehen werden? zu Frage 10: Bei der Vergabe freiberuflicher Leistungen unterhalb des EU- Schwellenwerts kann von der Einholung mehrerer Angebote nur abgesehen werden, wenn die Haushaltsgrundsätze Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit und die Vergabegrundsätze Wettbewerb, Gleichbehandlung und Transparenz eingehalten bleiben. Das Absehen von der Einholung mehrerer Angebote kann daher nur die Ausnahme sein, wenn der Nachweis auf andere Art und Weise erbracht wird. In der Regel müssen mehrere Angebote eingeholt werden. Frage 11: Wie bewertet das Finanzministerium in diesem Zusammenhang die Dienstanweisung des Ministeriums des Innern vom 17.06.2004 zur Rechtswidrigkeit der Einholung von verbindlichen Kostenangeboten öffentlich bestellter Vermessungsingenieure durch brandenburgische Kommunen? zu Frage 11: Die benannten Ausführungen im Schreiben des Ministeriums des Innern des Landes Brandenburg vom 17.06.2004 haben nach wie vor Gültigkeit. Ein fehlender Preiswettbewerb schließt weder die Einholung von Kostenschätzungen, noch den Wettbewerb über andere Kriterien aus.