Datum des Eingangs: 18.07.2016 / Ausgegeben: 25.07.2016 Landtag Brandenburg 6. Wahlperiode Drucksache 6/4661 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 1855 der Abgeordneten Fortunato Fraktion DIE LINKE Drucksache 6/4429 Insolvenz- und Schuldnerberatung in Brandenburg Namens der Landesregierung beantwortet die Ministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit , Frauen und Familie die Kleine Anfrage wie folgt: Vorbemerkungen der Fragesteller: Die Zuständigkeit für die Verbraucherinsolvenzberatung liegt beim Land, die Zuständigkeit für die soziale Schuldnerberatung bei den Kommunen. 2014 haben das Sozialministerium und die LIGA der Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege Handlungsempfehlungen zur Qualität der sozialen Schuldner- und Verbraucherinsolvenzberatung im Land Brandenburg vorgelegt und den Mitarbeitern von Beratungsstellen in freier und kommunaler Trägerschaft und Sozialverwaltungen vorgestellt mit dem Ziel, diese in die Praxis zu überführen, um ver- und überschuldeten Menschen in Brandenburg die bestmögliche Unterstützung für ein schuldenfreies Leben an die Hand zu geben. Vorbemerkung der Landesregierung: Auf Grund der unterschiedlichen Zuständigkeiten liegen der Landesregierung nur Angaben zur Verbraucherinsolvenzberatung vor, nicht jedoch Angaben zur kommunalen Schuldnerberatung. Die nachfolgenden Angaben beziehen sich insofern nur auf die Verbraucherinsolvenzberatung. Frage 1: Wie viele anerkannte Insolvenzberatungsstellen und Schuldnerberatungen gibt es derzeit in Brandenburg? zu Frage 1: Es gibt in Brandenburg derzeit 55 anerkannte Verbraucherinsolvenzberatungsstellen. Frage 2: Wie viele Personen haben in den Jahren 2012, 2013, 2014 und 2015 eine Insolvenzberatungsstelle aufgesucht und wie viele eine Schuldnerberatungsstelle ? Frage 3: Wie viele Privatinsolvenzen gab es in den vergangenen fünf Jahren in Brandenburg (Auflistung nach Jahren)? zu den Fragen 2 und 3: Dem Landesamt für Soziales und Versorgung (LASV) als zuständige Behörde für das Verfahren zur Erstattung der Fallpauschalen liegen Fallzahlen zu abgerechneten außergerichtlichen Einigungsversuchen bei den Verbraucherinsolvenzberatungsstellen vor (vgl. nachstehende Tabelle ). Der Landesregierung liegen jedoch keine Angaben vor, wie viele Personen insgesamt eine Verbraucherinsolvenzberatungsstelle aufgesucht haben. Bei den Angaben zu den Verbraucherinsolvenzen (vgl. nachstehende Tabelle) handelt es sich um er-öffnete Verfahren von Verbraucherinnen und Verbrauchern beim Insolvenzgericht (Quelle: Amt für Statistik Berlin-Brandenburg). Jahr Außergerichtliche Einigungsversuche (Fälle insgesamt) Eröffnete Verbraucherinsolvenzen 2011 4.981 4.052 2012 4.946 3.822 2013 4.820 3.635 2014 4.723 3.439 2015 4.538 3.087 Frage 4: Welche Altersgruppe ist von Überschuldung bzw. Privatinsolvenz besonders stark betroffen? Frage 5: Wie hat sich der Anteil betroffener Rentnerinnen und Rentner entwickelt? zu den Fragen 4 und 5: Innerhalb der gegenüber dem LASV abgerechneten Fälle der Verbraucherinsolvenzberatungsstellen ist die Gruppe der 25- bis 34-Jährigen besonders stark vertreten. Etwa ein Drittel der abgerechneten Fälle entfällt auf diese Altersgruppe, wogegen ihr Anteil an der Bevölkerung nur rund 11 Prozent beträgt (Quelle: Amt für Statistik Berlin -Brandenburg). Der entsprechende Anteil der betroffenen Rentnerinnen und Rentner (Altersgruppe 65 Jahre und älter) lag in den vergangenen Jahren etwa gleichbleibend bei rund 5 Prozent (Bevölkerungsanteil: rund 23 Prozent, Quelle: Amt für Statistik Berlin- Brandenburg). Frage 6: Inwieweit wurden die Handlungsempfehlungen zur Qualität der sozialen Schuldner- und Insolvenzberatung auf freiwilliger Basis in die Praxis umgesetzt ? zu Frage 6: Zur Umsetzung der Handlungsempfehlungen zur Qualität der sozialen Schuldnerund Verbraucherinsolvenzberatung hat die LIGA der Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtsverbände in allen Landkreisen und kreisfreien Städten lokale Fachgespräche angeregt mit dem Ziel, verbindliche Absprachen zwischen den Kooperationspartnern auf kommunaler Ebene zu befördern. Das erste Gespräch hat im Landkreis Uckermark stattgefunden; ein weiteres ist im September 2016 im Landkreis Oberspreewald -Lausitz geplant. Die Durchführung mindestens eines kommunalen Fachgespräches im Jahr zu den Handlungsempfeh-lungen ist Gegenstand der zwischen dem Land Brandenburg und der LIGA getroffenen Vereinbarung zur Förderung der LIGA der Freien Wohlfahrtspflege – Spitzenverbände im Land Brandenburg für den Zeitraum 2016 bis 2018. Ebenso weist das LASV in den Kooperationsgesprächen mit den Landkreisen und kreisfreien Städten auf die Handlungsempfehlungen hin. Bisher wurden Gespräche mit den Landkreisen Barnim, Oder-Spree und Prignitz sowie mit der Stadt Cottbus geführt; ein weiteres ist im Juli 2016 im Landkreis Elbe-Elster vorgesehen. Frage 7: Welche Möglichkeit hat die Landesregierung, die Handlungsempfehlungen verpflichtend durchzusetzen? zu Frage 7: Das Land könnte Aspekte der Handlungsempfehlungen zur Qualität der sozialen Schuldner- und Verbraucherinsolvenzberatung durch eine Änderung des Brandenburgischen Gesetzes zur Ausführung der Insolvenzordnung (AGInsO) in die dort geregelten Anerkennungsvoraussetzungen für die vom Geltungsbereich des Gesetzes umfassten Verbraucherinsolvenzberatungsstellen einfließen lassen. Zu beachten wäre, dass eine solche Regelung durch das in den Handlungsempfehlungen vorgesehene Zusammenwirken von Schuldner- und Verbraucherinsolvenzberatung zumindest indirekt einen Eingriff in die kommunale Selbstverwaltung mit den sich daraus ergebenden landesverfassungsrechtlichen Folgen darstellen könnte. Dieser Umstand wäre im Vorfeld einer Gesetzesnovelle vertieft zu prüfen. Eine landesseitige Verpflichtung der in kommunaler Verantwortung befindlichen Schuldnerberatungs-stellen ist hingegen nicht möglich. Frage 8: Sieht die Landesregierung Handlungsbedarf zur Ausgestaltung der Schnittstelle zwischen beiden Beratungsangeboten einschließlich der Frage ihrer Finanzierung? zu Frage 8: Unter fachlichen Gesichtspunkten erachtet die Landesregierung ein Zusammenwirken von Schuldner- und Verbraucherinsolvenzberatung im Interesse der ver- und überschuldeten Menschen im Land Brandenburg für zielführend. Dieser Einschätzung folgen auch die Handlungsempfehlungen zur Qualität der sozialen Schuldnerund Verbraucherinsolvenzberatung im Land Brandenburg, die inhaltliche Ansprüche an die Angebote beider Beratungsbereiche zum Gegenstand haben. Diese Hand- lungsempfehlungen sind nunmehr auf freiwilliger Basis in die Praxis zu überführen (siehe Antwort zu Frage 6). Die Finanzierungsverantwortung für die Schuldner- und Verbraucherinsolvenzberatung folgt der getrennten Zuständigkeit von Land und Kommunen in diesem Bereich und ist somit eindeutig festgelegt.