Datum des Eingangs: 21.01.2015 / Ausgegeben: 26.01.2015 Landtag Brandenburg 6. Wahlperiode Drucksache 6/472 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 128 des Abgeordneten Christoph Schulze fraktionslos Drucksache 6/305 Wortlaut der Kleinen Anfrage 128 vom 16.12.2014 Schallschutz für Anwohner BER Obwohl im Grunde die Flughafengesellschaft FBB seit dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 16. März 2006 und dem darauf folgenden Planergänzungsverfahren, Planergänzungsbeschluss und dem darauf folgenden Urteil des Bundesverwaltungsgerichts faktisch seit mehr als 8 Jahren verpflichtet ist, den Schallschutz für die Bürgerinnen und Bürger im Umfeld des Flughafens vorzubereiten und sicherzustellen, ist in der Vergangenheit nicht besonders viel passiert. Nunmehr, nachdem die Sanierung der Nordbahn ins Auge gefasst wurde, hat die FBB ihr Schallschutzprogramm intensiviert, weil bekannt ist, dass wenn die Bürgerinnen und Bürger nicht angemessen geschützt sind, die Südbahn nicht in Betrieb genommen werden darf. Dies war vielfach Gespräch im BER-Sonderausschuss im Landtag Brandenburg im Jahr 2013 und 2014. In der Vergangenheit wurden den Bürgerinnen und Bürgern sogenannte Kostenerstattungsvereinbarungen (KEV) zugeschickt, worin die Flughafen- gesellschaft bzw. von ihr beauftragte Ingenieurbüros die Schall zu schützenden Objekte begutachtet und vermessen hatten und daraufhin einen Plan und einen Vorschlag machten, wie das entsprechende Objekt Schall zu schützen (STOB) ist. Diese sogenannte Kostenerstattungsvereinbarung wurde den Bürgerinnen und Bürgern zugesandt und sollte und musste seinerzeit von den Bürgerinnen und Bürgern unterschrieben und zurückgesandt werden. Bereits im Rahmen des Verfahrens zu den Kostenerstattungsvereinbarungen im Zeitraum 2012 bis 2014 war festzustellen, dass eine große Anzahl der Kostenerstattungsvereinbarungen schlicht und einfach sachlich falsch war, weil sie so grobe Fehler enthielt, dass sie nicht als rechtmäßig zu bezeichnen war. Bereits der Sonderausschuss BER im Landtag Brandenburg hatte sich mit dieser Problematik auseinandergesetzt und das seinerzeit zuständige Ministerium hatte probeweise 10 Kostenerstattungsverfahren überprüft. Im Sonderausschuss wurde berichtet, dass neun von zehn Kostenerstattungsvereinbarungen grob fehlerhaft waren. Nunmehr im Rahmen der Intensivierung des Schallschutzprogramms hat die Flughafengesellschaft sich ein neues Projekt ausgedacht. Nunmehr werden den Bürgerinnen und Bürgern keine Kostenerstattungsvereinbarungen mehr zugesandt, die irgendeiner Zustimmung der Bürger bedürfen, sondern die Flughafengesellschaft versendet sogenannte Anspruchsberechtigungen (ASE-B), in der sie einseitig den Bürgerinnen und Bürgern mitteilt, was die Flughafengesellschaft gedenkt, den Bürgerinnen und Bürgern zu erstatten. Im Rahmen dieser Anspruchsberechtigung findet ein ähnliches Verfahren statt, wie seinerzeit zu den Kostenerstattungsvereinbarungen, nämlich dass Ingenieurbüros in die Wohnungen kommen, die Häuser vermessen und entsprechende Vorschläge machen, wie die Wohnungen zu schützen sind. Dazu wird eine schallschutztechnische Objektbeurteilung (STOB) und ein Leistungsverzeichnis (LV) erstellt. Nunmehr wurden nach Berichten der Flughafengesellschaft und des Verkehrsministeriums des Landes Brandenburg ca. 3.000 Anspruchsberechtigungen an die Bürgerinnen und Bürger versandt. In den Bürgerinitiativen und den Sprechstunden der Gemeinden und der Abgeordneten werden nunmehr Bürgerinnen und Bürger vorstellig, die auf die zahlreichen und zum Teil groben Fehler der entsprechenden Unterlagen hinweisen. Die Bürgerinnen und Bürger legen reihenweise Widersprüche ein, ohne allerdings von der Flughafengesellschaft irgendeine Antwort zu bekommen. Die entsprechenden Anspruchsberechtigungen enthalten im Rahmen der „ASE“ weder eine Rechtsbehelfsbelehrung, noch irgendwelche Fristen, noch irgendwelche konkreten Hinweise, wer für Widersprüche zuständig ist und wie diese bearbeitet werden. Nun gibt es aber im Grundgesetz den Grundsatz der Rechtswegegarantie, d.h. dass Bürgerinnen und Bürger nicht einfach irgendetwas hinnehmen müssen, sondern das Recht und die Möglichkeit haben, dies überprüfen zu lassen. Nunmehr ist aber völlig unklar, wer die entsprechenden Behörden oder zuständigen Institutionen für eine Überprüfung der sogenannten Anspruchsberechtigungen sind. Die Flughafengesellschaft kann es ja wohl nicht sein, denn es kann ja wohl nicht sein, dass die entsprechende privatwirtschaftliche GmbH, die den Bürgerinnen und Bürgern gegenüber diese Anspruchsberechtigung versendet, dann auch noch Widerspruchs- und Entscheidungsbehörde in dieser Sache ist. Abgesehen davon, dass Bürgerinnen und Bürger im Zweifelsfall natürlich den Weg vor die Gerichte haben, stellt sich trotzdem die Frage, wer für eine behördliche und außergerichtliche Bearbeitung zuständig ist oder wäre? Ich frage die Landesregierung: 1. Ist den Bürgerinnen und Bürgern, die die sogenannte Anspruchsberechtigung von der Flughafengesellschaft für ihren Schallschutz erhalten, die Rechtswegegarantie gegeben? 2. Wer ist für die Überprüfung von Widersprüchen und Einsprüchen der Bürgerinnen und Bürger zuständig? 3. Welche Kontrolle nimmt das entsprechende Ministerium des Landes Brandenburg bzw. die Landesregierung insgesamt in dieser Frage wahr bzw. welche Behörden wurden wann und wie damit beauftragt? 4. Welche konkreten Erkenntnisse liegen der Landesregierung im Hinblick auf fehlerhafte Anspruchsberechtigung und die Widersprüche der Bürgerinnen und Bürger vor? 5. Wenn Bürgerinnen und Bürger klagen wollen, vor welchem Gericht müssen sie dann klagen? Amtsgericht Zossen, Amtsgericht Königs Wusterhausen, vor dem Landgericht oder Verwaltungsgericht? 6. Wie gedenkt die Landesregierung Rechtssicherheit für die Bürgerinnen und Bürger, die sich hier gegen eine Flughafengesellschaft zu wehren haben, herzustellen? Namens der Landesregierung beantwortet die Ministerin für Infrastruktur und Landesplanung die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1: Ist den Bürgerinnen und Bürgern, die die sogenannte Anspruchsberechtigung von der Flughafengesellschaft für ihren Schallschutz erhalten, die Rechtswegegarantie gegeben? Zu Frage 1: Den Anspruchsberechtigten steht der Rechtsweg offen, wenn sie mit dem Vorgehen der Flughafen Berlin Brandenburg GmbH nicht einverstanden sind. Frage 2: Wer ist für die Überprüfung von Widersprüchen und Einsprüchen der Bürgerinnen und Bürger zuständig ? Zu Frage 2: Die Schutzauflagen aus dem Planfeststellungsbeschluss zum Schallschutz begründen einen Anspruch der Betroffenen gegenüber der FBB als Vorhabenträgerin. Anspruchsberechtigte, die mit der Anspruchsermittlung der FBB nicht einverstanden sind, müssen sich grundsätzlich direkt an die FBB zur Durchsetzung ihrer Ansprüche wenden. Sollte keine Einigung mit der FBB erreicht werden, steht den Anspruchsberechtigten der Rechtsweg über die Gerichte offen. Frage 3: Welche Kontrolle nimmt das entsprechende Ministerium des Landes Brandenburg bzw. die Landesregierung insgesamt in dieser Frage wahr bzw. welche Behörden wurden wann und wie damit beauftragt? Zu Frage 3: Die Gemeinsame Obere Luftfahrtbehörde Berlin-Brandenburg (LuBB) überwacht als zuständige Aufsichtsbehörde die Einhaltung der Schallschutzanforderungen aus dem Planfeststellungsbeschluss zum Ausbau des Verkehrsflughafens Berlin-Schönfeld in der aktuell geltenden Fassung sowie der luftrechtlichen Genehmigung für den Verkehrsflughafen Berlin-Schönefeld nach vollständiger und dauerhafter Inbetriebnahme der Südbahn Verkehrsflughafen Berlin Brandenburg. Die LuBB wird aufsichtsrechtlich tätig, wenn systematische Verfehlungen der FBB festgestellt werden. Die LuBB unterliegt der Fach- und Rechtsaufsicht des Ministeriums für Infrastruktur und Landesplanung. Frage 4: Welche konkreten Erkenntnisse liegen der Landesregierung im Hinblick auf fehlerhafte Anspruchsberechtigung und die Widersprüche der Bürgerinnen und Bürger vor? Zu Frage 4: Bei der LuBB lagen mit Stand 10.12.2014 insgesamt 108 Beschwerden in Zusammenhang zum Schallschutz vor. Darunter fallen Beschwerden, die ursprünglich gegenüber der FBB erhoben und der LuBB zur Kenntnis gegeben wurden sowie Beschwerden, die originär an die LuBB gerichtet waren und von dieser zuständigkeitshalber an die FBB weitergeleitet wurden. Frage 5: Wenn Bürgerinnen und Bürger klagen wollen, vor welchem Gericht müssen sie dann klagen? Amtsgericht Zossen, Amtsgericht Königs Wusterhausen, vor dem Landgericht oder Verwaltungsgericht? Zu Frage 5: Die sachliche und örtliche Zuständigkeit der Gerichte für Klagen von Bürgerinnen und Bürgern ist vom Klagegegenstand abhängig. Die Entscheidung über die Zuständigkeit der Gerichte obliegt der richterlichen Kontrolle. Frage 6: Wie gedenkt die Landesregierung Rechtssicherheit für die Bürgerinnen und Bürger, die sich hier gegen eine Flughafengesellschaft zu wehren haben, herzustellen? Zu Frage 6: Soweit systematische Verfehlungen der FBB beim Schallschutz im Rahmen des Ausbaus des Verkehrsflughafens Berlin-Schönefeld bekannt werden, wird die LuBB im Rahmen ihrer Zuständigkeit dagegen vorgehen. Sofern die Klärung individueller Einzelfragen zwischen den Anspruchsberechtigten und der FBB nicht möglich ist, besteht die Möglichkeit der Inanspruchnahme gerichtlichen Rechtsschutzes durch den Anspruchsinhaber.