Datum des Eingangs: 20.07.2016 / Ausgegeben: 25.07.2016 Landtag Brandenburg 6. Wahlperiode Drucksache 6/4725 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 1881 des Abgeordneten Christoph Schulze BVB/FREIE WÄHLER Gruppe Drucksache 6/4481 Geplante Stellenstreichungen im Bereich Forsten mit dem Haushaltsplan 2017/18 Namens der Landesregierung beantwortet der Minister für Ländliche Entwicklung, Umwelt und Landwirtschaft die Kleine Anfrage wie folgt: Von den heute 1.600 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in der Forstverwaltung des Landes Brandenburg sollen nach Informationen aus Kreisen der Landesregierung nach dem im Aufstellungsverfahren befindlichen Haushaltsplan 2017/18 künftig nur noch 1.050 verbleiben. Welche Aufgaben dann noch wahrgenommen werden sollen bzw. können ist momentan völlig unklar. Der Bund Deutscher Forstleute und die Industriegewerkschaft BAU, Landesvertretung Brandenburg der Beamten und Angestellten in Forst und Naturschutz fordern daher eine klare Aufgabenbeschreibung und inhaltliche Zielsetzung für Forstverwaltung und Forstbetrieb, bevor man über die personelle Ausstattung entscheidet. „Die Forstverwaltung Brandenburgs wird seit 25 Jahren zur Ader gelassen,“ erklärt Uwe Engelmann, Vorsitzender des Bund Deutscher Forstleute , „kein anderer Bereich der öffentlichen Verwaltung ist in ähnlicher Weise so reduziert worden“. Seit über 15 Jahren werden keine jungen Forstleute mehr dauerhaft eingestellt. Dies ist fatal, da trotz steigender Bedeutung des Waldes in Bezug auf Klimawandel, Holzproduktion, Erholung etc., die Belastungen des Waldes durch Flächeninanspruchnahme, Umweltbelastungen und steigende Anforderungen des Naturschutzes den „Förster vor Ort“ als Moderator und sachkundigen Flächenbetreuer erforderlicher denn je machen. Stattdessen wird die Forstverwaltung weiter drastisch reduziert, wohl wissend, dass der Krankenstand im Forstbereich durch Überalterung, Nicht-Besetzung von Stellen und zermürbende Diskussionen um die künftige Struktur den höchsten Stand in der gesamten Bundesrepublik aufweist. Hier verabschiedet sich der Dienstherr vorsätzlich von seiner Fürsorgepflicht - zu Lasten der Beschäftigten ! „Wer den Förster vor Ort abschafft, verabschiedet sich auch von den ehemals postulierten Zielen eines Waldumbaus als wichtigste vorbeugende Maßnahme gegen den Klimawandel,“ so Jörg Müller, Vorsitzender der IG BAU Brandenburg. Da 60 % der Waldfläche in Brandenburg Privatwald sind, sind betreuende Forstleute unverzichtbar. Auch Waldschulen und andere waldpädagogische Einrichtungen müssten künftig geschlossen werden, wenn die Pläne der Regierung umgesetzt werden. Die Arbeiten im Landeswald könnten künftig ebenfalls nicht mehr durch staatliche Forstwirte erfüllt werden – Lohndumping und Qualitätsverluste sind vorprogrammiert. Die Pläne für den Personalabbau im Forstbereich sind zudem in keiner Weise mit den Plänen zur Kreisgebietsreform abgestimmt. Auch hier soll die Forstverwaltung zerschlagen werden, wohl um dem Innenminister die fehlende Rechtfertigung zur Umsetzung dieser landesweit höchst umstrittenen Reform zu liefern. Vorbemerkung: Die Entwicklung der Landesforstverwaltung Brandenburgs ist von einem weitgehenden Umbau der forstlichen Strukturen und einer umfassenden Aufgabenveränderung in den letzten 25 Jahren geprägt. So waren auf dem heutigen Territorium des Landes Brandenburg in der DDR 20 verschiedene staatliche Forstwirtschaftsbetriebe (StFB) mit ihren Nebenbetrieben für alle Wirtschaftsmaßnahmen im Wald mit eigenem Personal zuständig. Sie bewirtschafteten mit ca. 1.050.000 ha nahezu alle Waldflächen außer militärische Flächen und eigenbewirtschaftete Kirchenforsten. Unmittelbar nach Gründung des Landes Brandenburg im Jahr 1991 fand zunächst die Überführung der StFB in die neue Landesforstverwaltung Brandenburgs statt und es wurden 18 Ämter für Forstwirtschaft mit 125 Oberförstereien in Form einer Gemeinschaftsforstverwaltung gebildet. Gleichzeitig wurden die Waldflächen den ursprünglichen Eigentümern sukzessive zurück übergeben, wodurch das Land Brandenburg ca. 270.000 ha Landeswald aus ehemals preußischem Vermögen erhielt. Ca. 300.000 ha Waldflächen wurden zudem durch die Bodenverwertungs- und -verwaltungs GmbH (BVVG) privatisiert, wobei in den ersten 10 Jahren die Beschäftigten der Landesforstverwaltung im Auftrag der BVVG auch diese Flächen bewirtschafteten. Heute befinden sich nur noch ca. 30.000 ha Waldfläche in der Verfügung der BVVG, während ca. 640.000 ha Privatwald und ca. 140.000 ha Wald im Eigentum anderer Gebietskörperschaften entstanden ist. Damit ist die Landesforstverwaltung heute nur noch auf ca. 25 % der ursprünglichen Betriebsfläche wirtschaftlich tätig. Mit der endgültigen Übernahme des ehemaligen Preußenvermögens in das Eigentum des Landes Brandenburg und dem absehbaren Ende der Bewirtschaftung von Waldflächen im Auftrag der BVVG begann 1999 der eigentliche „Forstreformprozess“. Dieser war bestimmt von der Frage, wie eine zukunftsfähige und leistungsstarke Forstverwaltung ausgestattet und organisiert sein kann. Zugleich ist zu berücksichtigen, dass gerade in den Fragen der Waldarbeit mittlerweile eine leistungsfähige forstliche Unternehmerschaft in Brandenburg entstanden ist, die zusammen mit der Holzindustrie derzeit ca. 85 % aller Holzerntemaßnahmen, die früher durch landeseigene Arbeitskräfte durchgeführt wurden, bei vergleichbarer Qualität und vor allem hochmechanisiert durchführt. Nicht zuletzt führten auch die Nutzung von IT-Technik, Telekommunikation, Web- und GIS-Systemen sowie die Ausstattung mit Fahrzeugen zu einer enormen Rationalisierung der forstlichen Leitungs-, Planungs-, Dokumentations- und Verwaltungstätigkeiten. Im Zuge der Forstreformprozesse ist ein leistungsfähiger Landesbetrieb gegründet worden, der mit 14 Landeswaldoberförstereien und 160 Landeswaldrevieren den landeseigenen Wald bewirtschaftet und mit 30 Oberförstereien und 208 Revieren die Aufgaben der Forstbehörden in allen Waldeigentumsarten wahrnimmt. Zum 31.12.2015 beschäftigte der LFB 509 Beamte, 526 Tarifbeschäftigte, 870 Waldarbeiter und 88 Auszubildende (inkl. 234 Mitarbeiter, die sich in der Freistellungsphase der Altersteilzeit befinden). Frage 1: Ist es zutreffend, dass die Forstverwaltung Brandenburgs seit 25 Jahren zur Ader gelassen wird wie kein anderer Bereich der öffentlichen Verwaltung ist in ähnlicher Weise? Bitte geben sie eine tabellarische Übersicht über die Entwicklung der Beschäftigtenzahlen in den letzten 25 Jahren. zu Frage 1: Erst mit der Übernahme des Preußenvermögens und der damit verbundenen „Forstreform“ sind die Beschäftigtenzahlen der Landesforstverwaltung vergleichbar, weshalb diese hier erst ab 2000 angegeben werden. Jahr Beschäftigte 2000 3.188 2001 3.038 2002 2.940 2003 2.810 2004 2.686 2005 2.648 2006 2.598 2007 2.550 2008* 2.400 2009* 2.290 2010* 2.163 2011* 2.002 2012* 1.890 2013* 1.785 2014* 1.713 2015* 1.671 * ab 2008 ohne Beschäftigte in der Altersteilzeit-Freistellungsphase und ab 2009 ohne Beschäftigte der obersten Forstbehörde Frage 2: Ist es zutreffend, dass seit über 15 Jahren keine jungen Forstleute mehr dauerhaft eingestellt werden? zu Frage 2: Diese Aussage ist nicht zutreffend. Es erfolgten in den letzten 15 Jahren 35 unbefristete Einstellungen im LFB. Jahr gesamt hD gD mD TV-L-Forst Beschäftigte 2001 4 2 2 2002 2 2 2003 0 2004 0 2005 1 1 Jahr gesamt hD gD mD TV-L-Forst Beschäftigte 2006 1 1 2007 0 2008 2 2 2009 1 1 2010 3 3 2011 2 2 2012 0 2013 2 1 1 2014 10 1 3 2 4 2015 4 2 2 2016 3 1 2 Sum me 35 2 10 4 19 Die Einstellungen im hD und mD erfolgten ausschließlich als Spezialistenstellen. Bei den TV-L-Forst Beschäftigten handelt es sich überwiegend um übernommene Mitglieder der Jugend- und Auszubildendenvertretungen. Frage 3: Ist es zutreffend, dass der Krankenstand im Forstbereich durch Überalterung, Nicht-Besetzung von Stellen und zermürbende Diskussionen um die künftige Struktur im Landesvergleich den höchsten Stand in der gesamten Bundesrepublik aufweist? zu Frage 3: Informationen zur Krankenstandsentwicklung in Forstverwaltungen anderer Bundesländer liegen der Landesregierung nicht vor. Eine Statistik zur Entwicklung des Krankenstandes in der Forstverwaltung Brandenburg liegt im LFB ab 2010 vor (Angaben in Kalendertagen je Beschäftigten inkl. Wochenendtagen). Jahr Gesamt LFB Beschäftigtengruppe Beamte TV-L- Beschäftigte TV-L-Forst- Beschäftigte 2010 19,4 8,9 18,2 24,5 2011 22,0 13,8 21,1 26,8 2012 25,5 13,8 21,8 34,1 2013 27,2 15,8 24,4 35,6 2014 26,4 16,2 22,1 35,7 2015 26,3 18,8 22,2 34,0 Frage 4: Ist es zutreffend, dass im Zuge der Aufstellung des Haushaltsplanes 2017/18 besteht die Forderung für den Forstbereich besteht, mehr als 400 Stellen zu kürzen, ohne dass es eine Vorstellung davon gibt, welche Aufgaben künftig nicht mehr erledigt werden sollen? Frage 5: Wie soll mit der weiter dramatisch zurück gehenden Mitarbeiterzahl den vielfältigen und steigenden Anforderungen an den Wald bezüglich Klimawandel, Holzproduktion, Erholung etc., die Belastungen des Waldes durch Flächeninanspruchnahme , Umweltbelastungen und steigende Anforderungen des Naturschutzes konkret entsprochen werden. Bitte stellen sie das Konzept der Landesregierung dazu dar? Frage 7: Ist es zutreffend, dass dann die notwendigen Arbeiten im Landeswald künftig ebenfalls nicht mehr durch staatliche Forstwirte erfüllt werden könnten, sondern es durch „Privatisierung“ und Lohndumping zu Qualitätsverlusten kommen wird? zu den Fragen 4, 5 und 7: Es ist zutreffend, dass im Haushaltsplan 2017/2018 die Personalbedarfsplanung 2018 abgebildet wird. Diese wird für den LFB durch eine Ausbringung von 462 kw- Vermerken umgesetzt, die zunächst ausschließlich auf TV-L-Forst-Beschäftigte ausgebracht werden. Die konkrete Untersetzung dieser 462 kw-Stellungen erfolgt auch in Abhängigkeit von den Beschlüssen des Gesetzgebers zur Funktionalreform. Diese Ausbringung von kw-Stellen hat in absehbarer Zeit noch keine unmittelbare Verminderung der Zahl der TV-L-Forst-Beschäftigten zur Folge, da die Landesregierung nicht beabsichtigt, betriebsbedingte Kündigungen auszusprechen. Mit den ausgebrachten kw-Vermerken wird bei der Waldarbeit weiter sukzessive nicht mehr vorhandenes landeseigenes Personal durch den Einsatz forstlicher Dienstleister ersetzt. Werden forstliche Dienstleister eingesetzt, bedingt dieses nicht zugleich einen Qualitätsverlust . Da der Wald des Landes Brandenburg zertifiziert ist, kommen hierbei auch nur zertifizierte Dienstleister zum Einsatz. Zudem gelten die Regelungen zur Vergabe von Leistungen und zur Gewährung von Tarif- und Mindestlohn im vollen Umfang für den LFB. Da die Anzahl der Forstreviere nicht verändert wird, ist zurzeit keine Veränderung im Hinblick auf die in der Frage aufgeworfenen Themenfelder zu erwarten. Frage 6: Ist es zutreffend, dass bei Umsetzung dieser Kürzungspläne auch die Waldschulen und andere waldpädagogische Einrichtungen künftig geschlossen werden müssten? Welche Einrichtungen konkret werden betroffen sein? Wann wird eine Schließung voraussichtlich erfolgen? Weshalb muss die jeweilige Einrichtung schließen (einrichtungsbezogene Begründung)? zu Frage 6: Es gibt zum gegenwärtigen Zeitpunkt kein Konzept, das die konkrete Schließung waldpädagogischer Einrichtungen ausweist. Frage 8: Wie lassen sich die Pläne für den Personalabbau im Forstbereich mit den Plänen zur Kreisgebietsreform zusammen bringen? zu Frage 8: Die Umsetzung der Personalbedarfsplanung 2018 erfolgt unabhängig von den Fragen der Kreisgebietsreform. Frage 9: Welche konkrete Aufgabenkritik für den Bereich Forsten hat die Landesregierung vorgenommen? zu Frage 9: Es wurden im Zusammenhang mit den verschiedenen Reformphasen der Landesforstverwaltung (siehe Vorbemerkung) jeweils aufgabenkritische Betrachtungen durchgeführt. Im Zusammenhang mit der Personalbedarfsplanung 2018, die bereits 2012 beschlossen worden ist, wurde keine grundsätzliche Aufgabenänderung im LFB erwartet. Frage 10: Wie sieht das Gesamtkonzept der Landesregierung für die Zukunft der Forsten in Brandenburg aus? Was ist die Zielsetzung/Zukunftsvision? zu Frage 10: Das 2011 vorgestellte Waldprogramm gilt unverändert fort und beschreibt die strategischen politischen Ziele der Landesregierung zur Forstwirtschaft und zum Wald in Brandenburg. Für den Wald im Eigentum des Landes sind die strategischen Ziele in der Waldvision 2030 ebenfalls 2011 vorgestellt worden. Die Ziele beider Programme werden durch die Umsetzung der Personalbedarfsplanung 2018 nicht verändert.