Datum des Eingangs: 03.08.2016 / Ausgegeben: 08.08.2016 Landtag Brandenburg 6. Wahlperiode Drucksache 6/4833 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 1882 der Abgeordneten Iris Schülzke der BVB/FREIE WÄHLER Gruppe Drucksache 6/4482 Lehrermangel in Brandenburg – Welche Aktivitäten gibt es? Namens der Landesregierung beantwortet der Minister für Bildung, Jugend und Sport die Kleine Anfrage wie folgt: Vorbemerkung der Fragestellerin: Bei den Lehrern im Land Brandenburg ist ein hohes Durchschnittsalter festzustellen , es wird ein hoher Krankenstand und dementsprechend viele Ausfallstunden registriert. Von vielen Schulen ist zu vernehmen, dass die Schülerzahlen aufwachsen ebenso informieren die Gemeinden, dass in den Kindertagesstätten die Kapazitäten voll ausgeschöpft sind und somit viele Kinder von der Kita in die Schule wechseln. Frage 1: Wie sind die Prognosen des Schüleraufkommens bei der Lehrerausbildung im Land berücksichtigt worden? zu Frage 1: Die Ausbildungskapazitäten für die an der Universität auszubildenden Lehrämter werden im Einvernehmen zwischen dem Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kultur, dem Ministerium für Bildung, Jugend und Sport sowie der Universität Potsdam unter Berücksichtigung der notwendigen qualitativen Mindeststandards hinsichtlich der Fachstrukturen ausgerichtet. Als Grundlage dafür werden durch das Ministerium für Bildung, Jugend und Sport Prognosen für den Lehrkräftebedarf erstellt, die u.a. auf der voraussichtlichen Entwicklung der Schülerzahlen basieren. Frage 2: Wie viele Studienplätze für die Lehrerausbildung wurden in den letzten 5 Jahren im Land bereitgestellt? Frage 3: Wie viele wurden davon belegt und wie viele Studenten erlangten einen erfolgreichen Abschluss? zu den Fragen 2 und 3: Die in den Fragen 2 und 3 angefragten Angaben sind den nachfolgenden Tabellen 1 - 4 zu entnehmen: Tabelle 1: Zahl der Studienanfänger Studienanfängerplätze 2015/16 2014/15 2013/14 2012/13 2011/1 2 BA-LA* 683 716 726 665 709 MA-LA** 537 532 544 595 651 Summe 1.220 1.248 1.270 1.260 1.360 Quelle: MWFK Tabelle 2: Zahl der Einschreibungen Einschreibungen 2015/16 2014/15 2013/14 2012/13 2011/1 2 BA-LA 639 817 720 686 756 MA-LA 391 448 263 427 407 Summe 1.030 1.265 983 1.113 1.163 Quelle: MWFK Tabelle 3: Zahl der erreichten Abschlüsse Abschluss 2015 2014 2013 2012 2011 Bachelor of Education (B.Ed.) 486 462 531 440 426 LA-Staatsexamen*** 9 23 148 87 175 Master of Education (M. Ed) 441 387 376 376 326 Summe 936 872 1.055 903 927 Quelle: MWFK Tabelle 4: Zahl der Abschlüsse, die den Zugang zum Vorbereitungsdienst eröffnen 2015 2014 2013 2012 2011 450 410 524 363 501 Quelle: MBJS * lehramtsbezogene Bachelorstudiengänge ** lehramtsbezogene Masterstudiengänge *** auslaufende Studiengänge Zu den Abschlüssen ist anzumerken, dass der Zugang zum Vorbereitungsdienst nur durch das Erste Staatsexamen oder den lehramtsbezogenen Masterabschluss M.Ed. eröffnet wird. Mit dem lehramtsbezogenen Abschluss B.Ed. wird der Zugang zum lehramtsbezogenen Masterstudium eröffnet. Frage 4: Wie viele der erfolgreichen Absolventen sind zumindest im ersten Anstellungsjahr im Land Brandenburg verblieben? zu Frage 4: Der erfolgreiche Abschluss des Masterstudiums oder des 1. Staatsexamens ist Voraussetzung für die Zulassung zum obligatorischen Vorbereitungsdienst. Der Vorbereitungsdienst schließt mit der Zweiten Staatsprüfung ab, mit deren erfolgreichem Bestehen die Befähigung für ein Lehramt erworben wird. Tabelle 5 zeigt, wie viele Absolventinnen und Absolventen des Vorbereitungsdienstes im Land Brandenburg seit dem Schuljahr 2011/2012 in den Schuldienst des Landes Brandenburg befristet oder unbefristet eingestellt wurden. Tabelle 5: Zugänge in den Schuldienst des Landes Brandenburg aus dem Vorbereitungsdienst des Landes Brandenburg Schuljahr 2016/2017 * 2015/201 6 2014/201 5 2013/201 4 2012/201 3 2011/201 2 Anzahl 196 257 215 227 161 111 Quelle: MBJS *Stand 03.06.2016 Bei diesen Angaben ist darauf hinzuweisen, dass kein sachlicher Bezug zu den zu Frage 3 dargelegten statistischen Angaben hergestellt werden kann, da aufgrund von Zulassungsbeschränkungen Wartezeiten entstehen können und auch Lehramtsabsolventinnen und -absolventen aus anderen Bundesländern im Vorbereitungsdienst des Landes Brandenburg ausgebildet werden. Frage 5: In welchen Fachbereichen erfolgt die Ausbildung der zukünftigen Lehrer im Land Brandenburg und wie viel Absolventen sind in den nächsten 5 Jahren zu erwarten? zu Frage 5: Die universitäre Lehramtsausbildung im Land Brandenburg erfolgt mit Ausnahme des Faches Kunst in den Fächern, die nach den Stundentafeln für allgemeinbildende Schulen als Pflicht- oder Wahlpflichtfächer vorgesehen sind. Der Landesregierung liegen keine spezifischen Prognosen für die Zahl der zukünftigen Lehramtsabsolventinnen und -absolventen vor. Die Landesregierung geht davon aus, dass sich die Zahl der lehramtsbezogenen Abschlüsse auf dem durchschnittlichen Niveau der vergangenen fünf Jahre bewegen wird. Frage 6: In welchen Fachbereichen fehlen zurzeit die meisten Lehrer und wie viele je Fach? zu Frage 6: Es fehlen keine Lehrkräfte in bestimmten Fachbereichen. Da die meisten Lehrkräfte über eine Ausbildung in mindestens zwei Fächern verfügen, bestehen umfangreiche Möglichkeiten, durch einen variablen Einsatz die entsprechenden Lehrkräfte in sogenannten Mangelfächern verstärkt einzusetzen. Damit kann Ungleichgewichten in den Ausbildungsfächern wirkungsvoll entgegengewirkt werden. Zudem besteht eine regional unterschiedliche Verteilung der Lehrämter an einzelnen Schulformen. Aufgrund der genannten Gründe kann daher nicht quantifiziert werden, dass bestimmte Lehrkräfte fehlen würden. Grundsätzlich werden im gesamten Bundesgebiet Lehrkräfte für die Fächer Mathematik , Informatik, Chemie, Physik, Kunst, Musik, Latein und einzelne Fachrichtungen der Berufsschule fortwährend gesucht und sind bei Einstellungen besonders gefragt. Dazu kommen in jüngster Zeit Lehrkräfte mit der Qualifikation Deutsch als Fremdsprache und Sonderpädagogen. Frage 7: Wegen des hohen Durchschnittalters der Lehrer werden in den nächsten 10 Jahren vermutlich viele Fachlehrer in den regulären Ruhestand eintreten. Welche Fächer werden davon betroffen sein? (Bitte die Anzahl der entsprechenden Abgänge den kommenden 10 Jahren zuordnen?) zu Frage 7: Für die Personalbedarfsplanung liegen aus der Lehrermodellrechnung u. a. Aussagen darüber vor, wie viele Lehrkräfte in den nächsten Jahren in den Ruhestand eintreten werden. Tabelle 6 zeigt die Zahl der jeweils erwarteten Abgänge in den Ruhestand in den kommenden Schuljahren. Dass die Zahl der Ruhestandsabgänge in den nächsten fünf Jahren deutlich niedriger sein wird als in den dann folgenden Jahren, ist auf die Nutzung von Altersteilzeit in der Vergangenheit zurückzuführen. Tabelle 6: Zahl der Abgänge in den Ruhestand Schuljahr Ausscheidend wg. Ruhestand 2015/2016 199 2016/2017 166 2017/2018 222 2018/2019 390 2019/2020 426 2020/2021 704 2021/2022 754 2022/2023 736 2023/2024 698 2024/2025 625 Quelle: MBJS, Entwurf Lehrermodellrechnung 2016 Die Analysen des Lehrkräftebestandes bezüglich Altersstruktur und Fächern zeigen, dass eine homogene Altersstruktur bei nahezu allen Fächern vorliegt. Lediglich die Lehrer des Faches Sachkunde sind überdurchschnittlich jung. Vom Ausscheiden der Lehrkräfte werden demzufolge alle Fächer im Umfang ihres Anteils an der Stundentafel etwa gleichermaßen betroffen sein. Frage 8: Ist die Ausbildung der zukünftigen Lehrer dem bevorstehenden Ruhestandswechsel der ausscheidenden Lehrer und ihren Fachgebieten angepasst? zu Frage 8: Grundsätzlich ja, denn die Ausbildungskapazität wurde von bisher jährlich 900 auf 960 Plätze im Vorbereitungsdienst erhöht. Frage 9: In welchen Fächern ist schon jetzt ein Problem der Neubesetzung zu erkennen , weil nicht ausreichend Lehrer für diesen Fachbereich ausgebildet werden ? zu Frage 9: Für das Schuljahr 2016/2017 werden aktuell insbesondere Lehrkräfte für die naturwissenschaftlichen Fächer gesucht. Aber auch Lehrkräfte für Mathematik und Deutsch in Grund- und Oberschulen sind gefragt. Darüber hinaus wird auf die Beantwortung der Frage 6 verwiesen. Frage 10: Welche Fachbereiche sollen zukünftig bei der Lehrerausbildung im Land Brandenburg neu, bzw. zusätzlich angeboten werden? zu Frage 10: Für den Bereich der universitären Lehrerbildung prüft die Landesregierung derzeit zusätzliche Angebote. Frage 11: Inwieweit sind bei den Prognosen die Schülerzahlen der letzten 5 Jahre beim Übergang von der Förderschule in Inklusionsklassen berücksichtigt worden, welche Auswirkungen ergaben sich auf die Klassenraumanforderungen und konnte in jedem Fall der erhöhte pädagogische Bedarf sichergestellt werden? zu Frage 11: Bei der Beantwortung der Frage wird davon ausgegangen, dass mit dem Begriff „Inklusionsklassen “ Klassen gemeint sind, in denen gemeinsamer Unterricht mit Schülerinnen und Schülern mit und ohne sonderpädagogischen Förderbedarf durchgeführt wird. Gemäß § 29 Absatz 2 des Brandenburgischen Schulgesetzes (BbgSchulG) sollen Grundschulen, weiterführende allgemeinbildende Schulen und Oberstufenzentren durch gemeinsamen Unterricht mit Schülerinnen und Schülern ohne sonderpädagogischen Förderbedarf sonderpädagogische Förderung erfüllen, wenn eine angemessene personelle, räumliche und sächliche Ausstattung vorhanden ist oder nach Maßgabe gegebener Finanzierungsmöglichkeiten geschaffen werden kann. Demnach werden vor Aufnahme eines Kindes mit sonderpädagogischem Förderbedarf an einer Regelschule die Bedingungen für eine bestmögliche Förderung der Schülerin oder des Schülers geprüft. Hierbei hat die jeweilige staatliche Schulaufsicht die Aufgabe, die Begebenheiten vor Ort, die pädagogische Notwendigkeit sowie die ordnungsgemäße Aufrechterhaltung des Schulbetriebs zu berücksichtigen und im Falle der Notwendigkeit zusätzliche Lehrerwochenstunden für die sonderpädagogische Förderung im gemeinsamen Unterricht der Schule zuzuweisen. In den Schuljahren 2011/2012 bis 2015/2016 sind an den öffentlichen und freien Schulen im Land Brandenburg jährlich durchschnittlich rund 170 Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf von einer Förderschule in eine allgemeine Schule gewechselt. Bei der Gesamtanzahl von 916 Schulen in öffentlicher und freier Trägerschaft im Schuljahr 2015/2016 haben diese Übergänge zu keinen schwerwiegenden innerschulischen, organisatorischen Auswirkungen geführt. Hinsichtlich der baulichen Anforderungen wird auf die im § 99 BbgSchulG geregelte Zuständigkeit verwiesen, wonach die jeweiligen Schulträger für die Einrichtung der Schulgebäude als pflichtige Selbstverwaltungsaufgabe und somit für die konkrete Ausgestaltung und die Entwicklung eines spezifischen Raumprogramms für die jeweilige Situation in der Schule verantwortlich sind. Dazu gehört es auch, die spezifischen Bedarfe vor Ort für die gemeinsame Beschulung von Schülerinnen und Schülern mit und ohne sonderpädagogischen Förderbedarf zu ermitteln und diesen nach den gegebenen Möglichkeiten umzusetzen. Da die individuellen Bedarfe von Schülerinnen und Schülern mit sonderpädagogischem Förderbedarf zum Teil auch innerhalb eines Förderschwerpunkts sehr unterschiedlich sind, kann die Maßgabe nur sein, soweit wie möglich Barrierefreiheit herzustellen und darüber hinaus möglichst flexible Vor-Ort-Lösungen für den Einzelfall zu finden.