Datum des Eingangs: 04.08.2016 / Ausgegeben: 09.08.2016 Landtag Brandenburg 6. Wahlperiode Drucksache 6/4845 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 1919 der Abgeordneten Bettina Fortunato Fraktion DIE LINKE Drucksache 6/4637 Situation der Hebammen in Brandenburg Namens der Landesregierung beantwortet die Ministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit , Frauen und Familie die Kleine Anfrage wie folgt: Vorbemerkungen der Fragesteller Zum 1. Juli 2016 sind die Prämien der Berufshaftpflicht-Versicherung für freiberuflich tätige Hebammen erneut gestiegen - um neun Prozent auf 6.843 Euro im Jahr. Das kann zur Existenzgefährdung einzelner niedergelassener Hebammen führen. Der Deutsche Hebammenverband kritisiert, dass die Vergütungen um den Haftpflichtanteil zwar gesenkt wurden, der Ausgleichsbeitrag aber bei weitem nicht ausreiche, die Kosten der Prämie auch abzusichern. Der Deutsche Hebammenverband fordert von der GKV eine faire Anhebung der Vergütungssätze. Diese seien auch Richtsätze für die private Krankenversicherung (PKV), die auf Länderebene vorgegeben werden. Im Juni 2015 hatte sich der Ausschuss für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie ausführlich mit der schwierigen Situation der Hebammen im Land Branden-burg beschäftigt, die vor allem aufgrund steigender Haftpflichtprämien entstanden ist. Der Hebammenverband Brandenburg hat via Internet Frauen, die keine Hebamme für die Schwangerenvorsorge , für die Geburt bzw. für die Wochenbettbetreuung finden können, aufgerufen , dies auf einer Landkarte zu vermerken. Aktuell wurden für Brandenburg 100 Unterversorgungen eingetragen. Schwerpunkte sind Potsdam und der Landkreis Dahme-Spreewald. Frage 1: Wie viele Hebammen/Entbindungspfleger sind derzeit im Land Brandenburg tätig? (bitte aufgeschlüsselt auf die Kreise und kreisfreien Städte) Frage 2: Wie viele Hebammen/Entbindungspfleger im Land Brandenburg haben seit 1.1. 2015 ihren Beruf aufgegeben? zu den Fragen 1 und 2: Die Fragen 1 und 2 werden aufgrund des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet . Eine zentrale Statistik zur Zahl aller in Brandenburg tätigen Hebammen und Entbindungspfleger aufgeschlüsselt nach Kreisen und kreisfreien Städten existiert nicht. Gem. § 12 Abs. 2 Brandenburgisches Gesundheitsdienstgesetz i.V.m. § 10 Nr. 4 der Berufsordnung für Hebammen und Entbindungspfleger im Land Brandenburg sind Hebammen/Entbindungspfleger verpflichtet, ihre selbstständige Berufsausübung dem zuständigen Gesundheitsamt anzuzeigen, da die Landkreise und kreisfreien Städte gem. § 12 Abs. 1 Brandenburgisches Gesundheitsdienstgesetz die Berechtigung zur Ausübung der Berufe im Gesundheitswesen und zur Führung der Berufsbezeichnung überwachen. Im Jahr 2013 waren in Brandenburg 385 freiberuflich tätige Hebammen /Entbindungspfleger bei den Gesundheitsämtern der Landkreise und kreisfreien Städte gemeldet (Quelle: Abfrage bei den Gesundheitsämtern Stand 02/2013). Eine kurzfristige Abfrage bei den Gesundheitsämtern der Landkreise und kreisfreien Städte anlässlich der Kleinen Anfrage hat bisher 442 gemeldete freiberuflich tätige Hebammen /Entbindungspfleger in 16 der 18 Landkreise und kreisfreien Städte ergeben. Der Tabelle ist die Zahl aller in Brandenburg gemeldeten freiberuflich tätigen Hebammen /Entbindungspfleger aufgeschlüsselt nach Landkreisen und kreisfreien Städten in den Jahren 2013 und 2016 (soweit vorliegend) sowie die Veränderungen zwischen 2013 und 2016 zu entnehmen. Anzahl der gemeldeten Hebammen* Veränderungen Landkreis 2/2013 7/2016 ** Barnim 20 29 + 9 Dahme-Spreewald 16 31 + 15 Elbe-Elster 17 15 - 2 Havelland 41 52 + 11 Märkisch-Oderland 42 42 +/- 0 Oberhavel 23 Angabe nicht vorliegend Oberspreewald- Lausitz 13 13 +/- 0 Oder-Spree 20 41 + 21 Ostprignitz-Ruppin 23 27 + 4 Potsdam-Mittelmark 34 43 + 9 Prignitz 6 Angabe nicht vorliegend Spree-Neiße 14 17 + 3 Teltow-Fläming 22 27 + 5 Uckermark 13 16 + 3 Brandenburg Stadt 7 12 + 5 Cottbus Stadt 23 17 - 5 Frankfurt(Oder) Stadt 13 8 - 5 Potsdam Stadt 38 52 + 14 Summe (LK und kreisfreien Städte, bei denen die Zahlen für 2013 und 2016 vorliegen): 259 442 + 87 Summe insgesamt: 385 * Mehrfachnennungen wegen kreisüberschreitender Tätigkeit nicht ausgeschlossen ** Zwischenergebnis der aktuellen Abfrage bei den Gesundheitsämtern, Ergänzungen erfolgen Anfang September Obgleich noch nicht alle Gesundheitsämter die derzeit bei ihnen gemeldeten freiberuflich tätigen Hebammen/Entbindungspfleger übermittelt haben, ist beim Vergleich der bereits vorliegenden Daten zu erkennen, dass in den meisten Landkreisen und kreisfreien Städten aktuell mehr freiberuflich tätige Hebammen/Entbindungspfleger gemeldet sind als im Jahr 2013. Einzig im Landkreis Elbe-Elster und in den Städten Cottbus und Frankfurt/Oder sind weniger Hebammen/Entbindungspfleger gemeldet. Nicht auszuschließen ist allerdings, dass sich die Anzahl der in den einzelnen Landkreisen und kreisfreien Städten gemeldeten Hebammen/Entbindungspfleger in den letzten 3 Jahren auch deshalb erhöht haben könnte, weil mehr Hebammen /Entbindungspfleger in mehreren Landkreisen gemeldet sind. In Brandenburger Krankenhäusern waren zum Stichtag 31.12.2014 insgesamt 47 Beleghebammen und 195 angestellte Hebammen (davon 131 in Teilzeit) tätig (Statistischer Bericht A IV 2 – j/14 Krankenhäuser im Land Brandenburg 2014). Ein Jahr zuvor waren 46 Beleghebammen und 187 angestellte Hebammen (davon 125 in Teilzeit) in Brandenburger Krankenhäusern tätig (Statistischer Bericht A IV 2 – j/13 Krankenhäuser im Land Brandenburg 2013). Es kann davon ausgegangen werden, dass ein gewisser Anteil der angestellten Hebammen/Entbindungspfleger, die in Teilzeit arbeiten, gleichzeitig auch nebenberuflich freiberuflich tätig ist. Beim Vergleich der vorliegenden Daten der Anzahl der angestellten Hebammen /Entbindungspfleger und der Beleghabammen aus den Jahren 2013 und 2014 ist festzustellen, dass sich die Anzahl insgesamt um 9 (+4,8%) erhöht hat. Frage 3: Wie ist der aktuelle Betreuungsschlüssel in Brandenburg? zu Frage 3: Ende Juni 2015 wurde die „Einrichtungsbefragung zur Situation in ausgewählten Gesundheitsfachberufen in Berlin-Brandenburg“ veröffentlicht. Die Befragung wurde zwischen Dezember 2013 und Dezember 2014 durchgeführt. Im Rahmen der Einrichtungsbefragung wurde das Verhältnis einer/eines im Land Brandenburg tätigen Hebamme/Entbindungspflegers (sozialversicherungspflichtig und freiberuflich, mit und ohne Geburtshilfe) auf die Einwohnerinnen im Alter zwischen 18 und 45 Jahren im Land Brandenburg errechnet. Demnach kommen in Brandenburg auf eine Hebamme /einen Entbindungspfleger 881 Einwohnerinnen im Alter zwischen 18 und 45 Jahren (1:881) (Quelle: Einrichtungsbefragung zur Situation in ausgewählten Gesundheitsfachberufen in Berlin-Brandenburg). Aktuellere Daten liegen der Landesregierung nicht vor. Frage 4: Welche Möglichkeiten sieht die Landesregierung regionale Unterversorgungen zu beheben? Frage 5: Welche regionalen Anreize für Hebammen gibt es im Land bzw. denkt die Landesregierung über regionale Anreize nach? zu den Fragen 4 und 5: Die Fragen 4 und 5 werden aufgrund des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet . Grundsätzlich ist es Hebammen/Entbindungspflegern frei gestellt, wo und wie sie tätig sind. Für die Behebung von regionaler Unterversorgung und der daraus möglicherweise folgenden Notwendigkeit der Schaffung regionaler Anreize müsste zunächst eine regionale Unterversorgung für Leistungen der Hebammenhilfe valide nachgewiesen werden. Die angesprochene Landkarte ist zwar ein Indiz für die Bedarfslage in Brandenburg. Allerdings betreffen von den aktuell insgesamt 6800 Einträgen deutschlandweit nur 104 Brandenburg (14 Einträge betreffen die Hausgeburt, 7 die Beleggeburt, eine die Geburtshausgeburt, 11 Einträge betreffen die Schwangerenvorsorge , 67 die Wochenbettbetreuung und 4 Hebammenkurse) (Stand 21.07.2016). Dies sind keine validen Daten auf deren Basis man Schlüsse für die Bedarfslage bzw. Bedarfsdeckung in Brandenburg ziehen kann. Das Thema bedarfsgerechte und flächendeckende Versorgung wurde auch in der interministeriellen Arbeitsgruppe „Versorgung mit Hebammenhilfe“ (IMAG) auf Bundesebene diskutiert. In der IMAG, deren Abschlussbericht im April 2014 veröffentlicht wurde, waren unter Federführung des BMG maßgebliche Hebammenverbände1 vertreten . Zum Thema bedarfsgerechte und flächendeckende Versorgung wurde unter anderem der Vorschlag unterbreitet, eine eigene Bedarfsplanung einzuführen. Dieses Thema wurde jedoch nicht weiter verfolgt, was vermuten lässt, dass es von den teilnehmenden Verbänden nicht als prioritär angesehen wird. Vor dem Hintergrund des Anstiegs sowohl der angestellten als auch der bei den Gesundheitsämtern gemeldeten freiberuflich tätigen Hebammen/Entbindungspfleger in Brandenburg (siehe Antwort zu Frage Nr. 1) stellt sich die Frage, ob die Initiierung regionaler Anreize überhaupt erforderlich ist. Frage 6: Wie hoch ist der Zuschuss, den Hebammen von GKV-Spitzenverband zu den Haftpflichtprämine erhalten können? zu Frage 6: Die Refinanzierung der Berufshaftpflichtversicherung erfolgt nach Maßgabe der Anlage 1.4 (Ausgleich der Haftpflichtkostensteigerung nach § 134a Abs. 1 Satz 3 i. V. m. Abs. 1b SGB V) in vier gleich großen Raten. Der Ausgleichsbetrag wird jeweils rückwirkend zum 1. Januar und 1. Juli eines Jahres ausgezahlt, wenn die Hebamme eine geburtshilfliche Leistung in einem Quartal erbracht und abgerechnet hat, den Abschluss einer Berufshaftpflichtversicherung nachweist und beim GKV- Spitzenverband den Sicherstellungszuschlag beantragt. Die Höhe des Ausgleichsbetrages wird gem. der Anlage 1.4 jeweils für das Versicherungsjahr, das vom 1.07. eines Jahres bis 30.06. des Folgejahres geht, bestimmt. Der Ausgleichsbetrag für das Versicherungsjahr 01.07.2015 bis 30.06.2016 beträgt bis zu 6.540 Euro für ein ganzes Jahr, je nach Höhe der tatsächlich gezahlten Haftpflichtprämie. Frage 7: Wie viele Hebammen in Land Brandenburg haben bisher einen Zuschuss beantragt? zu Frage 7: Daten über die Anzahl der Anträge und der tatsächlich ausgezahlten Sicherstellungszuschläge der freiberuflich in der Geburtshilfe tätigen Hebammen /Entbindungspflege in Brandenburg liegen der Landesregierung nicht vor. Mitte Januar 2016 haben nach Angaben des GKV-Spitzenverbandes die ersten der rund 3.000 in Deutschland freiberuflich tätigen Hebammen/Entbindungspfleger mit Geburtshilfe einen finanziellen Ausgleich für die im letzten Sommer gestiegenen Kosten der Berufshaftpflichtversicherung erhalten. Der GKV-Spitzenverband konnte den Hebammen auf Antrag jeweils zwischen 3.270 Euro für ein halbes Jahr und 6.540 Euro für ein Jahr – je nach tatsächlicher Versicherungshöhe – überweisen. Bis Ende April 2016 wurden bereits 1.000 Anträge bearbeitet und der Sicherstellungszuschlag ausbezahlt. Frage 8: Was hat die Landesregierung unternommen, um sich auf Bundesebene für eine bessere Vergütung der Hebammenleistungen einzusetzen? zu Frage 8: Die abrechnungsfähigen Leistungen sowie deren Höhe und die Höhe des Sicherstellungszuschlages werden auf der Grundlage und gemäß des § 134a SGB V im Vertrag über die Versorgung mit Hebammenhilfe festgelegt. Dieser Vertrag wird zwischen dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen und den Berufsverbänden der Hebammen sowie den Verbänden der von Hebammen geleiteten Einrichtungen auf Bundesebene ausgehandelt und geschlossen. Insofern sind die Möglichkeiten der Einflussnahme der Landesregierung auf die Vergütungshöhe und die Höhe des Sicherstellungszuschlages begrenzt. Die einzige Möglichkeit, Einfluss zu nehmen, ist es, an den Bundesgesetzgeber heranzutreten . Diese Möglichkeit hat Frau Ministerin Golze vor einem Jahr wahrgenommen . Sie wandte sich im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens zum GKV- Versorgungsstärkungsgesetz direkt an Bundesgesundheitsminister Gröhe und wies darauf hin, dass es dringend geboten ist, eine dauerhafte und tragfähige Lösung zur Rettung der freien Wahl des Geburtsortes zu finden.