Datum des Eingangs: 09.08.2016 / Ausgegeben: 15.08.2016 Landtag Brandenburg 6. Wahlperiode Drucksache 6/4861 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 1929 der Abgeordneten Bettina Fortunato Fraktion DIE LINKE Drucksache 6/4656 Altersarmut in Brandenburg Namens der Landesregierung beantwortet die Ministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit , Frauen und Familie die Kleine Anfrage wie folgt: Vorbemerkungen der Fragesteller Der in diesem Jahr vorgestellte Bericht zur Armutsentwicklung des Deutschen Paritätischen Wohlfahrtsverbandes konstatiert, dass die Altersarmut seit 2006 stark zunimmt. So hat sich die Zahl der älteren Menschen, die auf Grundsicherung angewiesen sind, in elf Jahren praktisch verdoppelt. Die Prognose ist bedrückend: Rentnerinnen und Rentner sind diejenige Gruppe, die in den nächsten Jahren und Jahrzehnten die Armut dramatisch ansteigen wird, wenn die Politik nicht gegensteuert, beispielsweise durch eine armutsfeste Grundrente. Der Grundstein für Armut im Alter wird im Erwerbsleben gelegt. Grund sind gebrochene Erwerbsbiografien nach 1990, die auch in Brandenburg durch Arbeitslosigkeit, prekäre Beschäftigungsverhältnisse, die Ausweitung des Niedriglohnsektors und die Einführung von Hartz IV geprägt sind. Wer bei Eintritt in das Rentenalter arm ist, bleibt es. Für Betroffene ist es eine ausweglose Situation, wenn das Geld zum Lebensunterhalt und für oft notwendige Medikamente und Therapien nicht reicht. Frage 1: Wie hat sich die Durchschnittrente in Brandenburg in den vergangenen 10 Jahren bei Männern und Frauen entwickelt? zu Frage 1: Im Land Brandenburg hat sich für Frauen der durchschnittliche Zahlbetrag der Altersrenten in den Jahren 2005 bis 2014 um 25 Prozent erhöht. Diese hohe Steigerung ist insbesondere auf die im Jahr 2014 eingeführte Anerkennung eines weiteren Jahres Erziehungszeit für Kinder, die vor 1992 geboren wurden (die sogenannte „Mütterren- te“), zurückzuführen. Der durchschnittliche Zahlbetrag der Altersrenten für Männer stieg im vorgenannten Zeitraum um 6 Prozent. Entwicklung des durchschnittlichen Zahlbetrages (in Euro) der Altersrente: Frauen Männer 2005 664 1.045 2006 667 1.040 2007 670 1.034 2008 677 1.036 2009 705 1.064 2010 708 1.057 2011 715 1.057 2012 734 1.073 2013 760 1.096 2014 830 1.111 Frage 2: Wie viele Rentnerinnen und Rentner in Brandenburg erhalten derzeit Leistungen nach SGBXII? (bitte aufteilen nach Altersgruppen und aufgeschlüsselt nach Landkreisen und kreisfreien Städten) Frage 5: Wie viele Erwerbsminderungsrentnerinnen und -rentner erhalten derzeit Leistungen nach SGBXII? zu den Fragen 2 und 5: Die Fragen 2 und 5 werden wegen des inhaltlichen Zusammenhangs gemeinsam beantwortet. Das Erhebungsmerkmal „Rentnerinnen und Rentner“ wird nur im Rahmen der Bundesstatistik für das Vierte Kapitel des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XII) und damit für Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung erhoben. Daher liegen der Landesregierung weder Angaben vor, wie viele Rentnerinnen und Rentner in Brandenburg derzeit Leistungen nach dem SGB XII erhalten noch wie viele Erwerbsminderungsrentnerinnen und -rentner in Brandenburg derzeit Leistungen nach SGB XII erhalten. Frage 3: Wie viele Brandenburgerinnen und Brandenburger schaffen es nicht, bis zum Erreichen des gesetzlichen Rentenalters zu arbeiten? zu Frage 3: Die Gründe dafür, dass Brandenburgerinnen und Brandenburger mitunter nicht bis zum Erreichen des gesetzlichen Renteneintrittsalters arbeiten, sind vielfältig. Neben Arbeitslosigkeit und gesundheitlichen Beeinträchtigungen kann auch eine selbstgewählte Beschäftigungslosigkeit oder der Bezug von sonstigem Einkommen, einer Hinterbliebenen- oder Erwerbsminderungsrente ursächlich sein. Hierzu liegen der Landesregierung keine weiteren Daten vor. Frage 4: Wie hat sich die Anzahl der Erwerbsminderungsrentnerinnen und -rentner in den vergangenen zehn Jahren entwickelt? zu Frage 4: Im Land Brandenburg ist die Zahl der Personen, die eine Rente wegen teilweiser oder voller Erwerbsminderung beziehen, in den Jahren 2005 bis 2014 im Ergebnis leicht gestiegen. Entwicklung des Rentenbestandes – Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit: Frauen Männer 2005 35.896 37.009 2006 34.380 35.912 2007 33.194 35.012 2008 31.918 33.424 2009 32.852 34.637 2010 33.237 35.106 2011 34.445 36.096 2012 35.519 36.752 2013 36.857 37.244 2014 38.065 37.551 Frage 6: Wie hoch sind derzeit die Kosten für die Grundsicherung im Alter für Menschen ab 65 in Brandenburg? zu Frage 6: Die Summe der Nettoausgaben für Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung für Menschen ab 65 Jahren beträgt für das erste Quartal 2016 im Land Brandenburg 9.857.635,34 Euro. Frage 7: Welche konkreten Maßnahmen unternimmt die Landesregierung, um prekärer Beschäftigung entgegenzuwirken, die Altersarmut begünstigen? zu Frage 7: Die übergeordnete arbeitspolitische Strategie des Landes, auf der im Wesentlichen auch die Förderungen des Landes im Rahmen des Operationellen Programms für den Europäischen Sozialfonds (ESF) beruhen, lautet „Gute Arbeit für alle und sichere Übergänge“. Damit wird u. a. das Ziel verfolgt, jedem die Möglichkeit zur Teilhabe an Erwerbstätigkeit und Bildung zu geben und somit soziale Ausgrenzung sowie Armut zu vermeiden. Dazu gehört auch eine angemessene Entlohnung. Mit dieser Zielstellung hat die Landesregierung bereits zum 1. Januar 2012 eine Lohnuntergrenze für öffentliche Aufträge von Land und Kommunen im Brandenburger Vergabegesetz eingeführt und seither angepasst. Darüber hinaus wurde unter Moderation des Ministeriums für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie der Sozialpartnerdialog mit dem Ziel gegründet, die Sozialpartnerschaft in Brandenburg zu stärken und langfristig eine Erhöhung der Tarifbindung zu erreichen. Auf diese Weise wird ebenfalls ein Beitrag geleistet, prekärer Beschäftigung entgegenzuwirken. Frage 8: Welche Initiativen hat die Landesregierung für eine Überwindung der Unterschiede im Rentenrecht für Ost und West? zu Frage 8: Die Vereinheitlichung der Rentenwerte in Ost und West ist eine Zielstellung im Koalitionsvertrag der Landesregierung Brandenburg. Die Anwendung unterschiedlicher Rentenwerte ist nach 25 Jahren deutscher Einheit immer schwerer vermittelbar. Ihre Vereinheitlichung wird von den Menschen in Brandenburg vor allem als ein Gebot der Gleichbehandlung und der Gerechtigkeit empfunden. Der Bundesrat hat auf Antrag Brandenburgs und Thüringens zum Rentenversicherungsbericht 2014 der Bundesregierung am 6. Februar 2015 eine Stellungnahme beschlossen, in der die Länder die Bundesregierung auffordern, mit ihnen schnell in einer gemeinsamen Arbeitsgruppe Lösungen für die Rentenangleichung zu erarbeiten. Die Gesetzgebung zur gesetzlichen Rentenversicherung liegt grundsätzlich in der Zuständigkeit des Bundes. Auch die Bundesregierung hat sich in ihrem Koalitionsvertrag dazu verpflichtet , zum Ende des Solidarpakts mit erster Prüfung im Jahr 2016 in einem Rentenüberleitungsabschlussgesetz den Weg dazu zu ebnen. Am 21. Juli 2016 hat die Bundesministerin für Arbeit und Soziales bekannt gegeben, dass sich ein Entwurf eines solchen Rentenüberleitungsabschlussgesetzes in der Abstimmung im Bundeskabinett befindet. Der Landesregierung liegt ein solcher Gesetzentwurf noch nicht vor. Sie wird den entsprechenden Gesetzgebungsprozess aktiv, konstruktiv und kritisch begleiten. Die Bemühungen zur Überwindung unterschiedlicher Rentenwerte müssen aus Sicht der Landesregierung flankiert werden von Maßnahmen, das Sicherungsniveau der gesetzlichen Rente auf einem möglichst hohen Stand zu stabilisieren. In diesem Sinne hat der Bundesrat zum Zweiten Bericht der Bundesregierung zur Anhebung der Regelaltersgrenze auf 67 Jahre unter Mitwirkung Brandenburgs eine Aufforderung an die Bundesregierung beschlossen, die bereits bestehenden Lösungsansätze zur Stabilisierung des Sicherungsniveaus der gesetzlichen Rente zu prüfen, z. B. mittels Schaffung einer Demografie-Reserve. Frage 9: Wie hat sich die betriebliche Altersversorgung in Brandenburg in den vergangenen zehn Jahren entwickelt? zu Frage 9: Zwar gibt es in Brandenburg zahlreiche Tarifverträge oder Betriebsvereinbarungen, die eine betriebliche Altersversorgung vorsehen. Der Landesregierung liegen jedoch keine Angaben oder Daten zur Entwicklung und Verbreitung der betrieblichen Altersversorgung in Brandenburg vor.