Datum des Eingangs: 12.08.2016 / Ausgegeben: 17.08.2016 Landtag Brandenburg 6. Wahlperiode Drucksache 6/4881 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage Nr. 1917 der Abgeordneten Steeven Bretz, Sven Petke und Frank Bommert der CDU-Fraktion Drucksache 6/4630 Beabsichtigte Maßnahmen zum Schutz vor Manipulationen an digitalen Grundaufzeichnungen Namens der Landesregierung beantwortet der Minister der Finanzen die Kleine Anfrage wie folgt: Vorbemerkung der Fragesteller: Am 25. Juni 2015 beschloss die Finanzministerkonferenz dem Umsatzsteuerbetrug bei Bargeschäften durch den verpflichtenden Einsatz einer technischen Sicherheitseinrichtung bei Nutzung eines elektronischen Aufzeichnungssystems , durch die Einführung einer Kassen-Nachschau durch die Finanzverwaltung sowie durch die Sanktionierung von Verstößen mit einer Geldbuße bis zu 25.000 Euro zu begegnen. Streitig ist zwischen dem Bundesfinanzministerium und den Bundesländern wie diesen Forderungen im Einzelnen nachzukommen ist. Das Bundesfinanzministerium hat auf Bitten der Länder einen Gesetzentwurf erarbeitet , der sich in der Ressortabstimmung befindet. Vorbemerkung: Auf der Finanzministerkonferenz (FMK) wurde am 4. Dezember 2014 festgestellt, dass Manipulationen von elektronischen Buchführungs- und Kassendaten immer schwerer und aufwändiger feststellbar sind. Daher hat die FMK ein umfangreiches Paket von Maßnahmen zur Verhinderung entsprechender Manipulationen befürwortet. Es bestehe dringender Handlungsbedarf wegen der sich immer schneller ausbreitenden Möglichkeiten der systematischen Steuerhinterziehung bei Bargeschäften. Mit dem FMK-Beschluss vom 25. Juni 2015 sollten die Diskussionen zu einem Maßnahmenpaket auf Grundlage der Offenheit eines technischen Konzepts (Technologieoffenheit) fortgesetzt werden. Mit dem Referentenentwurf eines Gesetzes zum Schutz vor Manipulationen an digitalen Grundaufzeichnungen legte das Bundesministerium der Finanzen am 18. März 2016 einen Gesetzentwurf zur Sicherstellung der Unveränderbarkeit von digitalen Grundaufzeichnungen vor. Der Gesetzentwurf wurde mit einigen Modifikationen am 13. Juli 2016 im Bundeskabinett beschlossen. Frage 1: Verfügt die Landesregierung, unabhängig von der OECD-Studie zum Steuerbetrug bei Bargeldgeschäften im Gastronomiebereich in der kanadischen Region Québec, über eigene valide Berechnungen zum Ausmaß der Steuerverkürzung bei Bargeldgeschäften im Land Brandenburg? zu Frage 1: Im Land Brandenburg werden keine statistischen Erfassungen hinsichtlich der Höhe der Steuerausfälle durch Steuerverkürzungen bei Bargeldgeschäften geführt. Frage 2: Durch welche technische Lösung wird nach Auffassung der Landesregierung den Bemühungen, Steuerbetrug bei Bargeldgeschäften einzudämmen, am besten Rechnung getragen? zu Frage 2: Neben dem mit dem Gesetzentwurf verfolgten Ansatz sind weitere technische Möglichkeiten zum Schutz vor Manipulationen an Registrierkassen denkbar, die zum Teil auch in anderen europäischen Ländern eingesetzt werden. Hierzu zählt z. B. der verpflichtender Einsatz einer Registrierkasse, Fiskalspeichersysteme, zertifizierte Kassensysteme, zertifizierte Kassensoftware, Datensignierung durch Verwendung einer Smartcard, Belegausgabepflicht beim Unternehmen und Belegaufbewahrungspflicht beim Kunden. Ziel eines technischen Konzepts ist, den steuerlichen Vollzug zu verbessern. Das technische Konzept muss eine hinreichende Sicherheit dafür bieten, dass Veränderungen an den Daten ausgeschlossen sind. Welche technische Lösung präferiert wird, ist aber auch von den Bürokratiekosten für die Steuerpflichtigen und die Verwaltung sowie der Prüfbarkeit der Einhaltung der Lösungen durch die Verwaltung abhängig. Im Hinblick auf die allgemeine rasante technische Entwicklung sind Systeme vorzugswürdig, die sich an zukünftige Entwicklungen anpassen lassen. Aus diesem Grunde ist die Sicht des Gesetzgebers, sich auf grundlegende Vorgaben hinsichtlich der technischen Sicherheitseinrichtung zu beschränken und das Entwickeln von den Erfordernissen der verschiedenen Wirtschaftszweige Rechnung tragenden Lösungen dem Markt zu überlassen, nachvollziehbar . Allein der Einsatz technischer Systeme kann Manipulationen bei Bargeldumsätzen nicht verhindern. Zusätzliche Maßnahmen wie unangekündigte Kassen- Nachschauen sind unabdingbar. Der in dem Gesetzentwurf dargestellte Lösungsansatz des verpflichtenden Einsatzes einer zertifizierten technischen Sicherheitseinrichtung bei Nutzung eines elektronischen Aufzeichnungssystems stellt nach Auffassung der Landesregierung mit den flankierenden Maßnahmen der Kassen-Nachschau sowie der Sanktionierung von Verstößen einen guten und wichtigen Schritt dar. Frage 3: Wie hoch schätzt die Landesregierung den Erfüllungsaufwand für die brandenburgische Wirtschaft durch die geplanten gesetzlichen Regelungen ein und hält die Landesregierung den Aufwand für die Unternehmen für zumutbar? zu Frage 3: Mit dem Gesetzesentwurf wird der Erfüllungsaufwand für die Wirtschaft bundesweit mit einmalig rd. 470 Mio. Euro und jährlich rd. 106 Mio. Euro geschätzt. Erhebungen zu den in Brandenburg im Einsatz befindlichen Kassen und Kassensystemen liegen nicht vor. Nach dem Grundsatz der Gleichmäßigkeit der Besteuerung ist die geplante gesetzliche Änderung zur Erfüllung der gesetzlichen Aufgaben durch die Steuerverwaltung unabdingbar. Die damit im Zusammenhang stehenden Kosten sind unvermeidbar. Frage 4: Welche Haltung hat die Landesregierung zu einer Registrierkassen- und Belegausgabepflicht für Unternehmen, die Bargeldgeschäfte abwickeln? zu Frage 4: Sowohl eine Registrierkassen- als auch eine Belegausgabepflicht wäre aus steuerrechtlicher Sicht eine geeignete Maßnahme zur Vollständigkeit, Richtigkeit und Unveränderbarkeit der Grundaufzeichnungen. Im Bereich der Kleinstunternehmen (z. B. Verkäufer auf Wochenmärkten oder in Hofläden) wäre der Aufwand jedoch nicht gerechtfertigt. Frage 5: Optimistische Schätzungen gehen von Steuermehreinnahmen in Höhe von insgesamt 10 Mrd. Euro/Jahr aus. Sollte die Landesregierung sich dieser Schätzung anschließen, wird seitens der Landesregierung erwogen, sich für eine Bezuschussung der technischen Sicherheitseinrichtung einzusetzen wie dieses z.B. beim Pilotprojekt für Taxameter in Hamburg erfolgt ist? zu Frage 5: Eine Bezuschussung von technischen Sicherheitseinrichtungen, welche den fiskalischen Anforderungen an die elektronische Datenspeicherung (mit dem Ziel der Steuergerechtigkeit) entsprechen und welche für alle Wirtschaftsakteure in den betreffenden Wirtschaftszweigen gelten, wird nicht erwogen. Frage 6: Ohne eine wirksame Kontrolle der erhobenen Daten laufen sämtliche technischen Vorkehrungen ins Leere. Mit dem Vorhaben verknüpft ist deshalb die Einführung einer Kassen-Nachschau. Wie will die Landesregierung sicherstellen, dass für die Kontrollen ausreichend qualifiziertes Personal zur Verfügung steht, zumal bereits jetzt den Anforderungen der Personalbedarfsberechnung nicht entsprochen wird und durch die Einzelaufzeichnungspflicht mit einem enormen Aufwuchs von Datensätzen zu rechnen ist? zu Frage 6: Die Landesregierung sorgt für eine angemessene Personalausstattung der Steuerverwaltung mit Hilfe der Personalbedarfsplanung. Die Steuerung, wieviel Personal in den Prüfungsdiensten der Finanzämter eingesetzt wird, erfolgt im Ministerium der Finanzen in enger Zusammenarbeit mit den Amtsleitungen. Ob bzw. in welchem Umfang die beabsichtigten Maßnahmen zum Schutz vor Manipulationen an digitalen Grundaufzeichnungen zu einem veränderten Personaleinsatz bei den Prüfungsdiensten der Finanzämter führt, lässt sich - mangels hinreichender Konkretisierung der Umsetzung dieser Maßnahme - derzeit noch nicht einschätzen.