Datum des Eingangs: 16.08.2016 / Ausgegeben: 22.08.2016 Landtag Brandenburg 6. Wahlperiode Drucksache 6/4898 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 1930 der Abgeordneten Dr. Jan Redmann und Gordon Hoffmann der CDU-Fraktion Drucksache 6/4657 Vorgaben für Schulranzen Namens der Landesregierung beantwortet der Minister für Bildung, Jugend und Sport die Kleine Anfrage wie folgt: Vorbemerkungen der Fragesteller: Immer wieder klagen Kinder, Eltern, aber auch Experten darüber, dass die Schulranzen für Grundschulkinder zu schwer seien; ihr Gewicht könne in einigen Fälle sogar der Gesundheit der Kinder abträglich sein. Uns liegt zudem der Fall eines körperlich ungewöhnlichen schwachen Kindes vor, dem ein schwerer Schulranzen offenbar kaum zuzumuten ist. Frage 1: Welche rechtlichen Vorgaben gibt es für Schulranzen, insbesondere für das Gewicht? zu Frage 1: Die Schule ist gemäß § 4 Absatz 3 des Brandenburgischen Schulgesetzes (BbgSchulG) zum Schutz der körperlichen Unversehrtheit von Schülerinnen und Schülern verpflichtet und fördert gemäß § 4 Absatz 5 BbgSchulG insbesondere die Fähigkeit und Bereitschaft der Schülerinnen und Schüler, ihre Verantwortung für die eigene Gesundheit zu begreifen und wahrzunehmen. In diesen Kontext ist auch das Thema „schwerer Schulranzen“ einzuordnen. Darüber hinausgehende verbindliche Vorgaben im Sinne einer landes- oder bundesgesetzlichen Regelung, wie schwer eine Schultasche sein darf, gibt es nicht. Die Vermeidung von gesundheitlichen Schäden und zu starken Belastungen der Kinder durch das Tragen von Unterrichtsund persönlichen Begleitmaterialien sind eine dauerhafte Aufgabe aller am Schulleben Beteiligten, die nur im aktiven Zusammenwirken von Lehrkräften, Eltern und Schülerinnen sowie Schülern gelingen kann. Daher sollten die Eltern gemeinsam mit den Lehrkräften nach Möglichkeiten einer Verringerung des Ranzengewichts beispielsweise im Rahmen der im Brandenburgischen Schulgesetz geregelten Mitwirkungsrechte suchen. Frage 2: Welche Empfehlungen kennt die Landesregierung bzw. welche spricht sie selbst aus? zu Frage 2: Um gesundheitsschädigende Wirkungen insbesondere zu Beginn der Grundschulzeit so weit wie möglich zu begrenzen, sollte sich das Gewicht eines Schulranzens im Grundsatz immer an den körperlichen Voraussetzungen des betroffenen Kindes orientieren. Die Kommission zur Wahrnehmung der Belange der Kinder (Kinderkommission) des Deutschen Bundestages hat im Jahr 2008 ein Schulranzengewicht zwischen 10 bis 15 Prozent des Körpergewichts empfohlen. Vom Deutschen Institut für Normung e.V. bestand bis 2010 die Empfehlung (DIN-Norm 58124), wonach der „gefüllte Ranzen (…) am Ende nicht mehr als zehn Prozent des Körpergewichts des Kindes wiegen“ sollte. Jedoch sind diese bisherigen Empfehlungen nach Einschätzung der Bundesarbeitsgemeinschaft für Haltungs- und Bewegungsförderung e.V.1 und durch die „Kid-Check- Studie“ der Universität des Saarlandes 2 wissenschaftlich nicht belegbar. Die Diskussionen, welcher möglichen Gefährdung ein heranwachsender Rücken ausgesetzt ist, sind sehr vielseitig. Sie stehen immer im Zusammenhang mit folgenden Faktoren: Alter, individuelle Belastungsverträglichkeit (Kraft und Koordinationsleistung), Belastungsdauer (Länge des Schulweges ), ergonomische Qualität des Schulranzens, individuelles Trageverhalten sowie weitere Risikofaktoren wie Bewegungsmangel und stundenlanges Sitzen. Empfehlungen zum altersangemessenen Gewicht einer Schultasche werden durch das Ministerium für Bildung, Jugend und Sport des Landes Brandenburg im jährlich erscheinenden Wegweiser für die Grundschule „6 Jahre: Zusammen für die Zukunft lernen“3 an die Eltern mit dem Ziel der Vermeidung einer übermäßigen Belastung des kindlichen Rückens gegeben. Das Gewicht einer Schultasche sollte demnach nicht über 10 bis 12 Prozent des Körpergewichts des Kindes liegen, d. h. bei 25 kg Körpergewicht sollte die Tasche höchstens 3 kg schwer sein. Grundsätzlich führt neben zu schwerem Schulranzen vor allem Bewegungsmangel zu Haltungsschäden bei Kindern. Regelmäßige Bewegung kräftigt die Muskulatur und sorgt für eine verbesserte Belastungsverträglichkeit und motorische Koordination der Kinder. Eine gesunde Wirbelsäule wird die gewichtsmäßige und zeitliche Belastung durch den Schulranzen besser tolerieren. Dies schließt jedoch präventive Maßnahmen nicht aus. Tägliche Bewegungs- und Sportzeiten leisten daher einen wichtigen Beitrag, um den Haltungs- und Bewegungsapparat der Kinder zu stabilisieren. Frage 3: Welche Möglichkeiten gibt es, in besonderen Härtefällen abweichende Regelungen für Schulbücher und Lehrmaterialen zu treffen, um einzelnen Kindern den Schulweg buchstäblich zu erleichtern? zu Frage 3: Die Mehrzahl der Schulen verfügt über geeignete Möglichkeiten, dass Schülerinnen und Schüler Unterrichtsmaterialien und auch Sportzeug in der Schule aufbewahren können. So gibt es z. B. abschließbare Spinde auf den Schulfluren, spezielle Kellerräume, Schränke in den jeweiligen Klassenräumen oder Ablagemöglichkeiten unter den Schulbänken. Da in den Jahrgangsstufen 1 bis 4 weitestgehend in „festen“ Klassenräumen unterrichtet wird und somit ein Klassenraumwechsel nicht notwendig ist, kann die Aufbewahrung der Materialien häufig direkt im jeweiligen Klassenraum erfolgen. In besonderen Härtefällen besteht auch die Möglichkeit, dass, in Absprache mit dem Schulträger und den Eltern, die Schülerin oder der Schüler einen zweiten Schulbuchsatz erhält, sodass einer grundsätzlich in der Schule und einer daheim verbleibt. Die Beachtung akzeptabler Gewichte der Schultasche liegt in der gemeinsamen Verantwortung von Elternhaus und Schule. Daher können die 1Schulranzen/ Schulrucksack Ratgeber: http://haltungbewegung.de/informationen-fuer-eltern/ 2Aktion „Kid-Check“ der Universität des Saarlandes: http://www.kidcheck.de/ergebn_f14.htm 3 http://www.mbjs.brandenburg.de/sixcms/media.php/5527/final-Grundschule_2015_www.pdf Eltern unterstützend tätig sein, indem sie nicht nur die Wahl des geeigneten Ranzens treffen, sondern zugleich den Inhalt möglichst täglich kontrollieren, sodass sich nur Unterrichtsmaterialien darin befinden, die tatsächlich auch gebraucht werden. So wird der Bewegungsapparat ihrer Kinder von unnötigem Gewicht entlastet und damit gesundheitliche Gefahren verringert. Die Eltern können zudem über die im Rahmen der in den §§ 81 und 82 des Brandenburgischen Schulgesetzes geregelten Mitwirkungsrechte in den Gremien der Schule mitarbeiten und hier individuelle Lösungsmöglichkeiten , beispielsweise Hinweise für die Eltern zur Gewichtsreduzierung der Ranzen, einbringen. Dazu kann auch der Hinweis gehören, dass Eltern bei der Auswahl der Schultasche ihres Kindes auf ein möglichst geringes Leergewicht achten.