Datum des Eingangs: 17.08.2016 / Ausgegeben: 22.08.2016 Landtag Brandenburg 6. Wahlperiode Drucksache 6/4908 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage Nr. 1934 der Abgeordneten Britta Müller der SPD-Fraktion Drucksache 6/4681 Sozialpädiatrische Zentren in Brandenburg Namens der Landesregierung beantwortet die Ministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit , Frauen und Familie die Kleine Anfrage wie folgt: Vorbemerkungen der Fragesteller: Die Sozialpädiatrischen Zentren (SPZ) sind eine institutionelle Sonderform zur interdisziplinären Diagnostik, Therapie und Betreuung von Kindern mit körperlichen, geistigen und seelischen Entwicklungsauffälligkeiten, körperlichen und geistigen Behinderungen, sowie neurologischen und chronischen Erkrankungen. Die Zentren arbeiten unter Einbeziehung des sozialen Umfeldes der Kinder und Jugendlichen. Zu ihren Aufgaben zählt auch die Untersuchung bei Verdacht auf die oben genannten Krankheiten. Zurzeit gibt es bundesweit 146 Sozialpädiatrische Zentren mit unterschiedlichen Strukturen und institutioneller Einbindung. In Brandenburg sind vier Zentren vorhanden, das SPZ Potsdam, SPZ Frankfurt/Oder, SPZ Cottbus und das SPZ Neuruppin. Alle vier Zentren sind jeweils an die dortigen Kinderkliniken angeschlossen und haben unterschiedliche Versorgungsschwerpunkte . Die Brandenburger Zentren werden durch die Krankenkassen und die jeweiligen Kommunen finanziert, erhalten aber auch unterschiedliche Kostensätze. Die Landesregierung kann sich nach Gesetzeslage derzeit nicht an der Finanzierung der Kosten für die SPZs beteiligen. Frage 1: Ist der Landesregierung bekannt, wie viele Kinder und Jugendliche von den Brandenburger SPZs betreut werden? zu Frage 1: Behandlungszahlen liegen der Landesregierung differenziert nach Fällen und Patientenzahl vollständig für das Jahr 2014 vor. Für das Jahr 2015 wurden von zwei SPZ die Fallzahlen mitgeteilt (s.Tabelle). SPZ Abgerechnete Fälle 2014 2015 Patientenzahl 2014 Frankfurt (Oder) 3964 - 2139 Neuruppin 1896 2199 1043 Potsdam 3459 - 1588 Cottbus 4125 4269 2210 Frage 2: Ist der Landesregierung bekannt, wie sich das Leistungsangebot an den einzelnen Zentren zusammensetzt? zu Frage 2: Sozialpädiatrische Zentren sind ambulante kinderärztliche Einrichtungen zur interdisziplinären Diagnostik, Therapie und Betreuung von Kindern mit körperlichen , geistigen und seelischen Entwicklungsauffälligkeiten, körperlichen und geistigen Behinderungen, neurologischen und chronischen Erkrankungen unter Einbeziehung ihres sozialen Umfelds. Sie müssen gemäß §119 SGB V vom Zulassungsausschuss für die ambulante sozialpädiatrische Behandlung von Kindern ermächtigt werden. Nach §119 Abs. 2 SGB V ist die Behandlung auf diejenigen Kinder auszurichten , die wegen Art, Schwere oder Dauer ihrer Krankheit oder einer drohenden Krankheit nicht von geeigneten Ärzten oder in geeigneten Frühförderstellen behandelt werden können. Der Schwerpunkt der Arbeit an allen Brandenburger SPZ liegt daher auf der Beratung und Diagnostik, die als Mehrbereichsdiagnostik angeboten wird. Dafür steht an allen Standorten ein multiprofessionelles Team von Ärztinnen /Ärzten, Psychologinnen/Psychologen, Therapeutinnen und Therapeuten für Logopädie und Ergotherapie, Physiotherapie, Sozialarbeiterinnen/Sozialarbeitern und Heilpädagoginnen/Heilpädagogen zur Verfügung. Die SPZ arbeiten eng mit den Kinderkliniken zusammen und führen Konsilsprechstunden durch. Das SPZ Potsdam und das SPZ Neuruppin sind als Epilepsie-Ambulanz DGfE (Deutsche Gesellschaft für Epileptologie) zertifiziert. Frage 3: Ist der Landesregierung bekannt, wie lange die Wartezeiten für einen Termin in den einzelnen Zentren sind? zu Frage 3: Nach Auskunft der SPZ erhalten Säuglinge und akut kranke Kinder an allen SPZ-Standorten zeitnah einen Termin. Ansonsten beträgt die Wartezeit im Durchschnitt 6 Monate, vereinzelt bis zu einem Jahr. In Potsdam warten Kinder mit Entwicklungsverzögerungen im Vorschulalter bis zu 6 Monaten, Kinder im Schulalter über 6 Monate. Im Neuruppiner SPZ beträgt die Wartezeit je nach Fragestellung bis zu einem Jahr. In Cottbus und Frankfurt (Oder) erhalten die Kinder und Jugendlichen in der Regel nach 6 Monaten einen Termin. Frage 4: Wie schätzt die Landesregierung die flächendeckende Versorgung mit Sozialpädiatrischen Zentren ein? zu Frage 4: Das Land Brandenburg verfügt über vier SPZ in Neuruppin, Potsdam, Frankfurt (Oder) und Cottbus. Die Frage einer flächendeckenden Versorgung mit Sozialpädiatrischen Zentren im Land Brandenburg wurde mehrfach diskutiert. Es kann eingeschätzt werden, dass mit vier SPZ in Brandenburg grundsätzlich ein ausreichendes sozialpädiatrisches Angebot besteht. Durch eine gute Vernetzung und enge Kooperationen mit den 43 Frühförderstellen im Land wird die Versorgung der Kinder und Jugendlichen, die Leistungen eines SPZ benötigen, sichergestellt. Nach Auskunft der SPZ wird mehr Personal benötigt, um die zu Frage 3 dargestellten Wartezeiten zu reduzieren. Das wiederum erfordert eine entsprechende Finanzierung der SPZ. Die Fallzahlbegrenzung in Neuruppin und Cottbus ist auch hinsichtlich der Wartezeiten problematisch. Frage 5: Wie schätzt die Landesregierung die unterschiedliche Finanzierung der einzelnen Zentren ein? zu Frage 5: Im Land Brandenburg erfolgt die Finanzierung des größten Anteils der SPZ-Leistungen, der ärztlich-medizinischen Leistungen, über Quartalspauschalen. Diese Pauschalen für ärztliche und medizinisch-therapeutische Leistungen sind von den Krankenhäusern (als Träger der SPZ) mit den gesetzlichen Krankenkassen (GKV) ausgehandelt. Aktuell führen die Trägerkrankenhäuser Verhandlungen mit den Krankenkassen, um die GKV-Pauschalen angemessen anzupassen. Im Bundesvergleich sind die Pauschalen bislang vergleichsweise niedrig. Ein Teil der nichtärztlichen , sozialpädiatrischen Leistungen, die durch die SPZ erbracht werden, sind nicht mit der Pauschale abgedeckt. Die Finanzierung der erforderlichen, nichtärztlichen sozialpädiatrischen Leistungen, die unter ärztlicher Verantwortung erbracht werden, fällt nur im Rahmen von Diagnostik und Erstellung eines Behandlungsplans in den Aufgabenbereich der gesetzlichen Krankenkassen. Die Übernahme der weiteren , nichtärztlichen sozialpädiatrischen Leistungen obliegt den örtlichen Sozialhilfeträgern . Die Kommunalen Spitzenverbände in Brandenburg sehen die Zahlung dieser Leistung als eine originäre Aufgabe der Kommunen an. Die Zahlung erfolgt auf Antrag, den die Erziehungsberechtigten der Kinder stellen müssen. Es gibt hierfür allerdings keine landeseinheitlichen Regelungen. Bislang gibt es nur vereinzelt Vereinbarungen zwischen Kommunen und SPZ. Die Vereinbarung einer landeseinheitlichen Regelung bzw. Pauschale ist nur gemeinsam mit den kommunalen Spitzenverbänden denkbar. Zusammenfassend kann zur Finanzierung festgehalten werden, dass einerseits die GKV-Pauschalen angemessen hoch sein sollten. Andererseits sollten die im SPZ erbrachten nichtärztlichen, sozialpädiatrischen Leistungen angemessen finanziert sein. Wenn die Eltern hier als Antragsteller auftreten müssen, sollten die Regelungen weitgehend unbürokratisch gestaltet werden. Frage 6: Das Rheinland-Pfälzische Modell der Sozialpädiatrischen Zentren mit angegliederten Frühförderstellen wird unter fachlichen Gesichtspunkten und im Hinblick auf die Finanzierbarkeit im Bundesvergleich immer wieder hervorgehoben. Wie schätzt die Landesregierung das Modell der Zentren in Rheinland-Pfalz ein? Wäre diese Finanzierungsregelung auf Brandenburg übertragbar? zu Frage 6: Das Rheinland-Pfälzische Modell zeichnet sich durch eine enge organisatorische und fachliche Verzahnung von Sozialpädiatrischen Zentren und Frühförderstellen aus. Es stellt im Bundesvergleich eine Besonderheit dar. Die Finanzierung der durch diese Zentren für Sozialpädiatrie und Frühförderung erbrachten Leistungen erfolgt in Form von Pauschalvergütungen auf der Grundlage der jeweiligen Leistungsgesetze (SGB V, IX und XII). Dabei kommt es zu keiner pauschalen Kostenaufteilung zwischen Krankenkassen und Sozialhilfeträgern, sondern es werden für jeden Leistungsbereich eigene Kostenpauschalen vereinbart. Ob Kinder und Jugendliche in Rheinland-Pfalz sozialpädiatrisch besser versorgt werden als in anderen Bundesländern , kann nicht nachgewiesen werden. Für das Land Brandenburg wird eingeschätzt , dass sich die Struktur mit vier SPZ, die mit den 43 Frühförder- und Bera- tungsstellen eng kooperieren, bewährt hat. Eine grundsätzliche Neuorganisation der SPZ und Frühförder- und Beratungsstellen mit einer organisatorischen und fachlichen Führung durch den ärztlichen Bereich würde die o.g. Probleme der Finanzierung nicht lösen.