Datum des Eingangs: 18.08.2016 / Ausgegeben: 23.08.2016 Landtag Brandenburg 6. Wahlperiode Drucksache 6/4924 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 1973 des Abgeordneten Gordon Hoffmann der CDU-Fraktion Drucksache 6/4737 Qualitätssteigerung in der Kindertagesbetreuung: Kostenschätzung Namens der Landesregierung beantwortet der Minister für Bildung, Jugend und Sport die Kleine Anfrage wie folgt: Vorbemerkung des Fragestellers: Im Rahmen der Studienreihe „KiTa-ZOOM in Brandenburg“ hat die Bertelsmann-Stiftung die Strukturen der Brandenburger Kindertagesbetreuung untersucht und hat dabei an verschiedenen Stellen Handlungsbedarf aufgezeigt. Leitungsfreistellung Die Bertelsmann-Stiftung empfiehlt zum Beispiel, zusätzliche Stellenanteile für Leitungsaufgaben in Kitas zuzuweisen. Die Untersuchungen der Stiftung legen nahe, dass der Bedarf an zusätzlicher Leitungsfreistellung in kleinen Kitas am größten ist. Frage 1: Wie hoch schätzt die Landesregierung den zusätzlichen Betrag, den sie den örtlichen Trägern der Jugendhilfe aufgrund des Konnexitätsprinzips zuweisen müsste , sollten Kitas mit bis zu vier Stellen für pädagogische Mitarbeit einen zusätzlichen Anteil von 0,125 Leitungsstellen bekommen? Welcher Anzahl von zusätzlichen Fachkräften würde dies geschätzt entsprechen? zu Frage 1: Durch eine Erhöhung des Leitungsschlüssels für Kindertageseinrichtungen mit bis zu vier Stellen für pädagogische Fachkräfte um einen Anteil von 0,125 entstünden rund 69 neue Stellen und bei angenommenen durchschnittlichen Kosten von 66.100 Euro pro Stelle (Prognose 2017) Mehrkosten von rund 4,6 Mio. Euro im Jahr. Kleine Kitas wären auf diese Weise ebenso mit Leitungsstellen ausgestattet wie Kitas mit fünf bis zehn Stellen für pädagogische Mitarbeiter. Frage 2: Wie würde die Landesregierung die unter Frage 1 skizzierte Maßnahme bewerten? Einen entsprechenden fiskalischen Gestaltungsspielraum vorausgesetzt, welche alternative Form erweiterter Leitungsfreistellung mit vergleichbaren Kosten hielte sie gegebenenfalls aus fachlicher Sicht für dringlicher? zu Frage 2: Die Anforderungen an die Erziehung, Bildung, Betreuung und Versorgung in Kindertagesstätten sind kontinuierlich gestiegen. Der Leitung kommt bei der Bewältigung der damit verbundenen Aufgaben eine zentrale Funktion zu und insbesondere kleine Einrichtungen stehen dabei vor besonderen Herausforderungen. Da die Landesregierung keine politischen Festlegungen zu einer Erhöhung der Leitungsfreistellung getroffen hat, kann auch die Frage nach dringlicheren Alternativen nicht beantwortet werden. Die LIGA der freien Wohlfahrtverbände fordert darüber hinaus, allen Kindertagesstätten unabhängig von ihrer Größe zusätzlich 0,125 Leitungsstellen zu gewähren (Sockelfreistellung). Frage 3: Wie hoch schätzt die Landesregierung den zusätzlichen Betrag, den sie den örtlichen Trägern der Jugendhilfe aufgrund des Konnexitätsprinzips für eine solche zusätzliche Sockelfreistellung zuweisen müsste? Welcher Anzahl von zusätzlichen Fachkräften würde dies geschätzt entsprechen? zu Frage 3: Durch eine Erhöhung des Leitungsschlüssels für alle Kindertageseinrichtungen um einen Anteil von 0,125 entstünden rund 230 neue Stellen und bei Berücksichtigung der unterschiedlichen Vergütung je nach Einrichtungsgröße (Prognose 2017) Mehrkosten von rund 16 Mio. Euro im Jahr. Zusätzliche Bemessungsgrößen für lange Betreuungszeiten Die Experten der Bertelsmann-Stiftung haben ebenfalls errechnet, dass bei der derzeitigen gesetzlichen Personalbemessung eine Fachkraft nur für eine Betreuungszeit von bis zu 7,5 Stunden finanziert ist. Weil aber die meisten Brandenburger Familien längere Zeiten in Anspruch nehmen, verschlechtert sich die Fachkraft-Kind-Relation. Dies betrifft insbesondere dicht besiedelte Regionen im Berliner Umland – wie etwa die Landeshauptstadt Potsdam, wo Eltern besonders lange Betreuungszeiten in Anspruch nehmen. Besorgnis über eine ungenügende Fachkraft-Kind-Relation in Potsdamer Kitas äußerte zum Beispiel der Jugendhilfeausschuss der Potsdamer Stadtverordnetenversammlung in einer Resolution vom 23. Juni 2016. Unzufriedenheit über die Kita-Qualität zeigt sich auch in der Onlinepetition „Jetzt! Für eine bessere Kita-Betreuung in Potsdam“. Die LIGA der freien Wohlfahrtverbände hat aus der Untersuchung der Bertelsmann- Stiftung die Forderung nach einer zusätzlichen Bemessungsgröße von Betreuungszeiten von mehr als 8 Stunden im Kita Gesetz abgeleitet. Frage 4: Einen entsprechenden politischen Willen und fiskalischen Gestaltungsspielraum angenommen, was (und warum) hielte die Landesregierung aus fachlicher Sicht für dringlicher: eine zusätzliche Bemessungsgröße von a) 8 Stunden oder b) von 9 Stunden im Kita-Gesetz? zu Frage 4: Die Personalschlüssel gemäß § 10 Kindertagesstättengesetz (KitaG) geben das zum Betrieb einer Einrichtung notwendige pädagogische Personal vor und dienen der Berechnung und Verteilung von Finanzflüssen; sie bilden nicht die tatsächlichen Personal-Kind-Relationen ab, wie Bertelsmann-Studien teils verstanden werden können. Die Finanzierung dieses notwendigen pädagogischen Personals ist über § 16 und 16a KitaG gesichert. Insofern bildet die nach zwei Betreuungszeitstufen gemäß § 10 KitaG ermittelte Personalmenge einer Kindertageseinrichtung über den Tag hinweg nicht die tatsächlichen Personal-Kind- Relationen ab. Zudem wirken sich längere Betreuungszeiten der Kinder (und entsprechend längere Öffnungszeiten der Kitas) auf die tatsächliche Personal-Kind- Relation aus. Um diese Relation zu verbessern, hat die Landesregierung in der Vergangenheit mehrfach § 10 KitaG geändert und den Personalschlüssel im Krippenbereich verbessert. Im Zusammenhang mit dem Entwurf der Landesregierung zum Haushalt 2017/2018 sollen darüber hinaus die erforderlichen Haushaltsmittel bereitgestellt werden, um auch für die Betreuung der Kinder im Kindergartenalter eine Verbesserung des Personalschlüssels vorzunehmen. Damit wird eine Verbesserung der Betreuung erreicht, ohne eine weitere Stufe bei den Betreuungszeiten einzuführen. Frage 5: Wie hoch schätzt die Landesregierung den zusätzlichen Betrag, den sie den örtlichen Trägern der Jugendhilfe aufgrund des Konnexitätsprinzips zuweisen müsste , sollte sie eine zusätzliche Bemessungsgröße von a) 8 Stunden bzw. b) 9 Stunden gesetzlich regeln? Welcher Anzahl von zusätzlichen Fachkräften würde dies in den jeweiligen Szenarien geschätzt entsprechen? zu Frage 5: Für die Ermittlung einer zusätzlichen Betreuungszeitstufe von acht und mehr Stunden liegen keine entsprechenden Daten vor, da in der Jugendhilfestatistik nur die Betreuungszeiten neun und mehr Stunden erfasst werden. Eine zusätzliche Betreuungszeitstufe von neun und mehr Stunden würde bei einem Schüssel von 1,2 : 5 für Krippenkinder und von 1,2 : 12 für Kindergartenkinder zu einem Mehrbedarf an rund 730 Fachkräften und bei durchschnittlichen Personalkosten von 53.800 Euro pro Jahr und Stelle (Prognose 2017) zu Mehrkosten von rund 41,5 Mio. Euro im Jahr führen. Mittel für das entfallene Betreuungsgeld Nachdem das Bundesverfassungsgericht geurteilt hatte, das Betreuungsgeld sei mit dem Grundgesetz nicht vereinbar, hat sich der Bundesfinanzminister in Verhandlungen mit den Bundesländern bereit erklärt, die dafür ursprünglich vorgesehenen Mittel den Ländern zur Verfügung zu stellen. Der Landtag hat am 24. September 2015 beschlossen , „diese Mittel für Verbesserungen im Bereich Kita“ einzusetzen (Drucksache 6/2507-B). Frage 6: In welcher Höhe fließen dem Land Brandenburg Bundesmittel zu, die für das Betreuungsgeld vorgesehen waren? (bitte nach Haushaltsjahren aufschlüsseln) zu Frage 6: Dem Land Brandenburg fließen Bundesmittel aus dem Betreuungsgeld in folgender Höhe zu: 2016 rund 10.170.000 Euro 2017 rund 23.220.000 Euro 2018 rund 26.100.000 Euro.