Datum des Eingangs: 23.08.2016 / Ausgegeben: 29.08.2016 Landtag Brandenburg 6. Wahlperiode Drucksache 6/4964 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage Nr. 2005 der Abgeordneten Ursula Nonnemacher der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 6/4827 „Ankunftszentren“ und beschleunigte Asylverfahren im Land Brandenburg Namens der Landesregierung beantwortet der Minister des Innern und für Kommunales die Kleine Anfrage wie folgt: Vorbemerkungen der Fragestellerin: Mit dem Asylpaket 2 wurde die Möglichkeit geschaffen , Flüchtlinge in gesonderten Aufnahmeeinrichtungen unterzubringen und beschleunigte Verfahren durchzuführen. Seit dem 27.07.2016 ist ein sogenanntes „Ankunftszentrum“ auf dem Gelände der Erstaufnahmeeinrichtung für Asylsuchende in Eisenhüttenstadt offiziell in Betrieb. Dort sollen sämtliche Verfahren rund um die Aufnahme von Asylsuchenden gebündelt und das Asylverfahren beschleunigt werden . Nach Auskunft des Leiters der Erstaufnahmeeinrichtung Frank Nürnberger in der Sitzung des Ausschusses für Inneres und Kommunales vom 21.4.2016 werden die Asylverfahren in den „Ankunftszentren“ nach folgenden Kategorien „geclustert“ und bearbeitet: Kategorie A: Flüchtlinge mit sogenannter hoher Bleibeperspektive, Kategorie B: Flüchtlinge aus sogenannten sicheren Herkunftsländern, Kategorie C: Flüchtlinge, deren Verfahren schwierig sind, Kategorie D: Flüchtlinge, auf die die Dublin-Verordnung Anwendung findet. Diese Einteilung entspricht dem sogenannten „Heidelberger Modell“. In Heidelberg besteht seit September 2015 ein „Ankunftszentrum“. Auf dem dortigen Gelände befinden sich Unterkünfte, die Außenstelle des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge , eine Asylberatung von Caritas und Diakonie sowie eine Einrichtung zur vorläufigen Inobhutnahme von unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen. Insgesamt wurden 39 Stellen zur Verfahrensberatung und Ehrenamtskoordination eingerichtet. Nach EU-Vorgaben aus der Aufnahme- und Verfahrensrichtlinie müssen in Schnellverfahren eine rechtliche, unabhängige Beratung sowie die Identifizierung besonderer Schutzbedürftigkeit gewährleistet sein. Frage 1: Wie viel Personal steht in Eisenhüttenstadt für die Asylverfahrensberatung zum Stand 01.08.2016 zur Verfügung? zu Frage 1: Zum 01.08.2016 hat das Deutsche Rote Kreuz (DRK) am Stammsitz der Zentralen Ausländerbehörde (ZABH) in Eisenhüttenstadt 10,5 Mitarbeitende für die migrationsspezifische Sozialberatung eingesetzt. Diese nehmen auch die Asylverfahrensberatung wahr. Dem stehen rund 800 Bewohner aller Altersgruppen am Standort Eisenhüttenstadt gegenüber. Frage 2: Wie viele DolmetscherInnen stehen in Eisenhüttenstadt zum Stand 01.08.2016 für welche Sprachen für die Asylverfahrensberatung zur Verfügung? zu Frage 2: Das DRK setzt bei der Asylverfahrensberatung mehrsprachige Sozialberater ein bzw. zieht Sprachmittler bedarfsbezogen hinzu. Hierbei kann das DRK auch auf die Dolmetscher zugreifen, welche durch die ZABH für die Registrierung der Asylsuchenden vorgehalten werden. Eine Vorhaltung fester Dolmetscherkontingente nur für die Asylverfahrensberatung findet nicht statt. Frage 3: Was ist der Inhalt der Asylverfahrensberatung in Eisenhüttenstadt? zu Frage 3: Die Asylverfahrensberatung des DRK umfasst die Information asylsuchender Menschen über die sie betreffende rechtliche Situation und ihre sich daraus ergebenden Möglichkeiten (Gruppen- und Einzelfallberatungen). Dazu gehören u. a.: - Beratung zum Asyl- bzw. Rückführungsverfahren, - Erläuterung behördlicher/gerichtlicher Schreiben und Bescheide, - Aufklärung der Asylsuchenden über die ihnen gesetzlich eingeräumten Rechtsbehelfe bzw. Rechtsschutzmöglichkeiten gegen belastende behördliche Entscheidungen und Realakte, - die Beratung zum Leistungsbezug nach Asylbewerberleistungsgesetz, - die Vermittlung von Beratungsmöglichkeiten zur Frage der Anerkennung ausländischer Bildungsabschlüsse, - bei entsprechender Aufenthaltsperspektive in Vorbereitung auf die Zeit nach der Verteilung die allgemeine Beratung zu den rechtlichen Möglichkeiten der Arbeitsaufnahme , zu Angeboten für Deutsch- und Integrationskurse und zu den Möglichkeiten einer Wohnungsunterbringung. Frage 4: Findet für Flüchtlinge im „Ankunftszentrum“ eine Vorbereitung auf die Anhörung durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge statt? Wenn nein, warum nicht? zu Frage 4: Eine Vorbereitung auf die Anhörung beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) erfolgt durch die Sozialberater des DRK, soweit dies in der zur Verfügung stehenden Zeit möglich ist und durch die Asylbewerber gewünscht wird. Da Anhörungen zu rechtlich bzw. tatsächlich komplexen Anträgen (sog. C-Fälle) ohnehin außerhalb des Ankunftszentrums und damit erst zu einem späteren Zeitpunkt erfolgen, kann das Beratungsangebot des DRK durch die Betroffenen an allen Wohnheimstandorten der Erstaufnahmeeinrichtung in Anspruch genommen werden. Frage 5: Werden Flüchtlinge im „Ankunftszentrum“, deren Bescheid abgelehnt wurde , durch SozialarbeiterInnen in Eisenhüttenstadt darauf hingewiesen, dass sie einen Rechtsanwalt und andere, unabhängige Beratungsstellen konsultieren dürfen? Wenn nein, warum nicht? zu Frage 5: Hierzu wird auf die Antwort zu Frage 3 verwiesen. Frage 6: Wird RechtsanwältInnen und unabhängigen Beratungsstellen auf dem Gelände in Eisenhüttenstadt der Kontakt zu Flüchtlingen im „Ankunftszentrum“ gestattet ? Wenn nein, warum nicht? zu Frage 6: Der Zugang zum Ankunftszentrum wird grundsätzlich nicht beschränkt. Eine Teilnahme Dritter an den einzelnen Bearbeitungsschritten im Ankunftszentrum setzt das Einverständnis der asylbegehrenden Person sowie des BAMF voraus. Frage 7: Wie und durch wen wird gewährleistet, dass in den Schnellverfahren in Eisenhüttenstadt besondere Schutzbedarfe festgestellt werden? zu Frage 7: Die Feststellung des Vorliegens besonderer Verfahrensgarantien nach Artikel 24 der Richtlinie 2013/32/EU ist Aufgabe des BAMF. Zu den Einzelheiten der Umsetzung dieser gesetzlichen Anforderung durch das BAMF liegen der Landesregierung keine Erkenntnisse vor. Unabhängig davon übermittelt die ZABH von ihr festgestellte Schutzbedarfe i. S. v. Artikel 21 der Richtlinie 2013/33/EU auch dem BAMF, insbesondere soweit diese für die Fähigkeit des Asylbewerbers zur Teilnahme am Asylverfahren relevant sind. Frage 8: Wie und durch wen wird in den Schnellverfahren gewährleistet, dass z. B. eigene Fluchtgründe von Kindern identifiziert werden? zu Frage 8: Wie in der Antwort zur Frage 7 bereits ausgeführt, liegen der Landesregierung keine Erkenntnisse vor, wie das BAMF die Beachtung der Verfahrensgarantien nach Art. 24 RL 2013/32/EU gewährleistet.