Datum des Eingangs: 29.08.2016 / Ausgegeben: 05.09.2016 Landtag Brandenburg 6. Wahlperiode Drucksache 6/4975 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage Nr. 2009 des Abgeordneten Dieter Dombrowski der CDU-Fraktion Drucksache 6/4831 Erstattung von Vorhaltekosten für Flüchtlingsnotunterkünfte im Havelland Namens der Landesregierung beantwortet die Ministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit , Frauen und Familie die Kleine Anfrage wie folgt: Vorbemerkungen der Fragesteller: Der Landkreis Havelland ist mit seinem Handeln bei der Vorbereitung der Unterbringung und der Betreuung von Flüchtlingen der Aufforderung des Landes gefolgt. Als Grundlage der Platzzahlen wurden jederzeit die Angaben der Landesregierung zu Grunde gelegt. Als Handlungsgrundlagen für den Landkreis Havelland wurden durch Kreisverwaltung und Kreispolitik folgende Kriterien festgelegt: 1. Alle Flüchtlinge sind menschenwürdig unterzubringen und zu betreuen. 2. Die Unterbringung und Betreuung soll in kreislicher Verantwortung erfolgen, um Zuständigkeiten und Steuerungsmöglichkeiten zu erhalten. 3. Die Planung von Kapazitäten hat so zu erfolgen, dass Turnhallen von Städten und Gemeinden nicht in Anspruch genommen werden müssen. Diese Festlegung erfolgte , da Turnhallen für den Sport und nicht zum Wohnen konzipiert sind. Außerdem stellt die Sperrung von Turnhallen für Schulsport und Vereine ein vermeidbares aber verständliches Verärgerungspotential für die Bürger dar. 4. Familien und Frauen mit Kindern sollen möglichst in Wohnungen untergebracht werden. 5. Jeder Flüchtling kann die Angebote der Volkshochschule nutzen, um möglichst schnell Sprachkenntnisse zu erwerben. Dies dient auch der Entlastung von Behörden . Frau Ministerin Golze hat den Antrag des Landrats vom Havelland auf Kostenbeteiligung an den Vorhaltekosten laut Presseberichterstattung (MAZ vom 30.07.2016) mit der Begründung abgelehnt, dass die Unterbringung der Flüchtlinge im Havelland nicht den Vorgaben im Landesaufnahmegesetz entspricht und zu teuer sei. Frage 1: Welche konkreten Vorgaben der Landesregierung existieren zur Unterbringung und Betreuung von Flüchtlingen? zu Frage 1: Gemäß § 2 Absatz 1 des Gesetzes über die Aufnahme von Flüchtlingen, spätausgesiedelten und weiteren aus dem Ausland zugewanderten Personen im Land Brandenburg sowie zur Durchführung des Asylbewerberleistungsgesetzes (Landesaufnahmegesetz – LAufnG) vom 15. März 2016 (GVBl. I/16, [Nr. 11]) sind die Aufnahme, vorläufige Unterbringung und die migrationsspezifische soziale Unterstützung Flüchtender sowie die Durchführung des Asylbewerberleistungsgesetzes öffentliche Aufgaben, die den Landkreisen und kreisfreien Städten des Landes Brandenburg als Pflichtaufgabe zur Erfüllung nach Weisung übertragen worden sind. Die Landkreise und kreisfreien Städte des Landes Brandenburg sind dabei gemäß § 10 Absatz 1 LAufnG verpflichtet, die zur gesetzlichen Aufnahmeverpflichtung erforderlichen Einrichtungen der vorläufigen Unterbringung (Gemeinschaftsunterkünfte, Wohnungsverbünde und Übergangswohnungen) zu errichten und zu unterhalten. Landkreise und kreisfreie Städte haben gemäß § 9 Absatz 1 LAufnG die ihnen im Rahmen des Verteilungsverfahrens zugeteilten Personen aufzunehmen und diese in Einrichtungen der vorläufigen Unterbringung unterzubringen. Einrichtungen der vorläufigen Unterbringung sind entsprechend § 9 Absatz 1 LAufnG Gemeinschaftsunterkünfte , Wohnungsverbünde oder Übergangswohnungen. Die Ausgestaltung der Unterbringung in den vom Landesaufnahmegesetz vorgesehenen Unterbringungsformen - Unterbringung eines Asylsuchenden oder Flüchtenden in einer Gemeinschaftsunterkunft , einem Wohnungsverbund oder einer Übergangswohnung – ist im Landesaufnahmegesetz nicht im Detail vorgegeben. Die Landkreise und kreisfreien Städte des Landes Brandenburg haben hierüber im Zuge der Aufgabenwahrnehmung grundsätzlich eigenständig zu entscheiden. Zur Gewährleistung einheitlicher Mindestbedingungen bei der vorläufigen Unterbringung und deren Einrichtungen kann das Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie (MASGF) im Einvernehmen mit dem Ministerium des Innern und für Kommunales (MIK) und dem Ministerium der Finanzen (MdF) gemäß § 10 Absatz 3 LAufnG durch Rechtsverordnung die näheren Anforderungen regeln. Das MASGF hat diesbezüglich den Entwurf einer Rechtsverordnung auf den Weg gebracht, welcher derzeit zwischen den Ressorts abgestimmt wird. Bis zum Inkrafttreten der Landesaufnahmegesetz- Durchführungsverordnung (LAufnGDV) gilt der Runderlass vom 8. März 2006 über die Mindestbedingungen für den Betrieb von Gemeinschaftsunterkünften und die soziale Betreuung nach der Erstattungsverordnung zum Landesaufnahmegesetz vom 8. März 2006 (ABl./06, [Nr. 12], S.283), zuletzt geändert durch Bekanntmachung des MASGF vom 30. November 2015 (ABl./15, [Nr. 50], S.1323), fort. Frage 2: Wo konkret hat der Landkreis Havelland bei der Unterbringung von Flüchtlingen die Vorgaben des Landesaufnahmegesetzes nicht eingehalten? zu Frage 2: Aufgrund der inhaltlichen Vorbemerkungen zu den konkret gestellten Fragen dieser Kleinen Anfrage wird die Fragestellung so verstanden, dass es dem Fragesteller um die fehlende Erstattung von Vorhaltekosten für bestimmte leerstehende Unterkunftsplätze im Landkreis Havelland geht. Nach § 15 Absatz 5 LAufnG werden Vorhaltekosten, die infolge einer rechtzeitigen erstmaligen Bereitstellung der notwendigen Zahl von Unterbringungsplätzen nach § 6 Absatz 5 Satz 3 LAufnG entstanden sind, den Landkreisen und kreisfreien Städten des Landes Brandenburg auf Antrag erstattet. Voraussetzung hierbei ist, dass es sich um Unterbringungsplätze in Einrichtungen der vorläufigen Unterbringung handelt. Unterbringungsplätze in Einrichtungen der vorläufigen Unterbringung sind gem. § 9 Absatz 1 LAufnG Gemeinschaftsunterkünfte , Wohnungsverbünde und Übergangswohnungen. Bei den konkret angesprochenen Unterkünften im Landkreise Havelland, auf die sich die Auskunft von Frau Ministerin Golze bezog, handelt es sich um Notunterkünfte. Die Unterbringung in einer Notunterkunft für Flüchtlinge stellt eine eigene Unterbringungsform außerhalb der Einrichtungen der vorläufigen Unterbringung dar und ist somit von der Vorhaltekostenregelung gemäß § 15 Absatz 5 LAufnG nicht umfasst. Frage 3: Auf der Basis welcher Informationen kann die Landesregierung die Einschätzung vornehmen, dass die Kosten für Notunterkünfte im Havelland im oberen Drittel liegen, sofern nach Aussage der zuständigen Ministerin der Landesregierung derzeit keine entsprechenden Kosten vorliegen? zu Frage 3: Aufgrund der Berichte über Leerstände in den kommunalen Flüchtlingsunterkünften des Landes Brandenburg infolge zurückgehender Zugänge von Asylsuchenden seit dem Beginn des Jahres 2016 hat das Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie bei den Landkreisen und kreisfreien Städten eine Abfrage zu der angesprochenen Thematik durchgeführt, um sich ein möglichst umfassendes Bild über die Situation in den einzelnen Kommunen machen zu können. Abgefragt wurden dabei die Zahl der - für eine Belegung verfügbaren - leerstehenden Plätze zu bestimmten Stichtagen sowie die daraus aus Sicht der Kommunen entstehenden unvermeidbaren Kosten. Innerhalb der Landesregierung ist die Auswertung der Umfrage noch nicht abgeschlossen. Aufgrund einer ersten Sichtung der vorliegenden Angaben der Kommunen war allerdings bereits erkennbar, dass die jeweils angegebenen Leerstandskosten der Landkreise und kreisfreien Städte eine große Spannbreite aufweisen und die seitens des Landkreises Havelland angegebenen Kosten über dem Durchschnitt liegen. Frage 4: Wie hoch sind die Kosten der einzelnen Landkreise für Notunterkünfte? (Mit der Bitte um Konkretisierung nach Unterbringungen insgesamt sowie in Unterteilungen nach Wohnungen und Gemeinschaftsunterkünften seit Januar 2015) zu Frage 4: Die Landkreise und kreisfreien Städte tragen gemäß § 13 Absatz 1 LAufnG die Kosten der Aufgabenwahrnehmung nach dem Landesaufnahmegesetz. Das Land erstattet hierfür gemäß § 13 Abs. 2 LAufnG den Kommunen die notwendigen Kosten der Aufgabenwahrnehmung. Für die Aufnahme und Unterbringung der Personen, denen sie Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz gewähren, erhalten sie gemäß § 14 Absatz 2 Satz 1 LAufnG eine pauschale Kostenerstattung, die die Kosten der Unterkunft mit einschließt. Vor diesem Hintergrund liegen der Landesregierung keine Informationen zu den tatsächlichen Kosten der Unterbringung in den jeweiligen Unterkünften der Landkreise und kreisfreien Städte vor. Dies gilt auch für die Kosten von Notunterkünften, die nicht zu den Einrichtungen der vorläufigen Unterbringung (Gemeinschaftsunterkunft, Wohnungsverbund und Übergangswohnung ) gehören. Das Land Brandenburg bezuschusst über die pauschale Kostenerstattung hinaus gemäß § 14 Absatz 6 LAufnG die Schaffung neuer Unterbringungsplätze mit einer Investitionspauschale. Dies erfolgte auch für Unterbringungsplätze in Notunterkünften. Die seitens des Landes ausgezahlten Investitionspauschalen seit Januar 2015 für sog. Notunterkünfte lassen sich der nachfolgenden Übersicht (Stichtag 9. August 2016) entnehmen. Dabei ist darauf hinzuweisen, dass die in der unten stehenden Tabelle aufgeführten Zahlungen einer Investitionspauschale für Notunterkünfte stets an den Nachweis tatsächlicher Aufwendungen auf Grund der erstmaligen Bereitstellung des Unterbringungsplatzes gebunden sind. Landkreis/ kreisfreie Stadt Ort Datum Auszahlung Bis zum Stichtag 09.08.2016 ausgezahlte - Investitionspauschale Barnim Eberswalde 03.06.2016 259.014,00 € Barnim Eberswalde 13.07.2016 69.968,95 € Barnim Eberswalde 03.06.2016 198.262,71 € Barnim Eberswalde 12.07.2016 21.717,29 € Stadt Brandenburg Brandenburg a. d. H. 11.07.2016 59.385,97 € Stadt Brandenburg Brandenburg a. d. H. 17.03.2016 70.410,98 € Stadt Brandenburg Brandenburg a. d. H. 11.07.2016 2.161,98 € Stadt Brandenburg Brandenburg a. d. H. 01.07.2016 21.443,88 € Stadt Brandenburg Brandenburg a. d. H. 01.07.2016 42.931,59 € Elbe-Elster Finsterwalde 25.01.2016 118.078,72 € Elbe-Elster Finsterwalde 09.06.2016 69.115,07 € Elbe-Elster Thalberg 08.03.2016 83.567,89 € Havelland Rathenow 04.02.2016 151.295,33 € Havelland Falkensee 21.03.2016 503.393,03 € Havelland Friesack 20.05.2016 47.905,54 € Havelland Brieselang 21.03.2016 20.928,33 € Havelland Wustermark 21.03.2016 167.836,74 € Havelland Brieselang 12.07.2016 690.243,00 € Dahme- Spreewald Königs Wusterhausen 08.08.2016 281.461,58 € Dahme- Spreewald Großziehten 18.07.2016 151.688,60 € Oder-Spree Eisenhüttenstadt 13.07.2016 47.389,00 € Märkisch- Oderland Seelow 08.02.2016 39.444,94 € Märkisch- Oderland Seelow 12.04.2016 79.494,71 € Märkisch- Oderland Vierlinden 08.02.2016 21.864,26 € Märkisch- Oderland Vierlinden 18.03.2016 47.140,39 € Märkisch- Oderland Müncheberg 17.03.2016 22.446,90 € Oberhavel Schildow 16.12.2015 6.242,63 € Oberhavel Fürstenberg 23.02.2016 3.943,75 € Oberhavel Fürstenberg 03.08.2016 21.698,76 € Oberhavel Oranienburg 29.04.2016 138.048,60 € Oberspreewald- Lausitz Lübbenau 07.01.2016 15.852,19 € Oberspreewald- Lausitz Lauchhammer 07.01.2016 29.191,29 € Oberspreewald- Lausitz Lauchhammer 12.04.2016 12.527,92 € Oberspreewald- Lausitz Lauchhammer 25.05.2016 48.571,23 € Oberspreewald- Lausitz Senftenberg 29.07.2016 61.078,64 € Potsdam- Mittelmark Beelitz 03.05.2016 6.704,50 € Potsdam- Mittelmark Bad Belzig 04.05.2016 1.730,00 € Teltow-Fläming Luckenwalde 11.03.2016 178.010,53 € Teltow-Fläming Ludwigsfelde 16.12.2015 69.743,99 € Uckermark Prenzlau 28.04.2016 215.628,60 € Frage 5: Wie bewertet die Landesregierung diese Kostenauflistung und inwiefern werden diese Kosten in den Prüfungsprozess zur Erstattung von Vorhaltekosten berücksichtigt ? zu Frage 5: Wie in der Antwort zu Frage 4 ausgeführt liegen der Landesregierung keine Daten zu den tatsächlich entstandenen Unterkunftskosten vor. Soweit die Landesregierung aufgrund der durchgeführten Abfrage zu den Leerstandskosten Informationen aufgrund einer Selbstauskunft der Kommunen erhalten hat, wird die Landesregierung auf Basis einer gründlichen Auswertung der vorgenommenen Abfrage zu gegebener Zeit eine Bewertung vornehmen.